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Ostermärsche und -aktionen 2006

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Rede Hunsrücker Ostermarsch am Samstag, 15.04.06 in Lautzenhausen / Hahn

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreude,

Alexander Ulrich (im Hunsrück)

- Sperrfrist: 15.04., Redebeginn -

- Es gilt das gesprochene Wort -



vielen Dank für die Einladung am heutigen Ostermarsch hier am Hahn teilnehmen zu können. Es freut mich " dass nach einigen Jahren wieder ein Ostermarsch hier stattfindet. Ich darf euch die Grüsse der WASG- Rheinland- Pfalz und der Fraktion Die Linke. im Deutschen Bundestag übermitteln.

Die komplette Fraktion ist über Ostern auf den verschiedensten Ostermärschen und Friedensdemonstrationen im Einsatz. Der Parlamentarismus ist kein Selbstzweck . Wir verstehen uns als verlängerter Arm der außerparlamentarischen Bewegung. Zu unseren wichtigsten außerparlamentarischen Partnern gehört die Friedensbewegung und es freut mich dass wir auch in Rheinland- Pfalz unsere Zusammenarbeit intensivieren.

Die Ostermärsche der Friedensbewegung bleiben ein wichtiges Zeichen gegen Krieg und Gewalt. Über 7000 Bundeswehrsoldaten sind derzeit in Einsatzorten rund um den Globus stationiert; der Einsatz im Kongo ist vom Kabinett bereits beschlossen. Im "Kampf gegen den Terror" hält die Bundesrepublik außerdem den USA und deren Verbündeten den Rücken frei, um die Besetzung des Irak aufrechtzuerhalten und weitere Angriffskriege vorzubereiten.

Die Kriegsdrohungen der USA gegen den Iran werden von der Bundesregierung nicht zurückgewiesen. Mit immer neuen Vorstößen bekämpft die Bundesregierung das verfassungsrechtliche Trennungsgebot von Polizei und Militär.

Die bevorstehende Fußball-WM soll als Türöffner für den Inlandseinsatz der Bundeswehr dienen. Dabei lässt sich die Bundesregierung auch nicht vom Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Luftsicherheitsgesetz bremsen. Stattdessen versucht sie mit zweideutigen Formulierungen das Urteil zu umgehen.

Innenminister Wolfgang Schäuble plädierte erst am vergangenen Wochenende dafür, den Verteidigungszustand auszurufen, auch wenn kein Angriff eines feindlichen Staates vorliegt. Verteidigungsminister Franz Josef Jung will per Grundgesetzänderung eine noch einfachere Abwicklung von Kriegseinsätzen.

Diese Initiativen gegen die Verfassung spiegeln die Angriffslust der Großen Koalition. In mehr als 70 Veranstaltungen wird die Friedensbewegung gegen die Militarisierung der Außen- und der Innenpolitik auf die Straße gehen. Sie hat damit die volle Unterstützung der Linken in Deutschland und Rheinland- Pfalz

"Ich habe mich immer gewundert, wie wenig wahrgenommen worden ist, dass die Entscheidung zum Krieg eine fundamentale Änderung der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik bedeutet hat"

Dieser Satz stammt von keinem geringen als dem früheren Gas - Lobbyisten und früheren Bundeskanzler und heutigen Gasprommanager Gerhard Schröder.

Die fundamentale Änderung die er meint und die auch von jetzigen Bundesregierung fortgesetzt wird ist: Krieg ist wieder Mittel deutscher Außenpolitik geworden.

Wo immer in Zukunft ein deutscher Außenminister von " deutschen Interessen " sprechen wird: Die Gesprächspartner werden wissen, dieser Mann hat einen Trumpf im Ärmel: die militärische Option, die Drohung mit Krieg.

Wir halten fest: Die so formulierten deutschen Interessen " sind nicht die Interessen der Bevölkerung Deutschlands. Es gibt kein Interesse " das es wert wäre, um den Preis des Krieges durchgesetzt zu werden.

Wir alle kennen den Satz von Willi Brandt: "Von deutschem Boden soll nie wieder Krieg ausgehen". Die Linke fühlt sich diesem Grundsatz verpflichtet. Es ist schon eine Schande " dass Willi Brandts eigene Partei mit dieser Sache gebrochen hat und völkerrechtswidrige Angriffskriege unterstützt.

