Ostermärsche und -aktionen 2009

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12.04.2009


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Ostermärsche und -aktionen 2009

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Redebeitrag für den Ostermarsch Ruhr 2009 in Essen am 12. April

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

Juliane Pilz (in Essen)



- Es gilt das gesprochene Wort -



im Namen des EFF begrüße ich euch zum heutigen Auftakt des Ostermarsches in Essen für eine Friedenspolitik, die ihren Namen verdient und Sicherheit als Sicherheit aller Menschen dieser Erde vor Krieg, Hunger und ökologischer Zerstörung buchstabiert.

Ich bin Juliane Pilz, Mitglied der DFG-VK und des SprecherInnenkreises im EFF.

"Atomwaffen abschaffen - bei uns anfangen - unsere Zukunft atomwaffenfrei" gehört wieder - wie bei der Entstehung der Ostermärsche vor 50 Jahren und der lokalen Friedensforen vor 30 Jahren zu den zentralen Forderungen der Friedensbewegung, wie zuletzt die Aktionen der Anti-NATO-Protest in Strassburg gezeigt hat.

Wie dringlich eine neue internationale und globale Bewegung für das Verbot und die Abschaffung aller Atomwaffen ist, macht die Doomsday Clock des Bulletin of the Atomic Scientists von 2007 deutlich:

Während 1991 der Zeiger der "Weltuntergangs"uhr noch auf 17 Minuten vor Mitternacht stand, wurde er 2007 von der internationalen Wissenschaftselite mit 18 Nobelpreisträgern auf nur noch 5 Minuten bis zu einer möglichen nuklearen Katastrophe vorgerückt.

Kaum jemals zuvor war die Gefahr eines Atomkrieges so groß wie heute.

Neue amerikanische Wissenschaftsstudien beweisen, dass weniger als 0,03 % der weltweit verbreiteten atomaren Sprengkraft ausreichen, um eine globale menschliche und klimatische Katastrophe auszulösen. Am Beispiel eines computersimulierten, aber jederzeit möglichen pakistanisch-indischen Konflikts, in dem beide Seiten je 50 ihrer Atomwaffen mit einer Sprengwirkung unter 15 Kt zum Einsatz brächten, hätte dies folgende Auswirkungen:

- 20 Millionen Tote und ein Vielfaches an Verletzten durch radioaktive Verstrahlung und Feuerstürme in den dicht besiedelten Regionen und Megacities;

- Millionen Tonnen Ruß, welche durch die Explosionen und Feuerstürme in die Atmosphäre geschleudert würden und sich dort verbreiten und bewirkten einen globalen Temperatursturz von 1,25 Grad.

- In den mittleren Breiten des gesamten Globus von Nordamerika über Europa bis nach Ostasien würde sich infolgedessen die Wachstumsperiode der Pflanzenwelt so verkürzen, dass viele Grundnahrungsmittel der Menschheit über mehrere Jahre nicht zur Reife kämen und zum Teil ganz verschwinden.

- Hungersnöte mit Abermillionen Toten und dem Zusammenbruch aller sozialen Infrastrukturen rund um den Globus würden die Auswirkungen des Klimawandels durch die Erderwärmung um ein Vielfaches verstärken.

Solche Szenarien eines möglichen Atomkrieges entstehen vor dem Hintergrund einer weltweiten Rüstungsdymamik und Renuklearisierung, die durch die aggressive Weltpolitik der USA und die neuen Präventivkriegskonzepte der NATO nach dem Ende des bipolaren Weltsystems ausgelöst und angeheizt wurden.

Die völkerrechtswidrigen Kriege der letzten 20 Jahre und die Drohung, Atomwaffen auch gegen Nichtatomwaffenstaaten und nicht staatliche Akteure einzusetzen, lassen immer mehr Staaten zum Griff nach der Bombe streben. 40 Staaten verfügen heute über waffenfähiges nukleares Material.

Das Nichtverbreitungsgebot der UNO ist bis zur Unkenntlichkeit ausgehöhlt und steht vor dem Aus. Die politische, militärische und mentale Hemmschwelle vor einem Atomwaffeneinsatz ist 60 Jahre nach Hiroshima rapide abgesunken.

"In den Planungsstäben der Großmächte erlebt die Atombombe eine strategische Renaissance .. die konkrete Gefahr eines Atomkrieges entwickelt sich immer mehr zu einer "politisch operativen Größe gängiger Weltpolitik`" schreibt der SPD-Politiker Rolf Mützenich, Mitglied des Unterauschusses Abrüstung im deutschen Bundestag.

