Ostermärsche und -aktionen 2009

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16.04.2009


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Ostermärsche und -aktionen 2009

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Redebeitrag für den Ostermarsch 2009 am 11. April 2009 in Ellwangen

Sehr geeehrte damen und Herren,
Liebe Freundinnen und Freunde,

Pius Angstenberger (in Ellwangen)

"Die Waffen nieder! Vorrang für Zivil!": Unter diesem Leitwort haben wir uns hier zum Ostermarsch 2009 versammelt, um auf die Schreckensbilanz der gegenwärtigen Kriege und bewaffneten Konflikte hinzuweisen und um zu einer humanen Gestaltung unserer Gesellschaft und zu einem friedlichen Austausch der Interessen der Völker aufzurufen! Nach neuesten Zahlen und nach Untersuchungen der Hamburger Arbeitsgemeinschaft Kriegsursachenforschung (AKUF) wurden im Jahr 2007 weltweit 28 Kriege und 14 bewaffnete Konflikte geführt, zumeist in Afrika, Asien, im Vorderen und Mittleren Orient, und in Süd- und Mittelamerika. Diese erschreckend hohen Zahlen sind im Vergleich mit anderen Jahren noch durchschnittlich niedrig. Aber jede kriegerische Handlung ist eine zuviel und muss verhindert werden!

Daneben gibt es andere schockierende Zahlen: In mehr als 150 Ländern werden Gefangene gefoltert oder misshandelt, meist durch staatliche Sicherheitskräfte, die die Folter durchführen, anordnen oder billigen. Doch auch Demokratien lassen "im Krieg gegen den Terror" foltern. So ist es zum Beispiel in den Geheimgefängnissen der CIA geschehen, wo man das sogenannte "Waterboarding" eingesetzt hat, um Geständnisse zu erpressen.

Eine weitere Zahl trauriger Schreckensbilanz: Mehr als 20.000 Menschen sitzen weltweit in Todeszellen und warten darauf, hingerichtet zu werden. Jährlich sind es 2.000-4.000 Menschen, die dieses Schicksal erleiden. Es muss Druck auf die betreffenden Staaten, auf China, Iran, Saudi-Arabien und die USA gemacht werden, wo 94% aller weltweit Hingerichteten sterben. Die Todesstrafe muss geächtet werden.

Diese Zahlen, bei denen die vielfältigen Menschenrechtsverletzungen noch gar nicht aufgeführt sind, machen erschreckend deutlich, dass viel zu viele am Waffenhandel interessiert sind und daran verdienen. Zu Recht hat der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche Deutschlands, Bischof Huber, in seiner gestrigen Karfreitagspredigt den Waffenhandel und Waffenexport angeprangert: Denn Deutschland ist nach den USA und Russland der drittgrößte Waffenexporteur der Welt. Das darf nicht sein. Unsere wirtschaftliche Technologie, die weltweit führend ist, wofür wir dankbar sind, denn dies bedeutet ja auch Arbeitsplätze, darf nicht zu Kriegszwecken eingesetzt werden. Hier haben wir eine ethische Verantwortung, entsprechend hochwertige Technologien nur friedlich zu nutzen.

Wenn zahlreiche Christinnen und Christen seit dem ersten Ostermarsch auf London 1958 sich zu den Ostermärschen treffen, dann auch, weil der Karfreitag, den wir gestern gefeiert haben, mit dem Blick auf das Kreuz Jesu eine Umkehr in uns bewirken muss: die Umkehr vom Lebensstil auf Kosten anderer. Die Umkehr davon, andere aufs Kreuz zu legen. Die Umkehr, andere zu Opfern zu machen. Die Umkehr, andere zu Sündenböcken abzustempeln. Die Umkehr, andere zu unterdrücken und mit Gewalt Ziele und Interessen durchzusetzen.