Die Öffentlichkeit wird aber permanent in Deutschland manipuliert. Es ist ja kein Krieg - sondern Terrorismusbekämpfung. Wir haben immer wieder im Bundestag die anderen Fraktionen befragt, was sie denn unter Terrorismusbekämpfung verstehen.

Wenn man zum Beispiel sagt, man stelle in den Mittelpunkt seiner Außenpolitik den Kampf gegen den internationalen Terrorismus, dann muss man definieren können was man unter "internationalem Terrorismus" versteht. Wenn man dies nicht kann, dann gerät man in die Gefahr, eine Außenpolitik zu betreiben, die keine klare Grundlage hat.

Deshalb will ich für die Linke hier noch einmal feststellen, dass von keiner der beteiligten Parteien bis zum heutigen Tage eine Antwort auf die Frage gegeben worden ist, was wir eigentlich unter Terrorismus und damit unter internationalem Terrorismus verstehen. Für uns ist Terrorismus das Töten unschuldiger Menschen zum Erreichen politischer Ziele.

Unter diesem Gesichtspunkt waren die Attentäter, die in das World Trade Center geflogen sind und 3 000 Unschuldige umgebracht haben, natürlich Terroristen.

Unter diesem Gesichtspunkt sind natürlich auch die jungen Menschen, die als Selbstmordattentäter in tragischer Weise sich ihr Leben nehmen und Unschuldige mit in den Tod ziehen, Terroristen.

Unter diesem Gesichtspunkt sind aber auch - dieser Erkenntnis verschließt sich die Mehrheit im Deutschen Bundestag - die Bombardierungen von Städten und Dörfern in Afghanistan oder im Irak terroristische Akte.

Liebe Freundinnen und Freunde,

mit dem Nein zum Irakkrieg hat Schröder 2002 die Bundestagswahlen gerade so für sich und seine Partei gerettet. Wir wissen alle- und die Rheinlandpfälzerinnen und Rheinlandpfälzer wissen das am bestem- dass das Nein zum Krieg kein Nein war.

Überflugrechte und die Nutzung nicht nur der militärischen Basen ist eine Unterstützung des Krieges.

Wir alle hoffen " dass es auch über den Untersuchungsausschuss gelingt- die deutsche Beteiligung am Krieg der Öffentlichkeit transparenter zu machen.

Der vormals ranghöchste General der Bundeswehr, Klaus Naumann hat mal die prophetische Frage gestellt: " Was machen wir besser im nächsten Krieg, der kommen wird."

Darauf gibt es nur eine Antwort: Dieser nächste Krieg muss verhindert werden!

Die Menschen in diesem Land brauchen alles Mögliche:

Arbeitsplätze, sichere Renten und Gesundheitsfürsorge, Schulen, Sozialwohnungen " eine gesunde Umwelt.......

Was sie ganz gewiss nicht brauchen, das ist eine militärische Option oder schnelle Eingreiftruppen! Wer Friedenspolitik betreiben will braucht keine schnellen Eingreiftruppen.

Wer Friedenspolitik betreiben will, braucht Mittel für zivile Konfliktbearbeitung, Mittel zur Herstellung von sozialer Gerechtigkeit, zur Bekämpfung von Armut und Perspektivlosigkeit. Er braucht keine neuen Waffen.

Wir fordern umfassende Abrüstung und deutliche Kürzung der Rüstungsaufgaben.

Wer Friedenspolitik betreiben will, muss nicht Waffen exportieren, sondern Güter die den Menschen helfen.

Wer Friedenspolitik betreiben will muss sich zu aller erst an das Völkerrecht halten.

Die UNO hat es nicht verdient immer dann bemüht zu werden " wenn man mit den Ausnahmefällen des Kapitels 7, die Tür für Militäreinsätze öffnen will.

Bevor über die Ausnahme geredet wird, muss die Regel gelten: Diese Regel heißt Gewaltverbot!

Die Charta der Vereinten Nationen verbietet jedem einzelnen Mitgliedsland Krieg zu führen oder auch nur mit Gewalt zu drohen. Sie verbietet es " Grenzen zu verändern und sie verbietet es " Märkte und Rohstoffe in fremden Ländern zu beanspruchen. es ist an der Zeit diesen Grundregeln des Völkerrechts zur Geltung zu verhelfen.

