Ostermärsche und -aktionen 2007


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Ostermärsche und -aktionen 2007

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Redebeitrag zum Ostermarsch 2007 in Bielefeld am 7. April

"Krieg um Öl oder Friede durch die Sonne",

Inge Schulze (in Bielefeld)

- Es gilt das gesprochene Wort! -

so der Titel des Buches von Franz Alt. Dieser Titel macht deutlich, wir haben noch eine Wahl.

Die schreckliche Realität ist Krieg um Öl. Nicht nur die Kriege im Irak, auch die Kriege in Tschetschenien und in Afghanistan, die militärische Unterstützung der Bürgerkriege in Afrika durch die Großmächte haben ihre Ursache im Öl. Die Energiekonflikte spitzen sich zu. Denn der Energieverbrauch der Menschheit ist größer denn je. Er wird sich in den nächsten Jahrzehnten noch mal verdoppeln - hauptsächlich durch die ökonomische Entwicklung in Indien, China und Brasilien. Das hat dramatische Folgen für Klima und Umwelt, aber auch für die Kriegsbereitschaft der großen Gesellschaften. Für den amerikanischen Spezialisten für Wirtschaftsentwicklung Mikkal Herberg ist "kein Szenario mehr denkbar, das nicht zu einer Konfrontation zwischen den USA und China in Sachen Energie führt." Auch Japan und China streiten vorerst noch diplomatisch um die Gasreserven vor ihren Küsten. Aber die kommunistische "Volkszeitung" in Peking hält den Gasstreit bereits für ein "Vorspiel zu Schlimmerem". Und Japans Regierung änderte seine Sicherheitsdoktrin, weil sich "Konflikte um Ressourcen zu Kriegen ausweiten könnten."

Afrika ist seit einigen Jahren wegen der dort entdeckten Erdölressourcen zu einem Objekt der Begierde vor allem der USA und der Volksrepublik China geworden. China hat den 2005 geplanten Sanktionen der UN gegen den Sudan wegen der Gräueltaten gegenüber der eigenen Bevölkerung im Darfur-Konflikt nicht zugestimmt, weil die boomende chinesische Wirtschaft vom Sudan unbedingt billiges Erdöl braucht. Der Sonderberichterstatter der UNO für den Sudan, der FDP-Politiker Gerhart Baum, stellt fest: "Die Ölförderung ist eng verknüpft mit dem Konflikt im Sudan. Öl hat den Krieg ernsthaft verschlimmert und die Menschenrechtslage verschlechtert. Die Ölförderung verursacht weiterhin großflächige Vertreibungen." Mit dem Geld aus der Ölförderung werden Waffen gekauft, Politiker bestochen. Für die 300.000 Opfer geschieht nichts.

Obwohl nur 4% der Weltbevölkerung in den USA lebt, werden dort 25% der weltweiten Energie verbraucht. Die Golfstaaten verfügen über 63% der Weltölreserven. Es wundert also nicht, dass die Golfregion im Brennpunkt der amerikanischen Energie- und Weltpolitik steht. So sind der Golf-Krieg, der Krieg im Irak nur im Zusammenhang der Sicherung des ungehinderten Zugangs zu den Ölreserven dieser Region zu verstehen. Die Verflechtung der Politik mit der Ölindustrie und der Energiewirtschaft in Amerika, Russland aber zunehmend auch in Deutschland lassen befürchten, dass die Interessen um die Sicherung der Ölreserven auch weiterhin die politischen Entscheidungen bestimmen.

Die Gefahr zukünftiger Verteilungskriege um die zu Ende gehenden Energie-Ressourcen kann nur verringert werden, wenn es gelingt, den Energieverbrauch weltweit drastisch zu reduzieren und die unerschöpfliche Energiequelle der Sonne zu nutzen.

Energie wird heute weltweit überwiegend durch Verbrennung von fossilen Brennstoffen erzeugt, dabei entsteht mehr CO2, als von den Pflanzen dieser Erde wieder verwertet werden kann. 18% des jährlichen CO2-Ausstoßes geht auf die Vernichtung von Wäldern durch Brandrodung zurück. Dies ist doppelt problematisch, da die vernichteten Wälder für Jahrzehnte fehlen werden, um CO2 durch Fotosynthese zu binden. Dadurch steigt seit vielen Jahren die CO2-Konzentration in der Atmosphäre und die Temperatur der Erde kontinuierlich an. An dieser von Menschen gemachten Klimaveränderung gibt es keine Zweifel mehr. Die Erde hat sich bereits und wird sich in den nächsten 100 Jahren weiter erwärmen, unklar ist nur, in welchem Ausmaß die Erwärmung stattfinden wird.

