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2005


vom:
28.03.2005


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Ostermarsch 2005

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Rede für die Zwischenkundgebung beim Ostermarsch 2005 in Kassel, 28.03.05

Erinnerung an Ludwig Pappenheim

Rolf Wekeck (Kassel)

- Sperrfrist: Redebeginn -

- Es gilt das gesprochene Wort -

Liebe Freundinnen und Freunde,

In diesem Jahr wird an Ereignisse mit rundem Jahresabstand erinnert. Die Art des Erinnerns ist doch häufig einseitig. So wird beispielsweise bei Albert Einstein meistens der Physiker selten der Pazifist erwähnt. Oder die Veranstaltung zum Kriegsende am 4. April im Kasseler Rathaus. Wir wollten dort mit Plakaten an Widerstandskämpfer erinnern, nach denen in Kassel Straßen benannt sind. Der Oberbürgermeister untersagte dieses.

Deshalb ist es gut, dass der Kasseler Ostermarsch den wesentlichen Kern des Erinnerns, das "Nie wieder Faschismus - Nie wieder Krieg" zu seinem Anliegen gemacht hat. Schon viele Jahre erinnern wir hier an Menschen, die Widerstand leisteten.

Erinnerung an Ludwig Pappenheim

Ludwig Pappenheim wurde am 17. März 1887 in Eschwege geboren, wo sein Vater ein Lebensmittelgeschäft besaß. Seine Kaufmannslehre machte er in Hamburg und Köln. Schon mit 18 Jahren trat er in den "Sozialdemokratischen Verein für Köln" ein.

Während der Novemberrevolution 1918 war Ludwig Pappenheim zunächst in Eschwege und dann in Schmalkalden als Mitglied der USPD tätig. Dort war der Belagerungszustand verhängt worden. Pappenheim wurde unter dem Vorwand Landfriedensbruch begangen zu haben verhaftet und vorübergehend im Zuchthaus Kassel-Wehlheiden eingesperrt.

Sein elterliches Erbe verwandte er zur Gründung einer politischen Tageszeitung, der Schmalkaldener "Volksstimme", deren verantwortlicher Redakteur er seit 1919 war. Ludwig Pappenheim beteiligte sich an der Niederschlagung des Kapp-Putsches 1920. Bis zum Beginn der Nazi-Herrschaft war er als Sozialdemokrat kommunalpolitisch in Schmalkalden und im Regierungsbezirk Kassel tätig.

Von seinem Privatleben ist nicht viel bekannt. Er war verheiratet und hatte vier Kinder. Diese erinnern sich an ihn als liebevollen Vater, an die Wanderungen im Thüringer Wald. Seine Reden lassen auf einen überzeugten Sozialisten mit hohem moralischen Anspruch schließen. Ludwig Pappenheim wurde am 25. März 1933 verhaftet. Er wurde beschuldigt, ein Waffenlager versteckt zu haben. Das war für einen überzeugten Pazifisten ein absurder Vorwurf. Der Haftbefehl konnte auch nicht aufrecht gehalten werden. Trotzdem kam er nicht frei. Er wurde in Schutzhaft genommen und ins Gefängnis Schmalkalden gebracht. Wegen seiner Gesuche auf Freilassung, in denen er energisch der Haft widersprach, wurden seine Haftbedingungen verschärft.

Am 31. April 1933 wurde Ludwig Pappenheim wegen Gotteslästerung - die Förderung der Freidenkerbewegung wurde ihm vorgeworfen - zu drei Monaten Gefängnis verurteilt. Da er fest mit seiner Freilassung rechnete, traf es ihn sehr hart, als er Ende Juli ins Polizeigefängnis nach Kassel verlegt wurde. Von dort kam er in das Konzentrationslager Breitenau. Aus Breitenau schrieb er einige Briefe, die erhalten geblieben sind. Aus denen gehen auch seine großen Sorgen uni seine Familie hervor.

Im Oktober 1933 veranlasste der Polizeipräsident in Kassel die Überführung Pappenheims in das Konzentrationslager Börgermoor. Über seinen Weg ins Lager liegt ein Bericht vor: "... es war ganz furchtbar; wir kamen von Breitenau ins Moor. Ein Jude - damit ist Pappenheim gemeint - trug alles Gepäck, immer wieder geschlagen ..."

Ludwig Pappenheim wurde zunächst in das KZ Börgermoor, später in das KZ Neusustrum gebracht. Er wurde vom ersten bis zum letzten Tag seiner Haft von der Wachmannschaft schikaniert, geschlagen und misshandelt. Scheinhinrichtungen wurden mit ihm durchgeführt. Einzelne Polizisten, so ein Mithäftling, seien direkt auf Pappenheim scharf gemacht worden. Am 4. Januar 1934 wurde Ludwig Pappenheim von Mitgliedern der Wachmannschaft ermordet.

Nach der Ermordung wurde es Frieda Pappenheim verwehrt, ihren Mann in Schmalkalden zu bestatten. Nach vielen Bemühungen gelang es ihr, eine Genehmigung für den Jüdischen Friedhof in Leipzig zu bekommen. Dort wurde Ludwig Pappenheim am 12. Januar 1934 begraben.



Rolf Wekeck ist langjährig in der Kasseler Friedensbewegung aktiv.

E-Mail: rolf.wekeck@stadt-kassel.de
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