Ostermarsch
2008


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Ostermärsche und -aktionen 2008

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Redebeitrag beim Ostermarsch 2008 in Ohrdruf am 23. März

Worte gegen den Krieg

Peter Franz (in Ohrdruf)

Anrede,

Früher haben sie die Massen zum Führen ihrer Kriege begeistern müssen. Das ist heute nicht mehr nötig. Dieses Land ist inzwischen so reich und mächtig, daß seine Führer sich die Bereitschaft der Soldaten zum Töten kaufen können. Nach dem, was ich gehört habe, ist der "Friedenseinsatz" in Afghanistan ein überdurchschnittlich gut bezahlter Job. Das ist in Zeiten von Existenzangst und unsicheren Berufsaussichten ein fetter Köder. Merke: Heute wird zum Krieg nicht mehr befohlen, sondern geködert. Das Ködern ist überhaupt das Lebensprinzip dieser Gesellschaft. Der marktwirtschaftliche Kapitalismus regelt alles mit Geld und Werbung. Zur Werbung gehören auch Werbegeschenke. Die Bundeswehr verschenkt z.B. recht ordentliche Berufsabschlüsse und damit Berufsaussichten für viele Jahre. Die Wehrmacht dieses Landes ist sozusagen eine krisenfeste Firma, deren Konjunkturkurven ständig nach oben zeigen. Sie ist eine Firma mit Monopolstellung, die keine Konkurrenz fürchten muss. Sichere Arbeitsplätze? Hier haben wir endlich die Firma, die uns Wohlstand bringt in dieser Welt des Hungers, des Mangels, der Umweltzerstörung. Zu einer ordentlichen Firma gehört auch ein cleveres "Marketing". Dazu gehört eine geschmeidige Sprache. Wer wird heute noch von so schrecklichen Dingen wie "Krieg" sprechen wollen? Dieses Land befindet sich zusammen mit seinen Kumpanen von der NATO bereits in mehreren "Friedenseinsätzen". Das ist auch gut fürs kleine Gewissen, wenn man weiß, daß man für das viele Geld, das aufs heimatliche Konto eingezahlt wird, auch noch etwas für den Frieden damit geleistet hat.

Liebe Kriegsgegner, wenn ein Theologe die Gesellschaft verstehen will, in der er lebt, dann achtet er - das ist sein Berufsrisiko - vor allem auf den Gebrauch der Sprache in dieser Gesellschaft. Von seinem Gott, der sich mit Worten den Menschen kundtut, hat er gelernt, auf den Gebrauch der Worte zu achten. Worte können töten, aber auch lebendig machen, sagt die Bibel. Und ich sage: Worte können besoffen machen oder auch für Klarheit sorgen und Licht in eine Sache bringen. Was uns derzeit von unseren Oberen zugemutet wird, ist der Gebrauch der Worte als Droge. Wir befinden uns allesamt in dem größten Dopingvorgang, der sich überhaupt denken läßt: Mit verbalpolitischem Doping sollen wir dazu gebracht werden, nicht die Tour de France, sondern die Tour de Frappe zu gewinnen. Aber weder wir noch die Menschengruppen und Völker, zu denen wir mit "Friedenseinsätzen" gehen, werden diese Tour de Frappe gewinnen. Wir werden allesamt Verlierer sein. Und dass zuerst die anderen verlieren, darf uns dabei kein Trost sein.

