Ostermärsche und -aktionen 2007


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Ostermärsche und -aktionen 2007

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Rede zum Ostermarsch Ruhr 2007 am Mahnmal für die Opfer des Faschismus in Gelsenkirchen, Ostersonntag, 9. April

Liebe Freundinnen und Freunde,

Alice Czyborra (in Gelsenkirchen)

Wir unterbrechen unser Fahrradkorso vor dem Mahnmal für die Opfer des Faschismus. Im Jahre 1950 wurde dieses Mahnmal mit Unterstützung der Stadt Gelsenkirchen von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes Gelsenkirchen errichtet, von den rassisch und politisch Verfolgten, den Überlebenden der Konzentrations- und Vernichtungslager, der Zuchthäuser und des Bataillons 999. Unter Einsatz ihres Lebens hatten Gewerkschafter, Kommunisten, Sozialdemokraten, Christen dem Faschismus Widerstand geleistet, vor dem drohenden Krieg gewarnt, zu verhindern versucht, was dann gekommen ist, schlimmer als jemals befürchtet. Die das Inferno in den faschistischen Lagern und Zuchthäusern überlebten, hatten sich geschworen, alles zu tun, dass es nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus gibt nach so viel Leid, millionenfachen Tod, verbrannter Erde. Niemals sollten ihre Kinder und Kindeskinder das erleiden, was sie erleiden mussten. Dafür haben sie gewirkt, ihr Leben lang.

Es war 1999, als sich zum ersten Mal nach dem II. Weltkrieg die Bundeswehr am NATO-Angriffskrieg gegen Serbien beteiligte, mitgemacht in einem Krieg mit der Losung "Nie wieder Auschwitz".. Die Überlebenden des Holocaust waren über diese neue Auschwitzlüge entsetzt. In einem Aufsehen erregenden offenen Brief an die damaligen rot-grünen Minister Fischer und Scharping hatten sie diese Lüge entlarvt. "Wir waren fassungslos über die infame Instrumentalisierung von Auschwitz für Kriegspropaganda, fassungslos darüber wie Auschwitz funktionalisiert wird. . welch eine Schamlosigkeit, mit einer solchen Art der Auschwitzlüge den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen Jugoslawien zu rechtfertigen", schrieb damals mein Vater, Peter Gingold, dessen Schwester und Bruder in Auschwitz ermordet wurden.

"Freiheit", "Menschenrechte", "Demokratie", "Kampf gegen den Terror" rechtfertigen heute jeden Krieg, wo es in Wirklichkeit um Öl und andere Ressourcen, um strategische Ziele, um die Interessen der Rüstungsindustrie geht. Wie viele Tote sind tagtäglich in den Kriegsregionen zu beklagen! Die überfallenen Länder versinken immer mehr im Chaos.

Erst vor wenigen Tagen hat der Bundestag in seiner Mehrheit entgegen dem Willen eines überwiegenden Teils der Bevölkerung beschlossen, Tornados nach Südafghanistan zu entsenden, damit direkt in die Kampfhandlungen einzugreifen. Das übrigens tut das Kommando Spezialkräfte (kurz KSK) schon lange. In den letzten fünf Jahren wurden für Afghanistan rund 7 Milliarden Aufbauhilfe durch die westliche Welt geleistet, aber rund 80 Milliarden für Militäreinsätze. Nach wie vor ist die Bundesrepublik wichtigste Drehscheibe für US-amerikanische Rüstungsgüter und Militär und unterstützt damit den Krieg im Irak.

Diese Kriegshandlungen verletzen das Potsdamer Abkommen, in dem es heißt. "Der deutsche Militarismus und Nazismus werden ausgerottet und die Alliierten treffen nach gegenseitiger Vereinbarung in der Gegenwart und in der Zukunft auch andere Maßnahmen, die notwendig sind, damit Deutschland nie mehr seine Nachbarn oder die Erhaltung des Friedens in der ganzen Welt bedrohen kann."

