Ostermärsche und -aktionen 2007


 voriger

 nächster

Ostermärsche und -aktionen 2007

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Redebeitrag zum ostermarsch 2007 in Rostock am 7. April

Liebe Freundinnen, liebe Freunde,

Dr. Cornelia Mannewitz (in Rostock)

Redebeitrag vor der Kasernenanlage Hohe Düne, Ostermarsch 2007, 7. April

Redebeitrag vor EADS-RST Rostock-Warnemünde, Ostermarsch 2007, 7. April:

vor einem Jahr haben wir auch hier vor der Kaserne gestanden und haben Schiffe gezählt. Wir sprachen davon, dass hier die deutsche Schnellbootflottille liegt. Inzwischen sind diese Schnellboote meistens unterwegs: Sie liegen seit September 2006 in wechselnder Zusammensetzung im Verband der deutschen Marine vor der Küste des Libanon, mit dem bewussten "robusten Mandat", um das so lange gerungen wurde. Wieder verabschieden Mütter, Frauen und Freundinnen hier in Hohe Düne deutsche Soldaten in ein Kriegsgebiet.

Das ist übrigens nicht das erste Mal. 2003-2004 haben Schnellboote aus Hohe Düne mit Aufgaben der Seeraumüberwachung an der Operation Strait of Gibraltar am Eingang zum Mittelmeer teilgenommen, 2002-2003 und Ende 2006 mit Führungsaufgaben an der Operation Enduring Freedom im Golf von Aden am Horn von Afrika.

Wir sehen, wir befinden uns hier und im Umkreis an einem wichtigen Standort der Bundeswehr. Rostock ist ohnehin ein Führungszentrum der Marine. Seit einigen Jahren befindet sich hier das Marineamt. Sein Logistikbereich sichert die Versorgung und Ausrüstung aller Kampfschiffe und Boote der deutschen Marine, von hier aus wird aber auch die Ausbildung der Marinesoldaten und die gesamte Infrastruktur der Marine verwaltet. Bis 2010 sollen auch Teile des Stabes der Flotte aus Bremerhaven nach Rostock verlegt werden.

Dazu kommen die Kriegsschiffe in Hohe Düne. Ein ehemaliger Inspekteur der Marine sagte Anfang 2006: "Hohe Düne ist eine Perle unter unseren Stützpunkten." Ab dem nächsten Jahr wird Hohe Düne der modernste Marinestützpunkt der Bundesrepublik sein. Allein seit 2000 wurden in Hohe Düne 40 Millionen Euro investiert. Insgesamt will die Marine in den Ausbau ihrer Standorte in Mecklenburg-Vorpommern bis 2011 noch einmal 41 Millionen Euro investieren. Davon entfallen 36 Millionen auf Hohe Düne. Umfangreiche Umbauarbeiten - Brückenbauten, Ausbaggerungen - bereiten den Stützpunkt auf neue Aufgaben vor: Bis 2008 werden hier fünf Korvetten der Klasse K 130 stationiert, Vertreter einer neuen Generation von Kriegsschiffen für die deutsche Marine. Die Bundeswehr kauft fünf Korvetten - jede einzelne zum Preis von 240 Millionen Euro - " alle fünf kommen nach Hohe Düne.

Die Korvetten werden auch im "Weißbuch 2006 zur Sicherheitspolitik Deutschlands und zur Zukunft der Bundeswehr" erwähnt. Im Kapitel "Transformation" heißt es: "Die Transformation der Bundeswehr umfasst alle Dimensionen der Streitkräfte und ihrer Verwaltung - Fähigkeiten, Umfänge, Strukturen, Stationierung, Personal, Material, Ausrüstung und Ausbildung."; "Transformation berücksichtigt den dynamischen Entwicklungsprozess von Gesellschaft und Wirtschaft und macht ihn für die Bundeswehr nutzbar."; "Transformation fördert die Integration von technologischen Entwicklungen in die Bundeswehr" - dafür sind die hoch technisierten und aggressiven Korvetten ein gutes Beispiel. Ziel der Transformation: Die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr soll erhöht werden. An dieser Stelle des Weißbuches werden drei Arten von Waffen erwähnt: Neuentwicklungen bei Hubschraubern und Panzern, das extrem mobile Raketensystem MEADS und die Korvetten. Das Weißbuch schreibt: "Zudem wird die Modernisierung der Eingreif- und Stabilisierungskräfte der Marine durch die Beschaffung der Korvetten der Klasse K130 fortgesetzt" und im Kapitel "Organisation" mit einer Deutlichkeit, die nichts zu wünschen übrig lässt: "Die Korvetten werden zur präzisen Bekämpfung von Landzielen befähigt sein und damit streitkräftegemeinsame Operationen von See unterstützen."