Wenn ich hier als Theologe spreche, dann tue ich das nicht als Vertreter irgendeiner Kirche oder Religionsgemeinschaft, sondern als ein Mensch, der sich um eigene Erkenntnis bemüht. Der Gott, den ich für glaubwürdig und achtenswert halte, ist jener JAHWE, der die Menschen aus der Knechtschaft herausführen will, damit sie ein selbstbestimmtes Leben führen können. Ich beziehe mich dabei natürlich auf eine alte Urkunde aus dem jüdisch-christlichen Traditionskreis. "Ich bin der Herr, dein Gott, der ich dich aus Ägypten, aus der Knechtschaft geführt habe. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir." Einen Gott, der mich und andere befreit, den lasse ich mir gefallen. Und ich werde mich davor hüten, mich in eine neue Knechtschaft einspannen zu lassen - und wenn sie im religiösen Gewande daher kommt. Und - diesem befreienden Gott sei`s geklagt - leider kommen die Angebote zur Unfreiheit, zur Knechtschaft meist in religiöser Umhüllung daher. Haben wir in diesem Land nicht eine lange Geschichte davon? Wie war das doch auf dem Koppelschloß? Stand da nicht zu lesen "Gott mit uns"? Das kann nicht der befreiende aus der Knechtschaft gewesen sein. Und wie war das doch mit dem Eisernen Kreuz? Unter diesem Zeichen sind zwei verheerende Kriege geführt worden, und mit diesem Zeichen sollen wiederum gutbezahlte und mit Berufsaussichten geköderte "Friedenskämpfer" dekoriert werden? Na danke, mit so einem Kreuz, mit so einer Firma und mit solch einer Religion, deren Vertreter diese Friedenskämpfer seelisch betreuen, will ich nichts zu tun haben. Ich brauche keine anderen Götter neben dem befreienden. Aber nicht nur am Beginn, sondern auch am Ende der Thora, da sich bereits das Kommen des Friedensmenschen Jesus anbahnt, lese ich beim Propheten Sacharja Sätze, die der Knechtschaft des Krieges und des Kriegführens widersprechen: Die Veränderung der Welt "soll nicht durch Heer oder Kraft, sondern durch meinen Geist geschehen, spricht der Herr Zebaoth." Gläubige Vertreter der beiden großen Weltreligionen grüßen sich mit einem Wort gleichen Ursprungs: SCHALOM ALEJCHEM oder SALEM ALEIJKUM. Mit diesem Gruß trennen wir uns von allen Friedenseinsätzen, die an verschiedenen Stellen der Welt durchgeführt werden. Es gab mal in diesem Land einen Politiker, der sich selber als Atheisten ansah. Aber er hat etwas davon verstanden, sich und die Welt vor falschen Göttern zu warnen. Er nannte die Mittel für solche "Friedenseinsätze" Teufelszeug. Deshalb habe ich gerade als Theologe großen Respekt vor ihm, auch wenn ich nicht alles von dem billige, was er sonst politisch zu verantworten hat. Aber in dieser wichtigsten Frage, der Friedensfrage, waren wir linken Christen mit den Kommunisten immer einig. Diese Übereinstimmung lasse ich mir von niemandem ausreden oder verächtlich machen. Ich verachte die, denen nichts anderes einfällt, als ihre Marktwirtschaft mit "Friedenseinsätzen" in der ganzen Welt zu verbreiten. Und darin fühle ich mich mit dem Friedensmenschen verbunden, wenn er sagt: "Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon." Wenn wir das Teufelszeug anprangern bis es verschwunden ist, dann wird es wirklich Ostern werden.



Der Schweizer Dichterpfarrer Kurt Marti dichtet ein "Anderes Osterlied":



"Das könnte den Herren der Welt ja so passen,

wenn erst nach dem Tode Gerechtigkeit käme,

erst dann die Herrschaft der Herren,

erst dann die Knechtschaft der Knechte

vergessen wäre für immer.



Das könnte den Herren der Welt ja so passen,

wenn hier auf der Erde alles so bliebe,

wenn hier die Herrschaft der Herren,

wenn hier die Knechtschaft der Knechte

so weiterginge wie immer.



Doch der Befreier vom Tod ist auferstanden,

ist schon auferstanden, und ruft uns jetzt alle

zur Auferstehung auf Erden,

zum Aufstand gegen die Herren,

die mit dem Tod uns regieren."

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