Ostermärsche und -aktionen 2007

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07.04.2007


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Ostermärsche und -aktionen 2007

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Redebeitrag zum Ostermarsch 2007 in Landstuhl am 7. April

Liebe Freundinnen und Freunde, denen die Sache des Friedens eine Herzensangelegenheit ist,

Pfarrer Detlev Besier (in Landstuhl)

- Sperrfrist: 07.04.07, Redebeginn -

- Es gilt das gesprochene Wort -

zum Ostermarsch der "Friedensinitiative Westpfalz" in die Region Kaiserslautern-Landstuhl-Ramstein zu kommen, zeugt davon, dass wir uns nicht damit abfinden, in unmittelbarer Nachbarschaft einer militärischen Kriegsdrehscheibe zu leben. Ebenso heißt dies, dass wir weder Lärmbelästigung, noch die potentielle Gefahr des Absturzes eines mit was auch immer beladenen Transportflugzeuges einfach so akzeptieren, auch nicht, dass wir die drohende Kriminalisierung unserer Innenstädte und Dörfer sozusagen als Gott gegeben hinnehmen. Wir werden zwar als antiamerikanisch verschrien, dies verwischt jedoch, bewusst von außen gesteuert, unsere eigentliche Opposition gegen die imperialistische und menschenverachtende Politik des U.S. amerikanischen Präsidenten Georg W. Busch.

Die Teilnahme am Ostermarsch dieser Region signalisiert unsere wichtigste Forderung: Abschaffen aller Atomwaffen und das nicht nur auf deutschem Boden, sondern weltweit. Das ist kein illusorisch visionärer Traum einiger weniger Verwegener. Hinter unserem äußeren, sichtbaren Zeichen dieses Marsches steckt die berechtigte Hoffnung vieler Menschen dieser Region:



dass endlich Ruhe einkehrt,



dass die latent vorhandene Angst vor den Atomwaffen auf der Air Base zu Ende sind, weil diese endlich abgezogen werden,



dass tatsächlich von deutschem Boden kein Krieg mehr ausgeht,



dass nicht andauernd, Schwerstverletzte aus den Kriegsgebieten hier behandelt werden müssen,



dass wir keine Angst mehr vor einem Terroranschlag haben müssen.


Ebenso zeigt die Unterstützung durch den DGB, eine wachsende Zustimmung dafür, dass nicht nur über Frieden geredet wird, sondern Menschen sich auch dafür einsetzen, dass sich etwas ändert, bis hin zur Endgültigen Abschaffung der Atomwaffen hier und auf der ganzen Welt.

Wenn ein Pfarrer mal nicht auf der Kanzel steht, um seinem Verkündigungsauftrag nach zu kommen, sondern hier in aller Öffentlichkeit politisch Stellung bezieht, mutet das einigen sehr komisch an. Solche Grübler sagen bisweilen, was hat Kirche mit Politik zu tun, die sollen sich besser um das Seelenheil der Menschen kümmern. Verstehen die nicht dass ich genau das tue, wenn ich den Mund aufmache für alle, die ohnmächtig hinnehmen, was uns hier in dieser Region, ohne gefragt worden zu sein, einfach auf gedrückt worden ist. Es ist doch genau diese Ohnmacht, die ich meine, mit der hier Politik gemacht wird. Und dazu passt dann auch nur zu gut, wenn Leute sagen, dass sie den ganzen Lärm nicht mehr hören, die Gefahr nicht wahrnehmen, weil sie so wie so nicht real existent ist und außerdem ja auch ein enormer Wirtschaftsfaktor hinter der Air Base steckt.

In Klammern frage ich, was denn sein wird, wenn das neue Einkaufszentrum mit großer Bettenkapazität und Freizeitangeboten wirklich auf Hochtouren läuft, was fällt dann wirtschaftlich für unsere Region noch ab und wie gehen wir mit dem enorm ansteigenden Verkehrsaufkommen um?

Zu viele sind inzwischen verstummt, angesichts dessen, was sich weniger hundert Meter neben bewohntem Gebiet alles abspielt. Ich mache mir Sorge um unsere Sicherheit, denn niemand kann garantieren, das die ca. 120 hier gelagerten Atomwaffen nicht irgendwann einmal los gehen, Wartungsfehler passieren, ein Blitz den Steuerungscomputer manipuliert und so weiter.

