Ostermarsch
2008


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Ostermärsche und -aktionen 2008

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Auszug aus dem Redebeitrag für den Ostermarsch 2008 in Biberach, 21. März

Liebe Freundinnen und Freunde,

Ralph Lange (in Biberach)

(...) Vor fünf Jahren, als die USA zusammen mit Verbündeten den Krieg im Irak begannen, gründeten wir zusammen das Biberacher Friedensbündnis. Diktator Saddam Hussein weinten wir damals keine Träne nach. Wohl aber waren wir empört über die Begründung des Krieges und sind noch heute entsetzt über seine Folgen.

"Nobel, notwendig und gerecht" nennt US-Präsident Bush den Irak-Krieg heute. Und weiter: "Wir helfen dem irakischen Volk, eine Demokratie im Herzen des Nahen Ostens aufzubauen." In seiner Rede zum fünften Jahrestag spricht Bush von vielen Erfolgen, wenigen Rückschlägen und er nimmt viermal das Wort "Sieg" in den Mund.

Kein Wort von den nie entdeckten Massenvernichtungswaffen im Irak, kein Wort von den vom Roten Kreuz geschätzten 151.000 umgekommenen Zivilisten, kein Wort von den fünf Millionen Flüchtlingen, kein Wort von den 600 Milliarden Dollar, die der Krieg bisher gekostet hat, kein Wort von den Menschenrechtsverletzungen, die auch nach dem Ende der Diktatur zum irakischen Alltag gehören.

"Weil wir gehandelt haben, ist die Welt besser dran, und die Vereinigten Staaten von Amerika sind sicherer", so Bush. Glaubt er das tatsächlich? Die Mehrheit seiner Landsleute nimmt ihm dieses Mantra nicht mehr ab. In den vergangenen Tagen forderten in den Vereinigten Staaten tausende Kriegsgegner den Abzug der US-Truppen aus dem Irak.

Das Motto unserer heutigen Mahnwache "Frieden in Gefahr" ist mit einem Fragezeichen versehen. Betrachten wir die Welt mit all ihren Kriegen, Bürgerkriegen, den 10 Millionen Hungertoten pro Jahr und all dem Elend, so können wir dieses Fragezeichen bedenkenlos durch viele Ausrufezeichen ersetzen. Besser noch: Wir streichen das Wort Frieden und ersetzen es durch "Unsere Welt": Unsere Welt in Gefahr - Ausrufezeichen.

In den letzten Wochen und Monaten ärgerten wir uns zu Recht über die 4 Milliarden hinterzogenen Steuern in Liechtenstein. Die Dreistigkeit mancher Superreicher erschien uns als zutiefst unmoralisch.

Um wie viel mehr müssten wir uns aber über die weltweiten Rüstungsausgaben empören. Jahr für Jahr werden mindestens 900 Milliarden weltweit für militärische Zwecke ausgegeben. Pro Kopf der Weltbevölkerung sind das 140 Dollar im Jahr. In den letzten zehn Jahren steigerten sich diese Ausgaben um fast 40 Prozent.

Meine Zahlen stammen aus verlässlichen Quellen im Internet, ich musste aber etwas suchen. Während in den 1980er Jahren militärische Hochrüstung heftig diskutiert wurde, spielt das Thema heute in der Öffentlichkeit eine untergeordnete Rolle. Vielleicht geht es Ihnen auch so wie mir: Nach dem Ende des Kalten Krieges ging ich irgendwie davon aus, dass sich die militärischen Ausgaben in freiem Fall befanden. In Europa waren wir Deutschen umgeben von Freunden.

Ist also unser Frieden in Europa, in Deutschland in Gefahr? Dazu drei kurze Schlaglichter

Das erste: Deutschland beteiligt sich im Moment mit fast 7.300 Soldaten an acht Auslandseinsätzen. Die beiden größten Einsätze finden im Kosovo und in Afghanistan statt. Im Februar beschloss der Bundestag, auch eine schnelle Eingreiftruppe mit 250 Mann nach Afghanistan zu entsenden. Damit weicht die Bundesregierung nach der Entsendung von Tornado-Kampfflugzeugen erneut von der von ihr behaupteten Beschränkung auf den Aufbau im Norden ab. Ob damit ein Mehr an Sicherheit für die Menschen in Afghanistan geschaffen wird, ist mehr als fraglich. Auch in Afghanistan starben mehr als 4.000 Zivilisten in dem angeblich gerechten und sauberen Krieg. Sicher ist indessen, dass die Bundesrepublik immer mehr zur kriegführenden Partei werden wird.

Ein zweites Schlaglicht: Statt ihren vertraglichen Abrüstungsverpflichtungen nachzukommen, planen die offiziellen Atommächte ihre Arsenale zu modernisieren, auch in Europa. Begleitet wird diese neue Rüstungsrunde von Plänen der US-Amerikaner einer effizienten Raketenabwehr. Damit wird nicht nur schrittweise die Einsatzschwelle von Atomwaffen gesenkt. Staaten wie Indien und Pakistan ziehen nach. Dritte Staaten - wie zum Beispiel der Iran - setzen verstärkt auf Atomenergie, um sich die Option einer Atombewaffnung zu eröffnen. Ohne eine Wiederbelebung der nuklearen Abrüstung drohen der endgültige Bruch des Nichtverbreitungsvertrages und ein Zuwachs an Atommächten.

Ein drittes Schlaglicht: Unsere Bundesrepublik verdient kräftig am schmutzigen Geschäft der Waffenexporte. Wir sind der weltweit drittgrößte Waffenexporteur und liefern auch gerne in den Nahen Osten - trotz des Wissens, dass es sich um eine höchst unberechenbare Region handelt.

Fünfzig Jahre nach dem ersten Ostermarsch der Kampagne für nukleare Abrüstung von London zur Atomforschungsanlage in Aldermaston fordern wir immer noch den Abzug und die Vernichtung aller Atomwaffen.

Vierzig Jahre nach der berühmten Rede Martin Luther Kings in Washington haben wir noch immer den Traum von einer Welt ohne Krieg, Rüstungswahn, Rassismus und Armut.

Fünfundzwanzig Jahre nach den Massendemonstrationen gegen die sowjetischen SS 20 und die amerikanischen Pershing II wird es Zeit, die Themen Aufrüstung und Waffenexporte auf die politische Tagesordnung zu setzen.

Fünf Jahre nach dem Beginn der Invasion in den Irak fordern wir immer noch ein Ende des Krieges.

Es ist schon lange Zeit für eine stärker werdende Friedensbewegung. Auch heute gilt: Das Thema Frieden ist zu wichtig, um es den Regierungen zu überlassen. Als Biberacher Friedensbündnis, das von 10 Trägerorganisationen und zahlreichen Einzelmitgliedern unterstützt wird, werden wir unseren Beitrag dazu leisten. Werden auch Sie aktiv.



Ralph Lange ist aktiv beim Biberacher Friedensbündnis. Vita siehe hier

E-Mail: kontakt (at) ralph-lange (Punkt) de

Website: www.ralph-lange.de
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