Dafür sind die Korvetten folgendermaßen ausgelegt: Eine Korvette ist 89 Meter lang, hat 58 Mann Besatzung und braucht weiteres Personal für Wartung und Versorgung. Auch ohne Versorgung kann sie auf See sieben Tage überdauern. Sie hat ein Flugdeck, das den Einsatz von Marinehubschraubern erlaubt. Die Korvetten werden mit hoch leistungsfähigen Radareinrichtungen und weiterer Technik ausgerüstet und sollen damit küstennahe Gebiete überwachen. Das soll natürlich nicht der Sicherung von Warenwegen für den Im- und Export auf See dienen - womit der Einsatz der Marine gern gerechtfertigt wird - " sondern das wird in fremden Küstengewässern geschehen. Es ist geplant, auf den Korvetten auch Marinedrohnen - unbemannte Aufklärungsflugkörper - zu stationieren. Damit könnte Überwachung auch jenseits des Radarhorizonts stattfinden. Für die Bekämpfung der Ziele, die man damit an Land ausgemacht hat, ist dann die Bewaffnung der Korvetten da: Geschütze und jeweils vier landzielfähige schwere Flugkörper mit 200 Kilometer Reichweite. Außerdem können die Korvetten Minen legen.

Das heißt auch: Die zu modernisierenden Eingreifkräfte der Bundeswehr sind Interventionskräfte, und bei deren Aufträgen sollen die Korvetten eine Hauptrolle spielen.

Im Interesse einer friedlichen Entwicklung des Landes und seiner Außenpolitik kann man den Bau und die Stationierung der Korvetten nur ablehnen. Taufen und Probefahrten der schon fertigen Korvetten haben auch bundesweit die entsprechenden Reaktionen hervorgerufen. Für uns ist das ein sehr wichtiges Thema, dem wir uns verstärkt widmen werden.

Und zum Schluss noch ein Gruß an unsere Matrosen im Auslandseinsatz, mit denen wir ja auch begonnen haben: Bundeswehr-tv für Soldaten im Ausland zeigt heute zweimal (!) den Spielfilm "Collateral"; dort geht es um Auftragsmorde im Drogenmilieu, aber der Titel ist für alle Zeitgenossen sprechend - ), außerdem den Dokumentarfilm "The Fog Of War" über den ehemaligen US-Verteidigungsminister Robert McNamara - in seine Zeit fiel die Eskalation des Vietnamkriegs. Wahrscheinlich sollte man auch darüber einmal nachdenken.



Redebeitrag vor EADS-RST Rostock-Warnemünde, Ostermarsch 2007, 7. April:

EADS RST (Rostock System-Technik GmbH) ist 2007 30 Jahre alt. Inzwischen wird eingeschätzt, dass es in den ostdeutschen Bundesländern im Bereich Luft- und Raumfahrt eine führende Position einnimmt.

Der Vorläufer dieses Betriebes wurde 1977 als Institut für Schiffbautechnologie gegründet und gehörte zur Ingenieurhochschule für Seefahrt Warnemünde/Wustrow. Das Institut entwickelte unter anderem Spezialausrüstung für Schiffe und Unterwassereinsätze der DDR-Marine. 1992 wurde RST eine Tochtergesellschaft von DaimlerChrysler Aerospace (DASA) mit Aufgaben in Luft- und Raumfahrtprogrammen und -projekten. Seit dem Aufgehen der DASA im "europäischen" Konzern EADS gehört RST zu EADS und ist einer von über 70 Entwicklungs- und Produktionsstandorten von EADS in Europa. Es hat 135 Mitarbeiter und im vergangenen Jahr 11 Millionen Euro umgesetzt (Quelle: Pressemitteilung von EADS-RST vom 1.3.07). EADS-RST liefert Produkte in europäische Länder sowie darüber hinaus nach China und Brasilien.

EADS-RST ist eine 100-prozentige Tochtergesellschaft von EADS astrium, einer von fünf EADS-Divisionen: Airbus, Military Transport Aircraft (vor allem mit dem Militärtransportflugzeug A400M), Eurocopter (mit dem Kampfhubschrauber Tiger), astrium, Defence & Security Systems (mit Eurofighter, Tornado, Lenkflugkörpern - hier ist EADS der auf der Welt zweitgrößte Hersteller - " Elektronik und Kommunikationssystemen für zivile und militärische Anwendungen). EADS ist nach Boeing das zweitgrößte Luft- und Raumfahrtunternehmen der Welt. Seine Rüstungssparte gilt als besonders stabil und wächst beständig. Mit seiner Airbus-Abteilung, durch die Krise des Airbus A380, hat EADS 2006 erstmals einen Verlust erwirtschaftet. Sofort folgten umfangreiche Restrukturierungs-, also Abbau- oder Verkaufspläne - Stichwort "Power 8" - " die unter anderem mit der Streichung von 10.000 Stellen konzernweit einhergehen sollen. Die Reaktionen darauf durch Arbeitskämpfe an verschiedenen Standorten waren auch in der Bundesrepublik sehr wahrnehmbar. Die Rolle der Rüstungssparte von EADS wächst auch in dieser Relation. 2006 hat sie einen Zuwachs von 73% erreicht und erbringt ein Viertel der Gesamterlöse von EADS. Größter Einzelkunde ist die deutsche Bundeswehr mit Neueinkäufen für 2,4 Milliarden Euro im Jahr 2006 (Quelle: Süddeutsche Zeitung, 4.4.07, S. 21).

