Ostermarsch
2008


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Ostermärsche und -aktionen 2008

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Redebeitrag für den Ostermarsch 2008 Bern am 24. März

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde,

Rosmarie Zapfl-Helbling (in Bern)

Ostern, man sagt, es sei das Fest der Freude und des Friedens. Man ist sich nicht ganz einig, woher das Wort stammt. Ob es vom jüdischen Passah Fest oder vom althochdeutschen Ostara, der Göttin des Frühlings, des Sonnenaufgangs der Auferstehung kommt?

Fest des Friedens - Millionen von Menschen sehne sich nach Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung. Diese aus ökumenischen Kreisen entstandene Bewegung hat sich rund um die Welt aufgebaut. Es ist eine neue gesellschaftliche Bewegung die von Frauen, Randgruppen, Opfer von Menschenrechtsverletzungen und Umweltaktivisten getragen wird. Tausende von Frauen und Männer setzen sich aktiv für den Frieden ein. Es gibt Partnerschaften für den Frieden, Organisationen und Zusammenschlüsse, die sich für den Erhalt des Friedens und der menschlichen Sicherheit stark machen. Trotzdem gibt es keinen Erdteil, keine Region, in der nicht Konfliktherde ja sogar Kriege die Menschen traumatisieren. Wo kein Frieden herrscht fehlt auch die Sicherheit.

Aus diesem Grunde sind Veranstaltungen wie die des heutigen Ostermarsches so wichtig, um die Menschen zu sensibilisieren für das, was in unserer Gesellschaft und weltweit abläuft mit Diskriminierung, Gewalt und Menschenrechtsverletzungen.

Als Politikerin bin ich täglich mit Situationen konfrontiert in denen die Frage der Menschlichkeit, der Menschenwürde und der Gerechtigkeit zur Diskussion stehen.

Wie weit wurden Menschenwürde und menschliche Sicherheit berücksichtigt bei der Verschärfung des Asylgesetzes? Haben Menschen mit einer anderen Hautfarbe nicht die gleichen Rechte und die gleiche Würde die es zu berücksichtigen gilt, wie wir sie für uns einfordern? Haben Mütter, die auf der Flucht sind, nicht die gleichen Bedürfnisse und Rechte wie eine Mutter die in Zürich oder Bern wohnt? Beide wollen für ihr Kind das Beste, dass es in Frieden und Sicherheit leben kann. Wie lange können wir es noch verantworten, dass auf der Welt alle acht Sekunden ein Kind an den Folgen von Hunger stirbt?

Oder haben Frauen, die ohne Papiere in die Schweiz gelotst werden um als Sexobjekte Geld für ihre Vermittler zu verdienen keine Rechte? Die Schweiz hat, wie andere Länder auch, die Menschenrechtskonvention unterschrieben. Diese gilt nicht nur für Schweizerinnen und Schweizer, die gilt ebenso für verschleppte und geschändete Frauen, die unseren Städten unter schlimmen Bedingungen arbeiten. Wo bleibt da die menschliche Sicherheit? Deshalb versuchen verschiedenen Organisationen mit der Aktion EURO 08 die Sicherheit dieser Frauen zu verbessern.

Wo bleibt die Menschlichkeit bei Leuten, die Kinder schänden, aufs schlimmste ausnutzen und ohne Liebe und Zuneigung aufwachsen lassen? Hier müssen wir bereit sein, strengste Gesetze zu verabschieden, um solche Verbrecher zu bestrafen. Die Gesellschaft hat hier die Aufgabe einzugreifen, das Tabu vor der Intimsphäre der Familie fallen zu lassen und sich für die Schwächsten stark zu machen. Die Gesellschaft, das sind einzelne Menschen, das sind sie und ich, die sich in ihrem Umfeld dafür einsetzen.

Sind Familienmitglieder die der Gewalt des Partners ausgesetzt sind, erst schutzbedürftig, wenn sie mit dem Leben bedroht werden oder ernsthaft verletzt sind?