Nein! Es geht mir nicht um billige Angstmacherei. Ich bin viel zu sehr Realist, als dass ich einfach blind in Schwarz-Weiss verfallen würde. Ich versuche die Fragen zu stellen, die viele sich nicht zu stellen trauen bzw. dürfen, können oder wollen.

Meine Teilnahme und die Organisation dieses Ostermarsches mit der FIW ist ein Signal der Hoffnung. Menschen dieser Region sollen sehen, hören, erfahren, dass es immer noch welche gibt, die sich nicht damit abgeben, dass bestimmte politische Kräfte gegen den ausdrücklichen Willen einer Region diese zum militärischen Spielball werden zulassen.

Schade ist es, dass die Geschichtsbücher, die später vom Eintritt ins 21. Jahrhundert erzählen werden, die Region Kaiserslautern-Landstuhl-Ramstein mit menschenverachtenden, völkerrechtswidrigen und imperialistischen Kriegen verbinden werden. Diese Region wird zum Synonym dafür, dass die Menschheit es wieder nicht geschafft hat, das Zeitfenster zum Frieden in der Welt zu nutzen. Stattdessen verfallen wir in die alten Regeln des "Kalten Krieges" mit nuklearer Abschreckung und militärischer Drohgebärde, Konflikte lösen zu wollen. Und wenn dies nicht gelingt, werden Luftschläge durch geführt und so genannte Kollateralschäden locker in Kauf genommen.

Wie schön wäre es gewesen, wenn die Geschichtsbücher davon berichten würden, wie es der Völkergemeinschaft gelungen ist, Krieg unmöglich zu machen. Doch wir werden lesen, wie deutsche Tornados, die übrigens auch Träger der Atomwaffen sein können, den Krieg weltweit als Lösungsweg etabliert haben. Und weiter werden wir lesen, dass das Völkerrecht außer Kraft gesetzt wurde, weil die nationalen Regierungen, die wie selbstverständlich die eigenen Gesetze unterwandern, sich ausschließlich dem Gesetz des Stärkeren verschrieben haben. Wir werden aber auch lesen, dass es immer noch nicht gelungen ist, die resistente Gruppe friedensbewegter Menschen ganz auszuschalten. In kleinen Aktionen gelingt es nach wie vor, die tief in den Menschen schlummernde Sehnsucht wach halten, es könnte doch einen militär- und waffenfreien Frieden und eine ebensolche Welt geben.

Einen ersten Schritt hat dazu z.B. der "Ramsteiner Appell" gemacht. Der Rückgriff auf unsere Verfassung, den Art. 26, das Anklagen der völkerrechtswidrige Überflüge zu Kampfeinsätzen ausländischer Streitkräfte oder die Ächtung der CIA-Verschleppungsflüge über Ramstein, wollen keinen amerikanischen Konflikt provozieren. Sie wollen wachrütteln, was die momentane U.S. amerikanische Politik mit den souveränen Staaten weltweit gerade macht.

Machen wir endlich die Augen auf und lernen zu unterscheiden zwischen den Amerikanern, die hier leben, die Gemeinschaft mit uns pflegen, die unsere Kultur, unser Leben, unsere Religion achten auf der einen Seite und daneben auf der anderen Seite die U.S. amerikanische Politik, die in bester Cowboy- und Westernmethode die Welt bedroht, mit unendlich kaltblütigem kriegerischen Tod zu überziehen. Und das alles unter dem Deckmantel, unsere Sicherheit und Freiheit schützen zu wollen.

Ich bin sicher nicht antiamerikanisch eingestellt, wenn ich die U.S. amerikanische Politik nach ihren demokratischen Grundsätzen mit der Zielrichtung "Guantanamo, Gefangenenverschleppung. Weltraumrüstung, Raketenschild in Polen" etc. frage. Ich habe nach wie vor gute Freunde, die in den USA wohnen, die verstehen übrigens diese Politik auch nicht. Ich frage bewusst, warum von hier aus der Krieg im Irak, in Afghanistan und vermutlich demnächst gegen den Iran geplant, logistisch gestützt und computergesteuert wird. Warum tut ihr uns das hier in dieser Region an?