Das dass ist die zweite Mär. Es geht nicht um Terrorismusbekämpfung oder um Demokratie und Menschenrechte. Es geht um knallharte wirtschaftliche Interessen . es geht um Gas und Öl und um sonst nichts. Das ist leider die Wahrheit.

Ich wohne nur wenige Kilometer von der U.S.- Air Base Ramstein entfernt. Ich kann euch sagen, die Aktivitäten die derzeit ablaufen, erinnern einen an die Zeit vor dem Ausbruch des Irak- Krieges. Ich hoffe " dass ich mich täusche.

Wir brauchen keinen neuen Krieg im Iran. Wir brauchen keine weitere Eskalation am Persichen Golf.

Was wir jetzt brauchen ist eine umfassende Friedenslösung im nahen und mittleren Osten.

Daher haben wir eine Iran- Friedenskonferenz gefordert.

Die friedenspolitische Initiative unserer Fraktion umfasst vier Punkte :

1. Die Einrichtung einer atomwaffenfreien Zone im Nahen und mittleren Oste auf der Grundlage umfassender Gewaltverzichtserklärungen und Sicherheitsgarantien der ständigen Mitglieder des UN- Sicherheitsrates allen Staaten der Region gegenüber.

2. Die Anerkennung des Existenzrechts Israels durch die Staaten der Region und eine verbindliche Einigung über die Grenzen Israels.

3. Die Realisierung eines lebensfähigen und souveränen Staates Palästina in international anerkannten Grenzen

und

4. Die Einigung über einen Fahrplan zum Abzug ausländischer Truppen aus dem Irak.

Ich glaube diese Friedenskonferenz mit diesen Zielen ist eine bessere Alternative als Krieg und das Töten zehntausender unschuldiger Personen.

Lasst mich angesichts des Iran- Konflikts auch etwas zur nuklearen Bedrohung sagen und unserer Forderung nach einem Atomwaffenabzug aus Deutschland.

61 Jahre nach Hiroshima und Nagasaki und 16 Jahre nach Beendigung des kalten Krieges ist Rheinland- Pfalz ein riesiges Atomwaffenlager.

Gerade angesichts des Iran- Konfliktes gilt es klarzustellen: Kein Land auf der Welt hat ein Recht auf Massenvernichtungswaffen.

Nach Schätzungen von US- Experten sind aber allein im rheinland-pfälzischen Büchel weiterhin 20 Atombomben stationiert. Das Atomwaffenlager in Ramstein wurde angeblich im Frühjahr 2005 zeitweise geräumt. Wo die 130 Bomben derzeit lagern, ist unbekannt. Die Bundesregierung hat sich in einer Anfrage unserer Fraktion geweigert, auch nur ein Wort dazu zu sagen.

Wahrscheinlich weiß Sie " dass es in der Bevölkerung eine überwältigende Mehrheit gegen die weitere Stationierung dieser Waffen gibt.

Atomwaffen in Deutschland tragen nicht zum Schutz der Bevölkerung vor militärischen Angriffen oder Anschlägen bei. Ganz im Gegenteil!

Liebe Freundinnen und Freunde,

sie stellen eine permanente Bedrohung für die Bevölkerung dar. Das US- Militär selbst hat in internen Dokumenten immer wieder Zweifel an der Sicherheit der in Europa gelagerten Waffen geäußert.

Daraus folgt " Katastrophen und Unfälle sind jederzeit möglich. Und Atomwaffenlager sind immer ein potentieles Ziel für militärische oder terroristische Anschläge.

Trotzdem hält es die Bundesregierung nicht für nötig, die deutsche Bevölkerung über die Anzahl, Art und Lagerung der Atomwaffen zu informieren.

Begründet wird dies auch noch zynischerweise damit, " mögliche Risiken für Bevölkerung und Umwelt vorzubeugen".

Auch wenn Deutschland formell keine Atomwaffen besitzt, ist die Bundeswehr über die "Nukleare Teilhabe" in Atomkriegsplanungen verstrickt.

Deutsche Piloten stehen in Büchel mit den Tornado- Kampfjets der Bundeswehr für Einsätze bereit. Diese Kampfjets können mit Atomwaffen ausgestattet werden, soweit der US- Präsident diese vorher freigegeben hat.

