Ostermärsche und -aktionen 2007

update:
07.04.2007


 voriger

 nächster

Ostermärsche und -aktionen 2007

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Redebeitrag für den Ostermarsch Rhein/Ruhr 2007 in Düsseldorf am 7.4.2007

Liebe Freundinnen und Freunde,

Helmuth Prieß (in Düsseldorf)

- Sperrfrist: 07.04.07, Redegin: 15 Uhr -

- Es gilt das gesprochene Wort! -

Mit der Entsendung deutscher Tornado-Maschinen zur Beteiligung an Kampfeinsätzen in Afghanistan hat die Bundestagsmehrheit zu Beginn des Ostermonats April kein christliches, geschweige denn vernünftiges Zeichen gesetzt! Ich grüße Sie im Namen der weit über 100 aktiven und ehemaligen Offiziere und Unteroffiziere der Bundeswehr, die seit 1983 für eine andere Friedenspolitik eintreten!

Liebe versammelte Freundinnen und Freunde einer Politik, bei der ohne Waffen und mit vor- beugenden zivilen Mitteln - und das mit aller Kraft und Geduld! - versucht werden muss, Konflikte zu stoppen und friedlich zu lösen. Das Leben auf unserer einen Welt wird nicht konfliktfrei, weder im Großen, noch im Kleinen. Aber wir müssen endlich lernen, auf Gewalt zu verzichten. Das gilt auch für die politische Klasse in Deutschland!

Mit christdemokratischen Einstiegdrogen a la humanitäre Hilfe sind wir und die Bundeswehr zuerst nach Kambodscha gelockt, und in Salamitaktik mit Flugabwehrraketen und AWACS-Maschinen am 1. Golfkrieg beteiligt worden, verfassungswidrig haben wir an der Blockade in der Adria teilgenommen und mit den US-Truppen Somalia besetzt. Was heißt hier wir? Wir hier auf dem Gustav-Gründgens-Platz haben gegen diese Inszenierungen protestiert. Vergeblich!

Dann haben die rot-grünen Schauspieler, allen vorweg Scharping und Fischer, uns weinend und zerknirscht in den Luftkrieg gegen Jugoslawien gedrängt. Mit Halbwahrheiten und Lügen, dem Massaker von Racak, einem erfundenen KZ im Sportstadion von Pristina und einem erdachten Hufeisenplan! Was für ein Armutszeugnis der Politik, dass Leute wie Scharping zum Verteidigungsminister aufsteigen können statt als Bademeister beschäftigt zu werden?

Dann - ein Lichtblick! Mit einem Basta im altehrwürdigen Goslar im alten Europa hat Kanzler Schröder die Beteiligung deutscher Soldaten am Angriffskrieg der USA und ihrer zweifelhaften Verbündeten gegen Irak verweigert. Es fehlte dem Regisseur aber leider der Mut, den USA auch die Überflugrechte am deutschen Himmel zu versagen; Da werden über unseren Köpfen Waffen, Söldner und rechtlose Gefangene transportiert. Leider fehlte ihm auch der Mut, die Bewachung von US-Kasernen durch Bundeswehrsoldaten zu untersagen!

Mut, vorbildlichen Mut hingegen zeigte Major Florian Pfaff. Als seine Vorgesetzten ihm erklärten, dass die von ihm bearbeiteten Softwareprogramme auch den US-Irakkrieg unterstützen, erklärte er, dass er diese Tätigkeit aus Gewissensgründen nicht weiter ausführen könne. Allein gegen alle! Dieser Major hat Mut bewiesen! Er schloss sich dem Arbeitskreis DARMSTÄDTER SIGNAL an. Von seiner Rechtstreue und seiner Gewissensstärke können sich Soldaten der Bundeswehr "eine Scheibe abschneiden"! Die wehrdisziplinarische Degradierung des Major wurde in letzter Instanz durch den Wehrdienstsenat aufgehoben.