Das Motto "Die Waffen nieder! Vorrang für Zivil!" macht deutlich, dass es um mehr als um das Schweigen der Waffen geht. Das Schweigen der Waffen allein ist zu wenig. Es braucht einen Vorrang für Zivil. Im "Vorrang für Zivil" tritt die helfende Aktion in den Vordergrund. Es braucht Entwicklungs- und Hilfsprogramme für Menschen und Völker in Not. Ohne sie wird es zu keiner echten Befriedung kommen. Solange Menschen in Not nicht geholfen wird, werden sie im Kampf um das nackte Dasein auch zu den Waffen greifen.

Deshalb braucht es soziale Gerechtigkeit, einen Ausgleich der Güter zwischen arm und reich, Menschen müssen mit ihrem Einkommen ein gutes Auskommen haben, damit unsere Gesellschaft und unsere Welt im sozialen Gleichgewicht bleiben.

Vorrang für Zivil heißt auch: Die Vernichtung von Menschenleben und die Auslöschung der schutzlosen Zivilbevölkerung mit ihren Frauen und Kindern sind zu brandmarken; sie dürfen nicht verharmlosend als Kollateralschaden bezeichnet werden.

Es ist ein hoffnungsvolles Zeichen, dass der amerikanische Präsident Barack Obama kürzlich beim Nato-Gipfel den Abbau der Atomwaffen und eine Welt ohne Atomwaffen gefordert hat. Allerdings muss die neueste Meldung von gestern über seinen Antrag beim Kongress über zusätzliche 83,4 Milliarden Dollar Sonderhaushalt für die Afghanistan- und Irak-Strategie kritisch weiterverfolgt werden.

Es ist dringend nötig und es wäre eine Friedens-Tat großen Ausmaßes, könnte der unselige Konflikt im Nahen Osten zwischen Israelis und Palästinensern gelöst werden, um beiden Seiten zu ihrem legitimen Lebensrecht und zu einem eigenen Staat zu verhelfen!

Dass wir aus den Kriegen lernen, an ihre Toten erinnern, sind wir den Opfern schuldig wie auch den Menschen heute. Es soll uns davor bewahren, den Frieden heute zu verspielen. Erinnerung ist das Geheimnis der Erlösung, schrieb der jüdische Philosoph und Friedensnobelpreisträger Elie Wiesel. Die Bibel erinnert in zahlreichen Bildern der Hoffnung, wie in dem bekannten von den Schwertern, die zu Pflugscharen geschmiedet werden, an den Vorrang für Zivil. Der Friede braucht unser Erinnern und unseren Mut, Grenzen zu überwinden, auch in unserem Denken. Gott sei Dank gibt es Menschen, die mit ihren Leben dafür einstehen, dass Versöhnung möglich wird. Einer war Yitzchak Rabin, der Ministerpräsident Israels. Am 4. November 1995 sang er unmittelbar vor seiner Ermordung mit über 100.000 Menschen bei einer Friedenskundgebung in Tel Aviv das Lied des Friedens.

Und auch hier hören wir gute Musik und Friedenslieder von Veronica Gonzales. Wir brauchen in unserer Gesellschaft eine Kultur des Friedens. Dazu gehören Musik, Gesang, Kunst (wie nachher im Mal-Event) und Kultur!

Im Friedenslied von Yitzchak Rabin heißt es:



"Singt ein Lied für den Frieden, laut und aus vollem Herzen.

Hebt eure Augen mit Hoffnung, aber nicht durch das Visier des Gewehres,

singt der Liebe ein Lied und nicht den Kriegen.

Sagt nicht: eines Tages wird Frieden kommen, macht den heutigen Tag zum Friedenstag! Denn er ist kein Traum. Auf allen Plätzen singt für den Frieden!

Singt ein Lied für den Frieden, laut und aus vollem Herzen!"



In diesem Sinne bin ich froh und dankbar, dass Sie und viele Menschen auf der Welt sich hier und heute für eine friedliche, eine bessere und waffenfreie Welt einsetzen.



E-Mail: Pius (Punkt) Angstenberger (at) drs (Punkt) de
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