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2005


vom:
26.03.2005


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Ostermarsch 2005

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Rede zum Ostermarsch 2005 in Bremerhaven am 26.03.05

Meine Damen und Herren, liebe Friedensfreunde,

Werner Begoihn (Bremerhaven)

ich begrüße Sie /euch zur Abschlusskundgebung des diesjährigen Bremerhavener Ostermarschs.

Erst in der letzten Woche fanden Demonstrationen gegen den Irak-Krieg statt, der auch nach zwei Jahren noch nicht beendet ist, wo es immer noch nicht gelungen ist, eine funktionierende zivile Verwaltung aufzubauen, die auch noch Bestand hätte, wenn die ausländischen Truppen aus dem Irak abgezogen würden.

Zum Irak-Krieg möchte ich wiederholen, was ich auch schon im letzten Jahr betont habe:



1.Der Angriff auf den Irak war völkerrechtswidrig, weil der Irak keinen Angriff auf ein anderes Land vorgenommen hat, dem im Sinne einer Notwehr abzuhelfen gewesen wäre. Bekanntlich haben sich ja auch die genannten Gründe als Lügen erwiesen. Mir ist nicht bekannt, dass die Urheber dieser Lügen aus ihren Ämtern entfernt worden wären.



2.Deutschland leistet Beihilfe zu diesem Völkerrechtsbruch. Es gestattet die Benutzung deutscher Häfen für Nachschubzwecke, stellt Teile der Awacs-Besatzungen, ist mit Kriegsschiffen am Horn von Afrika und gewährt Überflugrechte und die Benutzung der Militärbasis Ramstein.


Wer die Gelegenheit hat, sollte einmal den Wollfaden-Test an einem Globus vornehmen: Mit einem hinreichend langen Faden wird Texas mit Kuwait oder Bagdad verbunden. Der gestraffte Faden zeigt dann die kürzeste Flugroute für das US-Militär. Die Überraschung: Dieser Faden trifft Deutschland.

Ich weise also noch einmal darauf hin: Ohne Ramstein hätten die USA den Irak-Krieg nicht so führen können, wie sie es getan haben.

Durch die Berichterstattung über den Irak wird verdeckt, dass Deutschland sich seit 1999 an zwei Angriffskriegen beteiligt hat: dem gegen die Bundesrepublik Jugoslawien und dem gegen Afghanistan.

Im Grundgesetz steht immer noch, dass die Bundeswehr der territorialen Verteidigung dient und nur in Ausnahmefällen auch im Inland eingesetzt werden darf. Aber die Vordenker der Bundeswehr lassen keinen Zweifel daran, dass sie das wenig kümmert.

Neulich war Franz Borkenhagen, der Leiter des Planungsstabes von Minister Struck, auf Einladung der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bremerhaven.

Ich zitiere aus dem Bericht der Nordsee-Zeitung:

Das Ende des Ost-West-Konflikts und das Aufkommen des internationalen Terrorismus hat Sicherheitspolitiker auf der ganzen Welt vor neue Herausforderungen gestellt. "Kein Staat kann Sicherheit heute noch alleine produzieren", sagte Borkenhagen. "Es geht nur über eine gemeinsame Sicherheitspolitik." Da auch Deutschland nicht länger abseits stehen könne, habe man die Streitkräfte schrittweise auf ihre neuen Aufgaben ausgerichtet. Dazu zähle nicht nur die Reduzierung der Stärke auf 250.000 Mann bis zum Jahr 2010, sondern auch die Beteiligung der Bundeswehr an neu aufgestellten Einsatzgruppen von Nato oder Europäischer Union.

Warum das Ende des Ost-West-Konflikts besondere Probleme heraufbeschwört, war mir wie vielen anderen Menschen nicht klar. Ich dachte, wenn der Hauptfeind wegfällt, wird es einfacher. Und beim internationalen Terrorismus dachte ich auch anders als Herr Borkenhagen. Gerade weil sich der internationale Terrorismus an kein Land bindet, ist er militärisch nicht zu fassen, sondern eher durch polizeiliche und geheimdienstliche Aktivitäten einzudämmen. In meiner Erinnerung wurde der Afghanistan-Krieg auch damit begründet, dass man Osama bin Laden fangen wollte. Man hat ihn bekanntlich bis heute nicht.

"Kein Staat kann Sicherheit heute noch alleine produzieren", sagte Borkenhagen. "Es geht nur über eine gemeinsame Sicherheitspolitik."

