Ostermarsch
2008


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Ostermärsche und -aktionen 2008

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Grußwort für den Ostermarsch 2008 in München auf dem Marienplatz am Samstag den 22. 3. 2008 um 12.30 Uhr

Liebe Münchnerinnen und Münchner,
liebe Freundinnen und Freunde,

Siegfried Benker (in München)

da mir Oberbürgermeister Ude die offizielle OB-Vertretung für dieses Grußwort übertragen hat, möchte ich zunächst seine Grüße überbringen.

Vor 6 « Jahren gab es den Anschlag auf das World Trade Center in New York und andere Gebäude. Seitdem erleben wir eine sich immer schneller drehende Spirale des sog. Krieges gegen den Terror. Vor ca. sechs Jahren sind die USA nach Afghanistan einmarschiert und die Drohungen gegen den Iran sind keineswegs vorbei. Fast auf den Tag genau vor 5 Jahren sind die USA mit der Koalition der Willigen in den Irak einmarschiert. Im Rahmen des sog. Kampfes gegen den Terror erleben wir eine Neuverteilung der Welt. Und eine Neuverteilung der Interessenssphären.

Der sog. Kampf gegen den Terror verändert die Welt in einer bis dato nicht gekannten Geschwindigkeit.

Hierzu einige Anmerkungen:

1.

Bereits seit dem Ende des Ostblocks 1989 erleben wir, wie Kriege in zunehmendem Maße wieder als normales Mittel der Politik angesehen werden. Kriege sind wieder führbar geworden - und sie werden geführt. Bei der Neustrukturierung der Länder des ehemaligen Ostblocks wurden Kriege als Mittel nationalstaatlicher Politik geführt. Bei dieser Neuverteilung von Interessenssphären war die Bundesrepublik mehrfach dabei - im Falle des Kosovokrieges auch ohne UN-Mandat. Alle Debatten und Abstimmungen im Bundestag oder in der Öffentlichkeit können nicht darüber hinwegtäuschen: Krieg ist auch für Deutschland wieder eine Option geworden. Vor 20 Jahren wäre es undenkbar gewesen, dass deutsche Soldaten auf dem Balkan unterwegs sind. Wir können sehen in welchem Maße sich die Befürworter von Krieg als Mittel der Politik durchgesetzt haben. Und noch mehr können wir sehen, wie sehr die Anschläge vom 11. 9. 2001 als Katalysator dieser Entwicklung gewirkt haben. Der Kampf gegen den Terror ist oft nur die Rechtfertigung für Kriege, die man schon längst führen wollte. Was Bush Senior nicht umgesetzt hat, nämlich den Irak zu erobern, hat Bush Junior mit Lügen und Kriegsverbrechen erreicht: Die Zerstörung und Destabilisierung eines der erdölreichsten Länder der Welt. Von Eroberung zu sprechen verbietet sich. Denn wo vorher ein Land war, dessen Herrscher und Regime übrigens niemand nachtrauert, ist jetzt eine zerstörte Region die im Chaos und Terror versinkt. Nichts hat vermutlich dem internationalen Terrorismus mehr genützt als dieser Krieg gegen den Terror.

2.

Deutsche Soldaten sind aber nicht nur in Europa unterwegs. Die Kämpfe um die Verteilung der Einflusssphären und der Bodenschätze verschiedener Länder hat längst dazu geführt, dass sich die NATO einen weltweiten Auftrag gegeben hat - genauso wie die Bundeswehr ihre Strategie neu ausgerichtet hat: Deutschland wird ja bekanntlich inzwischen auch am Hindukusch verteidigt. Damit ist Deutschland aber nicht mehr eine Nation, die sich verteidigt, wenn sie angegriffen wird, sondern ein Land, das weltweit interveniert. Damit ist Deutschland ein Land geworden, das für westliche und deutsche Interessen weltweit unterwegs ist. Und derzeit erleben wir, wie ein humanitärer Einsatz in Afghanistan immer mehr zu einem Kriegseinsatz umdefiniert wird. Wir erleben den schleichenden Übergang vom humanitären Einsatz im Norden Afghanistans hinein in eine Grauzone von Kampfhandlungen. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis die Bundesrepublik, sei es in Afghanistan oder an anderen Orten der Welt, auch formale Kampfeinsätze führen wird. Wenn wir derzeit immer öfters hören, Deutschland muss sich seiner Verantwortung stellen und kann sich nicht immer darauf verlassen, dass andere die Dreckarbeit machen, ist das nur die Begleitmusik für die Vorbereitung vermehrter deutscher Kriegseinsätze.

