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Ostermärsche und -aktionen 2006

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Redebeitrag für den Ostermarsch 2006 Oberberg in Gummersbach, 17.04.06

Liebe Freundinnen und Freunde,

Manfred Kriegeskorte (in Gummersbach)

Ich spreche als Mitglied der Initiative Solidarität, die sich vor wenigen Monaten hier in Gummersbach gründete und hier auf dem Platz mit einem Stand vertreten ist.

So wie in zahlreichen Städten und Kreisen Anti-Hartz-Initiativen oder Arbeitsloseninitiativen als organisierte Form der Gegenwehr von Menschen entstanden, die direkt oder indirekt von Arbeitslosigkeit, prekärer Beschäftigung und Sozialabbau betroffen sind, so sieht auch unsere Initiative ihre Aufgabe darin, gemeinsam, unter Beachtung unseres Selbstverständnisses, gemeinsam mit anderen demokratischen Organisationen und Gruppierungen, einen Beitrag zur Stärkung des ausserparlamentarischen Druckes auf die Herrschenden und Regierenden zu leisten, der unabdingbar ist, damit in diesem Land die Menschenrechte zur vollen Geltung kommen und von diesem Land keine weitere Beteiligungen an Kriegen ausgeht.

Unser Selbstverständnis lautet: demokratisch, sozial, antirassistisch, antimilitaristisch und somit konsequenterweise auch antikapitalistisch und antiimperialistisch zu sein.

Daher ist es für uns selbstverständlich uns mit einzureihen in die noch zu kleine Zahl aktiver Kriegsgegner und Friedenskämpfer.

Immer wieder hören wir von Menschen in diesem Land, das Engagement für den Frieden sei ja auch richtig, aber wo bitte sei denn der von der Friedensbewegung immer wieder behauptete Zusammenhang von Rüstung und Krieg einerseits und Arbeitslosigkeit, Sozialabbau, Elend und Hunger in der Welt andererseits?

Zunächst, vereinfacht gesagt, müssen wir auf die weltweiten Rüstungsausgaben von 1.050 Milliarden Dollar (844 Milliarden Euro) im Jahr 2004 verweisen, während nach Untersuchungen der Weltgesundheits-organisation WHO jedes Jahr 3,5 Millionen Kinder und Mütter an Unterernährung sterben, 900 Millionen Menschen nicht genug zu essen haben und 1,3 Milliarden Menschen in absoluter Armut leben. Aktuell leben über 3 Milliarden Menschen - also gut die Hälfte der Weltbevölkerung von weniger als 2 Euro am Tag. Das Geld, das die NATO-Staaten in nur einer Woche für die Rüstung ausgeben, würde ausreichen, um alle Menschen weltweit ein ganzes Jahr lang satt zu machen.

In Deutschland werden mindestens 1,5 Prozent des Sozialprodukts oder 27 Mrd. EUR offiziell für Rüstung und Bundeswehr ausgegeben. 160 Mrd. EURO in den 25 EU-Mitgliedsländern.

Für sechs Waffensysteme, - den Eurofighter, für Kampfhubschrauber und Transporthubschrauber, - dem Militär-Aibus A 400, Luft-Bodenraketen und Fregatten sollen in den nächsten Jahren 36,6 Mrd. EUR ausgegeben werden.

Mit diesem Geld könnten 2.000 Kindertagesstätten, 1.000 Grundschulen, 100 Berufsschulen und 500 Altenpflegeheime gebaut werden und ausserdem noch tausende Lehrer, Erzieher und Sozialarbeiter eingestellt werden.

Ein umfassendes Abrüstungsprogramm könnte existenzsichernde Arbeit für sehr viele Menschen und eine soziale Infrastruktur schaffen.

Nur, und das ist der Haken dieser kapitalistischen Gesellschaftsordnung: Ein solches Alternativprogramm wäre nicht profitabel oder nicht profitabel genug. Die Kosten für die Rüstung zahlen wir. Die Rentner und Arbeitslosen, die Kranken, die Studenten und Beschäftigten im Gesundheitswesen und im öffentlichen Dienst. Die, bei denen immer weiter gekürzt wird, denen die Wochenarbeitszeit und die Lebensarbeitszeit verlängert wird. Sie tragen die Rüstungslasten. Konzerne, die weltweit agieren und ihre Profitströme so lenken, dass sie immer weniger bis gar nichts zum Steueraufkommen beitragen, tragen die Rüstungslasten nicht mit.

Wir hören ständig, es sei kein Geld da und wir alle müssten sparen und uns einschränken und länger arbeiten und so weiter und so weiter. Das sei der Preis der Globalisierung und das hätten wir gefälligst endlich einzusehen. Ganze Heerscharen von Verkündern oder auch nur Nachplapperern dieser Verzichtsideologie stimmen in den Gesang ein. Aber kaum jemand von ihnen stellt die Rüstungsausgaben in Frage. Kein Wunder - nach unten treten und nach oben dienen. Das ist uns gut bekannt. Hartz IV und weiteren Sozialkahlschlag gutheissen, vom mörderischen industriell - militärischen Komplex aber am liebsten nicht sprechen, das gehört sehr wohl zusammen.