Deutschland hat sich mit dem Beitritt zum Atomwaffensperrvertrag verpflichtet, "Kernwaffen oder sonstige Kernsprengkörper oder die Verfügungsgewalt darüber von niemanden unmittelbar oder mittelbar anzunehmen".

Mit der "Nuklearen Teilhabe" bricht die Bundesregierung ihre völkerrechtlichen Verpflichtungen in einer Art, wie sie es bei Nicht- Nato- Staaten zu recht nie akzeptieren würde.

Bereits der rheinland-pfälzische Landtag hat sich im Vergangenen Jahr für einen Atomwaffenabzug ausgesprochen, nur hat der allgegenwärtige Ministerpräsident ebenso wie die komplette rot-gelbe Landesregierung diesen Beschluss ignoriert und die Bundesregierung bisher nicht aufgefordert, auf einen Abzug der Atomwaffen hinzuarbeiten.

Kurt Beck hat bei einem USA- Besuch dieses Thema bewusst nicht zur Sprache gebracht, wie man aus Medienberichten entnehmen konnte, da er die Gastfreundschaft nicht verletzten wollte.

Wo kommen wir den hin, wenn eine Ministerpräsident nicht in der Lage ist, einer befreundeten Nation zusagen, dass es in Rheinlandpfalz einen Beschluss zum Atomwaffenabzug gibt.

Es ist eben doch leichter Weinfeste zu eröffnen oder Lottoscheine entgegen zu nehmen als mit Freunden unangenehme Themen zu besprechen.

Wir fordern auch am heutigen Tag von der Bundesregierung den Abzug jeglicher Atomwaffen auf dem Gebiet der Bundesrepublik und das keine Piloten und Flugzeuge der Bundeswehr mehr für Atomwaffeneinsätze bereitgehalten werden.

Für einen atomwaffenfreies Deutschland und Rheinland- Pfalz und für eine friedlichere Welt.

Weltweit treibt der Raubtierkapitalismus immer mehr Menschen ins Elend und nimmt ihnen die elementarsten Lebensgrundlagen .

Auch bei uns vertieft sich die Kluft zwischen Arm und Reich. Denjenigen " die noch Arbeitsplätze haben, wird zugemutet, länger für weniger Geld oder sogar ohne Bezahlung zu arbeiten und auf Arbeitsplatzsicherheit und soziale Recht zu verzichten. Nicht die Arbeitslosigkeit " sondern die Arbeitslosen werden bekämpft.

Das ist ein Angriff auf Lebenszeit, Lebensqualität und soziale Sicherheit der Mehrheit der Bevölkerung.

Ich freue mich " dass unser Kampf um Arbeit " Frieden und soziale Gerechtigkeit ihre Früchte trägt. Die

Massenproteste in Deutschland für Frieden und gegen die unsoziale Agenda 2010, der Einzug der Linken in den Bundestag, der Wahlausgang in Italien, die erfolgreichen Massenproteste in Frankreich, die europäischen Proteste gegen die Dienstleistungsrichtlinie oder das Nein der Franzosen und Niederlanden gegen die EU- Verfassung sind sichtbare Ergebnisse- und ich betone erfolgreiche Ergebnisse- unseres Wiederstandes gegen ein unsoziales Europa, gegen eine Militärmacht Europa.

Dieses zeigt uns, dass die heutigen Ostermärsche ihre Wirkung nicht verfehlen werden und dass sie uns Kraft geben wird " für unseren zukünftigen Kampf für mehr Arbeit " Frieden und soziale Gerechtigkeit.

Daher möchte ich zum Schluss unsere wichtigsten Forderungen wiederholen:

1. Keine direkte oder indirekte Kriegsbeteiligung Deutschlands im Irak oder anderswo

2.Für weltweite Abrüstung und ein atomwaffenfreies Deutschland

3. Für ein Friedenskonferenz im nahen und Mittleren Osten

4.Für eine gerechte Weltwirtschaftsordnung und eine effektive Armutsbekämpfung

5. Für eine soziale, entmilitarisierte und demokratische EU- Verfassung

Lasst uns gemeinsam dafür kämpfen, dass Krieg so schnell wie möglich nicht mehr Mittel der Politik sein wird.

Vielen Dank!



Alexander Ulrich ist Mitglied des Deutschen Bundestags. Vita siehe hier

E-Mail: alexander.ulrich@bundestag.de
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