Ostermarsch
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Ostermärsche und -aktionen 2008

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Redebeitrag für den Ostermarsch in Traunstein am 22. März 2008

Agrogentechnik - die etwas andere Art der Kriegsführung
Krieg gegen die Natur - gegen die Menschen

Rosi Reindl (in Traunstein)



- Es gilt das gesprochene Wort -



Anrede,

Klingt jetzt natürlich etwas provokant, lässt sich aber an Hand von ein paar Beispielen aus der Praxis leicht erklären. Zunächst aber ein paar grundsätzliche Dinge zu Gentechnik.

Gentechnik ist keine schnellere Art der Züchtung, Gentechnik ist eine artgrenzenüberschreitende Manipulation. Es werden Arten vermischt die sich in der freien Natur nicht getroffen hätten. Da werden z.B. Tiergene in Pflanzen, menschliche Gene in Tieren, Gene aus Bakterien in Pflanzen (wie z.B. beim BT-Mais der dadurch selbstständig das Gift gegen den Maiszünsler produziert) gemischt.

Es gibt verschiedene Arten von Gentechnik. Die rote Gentechnik (Medizin Beispiel Insulin), die weiße Gentechnik (Lebensmittelzusatzstoffe wie Vitamine, Enzyme) und die grüne Gentechnik auch Agro-Gentechnik genannt bei der z.B. Pflanzen gentechnischverändert werden. Die ersten Beiden werden im geschlossenen System in der Fabrik hergestellt aber bei der Agro-Gentechnik handelt es sich um gentechnisch veränderte Pflanzen und Tiere die in der freien Natur wachsen und nicht mehr rückholbar sind. Außerdem sind diese Pflanzen und Tiere patentiert.

Durch Kontamination (sprich Auskreuzung) durch Wind, Bienen, Transportverluste, Vermischung im Lagerhaus u.s.w. mischt sich dieses Saatgut mit den herkömmlichen Pflanzen. In Kanada haben ursprünglich ca. 30 % der Bauern aktiv Roundupready Raps und Soja angebaut und mittlerweile (innerhalb von wenigen Jahren) bezahlen 100 % der Bauern Lizenzgebühren und es ist nicht mehr - NIE MEHR - möglich gentechnikfreien Soja oder Raps anzubauen.

Eines der bekanntesten Beispiele ist wohl Percy Schmeiser, ein kanadischer Landwirt dem durch Auskreuzungen aus einem Nachbarfeld sein in über 40 Jahren durch eigene Züchtung optimiertes Rapssaatgut zerstört wurde und der obendrein noch von Monsanto (die weltweit ca. 95 % des gentechnischveränderten Saatgut besitzen - ein Chemiekonzern bekannt durch die Herstellung von DDT, PCB, Agent Orange, diverse Pestizide wie das Totalherbizid Roundupready, aber auch Aspartam usw) verklagt wird wegen Patentrechtsverletzung.

Viele Bauern vertrauten auf die Versprechungen der Industrie wie Mehrerträge und Pestizideinsparungen die zwar anfänglich gegeben waren aber schon nach 3 bis 4 Jahren sich ins Gegenteil verkehrten und nunmehr durch Resistenzen umso mehr gespritzt werden muss (teilweise die 10 bis 15 fache Menge). Viele können das nicht mehr bezahlen.

Mittlerweile haben sich Aufgrund von totaler Überschuldung durch extreme Missernten bei BT-Baumwolle tausende indische Bauern umgebracht. Des Weiteren werden von ein paar weltweit agierenden Unternehmen wie z.B. Monsanto viele der kleineren Saatgutunternehmen aufgekauft und das Sortiment an Saatgut drastisch reduziert - in Indien ist teilweise nur noch gentechnischverändertes Baumwollsaatgut erhältlich.

Aber auch Firmen wie Seminis (weltgrößter Hersteller für Obst- und Gemüsesaatgut) wurden von Monsanto aufgekauft und Sortimentskürzungen vorgenommen. Mittlerweile ist der Großteil des Saatgutmarktes im Besitz von ein paar weltweit agierenden Firmen die auch im Besitz des sogenannten Terminatorgens sind. D. h. diese Pflanzen sind gentechnisch so verändert, dass sie steril sind. Diese Technik liegt in den Schubläden der Firmen für sämtliche Pflanzen angefangen von A wie Aubergine bis Z wie Zuchini.