Der zweite Schritt ist, dass wir mit allen Mitteln versuchen wollen, zuerst Kaiserslautern-Landstuhl-Ramstein atomwaffenfrei zu bekommen, damit diesem Beispiel Deutschland folgen kann. Dazu gehört die Aktion des Bürgermeisters von Hiroshima. "Mayers for Peace" bittet Bürgermeister weltweit, die sich in ihren Städten, Dörfern, Kommunen dafür einsetzt, dass keine Atomwaffe hier gelagert wird.

Für uns hier in Landstuhl heißt dies, fragen wir unseren Stadt- und Verbandsbürgermeister, wie er konkret seinen Beitritt zu dieser Aktion "Mayers for Peace" umsetzt. Und was ist mit den neu oder wieder gewählten Bürgermeistern der Stadt und Verbandsgemeinde Ramstein-Miesenbach und der Stadt Kaiserslautern? Werden sie erkennen: nicht die Stationierungsstreitkräfte haben sie in ihre Ämter gewählt, es waren die Bürger und Bürgerinnen dieser Region? Wann ist es soweit, dass regionale Politik für die Menschen gemacht wird, die hier leben?

Der diesjährige Ostermarsch bei uns steht unter dem Motto "Deutschland atomwaffenfrei". Manch einer mag sich gedacht haben, warum kämpfen wir nicht im Vorfeld des G 8 Gipfels in Heiligendamm und gegen weitere Ursachen zum Klimawandel und ist die Atomgeschichte nicht viel zu groß für uns hier?

Vordergründig mag diese Frage berechtigt sein!

Jedoch: Der lokale Ostermarsch um die Air Base Ramstein nimmt bewusst die Sorgen der Menschen hier am Ort in den Focus. Wenn die Rheinpfalz und der SWR darüber berichten, geht es um uns hier in der Region, um unsere Ängste und Sorgen. Und wenn zusätzlich der DGB diese Veranstaltung unterstützt, strahlt das natürlich auch auf die Weltbühne aus. Vergessen wir bitte nicht, wie viele Flugbewegungen von Ramstein tagaus tagein geschehen, wie viel Kerosin die Luft hier belastet, wie viel Verkehr durch unsere Städte und Dörfer rollt . der Klimawandel hat bei uns schon lange begonnen. Schließlich, wer die Frage nach dem Ende des Atomwaffenzeitalter stellt, wer die Abschaffung aller atomaren Waffen fordert, der redet im Konzert aller Veranstaltungen dieser Tage, bei denen es letztlich um die große Sehnsucht nach Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung geht.

Am Ende meiner Ausführungen mache ich zwei konkrete Vorschläge, wie es in unserer Region friedlich weiter gehen könnte:

Erstens biete ich als Sprecher der "FIW" den lokalen Politikern wie den Landespolitikern an, dass wir als konstruktiver Gesprächspartner mit helfen, Alternativen für diese Region zu entwickeln, die den so hoch gelobten Wirtschaftsfaktor "Air Base" aufwiegen können.

Zweitens schlagen wir ein Bündnis für den Frieden vor. Dieses könnte als Kernstück einer Lobbyarbeit dienen, damit sowohl militärische als auch die ganz kleine alltägliche Gewalt, nicht mehr zwingend als normal hingestellt werden müssen. In diesem Bündnis sollten Arbeitgeber und Arbeitnehmer vertreten sein, Mitglieder der Sozialverbände und religiösen Gruppierungen ebenso, wie lokale und Landespolitiker. Wichtig ist uns dabei, nicht dem Gedanken zu huldigen "Gut, dass wir darüber geredet haben" oder "Hoffentlich stimmt das Sitzungsgeld". Die Idee basiert auf der uneingeschränkten Stärkung auf lokal nationaler Ebene für die Arbeit der Vereinten Nationen, als dem Ort, der alleine, wenn es denn unbedingt aufrecht erhalten bleiben muss, die letzte Option einer militärischen Intervention einsetzen darf. Wobei an dieser Stelle deutlich unsere Haltung in der FIW unterstrichen werden muss: Wir sind gegen jede Form der Gewalt.

Wir stehen am Anfang unserer Arbeit in dieser Region. Der regelmäßige Ostermarsch ist eine unserer Plattformen, politisch aktiv zu sein.

Vielen Dank, dass sie hier sind.



Detlev Besier ist Gemeindepfarrer und Sprecher der Friedensinitiative Westpfalz. Vita siehe hier

E-Mail: ProtPfarramtLandstuhlStadt (at) gmx (Punkt) de

Website: www.friedensinitiative-westpfalz.de
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