Ostermärsche und -aktionen 2010

update:
05.04.2010


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Ostermärsche und -aktionen 2010

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Redebeitrag für den Ostermarsch 2010 in Stuttgart am 3. April

Liebe Friedensfreunde und Freundinnen,

Bernhard Löffler (in Stuttgart)



- Es gilt das gesprochene Wort! -



Seit 50 Jahren - gibt es sie nun schon - die Ostermärsche!

Seit 50 Jahren gehen Menschen gemeinsam auf die Straße um deutlich zu machen, dass Frieden nicht mit Waffengewalt erzwungen werden kann,

Seit 50 Jahren gehen Menschen gemeinsam auf die Straße um Frieden Realität werden zu lassen.

Wir kämpfen dabei mit dem Mittel des gemeinsamen Marschierens - setzen damit Zeichen - singen Lieder und werden belächelt: und das nun schon seit 50 Jahren: "Unser Marsch ist ein gute Sache, weil er für eine gute Sache geht" heißt es im bekanntesten Ostermarschlied aus dem Jahr 1964.

Wenn wir uns die heute fast antiquiert wirkende Sprache dieser Lieder ansehen, dann verrät sie uns viel, -

von der Energie, die hinter unserer Bewegung steht, von der Kraft unseres Willens, dass Frieden machbar ist:

Wir kämpfen...

Aber eben nicht mit Waffengewalt, sondern mit unserer Beharrlichkeit:

Wir marschieren - jedoch nicht im Gleichschritt der kämpfenden Truppen eines Kriegsregimentes - sondern mit der Überzeugung, dass den Entscheidungen der Herrschenden, Konflikte mit kriegerischen Mitteln beseitigen zu wollen, etwas entgegengesetzt werden muss:

Niemals in der Geschichte dieser Welt, wurde nachhaltig Frieden mit Waffengewalt verwirklicht:

Deswegen sind nicht wir antiquiert, sondern die traurige Bilanz von 50 Jahren Krieg und kriegerischen Auseinandersetzungen

Ja: in diesen letzten 50 Jahren wurden schreckliche Kriege geführt: In Vietnam, dem Nahen Osten, in Afrika. Und, - die Bundeswehr war und ist mit im Einsatz!

In Jugoslawien, am Horn von Afrika, in Afghanistan!

Nach dem Zusammenbruch des Ostblocks ist die Bundeswehr zunehmend an Auslandseinsätzen der NATO beteiligt.

Der Rüstungshaushalt ist der höchste in der Geschichte der BRD - und das in der Zeit der Krise - in welcher an allen Stellen unseres Sozialstaates Geld fehlt!

Vergessen wird dann auch gelegentlich:

Immer noch lagern US-Atomwaffen auf deutschem Boden.

All das Genannte ist - mehr denn je - Grund auch heute wieder hier zu stehen - Grund genug erneut gemeinsam Zeichen für den Frieden zu setzen!

Dass wir im dritten Jahr der Weltwirtschaftkrise kein Geld haben um es für militärische Zwecke zu verschwenden, sollte jedem eigentlich klar sein. Unser Sozialstaat wird in seinen Grundfesten in Frage gestellt - immer mehr Menschen sind auf Transferleistungen angewiesen und werden zur Armut gezwungen, die Politik erklärt, dass dies nicht mehr zu finanzieren sei. Der Schuldenberg erreicht schwindelnde Höhen. So sind folgende Zahlen derzeit verfügbar: Danach hatte die Bundesanstalt für Arbeit im letzten Jahr noch Rücklagen. Diese betrugen ca. 17 Milliarden Euro. Ende dieses Jahres werden nur noch 2 Milliarden Euro vorhanden sein. Nachdem das finanzielle Polster aufgebraucht ist, wird sich Ende dieses Jahres ein Defizit von über 21 Milliarden Euro einstellen. Trotz dieser Entwicklung wird gleichzeitig der größte Rüstungshaushalt aller Zeiten beschlossen: Dies liest sich dann so:

"Haushaltsgesetz verabschiedet! .Nach viertägigen Beratungen hat der Bundestag am 19. März 2010 den Haushalt für das laufende Jahr beschlossen. Er umfasst Ausgaben von 319,5 Mrd. Euro. Der Bund muss 80,2 Mrd. Euro über Kredite gegen finanzieren. Jeder zehnte Euro im Bundeshaushalt steht dem Verteidigungsministerium zur Verfügung. Der Rüstungshaushalt (Einzelplan 14) hat die Höhe von 31,110.825 Mrd. Euro."- Zitat Ende (Quelle:
http://www.bundestag.de - Haushaltsgesetz verabschiedet, Version vom 19.03.2010)



Liebe Friedensfreunde und Freundinnen,

diese Rüstungsausgaben können wir uns nicht leisten! Die Kriege und ihre Folgekosten können wir uns nicht leisten. Wir wollen auch weiterhin den Sozialstaat und wir wollen Frieden - denn der Rüstungswahnsinn ist viel zu teuer!

Jedes Jahr steigt die Zahl der Menschen, die durch wirtschaftliche Not und Krankheiten sterben müssen, weil die Sozialausgaben der Länder permanent gesenkt werden oder überhaupt nicht stattfinden.

Ziel aller Politik muss sein, den Menschen ein Leben ohne Not zu sichern, ihnen Sicherheit vor Armut, Krankheit, Ausgrenzung, Verletzung von Menschenrechten zu geben. Wenn wir für den Frieden marschieren, marschieren wir auch für den Erhalt des Sozialstaats, den wir im Gegensatz zu den Drittweltländern immer noch haben. Beispiel Afghanistan: Nach Einschätzung von Hilfsorganisationen hat die internationale Gemeinschaft in Afghanistan weder ihre militärischen noch ihre politischen Ziele erreicht. Die humanitäre Lage der Bevölkerung ist immer noch katastrophal. Und wir sind uns sicher: Mit mehr Soldaten und mehr Waffen wird sich das nicht ändern. Im Gegenteil: der zivile Aufbau des Landes leidet darunter. Die Situation der Bevölkerung in Afghanistan ist erschreckend und verschlimmert sich täglich: 61 % der Bevölkerung ist chronisch unterernährt - die durchschnittliche Lebenserwartung ist auf 43,1 Jahre gesunken. Nur 23,5 % der Bevölkerung können lesen und schreiben! Nur 13% der Bevölkerung haben gesicherten Zugang zu Trinkwasser. * Aktueller Bezug: 3 tote Bundeswehrsoldaten, 5 getötete afghanische Soldaten, welche Opfer hat die Zivilbevölkerung oder der "militärische Gegner"?

Die UNICEF hat im Jahr 2009 daher festgestellt: Sucht man weltweit das Land mit den schlimmsten Aussichten für ein Neugeborenes so ist es Afghanistan!

Und nicht nur die Zahl der indirekten Kriegsopfer, also der unterernährten und kranken Menschen und speziell Kinder steigt, sondern auch die Zahl der Opfer sowohl in der Zivilbevölkerung als auch unter den Soldaten:

Die Politik der NATO und der Bundesregierung in Afghanistan stößt zunehmend auf Ablehnung, denn die große Mehrheit der Deutschen will den perspektivlosen Krieg in Afghanistan so schnell wie möglich beenden.

Wir fordern daher: Den Rückzug aus Afghanistan

Die Rolle der Bundeswehr ist dabei alles andere als rühmlich: Lange Zeit wurde der Einsatz als humanitärer Einsatz bezeichnet. Dies erweist sich als reine Rhetorik! Spätestens seit dem Massaker in Kundus, bei dem durch den Befehl eines deutschen Oberst ca. 150 Menschen starben, ist klar: wir sind mit unseren Soldaten im Kriegseinsatz.

