Ostermarsch
2008


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Ostermärsche und -aktionen 2008

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Redebeitrag bei der Ostermarschabschlusskundgebung am 24.03.2008 in Nürnberg vor der Lorenzkirche

Liebe Freundinnen und Freunde,

Anna Beltinger (in Nürnberg)

27. Ostermarsch in Folge, das ist doch was. Die Friedensbewegung bei uns ist lebendig wie Ihr seht und wir werden nicht müde, immer wieder anzuprangern, dass Säbelrasseln, Drohungen auszustoßen, Militäreinsätze anzudenken, vorzubereiten und schließlich auszuführen eine Art von Politik ist, die nichts bringt, d.h. sie bringt was: Immer neue Probleme! Gerechtigkeit, Frieden, Schutz der Menschenrechte gehen kaputt.

Das Verhältnis von Beschlüssen unseres Parlaments zum Mehrheitswillen der Bevölkerung in Angelegenheiten Militäreinsätze ist zur Zeit ja recht merkwürdig, eigentlich pervers. WIR sind doch das Volk, das annimmt, Grundgesetz und Völkerrecht sind Größen, Werte, die gelten, die nicht einfach hin- und hergeschoben und durch faule Bündnisvereinbarungen und wegen wirtschaftlicher Interessen und Begehrlichkeiten beliebig werden dürfen und außer Kraft gesetzt.

Die Werte Sicherheit und Freiheit werden zur Zeit oft bis zum Nichtwiedererkennen für die Bürger verbogen. Um bei Sicherheit zu bleiben: Der durch den Krieg im Irak, in Afghanistan und die Probleme Israel - Palästina geförderte Terrorismus wird als Popanz bei uns gepflegt.: Soll damit auch der Einsatz der Bundeswehr im Inneren vorbereitet werden?

Das bringt mich auf einen sehr unangenehmen Gedanken. Uniform kann Persönlichkeiten verändern. Die Einbindung in eine hierarchische Struktur, die Fixierung auf Befehl und Gehorsam ist gefährlich für Kritikfähigkeit und das eigene Urteilsvermögen. Der Prozess um die Vorgänge in Coesfeld, um die Folterspielchen in der Kaserne gibt schon zu denken. Als Argument für solche Sachen gilt: Krieg gegen Terror.

Hier will ich daran erinnern, wie die Interpretationen von Terror, Terrorismus und Terroristen schwanken, und wie Aktionen gegeneinander aufgerechnet werden. Befreiungsaktivisten - siehe Nelson Mandela - sind dann Terroristen, ziviler Widerstand wird Terrorismus, Minderheiten, die sich wehren, werden als Abschaum beschrieben, der nieder gemacht werden muss. Außer die Aktivitäten passen in die globale Strategie von Zugang zu Rohstoffen oder können gegen einen Konkurrenten instrumentalisiert werden. Für uns ist Freiheit, Demokratie und kulturelle Selbstbestimmung nicht teilbar: Sei es in Kurdistan, in Tschetschenien, in Tibet, im Baskenland oder für die Serben im neu geschaffenen Staate Kosovo. Deshalb begrüße ich hier recht herzlich die Anwesenden Freunde Tibets, unsere kurdischen Freundinnen und Freunde und alle anderen, die mit Ausdauer, zivilen Mitteln und Kreativität für ihre berechtigten kulturellen Interessen eintreten.

Und für uns lassen sich Bomben auch nicht in gute und böse einteilen. Das gilt selbstverständlich erst recht für die deutschen Streubomben, die nach wie vor produziert und geliefert werden. Frieden erzwingende Maßnahmen, bewaffnete Friedensmissionen und welche Verharmlosungen noch erfunden werden: Wir bleiben da knapp bei der alten Wahrheit: Krieg ist Terror!

Es gibt erfreulicher Weise Beispiele, wie sich Offiziere, die schon eingebunden waren in den Apparat, öffentlich distanziert haben. Am 08. März konnten wir in den NN über Major Florian Pfaff vom Darmstädter Signal lesen. Das Verteidigungsministerium hat sicher keine Freude an seinem Buch: "Totschlag im Amt." Er prangert die Lügen um den Irakkrieg an. Natürlich steckte die Bundesregierung von Anfang an tief mitten drin.

Oberst Jürgen Rose, ebenso ein rotes Tuch für das Verteidigungsministerium, ist ein gefragter Gesprächspartner. Vielleicht wegen seinem Ausspruch, ich zitiere: "Im Irak und in Afghanistan geht es nicht um Demokratie oder Terrorbekämpfung, sondern um weltweite Durchsetzung der freien Marktwirtschaft."