62 Jahre danach gehören nicht nur verfassungswidrige Auslandseinsätze der Bundeswehr, Beteiligung an Angriffskriegen zur Normalität. Als ob es niemals Auschwitz, Treblinka, die millionenfache industrielle Vernichtung von Menschen, den barbarischen Krieg, gegeben hätte. existiert ganz legal in der Bundesrepublik die NPD. Eine Partei, die unverhohlen in der finsteren Tradition der NSDAP steht.

Die NPD leugnet und verharmlost Naziverbrechen. Sie strebt ein neues "Großdeutschland" an. Sie verbreitet offenen Rassismus. Sie stempelt Ausländer zu Sündenböcken für alle Missstände in unserem Land. Sie gehört damit zu den geistigen und physischen Mittätern ausländerfeindlichen Gewalttaten. Sie ist mit gewaltbereiten Gruppen verbündet. Über 100 rassistisch, ausländerfeindlich motivierte Morde hat es seit 1990 gegeben und im letzten Jahr über 18.000 rechtsextremistische Straftaten. Die NPD ist antisemitisch. In einem offen antisemitischen Aufmarsch sind vor drei Jahren NPD und "Freie Kameradschaften" gegen den Bau der Synagoge durch Bochum gezogen. Die NPD ist gewerkschaftsfeindlich und will ausgerechnet am 1. Mai in Dortmund aufmarschieren, eine unerträgliche Provokation. Das Schlimme ist, dass diese Aufmärsche immer wieder vom Bundesverfassungsgericht genehmigt und polizeilich geschützt werden.

Die Zulassung dieser Partei ermöglicht es ihr, wie selbstverständlich zu kandidieren. Wahlkampfkostenerstattungen, Fraktionsgelder und Abgeordnetendiäten einzustreichen.

Mit der Kampagne "NPD-Verbot-jetzt" wendet sich die VVN/BdA in einem Brief an die Abgeordneten des Bundestages, das Verbot der NPD einzuleiten. Es hatte bereits einen Verbotsantrag gegeben. Dieser war gescheitert, weil sich die Antragsteller auf Aussagen von V-Leuten beriefen.

"Wie lange noch sollte gezögert werden, die größte Organisation des deutschen Rechtsextremismus zu verbieten? Bedarf es in diesem Land erst der Stimmen der Opfer, der Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes, um das anzumahnen, was die eigene Einsicht aller, auch die des Staates sein sollte?", schreibt das Neue Deutschland.

Endlich die NPD und ihr Umfeld, die Freien Kameradschaften zu verbieten ist der Wille all derjenigen, die seit Jahren gegen die Nazi-Aufmärsche protestieren, die sich ihnen in den Weg stellen, so wie in Gelsenkirchen im letzten Jahre während der Weltmeisterschaften, als Antifaschisten den Nazis den Weg versperrten.

Wir, die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, rufen alle Bürgerinnen und Bürger über Parteien und Weltanschauungen hinweg, unsere Forderung nach einem NPD-Verbot mit ihrer Unterschrift zu bekräftigen, wie es bereits Künstler, Gewerkschafter, Oberbürgermeister verschiedener Städte, das Präsidium des 1.FC Nürnberg, der Katholische Bischof von Regensburg und viele andere getan haben.

Unterstützen Sie die Kampagne "NPD-Verbot jetzt", damit die Abgeordneten des Bundestages am Willen der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes nicht mehr vorbeikommen und endlich handeln.

Vor zwei Jahren hat mein Vater hier noch einige ergreifende Worte sprechen können. Er und viele seiner Kampfgefährtinnen und Kampfgefährten leben nicht mehr. Aber sie haben uns ihre Erfahrungen hinterlassen, sie, die in den finstersten Zeiten des Faschismus nicht aufgegeben hatten. Um mit ihren Worten zu sprechen: Mobilisieren wir alle, die Deutschland zu einem Land machen wollen, in dem Neofaschismus, Rassismus, Antisemitismus, Fremdenhass keinen Boden mehr finden können. Mobilisieren wir alle, damit nie wieder deutsche Truppen in andere Länder einmarschieren.


Website: www.nrw.vvn-bda.de
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