Die Rostocker EADS ist unter anderem in die Entwicklung des Airbus A380 und des ab 2009 für die Auslieferung vorgesehenen militärischen Transportflugzeugs A400M, des ersten militärischen Flugzeugs der EADS-Gesellschaft Airbus, eingebunden. A400M ist neben dem Eurofighter das ehrgeizigste Rüstungsprojekt von EADS. Auf seiner Webseite (www.airbusmilitary.com) befindet sich ein Countdown - jeder Fortschritt in seiner Entwicklung wird dokumentiert. Der A400M wird doppelt so viel Nutzlastkapazität und Laderaumvolumen haben wie die bisherigen Militärtransportflugzeuge, Luftbetankung zulassen und "taktische" Flüge mit geringer Geschwindigkeit in Bodennähe ausführen können. Die Bundeswehr hat 60 Stück bestellt, für insgesamt 7,65 Milliarden Euro. EADS-RST ist mit Ausrüstungen für Klimaanlagen und Stromversorgung beteiligt.

EADS Rostock arbeitet auch dem bundesdeutschen Satellitenaufklärungssystem SAR-LUPE, das von der Bundeswehr geführt wird und mit dem sich die Bundesrepublik seit Ende 2006 an der Militarisierung des Weltraums beteiligt. Die Entwicklungen liefen seit 1998, begründet mit den bundesdeutschen Erfahrungen der ersten Auslandseinsätze beim NATO-Überfall auf Jugoslawien. Der erste Satellit dieser Klasse wurde im Dezember 2006 ausgesetzt. Bewegungen gegnerischer Truppen, Flüchtlingsströme und so weiter können schnell und zuverlässig erfasst werden, auch bei schlechtem Wetter und in der Nacht, weil Radartechnologie verwandt wird. Die Bundeswehr zahlt dafür 733 Millionen Euro. Wenn das System fertig installiert ist, wird es von jedem Ort der Welt hochaufgelöste Bilder liefern können - deshalb "Lupe" - " auf denen Gegenstände von weniger als einem Meter Länge zu erkennen sind. Die geplante Kopplung mit dem französischen Satellitensystem "verspricht" eine Effektivierung des Einsatzes der EU-Eingreiftruppen und damit einen weiteren Zuwachs an europäischer militärischer Macht. Sie birgt außerdem die Gefahr einer Reaktion: der Entwicklung von Weltraumwaffen. Die Rostocker EADS beteiligt sich mit einem Teil der Bodenunterstützung für das Orbitkontrollsystem der SAR-LUPE-Satelliten: Registrierung von Messwerten, Versorgung mit Sensoren.

Neben EADS sind weitere große Luft- und Raumfahrtunternehmen in Rostock vertreten:



Rücker Aerospace GmbH



AEROTEC Engineering GmbH



MIZ Services GmbH



Rheinmetall Defence Electronics GmbH



luratec AG luft + raumfahrt technologie


Ein weiteres Unternehmen mit Luft- und Raumfahrtsparte steht vor der Tür: Ferchau Engineering GmbH, Ingenieurdienstleister von Airbus, der ebenfalls Leistungen für den Militärtransporter A400M erbringt. Ferchau Engineering will in Rostock 35 Arbeitsplätze schaffen.

Um die Ansiedlung von Luft- und Raumfahrtunternehmen in Rostock kümmert sich inzwischen ein spezielles Büro. Wir befinden uns ja hier im Technologiezentrum Warnemünde. 60 Unternehmen mit insgesamt rund 550 Mitarbeitern sind hier: Biomedizin und Biotechnologie, Life Science, maritime Technologien, Informationstechnologien, Luft- und Raumfahrt. Demnächst soll für das Zentrum für Luft- und Raumfahrt, hier nebenan im früheren Wohnheim der Ingenieurhochschule für Seefahrt, Richtfest sein. Man will möglichst viele Firmen hier ansiedeln oder als Zulieferer für das Zentrum interessieren. Und nicht nur das: Die Firmen sollen, laut Pressemeldungen, auch durch Schulungen fit gemacht werden, damit sie den Ansprüchen von Airbus (konkret vermutlich: von EADS) gerecht werden können. Der hiesigen Wirtschaft wird damit mehr und mehr ein militärisches Profil verliehen. Chancen für eine Entwicklung des Landes auf ziviler Grundlage werden vergeben.



Cornelia Mannewitz ist aktiv im Rostocker Friedensbündnis.

E-Mail: cornelia (Punkt) mannewitz (at) uni-rostock (Punkt) de

Website: rostocker-friedensbuendnis.de
 voriger

 nächster




       


Bereich:

Netzwerk
Die anderen Bereiche der Netzwerk-Website
        
Themen   FriedensForum Termine   AktuellesHome