Die Vereinigten Staaten, Kanada und Australien haben weltweit den höchsten Energieverbrauch pro Kopf der Bevölkerung, doppelt so hoch wie der auch viel zu hohe Verbrauch in Deutschland, Russland, Japan, Südkorea und GB. Wird der Energiehunger der Erde nicht gebremst, so droht uns eine Katastrophe mit bisher unbekanntem Ausmaß. Gerade die ärmeren Staaten dieser Erde wie Bangladesch oder Indonesien sind durch den ansteigenden Meeresspiegel von Überschwemmungen bedroht. Schon heute müssen viele Menschen in Indonesien mehrmals im Jahr ihre Dörfer verlassen, weil das Meer weite Teile des Strandes überflutet, ihre Brunnen versalzen zunehmend. In Afrika, Asien, Mittel- und Südamerika werden weite Teile des Landes, die heute landwirtschaftlich genutzt sind, versteppen; in Afrika wird es 30% weniger Wasser geben als heute. Die Anzahl der an Malaria erkrankten Menschen wird um 60 Mill. Menschen zunehmen.

Der Temperaturanstieg bis 2050 ist nicht mehr zu stoppen, aber die Veränderung danach können wir heute noch beeinflussen.

Wir handeln nicht nach unserem Wissen, denn wir wissen genau, dass der Energiebedarf nicht in dem prognostizierten Ausmaß steigen darf. Energiesparen ist möglich, alle technischen Voraussetzungen sind gegeben um sowohl mit Energie effizienter umzugehen (3-L-Auto, Gebäudeheizung, Kraftwerkstechnologie) als auch auf erneuerbare Energien umzusteigen.

Wir tun nicht, was wir sagen. Das gilt auch für unsere Bundesregierung. Entgegen aller Lippenbekenntnisse zum Klimaschutz sorgt die Energielobby gerade dafür, dass in Deutschland 40 neue Kohlekraftwerke genehmigt werden und diese mit mehreren Milliarden durch die Bundesregierung subventioniert werden. Es macht sich bezahlt, dass viele ehemalige Politiker besonders von der SPD in den Chefetagen der Energiekonzerne auf gut bezahlten Führungspositionen sitzen. Statt die Verschmutzungsrechte für CO2 den Konzernen in Rechnung zu stellen und den Ertrag in Ländern der dritten Welt in CO2 senkende Maßnahmen zu investieren, werden die Rechte entgegen den Vorstellungen der EU in Deutschland den Energieunternehmen geschenkt. Wenn sich an dieser Politik nichts ändert, dann kann Deutschland heute und auch in den nächsten 40 Jahren die selbst formulierten Klimaschutzziele nicht erreichen.

Aber, geht es überhaupt?

Die aus heutiger Sicht wichtigste Quelle zur Stromerzeugung ist die Windenergie. Allein im Atlantik und Pazifik kann über Wind doppelt so viel Strom produziert werden wie die USA zurzeit verbrauchen. Das Potential der Nutzung der Sonnenenergie zur Stromerzeugung ist besonders in den armen Ländern des Südens gewaltig.

Die zunächst sehr sinnig erscheinende Nutzung von Biomasse zur Energieerzeugung zeigt auch die Grenzen unseres Handels auf. Seit in den USA Mais zur Erzeugung von Ethanol angebaut wird, haben sich die Preise für Maismehl in Mexiko vervierfacht, seit Indonesien die guten Absatzmöglichkeiten für Palmöl zur Erzeugung von Biodiesel erkannt hat, beschleunigt sich die Brandrodung der noch wenigen verbliebenen Urwälder. Je mehr Biomasse (Getreide, Zuckerrohr, Maniok) zu Biosprit verarbeitet wird, desto mehr steigen die Preise für die örtlichen Grundnahrungsmittel. Für die 200 Millionen ärmsten Menschen kann der wachsende Anbau von Energiepflanzen lebensbedrohlich werden. Zudem wird durch die Brandrohdung und die Produktion von Biodiesel mehr CO2 ausgestoßen, als durch den Einsatz von Biodiesel eingespart werden kann.

Deshalb sollte uns allen klar sein, ein Wechsel von fossilen auf nachwachsende Rohstoffe ist kein Königsweg. Ein weiter so wie bisher geht nicht. Ein Frieden mit der Sonne kann nur gefunden werden, wenn der Gesamtenergiebedarf deutlich verringert wird. Deshalb geht kein Weg an deutlicher Energieeinsparung vorbei. Hier muss jede und jeder Einzelne seinen Teil dazu beitragen aber auch von der Politik alle Möglichkeiten einfordern, den Weg der Energieeinsparung und des Umsteigens auf erneuerbare Energiequellen entschieden und konsequent zu gehen, denn nur so kann ein immer härter ausgetragener Verteilungskampf können weitere Kriege um die endlichen Ressourcen verhindert werden.



E-Mail: info (at) inge-schulze (Punkt) de

Website: www.gruene-bielefeld.de
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