Ganz abgesehen davon, dass es mir schwer fällt, Sicherheit als etwas anzusehen, das gewissermaßen handwerklich hergestellt wird, stimme ich Herrn Borkenhagen zu, dass es eine gemeinsame Sicherheitspolitik geben muss. Die Erkenntnis der Friedensbewegung besagt dann auch, dass Frieden nur zu sichern ist, wenn man sich gemeinsam daran macht, abzurüsten. Die Schlussfolgerungen von Herrn Borkenhagen sind aber ganz andere: Die Bundeswehr soll zu Einsatzgruppen beitragen, so dass die Bundeswehr die Angriffskriege der Zukunft nicht alleine führt - nicht mehr abseits steht, wie Herr Borkenhagen sagt. Deutschland sorgt ja auch mit dafür, dass Rüstung und Schaffung von Eingreiftruppen in der EU Verfassungsrang erhalten sollen. Die Kriege heißen dann übrigens nicht mehr Kriege, sondern "friedenserhaltende Maßnahmen hoher Intensität".

Wer kennt Nasir Mohammed?

Am 12. März konnte man auf NDR etwas über ihn erfahren. Herr Mohammed ist sogenannter Drogenbaron in Afghanistan. Nicht irgendwo, sondern in der Provinz Badakschan, in der auch das Feldlager der deutschen Soldaten in Afghanistan liegt. Seine Leute arbeiten in der privaten Sicherheitsfirma (schon wieder das Wort "Sicherheit"), die das deutsche Lager bewacht, seine Leute bewachen auch die Waffen, die der Zentralregierung abgegeben wurden. Wer es also unternimmt, gegen den Mohnanbau in dieser Gegend effektiv vorzugehen, bekommt es mit diesem Herrn zu tun. Eine der Haubitzen, über die er verfügt ist bereits auf das deutsche Lager gerichtet. Verstärkung für die Deutschen kann außer durch die Luft nur durch einen autobreiten Feldweg erfolgen, der an einigen Stellen auf der einen Seite an eine Steilwand grenzt und zur anderen Seite zu einer Schlucht abfällt.

Wer kann angesichts dieser Situation so tun, als sei der Aufenthalt deutscher Soldaten in Afghanistan eine Erfolgsstory?

Und was hat die NATO im Kosovo bewirkt?

Fünf Jahre nach Beginn des NATO-Krieges gegen Jugoslawien ist das Kosovo »ethnisch rein«. Unter den Augen von zunächst über 40000, zur Zeit etwa 20000 KFOR-Besatzungssoldaten wurden Serben, Roma und andere Nichtalbaner vertrieben. Die Zahl der Verjagten gab das UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge im Frühjahr 2004 mit 230.000 an (Michael Martens, Standard vor Status, in: FAZ, 20.3.2004), die Regierung in Belgrad geht von mindestens 350.000 aus.

Einige reden davon, dass der Kosovo heute eine Drehscheibe für den Menschenhandel ist.

Auch das keine Erfolgsstory.

Allerdings gibt es durchaus Erfolgsstories. Die Bremer Firma OHB hat einen Jahresumsatz von etwa 140 Millionen Euro gehabt, die Hälfte davon geht auf Aufträge der Bundeswehr zurück. Denn wenn die Bundeswehr überall in der Welt eingesetzt wird, dann muss es auch Kommunikationsstrukturen geben. Die Kommunikation wird über Satelliten abgewickelt, die eben diese Firma herstellt.

Dabei ist die Firma OHB sicher noch klein im Verhältnis zu den anderen, die an der Rüstung und am Rüstungsexport verdienen. Wenn das Rüstungsembargo gegen die Volksrepublik China fällt, geht es erst richtig ans Verdienen.

Damit gibt es ein Motiv für Kriege, das ganz unabhängig davon ist, wie gut der Kriegsverlauf zu den proklamierten Zielen passt.

Krieg ist immer mit Lügen verbunden und verletzt das erste Menschenrecht: Das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.

Ich wiederhole zum Abschluss, was wir auch auf unserem Flugblatt gefordert haben:

Wir wollen nicht, dass Deutschland Kriege führt.

Wir wollen nicht, dass Deutschland Kriege unterstützt - z. B. durch die Gewährung von Überflugrechten.

Wir wollen diese EU-Verfassung nicht.

Wir wollen auch nicht, dass Steuergelder, statt sie für soziale Aufgaben auszugeben, für Rüstungsgüter verschwendet werden.



E-Mail: werner.begoihn@t-online.de
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