Ostermärsche und -aktionen 2009

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09.04.2009


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Ostermärsche und -aktionen 2009

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Redebeitrag beim Ostermarsch 2009 in Oldenburg am 11. April

Liebe Freundinnen und Freunde,

Wolfgang Gehrcke (in Oldenburg)



- Es gilt das gesprochene Wort -

- Sperrfrist: 11. April, Redebeginn: ca 12 Uhr -



wenn der US-Präsident Barack Obama das Jahrhundert der Atomwaffen beenden will, beginnt auch dieser lange Weg mit einem ersten Schritt: die in Deutschland lagernden US-Atombomben abzuziehen. Selbstverständlich macht es keinen Sinn, wenn diese Waffen dann in Rumänien oder Polen oder wo auch immer stationiert werden. US-Atomwaffen abziehen, muss heißen, diese Waffen zu vernichten!

SPD, Grüne, FDP und selbstverständlich DIE LINKE. haben dies gefordert. Also eine klare Mehrheit im Bundestag. Deshalb hat DIE LINKE. einen Antrag eingebracht, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, von der Regierung der USA zu verlangen, ihre Atomwaffen aus Deutschland abzuziehen. Ein knapper Text, drei Sätze. Jetzt werden wir sehen, ob die Forderung "Deutschland frei von Atomwaffen!" ernsthaft betrieben wird oder nur zu Wahlkampfzwecken dient. Ich hoffe nicht, dass es nur Wahlkampfgetöse ist. Für DIE LINKE. erkläre ich verbindlich: Wir sind bereit, mit allen politischen Kräften im Bundestag gemeinsam zu beschließen: "Mister President, ziehen Sie Ihre Atomwaffen aus Deutschland ab!"

Aber DIE LINKE. will mehr. Wir wollen, dass die US-Militärbasen in Deutschland, vor allem Ramstein, die Drehscheibe der Kriege, geschlossen werden. Wir wollen, dass Mitteleuropa zu einer atomwaffenfreien Zone gemacht wird. Wir wollen, dass Deutschland aussteigt aus dem Geschäft mit dem Tod. Es ist unerträglich, dass unser Land mittlerweile an dritter Stelle der weltweiten Rüstungsexporte liegt. Rüstungsexporte müssen verboten werden. Deutschland exportiert den Tod in viele Länder und in viele kriegerische Auseinandersetzungen. Wir können nicht akzeptieren, dass Deutschland während des Gaza-Krieges weiter Waffen an Israel und Saudi-Arabien geliefert hat, und wir akzeptieren nicht, dass Deutschland U-Boote an Pakistan liefert. Selbst die Rüstungsexportrichtlinien verbieten Waffenlieferungen in Spannungsgebiete. Dass der Nahe Osten und auch Pakistan Spannungsgebiete sind, wird keiner bestreiten können.

In Deutschland galt einmal: Von deutschem Boden darf nie wieder Krieg ausgehen! Heute reden auch SPD und Grüne von Kriegseinsätzen als die Ultima Ratio. Willy Brandt hat Krieg als die Ultima Irratio gebrandmarkt. Deutschland war und ist an Kriegen beteiligt. Das ist eine Schande. Deutsche Tornados haben vor zehn Jahren Bomben auf Belgrad abgeworfen; das war der Beginn ein grundsätzlicher Bruch deutscher Nachkriegspolitik. Diese Schande von Rot-Grün wäscht kein Regen, kein Gerede über Menschenrechte ab. Krieg ist das Gegenteil von Menschenrechten. Krieg raubt Menschen ihr Leben und ihre Gesundheit. Deutschland wird nicht am Hindukusch verteidigt, wie es uns Peter Struck als SPD-Verteidigungsminister einreden wollte. Deutschland führt Krieg am Hindukusch. Wenn Obama diesen Krieg nicht beenden will, sondern noch immer mehr Soldaten nach Afghanistan schickt, und europäische Länder ihm folgen, habe ich die Bilder des gescheiterten US-Krieges in Vietnam vor Augen. Der Krieg in Afghanistan ist moralisch schändlich und politisch falsch. Afghanistan braucht Selbstbestimmung und die gibt es nur, wenn die ausländischen Truppen abgezogen werden. Die Bundesregierung hat keine Mehrheit in der Bevölkerung für den Verbleib der deutschen Soldaten am Hindukusch. Ich bleibe dabei: Wer den Krieg in Afghanistan beenden will, muss anfangen, seine Soldaten zurückzuziehen. Ein Rückzug der deutschen Soldaten aus Afghanistan ist keine Niederlage, sondern ein Sieg der Vernunft.

Liebe Freundinnen und Freunde,

von dem großen französischen Sozialisten Jean Jaures stammt der Gedanke: "Der Kapitalismus trägt den Krieg in sich wie die Wolke den Regen." Der Kapitalismus ist in seiner tiefsten Krise. Weltweit tobt der Kampf um den Zugriff auf Naturressourcen und ihre Verteilung. Wenn von Menschenrechten geredet wird, ist der Besitz von Öl und Gas, die Sicherheit von Pipelines und Handelswegen, die Abschottung gegenüber den Armen dieser Welt gemeint. Das alles soll Aufgabe des Militärs und der NATO sein. Militär soll aktiv werden gegen die Klimakatastrophe und für die Sicherheit von Computersystemen. All das hat die NATO beschlossen und all das findet sich im Weißbuch für die Militärstrategie Deutschlands wieder. All das wird unter die Überschrift "Krieg gegen den Terror" gestellt. Was tatsächlich stattfindet ist jedoch ein Krieg zur Sicherung der Vorherrschaft in der Welt. Diesen Kriegen müssen wir uns verweigern und ihnen Widerstand leisten. Ohne globale Gerechtigkeit, ohne die Herrschaft des Rechts über die Macht der Stärkeren sind all diese Probleme nicht zu lösen. Globale Gerechtigkeit, Herrschaft des Rechts, Abrüstung und globaler Gewaltverzicht - das muss unsere Politik bestimmen und das muss die Friedensbewegung Tag für Tag als ihre Flagge mit sich tragen.

Für mich war es ein bedrückendes Bild, dass deutsche Polizisten auf der Europa-Brücke zwischen Strasbourg und Kehl Friedensdemonstranten den Zugang zur französischen Seite verweigert haben. So stelle ich mir das friedliche Europa nicht vor. Ich will ein Europa ohne die Militarisierung der Europäischen Union, ich will die NATO ersetzen durch ein Geflecht von Abrüstungsverträgen, ich will ein Europa mit immer weniger Waffen und immer weniger Soldaten, ich will ein Europa der offenen Grenzen und ein Europa ohne Rassismus. Das Geld, das heute in die Rüstung fließt, gehört in die Bildung, in den Kampf gegen Hunger und Armut. Statt einer europäischen Rüstungsagentur ist eine europäische Abrüstungsagentur dringend nötig. All das passiert nicht von selbst. Den Regierungen in Europa ist nicht zu trauen. Nehmt diese Dinge in die eigenen Hände! Ich habe Vertrauen in die Friedensbewegung. Mein Vertrauen ist dort besser aufgehoben als bei den Regierungen.



Wolfgang Gehrcke ist Mitglied des Deutschen Bundestages. Vita siehe hier

E-Mail: wolfgang (Punkt) gehrcke (at) bundestag (Punkt) de

Website: www.linksfraktion.de/mdb_gehrcke.php
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