3.

Wir erleben, wie der Krieg gegen den Terror zu einem Sicherheitsterror gegen die eigene Bevölkerung führt. In einer völligen sicherheitspolitischen Enthemmung versucht die jetzige Bundesergierung, aber auch die vorherige rot-grüne, den Kampf gegen den Terror dazu zu verwenden immer neue Überwachungsstrukturen und Überwachungsmethoden einzuführen. Wir erleben gerade, wie das Grundgesetz zu Tode verteidigt wird. Um nicht missverstanden zu werden: Wir alle wollen selbstverständlich in Sicherheit leben. Und es ist die Aufgabe von Sicherheitspolitikern sich auch Gedanken um unsere Sicherheit zu machen. Aber dazu ist zweierlei zu sagen: Erstens: Was wir derzeit erleben ist nicht das Umsetzen von Sicherheitskonzepten die gezielt Straftäter verfolgen und aufspüren. Was wir erleben ist der hysterisierte Versuch der Sicherheitspolitiker Grundrechte einzuschränken in der Hoffnung mit dem Versuch der ungezielten allgemeinen Dauerkontrolle der eignen Bevölkerung evtl. auch mal ein Verbrechen zu verhindern. Wir werden inzwischen alle als potentielle Täter gesehen, nicht mehr als freie Bürger. Und was ich nicht mehr hören kann ist das Argument: Wer nichts zu verbergen hat, kann sich ja überwachen lassen. Wer sich diesem Argument heute unterordnet, wird morgen mit einem Überwachungschip im Oberarm aufwachen. Wer sich dieser Argumentationskette unterwirft, wirft auch seine persönliche Freiheit über Bord. Und als zweites will ich noch sagen: Ich will Sicherheitskonzepte, die nicht nur unsere Sicherheit garantieren, sondern auch die Sicherheit und die Freiheit der Menschen im Irak, im Nahen Osten, in den geheimen Gefängnissen der CIA und auf Guantanamo. Ich will keine Konzepte, die für uns Sicherheit, aber für Millionen Menschen Weltweit Terror und Angst bedeuten.

4.

Wir werden in diesem Sommer sehen, wie wichtig den westlichen Staaten die Menschenrechte wirklich sind. Angeblich sind die Kriege, Verhöre, die Rückkehr der Folter, extralegale Tötungen ja notwendig um die Menschenrechte zu verteidigen. Derzeit erleben wir, wie in Tibet die Menschenrechte mit Füssen getreten werden. Wir werden sehen, wie die westlichen Verteidiger der Menschenrechte auf die Unterdrückung und Ermordung der Tibeter reagieren. Wir werden sehen, wie die westlichen Staaten die Olympiade in Peking nutzen. Meine Vermutung ist, dass sie alle dem Wirtschaftsriesen China huldigen und zu den Olympischen Spielen fahren werden. Aber jetzt ist der Augenblick, in dem die Staatengemeinschaft China unter Druck setzen kann und muss. Ohne Zugeständnisse für die Autonomie Tibets und bei den Menschenrechten darf die Staatengemeinschaft an diesen Olympischen Spielen nicht teilnehmen.

Zum Abschluss:

All dies zeigt eines: Die Bedeutung des Ostermarsches. Oft werden die Aktivisten ja belächelt dafür, dass sie jedes Jahr unterwegs sind. Aber wer wenn nicht Sie, wenn nicht Ihr, die Ihr heute da seid, kümmert sich darum zu allen von mir angedeuteten Problembereichen Gegenpositionen zu entwickeln. Deswegen möchte ich allen OrgnisatorInnen und TeilnehmerInnen zum Schluss meines Betrages danken: Sie tragen mit großer Kontinuität eines in die Öffentlichkeit: Eine andere Welt ist möglich.



Siegfried Benker ist Fraktionsvorsitzender Bündnis 90/Die Grünen - rosa Liste im Münchner Rathaus.

E-Mail: presse (at) gruene-muenchen-stadtrat (Punkt) de

Website: www.gruene-muenchen-stadtrat.de
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