Der Zusammenhang von Rüstung und Krieg einerseits und Elend und Hunger andererseits ist allerdings viel tiefgreifender und grundsätzlicher.

Auf der Jagd nach Höchstprofiten jagt das Kapital über den ganzen Erdball. Das äußerst sich nicht nur in der Erscheinung, die heute Globalisierung genannt wird. Es ist nicht nur der freie und ungehinderte Waren - und Geldverkehr, der vor allem von den Transnationalen Konzernen, den Großbanken und Spekulanten unter Beihilfe von Weltbank, Welthandelsorganisation und Internationalem Währungsfond schrittweise durchgesetzt wird und der die armen Länder und ihre Menschen noch ärmer macht.

Es ist auch die militärische Absicherung der Interessen von bestimmten Kapitalgruppen mit im Spiel.

Thomas L. Friedman, einst Berater der US-amerikanischen Aussenministerin Albright wurde am 28.3.1999 im New York Magazine so widergegeben:

"Die unsichtbare Hand des Marktes funktioniert nicht ohne die sichtbare Faust. McDonald`s kann nicht prosperieren ohne McDonell-Douglas, den Hersteller der F-15-Kampfflugzeuge. Diese sichtbare Faust sichert auf der ganzen Welt den Sieg der Technologie-Produkte des Silicon Valleys. Diese Faust sind die Landstreitkräfte, die Marine, die Luftwaffe und das Marine-Corps der USA".

Und es geht um strategische Positionen. Dazu gehört der eigene Zugang zu den Energiequellen, zu Erzen und Metallen, verbunden mit der Macht, anderen Staaten den Zugang dazu zu sperren. Das war und ist der wirkliche Grund für den Irak-Krieg und das ist der wirkliche Grund für den geplanten Krieg gegen den Iran. Und auch bei Militäreinsätzen im Kongo geht es um Bodenschätze.

Was heute Globalisierung genannt wird, ist in seinem Wesen sehr alt und wurde auch schon von Marx und Engels beschrieben. Treffender müssen wir von kapitalistischer Globalisierung und Imperialismus sprechen. Die Geschichte hat mehrfach gezeigt, wenn die Expansion des Kapitals an seine Grenzen stößt, wenn ihm die Märkte zu klein geworden sind, die Ausbeutung der eigenen Arbeiterklasse nicht mehr profitabel genug scheint und wenn der Zugriff zu fernen Rohstoffen lockt, lässt es Kriege anzetteln, in denen ganze Erdteile in Blut versinken. Der 1. und der 2. Weltkrieg hatte darin seine Ursache.

Aggression nach aussen wie nach innen.

Bundeswehr und EU-Armee sollen in der ganzen Welt für die Interessen von Kapitalgruppen eingesetzt werden. Im eigenen Land wird die Armee auf die Bekämpfung von Aufständischen vorbereitet - im Namen des Krieges gegen den Terror. Wann ist es soweit, dass ein Streik als terroristischer Angriff bezeichnet wird und Bundeswehr auf Streikende schiesst? Sage niemand, das sei jetzt aber gesponnen. Ich möchte an die Existenz der Notstandsgesetze erinnern, gegen die es in den 60er-Jahren eine starke Protestbewegung gab. Die Notstandsgesetze waren auch in der Friedensbewegung eine wichtige Frage. Das sollte heute auch wieder so sein. Es ist ausserdem bekannt, dass es in der 2. Hälfte der 60er-Jahre Übungen von Bundeswehr und Bundesgrenzschutz gab, in denen anwachsende Streikwellen die Szenarien waren. In welche Richtung die sogenannte Sicherheitspolitik getrieben wird, kann jeder sehen, der sehen will.

Um zum Ende zu kommen: Wir brauchen eine viel stärkere Verzahnung von Friedensbewegung und sozialer Bewegung. Die Menschen, die für Frieden und gegen Krieg eintreten, haben zumeist die gleichen Grundinteressen, wie die Menschen, die sich in der Abwehr gegen die Angriffe auf die sozialen Rechte befinden. Aber zu viele marschieren getrennt. Wenn wir das ändern, werden wir sowohl die Friedensbewegung stärken als auch die soziale Bewegung.

Wer Frieden will, nicht nur im eigenen Vorgarten, der muss die gesellschaftlichen Verhältnisse ändern. Entweder leben die Menschen endlich in freier Selbstbestimmung oder Kriege werden auch weiterhin die Geissel der Menschheit sein.



E-Mail: manfredkriegeskorte@gmx.de
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