Mit zunehmendem Einsatz von GVOs steigt das Risiko der Gen-Vermischung. So haben Monsanto- Gene mittlerweile in Mexiko, dem Herkunftsland von Mais, Ursprungssorten verseucht. Monsanto erhebt auf diese Pflanzen Besitzansprüche (Kanada) und verlangt Lizenzgebühren dafür.

Nur weltweiter Widerstand bewirkt, dass diese Pflanzen noch nicht bei uns am Acker verbreitet sind. Des Weiteren werden auf den Feldern Pharmapflanzen angebaut die zur Herstellung von medizinischen Wirkstoffen verwendet werden. Wie z.B. die Cholerakartoffel die 2006 schon auf einem Versuchsfeld in der Nähe von Rostock gewachsen ist. Beispiele gibt es für alle Grundnahrungspflanzen.

Eines der krassesten Beispiele ein Land unter Kontrolle zu bringen ist für mich zur Zeit das Beispiel Irak. Nicht nur daß Waffen verwendet werden die gegen die Genfer Konventionen verstoßen - wie z. B. Uranmunition, die verheerende Auswirkung auf die Zivilbevölkerung haben und zur Erhöhung der Krebsrate und der Häufung von extremen Missbildungen bei Säuglingen führt. Auch hat der Krieg zur Folge, dass die größte Saatgutbank des Iraks zerstört wurde. Völlig unfassbar, untersagt die Order 81 der amerikanischen Besatzungsarmee den irakischen Bauern die Verwendung des althergebrachten eigenen Saatguts und bestimmt die ausschließliche Verwendung industriell erzeugtes meist gentechnischverändertes Saatgut. Leider wurde auch durch Hilfslieferungen von gentechnisch veränderten Grundnahrungsmitteln in diversen Entwicklungsländern die dann auch als Saatgut verwendet wurden die einheimische Saatgutbasis verseucht.

Auch eine der größten Saatgutbanken Europas die Saatgutbank in Gattersleben bei Halle wird durch den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen auf den Flächen der Saatgutbank (auf denen auch die herkömmlichen Pflanzen zur Erhaltung der Keimfähigkeit angebaut werden) und die Ansiedelung von Gentechnikfirmen auf dem Gelände indirekt gefährdet.

Es wurde wissenschaftlich festgestellt, dass Gene sogar auf nur artverwandte Pflanzen überspringen können. Z.B. kann Raps auch auf Senf-, Rettich- und Kohlarten auskreuzen. Selbst innerhalb von Pflanzengruppen sind Auskreuzungen möglich. Letztendlich ist die gesamte Artenvielfalt in Gefahr.

Ein häufig gebrachtes Argument - Gentechnik hilft gegen den Hunger in der Welt - hat sich leider noch nirgends auf der Welt bewahrheitet. Die Praxis zeigt, dass Gentechnik in vielen Ländern erst zu Hunger geführt hat.

In Argentinien z.B lebten vor dem Anbau von gentechnischverändertem Soja ca. 3 % der Bevölkerung unter der Armutsgrenze. Mittlerweile, nach einer Wirtschaftskrise, leben ca. 40% der Argentinier unter der Armutsgrenze.

Gentechnik ist eine Rationalisierungstechnik in der Landwirtschaft und in erster Linie für Großgrundbesitzer gedacht, die mit Hilfe von moderner Technik ihre Felder bearbeiten.

Das Pestizid Roundup, das gleichzeitig mit dem genveränderten Saatgut von Monsanto verkauft wird tötet alle Pflanzen außer die Gentechnischveränderten. Es kann somit auch während der Wachstumsphase der Pflanzen mit Flugzeugen großflächig über die Felder versprüht werden. Der Sprühnebel kommt aber auch zum Teil auf benachbarte Felder von Kleinbauern und vergiftet damit deren Ernte und vernichtet deren Einkommen.

Auf vielen Feldern auf denen früher die Nahrung für Argentinier abgebaut wurde, wächst heute Roundupready - Soja für den Export zu uns nach Europa, und es wachsen die Devisen aber auch der Hunger in Argentinien.