Die Wahl und das Auftreten des charismatischen neuen US-Präsidenten Barack Obama haben weltweit Hoffnungen auf eine grundlegende Wende in den internationalen Beziehungen geweckt.

Seine Vision einer atomwaffenfreien Welt hat bei Politikern, Medien und Öffentlichkeit Jubel und Begeisterung ausgelöst.

Bei aller Sympathie für den neuen Großen Bruder:

In seinen Ausführungen taucht weder eine Infragestellung der atomaren Erstschlagsdoktrin noch der laufenden Runderneuerung und Weiterentwicklung der Kernwaffen zum Einsatz in Kriegs- und Konfliktgebieten auf.

Weder der Raketenabwehrschild, noch die Bemühungen um atomwaffenfreie Zonen in Europa und im Nahen und Mittleren Osten kommen in seinen Ausführungen vor.

Hingegen sagte Obama in Prag mit großer Entschiedenheit:

"Damit kein Missverständnis entsteht: Solange diese Waffen existieren, werden die USA ein sicheres und effektives Arsenal behalten, um jeden Gegner potenziell abzuschrecken und unseren Verbündeten zur Hilfe kommen zu können..".

Ein solches Versprechen klingt - zurückhaltend ausgedrückt - nicht vielversprechend für die Hoffnung auf eine atomwaffenfreie Welt.

Für die Friedensbewegung und alle, die ernsthaft besorgt sind über die Warnungen der Friedensforschung und Naturwissenschaften vor einer absehbaren nuklearen Katastrophe, wird es kein Aufatmen und kein beruhigtes Zurücklehnen geben: Jeder Krieg und gewaltsame Konflikt kann zum Brandherd eines Atomkrieges werden.



Liebe Freundinnen und Freunde,

wie ihr wisst, ist das nächste Jahr - 2010 - das Jahr der 7. Überprüfungskonferenz des Nichtverbreitungsvertrages.

Wenn die Konferenz wieder ohne einschneidende Beschlüsse zur nuklearen Abrüstung der Atommächte geschlossen wird, wäre das Ende der Eindämmung und Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen und waffenfähigem Material absehbar.

Für uns in der Region ist das Jahr 2010 aber auch das Jahr der Kulturhauptstadt Europas.

Für die Friedensbewegung ist das die Chance, der internationalen Kampagne "Atomwaffen abschaffen - bei uns anfangen - unsere Zukunft atomwaffenfrei" eine breite Öffentlichkeit zu verschaffen. Wir aus Essen haben sie wagehalsig ergriffen und sind dabei, die Kulturhauptstadt 2010 mit dem Großereignis

"Friedenskultur 2010 - Unsere Zukunft atomwaffenfrei" zu bereichern.

Wir planen einen Internationaler Kongress in der Volkshochschule Essen und ein buntes Kulturevent "Künstler für den Frieden" in der Essener Lichtburg. Als Trägerorganisationen konnten wir die deutsche Sektion der Internationalen Ärzte zur Verhütung eines Atomkrieges, die deutsche Sektion von pax christi international, den Bundesverband der Deutschen Friedensgesellschaft-Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen und das Essener Friedens-Forum gewinnen, aus dem die ursprüngliche Idee kam.

Termin der Großveranstaltungen ist der 19. bis 21. März 2010 - etwa einen Monat vor Beginn der UNO-Überprüfungskonferenz des Atomwaffensperrvertrages in New York. Der Grundgedanke ist, dass von der Kulturhauptstadt Europas - Essen und der Ruhrregion - die Botschaft und der Appell an die internationale Gemeinschaft geht, mit einem Verbot und der Beseitigung aller Atomwaffen bis 2020 endlich Ernst zu machen.

Unsere Idee ist in Essen auf große Resonanz gestoßen und beginnt vielfältige Wurzeln zu schlagen. DGB und Evangelische Kirche unterstützen das Projekt politisch, die GEW bereitet einen Schülerwettbewerb vor und eine ganze Reihe Kulturschaffender helfen uns bei der Verwirklichung.

Wir hoffen und wünschen uns, dass der Ostermarsch Ruhr, die Friedensforen und -Initiativen der Ruhrregion unsere Idee aufgreifen, sodass "Friedenskultur 2010 - Unsere Zukunft atomwaffenfrei" in der ganzen Kulturhauptstadt Europas 2010 zum Motto und zum Thema wird. Was könnte es für einen besseren Anschauungsunterricht für den Wandel von der Waffenschmiede des Reichs zur Friedensschmiede der Region geben?



Juliane Pilz ist aktive beim Essener Friedensforum

E-Mail: julianepilz (at) gmx (Punkt) de

Website: eff.essener-friedensforum.de/index.htm
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