Respekt auch vor den 5 Mitgliedern dieses Senats, die ein unserer freiheitlichen, demokratischen Verfassung entsprechendes Urteil sprachen! Innerhalb der Bundeswehr wird das Freispruchurteil meist ängstlich-feige "unter den Teppich gekehrt" oder interessengeleitet fehlinterpretiert. Ich schäme mich für die Politiker und Generäle, die dafür verantwortlich sind! Man hat wohl Angst, dass das Verhalten des Major Pfaff Schule machen könnte. Ich wünsche mir, dass es Schule macht!

Minister Franz-Josef Jung fordere ich auf, die Ausbildung in Fragen des nationalen und inter- nationalen Rechts für alle Truppenführer massiv zu verbessern und jeden Unteroffizier, Leutnant oder General zu ermuntern, sein Gewissen zu befragen - und es auch zu benutzten!

Ich werde meine Hoffnung auf Frieden nicht auf den Winzersohn Franz-Josef Jung begründen! Durch Vernebeln der Fakten und Rheinwein-Drogen versucht er, die Sinne der Soldaten und aller Bürger unseres Landes zu schwächen; ... wie er es jetzt bei dem Kampfeinsatz der Recce-Tornados in Afghanistan tut. Da finden keine Beobachtungsflüge zur Verbesserung der Sicher- heit unserer Soldaten und der afghanischen Bevölkerung statt, oder zur Erkundung der Trassen- führung von Straßen und Fahrradwegen, oder von Wasserstellen, oder für Planungen zum Wiederaufbau zerstörter Dörfer! Das sind taktische Aufklärungsflüge, mit deren Fotoergebnissen nachfolgende US-Kampfbomber und Bodentruppen Talibankämpfer vernichten - und die Zivilbevölkerung.

Damit wechseln gerade die deutschen Soldaten aus der ohnehin wackeligen Helferrolle in die der Kreuzritter. Unsere Bundeswehrsoldaten in Afghanistan, die zivilen deutschen Aufbauhelfer und auch unser Land geraten ins Fadenkreuz der Talibanterroristen.

Fatal ist, dass mit dem Tornadoeinsatz erneut internationales Recht gebrochen zu werden scheint. Erfreulich ist, dass nun erneut ein Bundeswehroffizier, der Oberstleutnant Jürgen Rose aus München, sich aus Gewissensgründen weigert, dienstliche Tätigkeiten, die den Tornadoeinsatz unterstützen, auszuführen. Ich rufe den nachdenklichen Vorgesetzten in Abwandlung eines alten militärischen Kampfrufes zu: Ihm nach!". Jürgen Rose ist Vorstandsmitglied in unserem Arbeitskreis. In seinem Fall haben die Vorgesetzten "kalte Füße" bekommen und ihm einen anderen Dienstposten gegeben.

Wir begründen unsere rechtlichen Bedenken gegen den Tornado-Einsatzes damit, dass



1.der Einsatz nicht vom NATO-Vertrag gedeckt ist,



2.dass die USA einen Krieg führen, der weder der Selbstverteidigung dient noch noch vom UN-Sicherheitsrat gestützt wird,



3.dass die Art der Kriegsführung die Zivilbevölkerung in völkerrechtswidriger Weise in Mitleidenschaft zieht - auch gegen den Willen der Regierung Karzai und dass



4.die Behandlung von Gefangenen fundamentalen menschenrechtlichen Grundsätzen widerspricht.


Deshalb: Schluss mit diesem verbrecherischen Krieg! Frieden oder Demokratie mit Waffen erzwingen zu wollen ist eine gefährliche Illusion!

Die deutsche Politik ist seit Beendigung der Ost-West-Konfrontation auf einem falschen und gefährlichen Weg. Seit 1990 überbieten sich unsere Regierungen geradezu, Soldaten in rechtlich zweifelhafte Militäreinsätze zu schicken - mit dem Ergebnis: "Der Teufel den ich rief, den wird` ich nun nicht wieder los".

