Ostermarsch
2008


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Ostermärsche und -aktionen 2008

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Redbeitrag für den ostermarsch 2008 in Erlangen am 22. März

Liebe friedensbewegte Mitmenschen,

Hildegard Jurisch (in Erlangen)

etwas wesentliches ist uns heute Morgen schon gelungen:

Wir sind aufgestanden!

Wir haben uns bewegt!

Die Sehnsucht nach Frieden hat uns hier zusammengeführt, denn wir leben in einer friedlosen Welt.

Wir leben in einer Welt, in der dem Bankgeheimnis mehr Achtung als der Privatsphäre entgegengebracht wird. Wir leben in einer Welt, in der alles, aber auch alles zur Ware degradiert wird, und alle Ware wird zu Geld gemacht.

Die deregulierte Geld- und Finanzwirtschaft hat die absolute Macht, ihrem Diktat unterliegt alles.

Wir sind hier auch zusammengekommen, weil wir eine andere Vision von der Welt haben, in der wir leben wollen.

Wir wollen die Wege suchen in eine Gesellschaft, in der Achtung und Respekt voreinander den Umgang miteinander prägen;

eine Gesellschaft, in der menschliche Sicherheit das Ziel ist und nicht die militärische;

eine Gesellschaft, in der Arme, Schwache und Kranke und auch Andersdenkende nicht an den Rand gedrängt, ausgegrenzt, für überflüssig, zu Wegwerfmenschen erklärt werden.

Das Geld darf nicht herrschen, es muß dienen. Wir brauchen eine Wirtschaft, die dem Leben dient.

Wir sind davon überzeugt, dass Gerechtigkeit gestaltbar ist und dass sie Frieden schafft, einen nachhaltigen Frieden mit gewaltfreien Mitteln.

Frieden durch Gerechtigkeit?

63 Jahre nach Ende des 2. Weltkrieges hat Deutschland noch immer keinen Friedensvertrag; und es ist erklärter Wille der Siegermächte, dass das bis 2099 so bleibt! Wussten Sie das?

Der geltende Waffenstillstandsvertrag gibt den Siegermächten ausserdem das Recht, jederzeit wieder in Deutschland einzumarschieren. Wissen das alle?

Ich frage Sie, worin haben wir die Bedrohung von aussen zu sehen, worin besteht der Verteidigungsfall, dass wir die Sicherheit Deutschlands am Hindukusch verteidigen müssen? Oder sind wir nur Vasallen, dass Mr. Gates uns einen Einberufungsbefehl schicken und gerechten Blutzoll fordern darf? Deutsche Souveränität ei8ne Farce?

Oder schicken wir unsere Männer, Söhne, Brüder, Freunde in den Krieg wegen der viel bemühten Bündnistreue? Geht NATO-Doktrin und Bündnistreue vor Völkerrecht?

Wenn die USA den mittleren Osten neu gestalten will, setzt das die UN-Charta ausser Kraft?

Nein. Im Irak und in Afghanistan wird Völkerrecht gebrochen! Nach dem deutschen Grundgesetz steht bereits die Planung eines Angriffskrieges unter Strafe.

Im Gegensatz zu den kriegerischen Auseinandersetzungen hat die Friedensbewegung in den letzten 10-15 Jahren ganz andere, wertvolle Früchte getragen. Es gibt viele Orte, an denen man gewaltfreie Kommunikation und Konfliktlösung lernen kann, es gibt Ausbildungsgänge für zivile Interventionen in Krisengebieten und für die Prävention von Gewalt.

Der Friede kann also gelehrt und gelernt werden - und es gibt viele Beispiele für das Gelingen.

Nun soll ein Teil dieser Früchte vom Militär vereinnahmt werden in der Zivil-Militärischen Zusammenarbeit.

Über Sinn und Unsinn dieses Vorgehens brauchen wir dringend umgehend eine breite Diskussion. Mir schmeckt es einmal nach Enteignung der Friedensarbeit, und zum anderen halte ich es für Nonsens: Friedensverhandlung mit vorgehaltenem Gewehr oder wie? Ein Gewehr will schiessen und nicht verhandeln.

Für mich ist der Ansatz der Zivil-Militärischen-Zusammenarbeit aber aus einem anderen Grunde in hohem Maße unglaubwürdig: Sowohl in der NATO als auch im sog. Lissabon-Vertrag ist Aufrüstung für jedes jeweils beteiligte Land vertraglich bzw. gesetzlich vorgeschrieben. Schon aus diesem Grunde- und es gibt etliche mehr- darf der EU-Vertrag nicht ratifiziert werden. Und die NATO gehört aufgelöst, sie hat sich mit dem Fall des Eisernen Vorhangs erledigt. Fordern wir wenigstens: Deutschland raus aus der NATO!

Aber unabhängig von der Anerkennung des Lissabon-Vertrages ist die darin geforderte Rüstungsagentur, jetzt umbenannt in Verteidigungsagentur, längst in Berlin arbeitsfähig etabliert und gut finanziell ausgestattet.

Wir aber wollen den Krieg nicht mehr lernen und er soll nicht mehr gelehrt werden!

Die Welt kann ohne Rüstung und Militär leben, ja, erst dann kann sie leben!

Costa Rica ist ein exzellentes Beispiel, wie ein Volk gewinnt, das das Militär abschafft und die Militärausgaben für soziale Aufgaben umwidmet.

Zum Schluß möchte ich in sechs Punkten konkretisieren, wofür ich uns alle um Engagement und Selbstverpflichtung bitten möchte:



1.)Weil wir den Krieg nicht mehr lernen wollen, fordern wir weltweite Ab- statt Aufrüstung, beginnend mit einem atomwaffen-freien Europa. Die Rüstungsindustrie ist umzurüsten auf zivile Produktion.



2.)Wir alle zahlen mit unseren Steuern direkt 13% Militärsteuern. Wir fordern, dass jede Bürgerin und jeder Bürger frei entscheiden kann,Friedenssteuern statt Kriegssteuern zu zahlen. So wie Kriegsdienstverweigerung rechtsgültig ist, muss auch die Umwidmung von Militär- zur Friedenssteuer Rechtsgültigkeit bekommen.



3.)Wir setzen uns mit ganzer Überzeugung dafür ein, dass eine internationale Friedensagentur unter zivilrechtlichen Aspekten aufgebaut wird, dass die Friedenssteuer zu deren Ausstattung verwendet wird.



4.)Wir fordern verstärkt die Ausbildung Ziviler Friedensdienste und zur finanziellen Ausstattung die Umwidmung von Geldern aus dem Militärhaushalt.



5.)Das internationale Geld- und Finanzwesen braucht dringend eine Re- Regulierung, und es braucht Kontrolle! Das wollen wir einfordern. Aber wir wollen uns selbst auch verpflichten, eigene Geldanlagen ethisch zu investieren.



6.)Lasst uns gemeinsam nach Wegen suchen, wie wir für die aktuelle Kampagne "Zivil vor Militär" vom Bund für soziale Verteidigung hier bei uns Öffentlichkeitsarbeit betreiben können.


Wir wollen den Krieg endlich nicht mehr lernen müssen!

Darum müssen wir die Kräfte der im Friedensbündnis aktiven Gruppen bündeln und in dieser Stadt sichtbar werden, nicht nur beim Ostermarsch.

Vielen Dank



Hildegard Jurisch ist aktiv bei der attac Gruppe in Erlangen.

Website: www.attac.de/erlangen/
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