Pro Jahr werden in der Schweiz 85 Menschen ermordet. Erschreckend ist, dass 60% all dieser Tötungsdelikte innerhalb der Familie geschehen. Jeden Tag tötet sich in unserm Land ein Mensch mit einer Schusswaffe. Das löst viel Leid bei den Familienangehörigen aus. Die Schweiz gehört zu den Ländern mit der grössten Selbstmordrate. Die leichte Verfügbarkeit von Schusswaffen in unserm Land erhöht massiv das Risiko, dass Menschen zur Waffe greifen. Frauen, die in der Familie der Gewalt ausgesetzt sind, leben in ständiger Angst. Die Schusswaffe im Keller oder im Estrich ist eine ständige Drohung, mit der sie jahrelang leben. Bedrohte Frauen suchen oft Schutz in Frauenhäusern. Jede 5. Frau die 2005 im Frauenhaus Basel Zuflucht suchte, wurde mit der Waffe bedroht. Jeder Mann und jede Frau muss sich nach Amokläufen, Familiendramen und Selbstmord mit der Waffe die Frage stellen, reicht es, dass wir uns darüber entsetzen, muss nicht endlich die Verfügbarkeit der Waffen in Frage gestellt werden.

Es ist Aufgabe des Staates die Menschenrechte aller Bürgerinnen und Bürger zu schützen. Das heisst, dass der Staat alle geeigneten Massnahamen treffen muss, um Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt zu verhindern. Die Forderungen der Frauen an Bundesrat und Parlament sind klar:

Die Aufbewahrung von Armeewaffen zu Hause ist zu verbieten, es ist ein zentrales Waffenregister einzuführen und der Zugang zu Schusswaffen ist zu erschweren.

Mit der Unterzeichnung der Initiative gegen Waffengewalt tragen sie dazu bei, dass diese Forderungen erfüllt werden.

Es gibt auch positive Meldungen zum Thema Menschlichkeit. So haben 2005 tausende Frauen auf den Friedensnobelpreis gehofft. Für ihre Arbeit in Projekten die dem Frieden und der Sicherheit in ihren Ländern dienen, sollten sie mit dem Preis belohnt werden. Belohnung für den im kleinen und grossen erschaffenen Frieden, für den sie sich zum Teil seit Jahren einsetzen. Ich denke an die Aerztin in China, welche die Regierung anklagte, weil in Spitälern Blut eingesetzt wurde, das mit dem Aidsvirus verseucht war und an dem hunderte von Menschen erkrankten und starben. Sie musste für ihren Mut jahrelang ins Gefängnis. Ich denke an die Frau aus Treblinka, die im Krieg mit ansehen musste, wie ihr Mann und ihre beiden Söhne erschossen wurden. Sie gründete einen runden Tisch mit allen Ethnien in ihrer Region die sich jahrelang bekämpft hatten. Diese Frauen versuchen nun gemeinsam die traumatischen Erlebnisse zu verarbeiten um ein friedliches und sicheres Leben zu gestalten. Viele der tausend Frauen sind für ihren Einsatz im Gefängnis gelandet, einige von ihnen bereits ermordet. Ein Teil von ihnen geht, geächtet von der Gesellschaft, ihren Weg weiter. Diese Frauen wurden mit dem Projekt öffentlich gemacht. Den Preis haben wir und diese Frauen nicht bekommen, schade. Weltweit wurde jedoch ein Echo ausgelöst das zeigt, wie viele Menschen im für Frieden und Sicherheit tätig sind.

Vor diesem ganzen Hintergrund fordere ich die Einhaltung der Menschenrechte, in der Schweiz und weltweit, nur so kann sich Frieden entfalten. Das gilt im ganzen gesellschaftlichen Leben, sei das die Gleichstellung von Frau und Mann in Gesellschaft und den Religionen. Keine Religionsfreiheit steht über den Menschenrechten. Da haben wir Christen noch viel zu tun, bis diese Gerechtigkeit verankert ist.

Der Satz: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst wird uns alle begleiten in unserem menschlichen Dasein. Er soll uns auch herausfordern, damit wir einstehen für Gerechtigkeit und Menschlichkeit in unserer Welt, für Frieden und Sicherheit für alle.



Rosmarie Zapfl-Helbling ist ehem. Schweizer Nationalrätin. Vita siehe hier

E-Mail: zapfl (at) bluewin (Punkt) ch
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