Aus der US - Armee sind seit Beginn des Irakkriegs 14.000 Soldaten desertiert und Agustin Aguayo, einer von ihnen, der in Stuttgart am 21.12.07 einen Friedenspreis bekommen hat, schildert, wie grauenhaft die Verrohung unter den Soldaten im Irak wirkt und gewirkt hat. Ich erinnere an das, was ich im Zusammenhang mit Persönlichkeitsveränderungen angedeutet habe. Zunehmend erfahren in den USA Deserteure und Kriegsdienstverweigerer Solidarität. Da heben manche Deutsche sogar im Rückblick auf den 2. Weltkrieg noch Schwierigkeiten.

Ich komme zurück zur Diskrepanz zwischen dem Willen des Volkes, also uns, und dem Vorhaben der Bundesregierung, das Einsatzmandat der Bundeswehr in Afghanistan zu verlängern und die Truppenstärke aufzustocken. Jetzt heißt das auch offiziell "Kampfeinsatz". Der Vorwurf der Feigheit und Drückebergerei von Seiten der Nato - Partner wurmt scheint`s doch und die Nachfrage wegen des mangelhaften Aufbaus von Polizeikräften und der ausgebliebenen Gelder für zivile Institutionen ist sehr peinlich.

Große Frage: Wie werten wir die Bundeswehr auf? Wo bringt man die Motivation her für tapferen Kampfeinsatz, wo auch immer? Es gibt außer Afghanistan ja noch mehr Tummelplätze für deutsche Soldaten. Eine grandiose Aktion wird in der FAZ vorgestellt und ist von Reinhard Beck, Präsident des Reservistenverbandes, dem Petitionsausschuss des Bundestages schon zur Prüfung übergeben worden: Es sollen wieder Eiserne Kreuze verliehen werden. Ich denke, wir sind alle gespannt, was dabei herauskommt und ob Verteidigungsminister Jung sich dann gleich das Eiserne Kreuz ans Revers heften darf.

Aber Stichwort Reservistenverband. Da gibt es einen, der äußert sich klar und informiert - es ist eine Freude. Die Kameradschaft in Dingolfing verfasste auf einer gut besuchten Mitgliederversammlung eine Presseerklärung deren Fazit lautet: Deutsche Soldaten raus aus Afghanistan. Ein Sieg ist sowieso nicht zu erreichen, Soldaten schaden nur. Die Freunde aus Dingolfing machen ihren Stimmkreis MdBs auch den Vorwurf, sich vor Antworten auf Anfragen zu drücken.

Das ist doch ein Aufsteller, wenn eine Gruppe in unserer Gesellschaft, von der wir es eigentlich nicht gedacht haben, so einen Durchblick zeigt.

Ich habe unseren Nahbereich bisher nicht erwähnt. Ansbach hat am Samstag seinen Ostermarsch durchgeführt. Der vehemente Widerstand gegen den Ausbau des Kampfhubschrauberplatzes Katterbach und die große geplante US - Wohnsiedlung hat politisch eine Menge bewegt, auch in der Kommunalpolitik. Ihr habt gelesen. Ergrimmend ist der Zustand und die Entwicklung in Grafenwöhr, dem größten US Militärstandort in Europa. Ich habe da zwei Zeitungsberichte, einen vom September 2007. Er ist ekelhaft. Da wird von Crashkursen im Nah- und Häuserkampf berichtet, Tote und Verletzte werden von zahlreichen Statisten gespielt. Im anderen Bericht vom Februar 2008 geht es um das Üben von positiven Kontakten zu den Menschen in Krisengebieten, ebenfalls mit vielen Statisten, kulturelle Experten werden zugezogen. Hintergrund natürlich das katastrophale Verhalten von US - Soldaten bei der Besetzung des Irak und weiterhin.

Die Verbindung Nürnberger Flughafen - Grafenwöhr wird von uns ständig kritisch beobachtet. Truppentransporte haben ja schon stattgefunden. Der Ausbau der Straßenverbindung und die zukünftige eventuelle militärische Nutzung? Wir passen auf. Zum Schluss eine Aussage von einer Seite die uns überrascht:

Am Karfreitag in den 12 Uhr Nachrichten von Bayern 2 habe ich gehört: Bischof Wolfgang Huber, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland, sagte - wohl angesichts von Berichten über vernichtete Menschenleben und über Flüchtlingsströme und überwältigt durch die Angaben über die ungeheuren Mengen verschleuderter Gelder für Rüstung und weitere Militäreinsätze:

"Der Irakkrieg ist die teuerste Sackgasse aller Zeiten".

Diese Meldung wurde schnell kassiert, ich habe sie nicht noch einmal gehört.

Ja, Krieg ist ein Verbrechen, er ist im ganz umfassenden Sinn teuer, teuer, teuer.

Das immer wieder auszusprechen werden wir nicht müde.



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