Zum höchsten Fest der Christenheit rufe ich den Regierenden bei uns zu: Jagen Sie ihren inneren, militärischen Teufel zum Teufel!

Und zum Teufel noch`mal: Fordern Sie die USA endlich und nachdrücklich auf, den atomaren Raketendreck in Ramstein und Büchel abzuziehen!

Fordern Sie die Bush-Regierung auf, das Drehkreuz des verbrecherischen Irakkrieges zu schließen. Das ist unser gutes Recht!

Da Recht oft auch eine Machtfrage ist, mag ich die Forderung, dass neben vielen anderen Tätern, Terroristen eingeschlossen, die in ihren eigenen Ländern gerichtlich nicht zur Rechenschaft gezogen werden, auch die Krieger der US-Regierung: Bush, Cheney, Rumsfeld, Frau Rice und auch der ehemalige US-Außenminister und Ex-General Powell und deren Helfershelfer - und auch die der sogenannten Alliierten - sich dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag stellen müssen. Wir hier auf dem Gustav-Gründgens-Platz wünschen uns das von ganzem Herzen!

Ich fürchte, die Genannten werden ihren gerechten irdischen Richter nicht finden, geschweige denn Reue zeigen. Beim jüngsten Gericht aber wird Ihnen die auf Erden zur Schau getragene Gläubigkeit nicht helfen!

Wer für Deutschland Frieden und Gerechtigkeit will, muss



1.die Bundeswehr abrüsten: In 10 Jahren auf vorerst 120000 Soldatinnen und Soldaten, muss



2.die Auslandseinsätze schrittweise beenden, der muss



3.die Bundeswehr an Haupt und Gliedern reformieren, damit z.B. menschliche Sauereien wie die perversen Schädelfotos oder Folterübungen ausgeschlossen werden können, der



4.darf Soldaten nicht im Inneren einsetzen!


In 2 Monaten findet der nächste G8-Gipfel in Heiligendamm statt. Beachten Sie: in Heiligen- damm. Hinter Stacheldraht, aus der Luft von AWACS und Jabos, am Boden von Geheim- diensten, Militär und mehreren 1.000 Polizeibeamten und durch Kampfschiffe von See geschützt. Menschlich betrachtet müssten sich die 8 ja eigentlich unwohl fühlen! Weit gefehlt: Die fühlen sich wohl, verhandeln über die Verteilung der Macht und des materiellen Wohlstandes ihrer Länder und Verbündeten. Ich habe gelesen, dass auch die Probleme der Hungernden auf der Welt angesprochen werden sollen - freilich ohne Verbesserung der Lage der Hungernden - wer gibt schon gerne ab!?

6 der G8 vertreten die 6 größten Rüstungsexportländer der Welt - eine feine Herrenrunde mit Dame, die da beisammensitzt! Was würde Christus tun, wenn es auf dieses G8-Treffen in Heiligendamm stieße? Sie erinnern sich an seinen "Auftritt" im Tempel?

Er wird wohl nicht kommen. Deshalb: Wir müssen handeln, nachhaltiger demonstrieren und unsere Stimmen lauter erheben, wir müssen für die werben und die wählen, bei denen man wenigstens hoffen kann, dass sich was zum Besseren wenden wird. Viele von uns müssen auch sich selbst mehr oder weniger ändern!

Ich wünsche uns allen ein nachdenkliches, friedvolles und frohes Osterfest!



Helmuth Prieß ist Sprecher des Arbeitskreises Darmstädter Signal. Vita siehe hier.

E-Mail: helmuthpriess (at) darmstaedter-signal (Punkt) de

Website: www.darmstaedter-signal.de
 voriger

 nächster




       


Bereich:

Netzwerk
Die anderen Bereiche der Netzwerk-Website
        
Themen   FriedensForum Termine   AktuellesHome