Und dann folgte, fast unweigerlich, so scheint`s, ein neuer Beschluss: Jedoch: nicht das Ende des Krieges wurde beschlossen, sondern die Ausweitung: Mehr Waffen, mehr Soldaten, mehr Tod!

Dabei wäre das Ziel doch klar - wie schon vor 50 Jahren geht es darum "Frieden zu schaffen - ohne Waffen". Das weiß doch jedes Kind! - Doch genau dieses Wissen ist in Gefahr: Während der Unterricht in den Schulen durch Stellenkürzungen und Lehrermangel gefährdet ist, wird in einer Vereinbarung zwischen Landesregierung und der Bundeswehr ein neuer "Inlandseinsatz" vereinbart:

Da betraut die Landesregierung ausgerechnet das Militär mit Schulunterricht und Lehrerbildung zu den Themen "Sicherheitspolitik", "globale Konfliktverhütung", "Krisenbewältigung" und "nationale Interessen".

Wir wehren uns dagegen, dass die Bundeswehr damit eine privilegierte Stellung im Rahmen der politischen Bildung erhält. Politische Bildung braucht Meinungsvielfalt.

Durch die neue Zusammenarbeit zwischen Bundeswehr und Schulbehörden soll verhindert werden, dass unsere Kinder, so wie wir, sich selbst unabhängig eine Meinung bilden zum Thema "Krieg und Frieden"... sie sollen, so verstehe ich die Planung der Landesregierung, von der Bundeswehr lernen, wie man das Wort "Frieden" inhaltlich buchstabiert...- oder anders formuliert: wie Frieden mit Waffengewalt entsteht.

Dabei definiert unser Grundgesetz doch klar: Die Aufgabe der Bundeswehr soll die Verteidigung unseres Landes sein. Sie hat in den Klassenzimmern und der Lehrerbildung genauso wenig verloren, wie in Afghanistan. Diese offensichtliche Militarisierung ist ein beispielhaftes Zeichen dafür, dass wir nicht nachlassen dürfen in unseren Bemühungen für den Frieden: Denn offensichtlich haben die Verantwortlichen noch immer nicht verstanden: In allen Ländern dieser Erde leben Menschen, Menschen, die ein Recht auf ein friedliches Zusammenleben haben - die sich für sich und ihre Familien Frieden wünschen! Es kann also nicht darum gehen, Frieden mit Waffengewalt schaffen zu wollen, Es geht darum, eine friedliche Welt zu bauen: und dazu bedarf es keiner Waffen:

Wir wollen auch, dass die atomare Bedrohung endlich beendet wird. Notwendige Schritte dazu sind der Verzicht auf den Ersteinsatz von Atomwaffen und der längst überfällige Abzug der Atomwaffen aus Büchel in der Eifel. Atomwaffen müssen geächtet werden und von unserer Erde verschwinden. Eine Welt ohne Atomwaffen ist möglich!

Wir fordern alle Verantwortlichen auf: Ihr seid gewählte Vertreter Eures Volkes: Hört die Stimme des Volkes, das schon immer mehrheitlich Aufrüstung, Krieg und die Militarisierung der Gesellschaft abgelehnt hat.

Auch im 50. Jahr der Ostermärsche fordern wir, was selbstverständlich sein sollte:

Frieden, Abrüstung, Entwicklung, zivile Hilfe für die Notleidenden und eine offene, demokratische Gesellschaft in sozialer Gerechtigkeit. Wir fordern alle Menschen auf, wie es in einem weiteren Ostermarsch-Lied heißt: "Geh mit uns, egal wer du auch bist, - geh mit uns, - Freidenker oder Christ, - geh mit uns und sein nicht länger blind, - wie es die Mächtigen der Welt und ihre Helfer sind!"



Bernhard Löffler ist Regionsvorsitzender der DGB-Region Nordwürttemberg. Vita siehe hier

E-Mail: stuttgart (at) dgb (Punkt) de

Website: www.nordwuerttemberg.dgb.de
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