Unsere Politik darf die ethische Dimension der Agrar-Gentechnik nicht länger verdrängen. Ist es vertretbar, wenn unsere Importe die Existenz von Kleinbauern in Entwicklungsländern gefährden?

Firmen wie Monsanto versuchen auch in Europa nicht nur durch patentierte Pflanzen sondern auch durch Patentierung von Tieren wie z.B. Schweine, Rinder und Hühner den Nahrungsmittelmarkt zu kontrollieren. Auch bei Trinkwasser passiert das.

Konzerne wie Nestle und Monsanto kaufen sich in die Wasserversorgungen ein. Monsanto z.B. besitzt in Amerika mittlerweile ca. 40 % der privaten Trinkwasserversorgung. Die Verquickung von Politik, Wirtschaft und Wissenschaft ist in den meisten Fällen nicht zum Nutzen der Bevölkerung.

Man denkt nichts Schlechtes, aber wohinter steckt die echte Absicht, wenn Millionenbeträge zum Aufbau der größten und Bestbewachtesten Saatgutbank in Spitzbergen (Norwegen) von Firmen wie Monsanto, Syngenta, Dupont usw. beigesteuert wurden?

Kann es eine Art Arche Noah mit dem Genpool herkömmlicher Sorten zur Rettung der Welt sein, oder mehr als sichererer Genpool für seltene Arten für besondere Firmen dienen?

An dieser Stelle kann ich nur noch den bekannten Ausspruchs Henry Kissingers zitieren; der 1974 sagte: wer das Öl unter Kontrolle hat, kontrolliert Nationen, wer die Nahrung unter Kontrolle hat, kontrolliert die Menschen!

Ich will hier nicht Mutlos machen, sondern motivieren, aktiv zu werden und Einflussmöglichkeiten zu nutzen. Es gibt auch Erfolge beim Kampf gegen die Agro- Gentechnik. Es gibt eine wachsende Gegenbewegung. In vielen Europäischen Ländern wird Gentechnik nicht mehr zum Anbau zugelassen. Bei uns gibt es schon viele gentechnikfreie Landkreise.

Sie können auch als Verbraucher mithelfen. Wenn Sie gezielten dort einkaufen wo Sie sicher wissen dass die Ware GVO frei ist. Am Besten regionale Produkte bevorzugen (Transparenz), noch besser sind Bioprodukte. Auch mit dem Greenpeace Ratgeber können Sie gezielt Produkte auswählen und im Geschäft nach gentechnikfreier Ware fragen. So bekommen letztlich die Hersteller mit, dass wir auf Gentechnikfreiheit Wert legen. Wie können Sie noch helfen:



-Sie können auch Freunde und Nachbarn auf das Thema aufmerksam machen.



-Politiker auffordern zu diesem Thema Stellung zum nehmen (Landtagswahl).



-Sich aktiv einbringen bei örtlichen Initiativen zur Bildung von gentechnikfreien Regionen.



-Initiativen wie z.B. Zivilcourage oder der Verein gentechnikfreies Europa können jede Hilfe gebrauchen (egal ob ideell, finanziell, mental).



-Sie können sich durch den Besuch von Veranstaltungen informieren bzw. selbst Veranstaltungen zu dem Thema organisieren.


Wir von Gentechnikfreies Europa organisieren z.B. Veranstaltungen mit Percy Schmeiser damit man Informationen aus erster Hand bekommt. Hier auch gleich eine erfreuliche Nachricht beim Streitfall Percy Schmeiser gegen Monsanto. Kurz vor der Gerichtsverhandlung am 19. März lenkte Monsanto ein ging auf die Forderungen Schmeisers ein und erklärte sich verantwortlich für die gentechnische Kontamination und bezahlt Schadensersatz an Schmeiser. Ein Teilsieg im Gentechnikkrimi wurde erreicht. Wer Informationen zum Fall Schmeiser aus erster Hand haben möchte kommt bitte zur Veranstaltung mit Percy Schmeiser am 20.06.08 in Traunstein, näheres (später die Vorbereitungen laufen noch) auf der Internetseite http://www.zivilcourage.ro oder http://www.percy-schmeiser-on-tour.org.



Rosi Reindl ist aktiv beim Bund Naturschutz AK Gentechnik.

E-Mail: rosi_reindl (at) web (Punkt) de
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