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2005


vom:
28.03.2005


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Ostermarsch 2005

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Redebeitrag für den Ostermarsch 2005 in Bern, 28.03.05

Stop Gewalt gegen Frauen

Doro Winkler (Bern)

Frauenhandel findet statt. Hier und heute. In Bern und Bülach, in Zäziwil und Zürich, in Solothurn und Samnaun. Geschätzt werden zwischen 1500 und 3000 Opfer jährlich. Von diesen haben im letzten Jahr wiederum über 80 im FIZ Unterstützung gefunden.

Frauenhandel findet statt, weil er ein sehr profitables Geschäft ist, mit sehr geringem Risiko für die Täterschaft, zur Verantwortung gezogen zu werden.

Die Täter sind immer noch allzu oft unter uns in Freiheit, die Opfer sind immer noch allzu oft ausgeschafft oder weggewiesen in ihr Herkunftsland.

Warum? Weil die Schweiz den Opfern immer noch zu wenig Schutz anbietet, damit sie gegen die Täter aussagen können.

Frauenhandel zu bekämpfen verlangt politischen Willen, von den politisch Verantwortlichen: Zum Beispiel, den Frauen, die Opfer von Frauenhandel wurden, in der Schweiz Schutz und Sicherheit zu gewähren. Zum Beispiel, indem ihnen eine Aufenthaltsbewilligung erteilt wird. Damit sie nach ihren traumatischen Erlebnissen wieder Fuss fassen können, und in Sicherheit Lebensperspektiven entwickeln. Doch dies ist bis heute nicht der Fall.

Die Opfer von Frauenhandel, die wir im FIZ begleiten, können längstens bis zum Ende eines Verfahrens in der Schweiz bleiben. Solange die Justiz sie braucht. Danach ist alles offen. Danach müssen sie beweisen, dass sie in Gefahr sind, wenn sie nach Brasilien oder Moldawien, Thailand oder Kamerun zurückkehren. Doch die Täterschaft erstellt keine schriftlichen Beweise dafür, dass sie sich an den Frauen rächen wird. Es ist also sehr schwierig nachzuweisen, dass sie bei einer Rückkehr an Leib und Leben gefährdet sind, weil sie ausgesagt haben.

Frauenhandel zu bekämpfen heisst auch, konkret handeln. Etwas tun, damit Frauenhandel, als ein Form der Gewalt gegen Frauen, nicht mehr stattfindet. Und etwas dafür tun, dass Opfer geschützt werden.

Als Fachstelle zu Frauenhandel sind wir seit 20 Jahren dran, mit Öffentlichkeitsarbeit für die Gesellschaft und mit Beratungsarbeit für die Betroffenen.

Und im letzten Jahr konnten wir FIZ Makasi eröffnen. FIZ Makasi ist die erste spezialisierte Beratungsstelle für Opfer von Frauenhandel in der Schweiz, und bietet eine umfassende Begleitung. Das heisst, FIZ Makasi leistet Krisenintervention, organisiert eine sichere Unterkunft und finanzielle Unterstützung, erwirkt einen vorübergehende Aufenthalt, verhilft ihnen zu ihren Rechten als Opfer und unterstützt sie in ihrer Entscheidungsfindung. Wenn sie Anzeige erstatten wollen, begleiten wir sie im Strafverfahren.

Makasi heisst übrigens "stark" in Lingala, die Stärke der Frauen beeindruckt uns immer von neuem.

Die Stärke der Frauen, die mit falschen Versprechungen in die Schweiz geholt wurden, und hier unter unwürdigsten Umständen ausgebeutet wurden - nicht nur in der Sexarbeit, auch in Privathaushalten oder in der Industrie etc. -. Frauen, die, eingesperrt und isoliert wurden, misshandelt, unter Druck gesetzt, Frauen, die hohe Schulden abzahlen müssen, Geld, dass ihren Familien fehlt.

Die Stärke der Frauen, die trotz unsäglichen Menschenrechts-verletzungen, die sie in unserem demokratischen Staat überlebt haben, aus Gewalt und Ausbeutungsstrukturen ausbrechen, sich zur Wehr setzen, und es sogar wagen, die Täter anzuzeigen. Sich aus Druck und Schuldlast befreien, aus ausbeuterischen Arbeitsstellen - nicht nur in der Sexarbeit - fliehen.

Stark ist auch die grosse Unterstützung, die wir in ideeller und finanzieller Weise erleben, von Einzelpersonen, Kirchen, Organisationen, von unzähligen Menschen, die nicht einverstanden sind, dass Migrantinnen in diesem Land diskriminiert und ausgebeutet werden.

Danke.



Doro Winkler ist Mitarbeiterin des FIZ (Fraueninformationszentrum für Frauen aus Afrika, Asien, Lateinamerika und Osteuropa) in Zürich.

E-Mail: contact@fiz-info.ch

Website: www.fiz-info.ch
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