Ostermärsche und -aktionen 2010

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06.04.2010


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Ostermärsche und -aktionen 2010

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Redebeitrag für den Ostermarsch 2010 in Müllheim am 5. April

Frieden ist das Mindeste - La Paix au minimum

Ulrich Rodewald (in Müllheim)



- Es gilt das gesprochene Wort! -



Liebe Freundinnen und Freunde des Friedens,

ich danke Ihnen sehr, dass Sie heute nach Müllheim gekommen sind, um für Frieden, Verständigung und sozialen Fortschritt zu demonstrieren, gegen Atomwaffen, Rüstung und Krieg.

Dies ist auch und gerade im 65 Jahr nach Beendigung des letzten großen Völkermordens notwendig. Denn obwohl Deutschland von Freunden umgeben ist und trotz der Wirtschaftskrise

ist der Rüstungshaushalt der höchste in der Geschichte der Bundesrepublik,

bedrohen auch von deutschem Boden Atomwaffen aus die ganze Menschheit,

besteht die Außenpolitik der Regierenden mehr und mehr darin, Eingreif- und Interventionstruppen in alle Teile der Welt zu schicken, um die Interessen der Herrschenden mit kriegerischen Mitteln durchzusetzen.

Die Mehrheit der Bevölkerung in unserem Land aber hat gelernt, Militär und Krieg als politischem Allheilmittel gründlich zu misstrauen. Niemals in den Jahren der neuen Kriege gab es in Deutschland eine mehrheitliche Zustimmung zu aktuellen Aufrüstungs- und Kriegsprojekten. Nicht immer gingen die Menschen mit uns auf die Straße, aber immer lehnten sie mit großer Mehrheit Aufrüstung, Krieg und Militarisierung der Gesellschaft ab.

Das gibt uns Mut.

Deshalb demonstrieren wir auch in diesem Jahr. Gerade hier in Müllheim haben wir allen Grund dazu. Seit 1993 sind in Müllheim wieder Soldaten stationiert, die überall auf der Erde zur Kriegsführung eingesetzt werden können und sollen. Es sind Einheiten der Deutsch - Französischen Brigade. Die Deutsch-Französische Brigade ist DIE Kerntruppe zur Führung rein EU-europäischer Kriege und zur Durchführung weltweiter militärischer Interventionen, wenn die Interessen der Herrschenden es denn geboten erscheinen lassen.

Weil die Bereitschaft zur Führung neuer Kriege in der Bevölkerung den Oberen nicht weit genug geht, haben die Regierenden eine Reihe von Maßnahmen zur Umerziehung des Bewusstseins der Bevölkerung geplant.

Ein Beispiel ist die Kooperationsvereinbarung des Kultusministeriums von Baden-Württemberg und der Bundeswehr. Mit dieser Vereinbarung soll nach Willen der Landesregierung ausgerechnet das Militär mit Schulunterricht und Lehrerbildung zu den Themen "Sicherheitspolitik", globale Konfliktverhütung", Krisenbewältigung" und "nationale Interessen" betraut werden. - Wie das konkret aussieht, lässt sich auf der Homepage der Deutsch Französischen Brigade nachlesen:

Müllheim. 22. Januar 2010 (aj).

Besuch bei der Deutsch-Französischen Brigade

Am Deutsch-Französischen Entdeckungstag darf ein Besuch bei der Deutsch-Französischen Brigade nicht fehlen. Das haben sich auch die etwa 35 Schülerinnen und Schüler eines Gymnasiums in Freiburg gedacht und sind der Einladung des Jugendoffiziers gefolgt.

Die deutschen und französischen Soldaten stellten ihre jeweiligen Gefechtsanzüge, ihre persönliche Ausrüstung sowie ihre Handwaffen vor und zeigten wie sie auf ihren Gemeinschaftsstuben untergebracht sind. Außerdem konnten die Schülerinnen, Schüler und Lehrer testen, wie es sich anfühlt, einen vollgepackten Kampfrucksack auf den eigenen Schultern zu tragen.

Beim anschließenden gemeinsamen Mittagessen in der Truppenküche der Kaserne sorgten diese und weitere Erkenntnisse für angeregte Gespräche und Fragen zwischen den Schülern, Lehrern und Soldaten.

"Wie viele Frauen sind eigentlich bei der Bundeswehr?", "Warum dürfen Frauen lange Haare tragen und Männer nicht?", "Muss ich als Ärztin auch nach Afghanistan?" und "Wann muss ich morgens in der Grundausbildung aufstehen?". Für Schülerfragen wie diese standen die Soldaten in Müllheim Rede und Antwort.

Jugendoffizier Hauptmann Thomas Erken war einer von ihnen und erklärte den Schülern anschaulich vieles über Aufgaben und Strukturen der Bundeswehr und über Sicherheitspolitik im Allgemeinen.

Für die meisten Schülerinnen und Schüler war der Besuch der Deutsch-Französischen Brigade anlässlich dieser Initiative der erste direkte Kontakt zur Bundeswehr. Sie sind zwischen 15 und 16 Jahre alt und steuern an dem deutsch-französischen Gymnasium in Freiburg auf ihre Hochschulreife zu.

Der Truppenbesuch bot ihnen daher nicht nur die Möglichkeit, einen Blick hinter den Kasernenzaun zu werfen, sondern darüber hinaus auch Einblicke in eine mögliche Berufswelt zu erlangen.

(Homepage Deutsch Französische Brigade
http://df-brigade.de/site_de/mitteilung0310.htm )

Da hat uns dann doch die Wirklichkeit wieder: Von wegen "Sicherheitspolitik", globale Konfliktverhütung" oder Krisen-be-wälti-gung" Um Gewinnung neuen Menschenmaterials für neue Kriege, darum geht mit dieser Vereinbarung. Statt die Forderung der Menschen nach Ächtung der Kriege ernst zu nehmen, soll das Militärische verstärkt in die Schulen getragen werden: Wir aber sagen den Oberen: Wir wollen Eure Kriege nicht! Und auch nicht Eure Propaganda dafür. Bundes-wehr steht für Krieg, für militärische Intervention, für Krisenverschärfung. Mit Militär lässt sich keine Friedenspolitik führen. Die Bundeswehr hat in Klassenzimmern und in der Lehrerbildung so wenig zu suchen wie in Afghanistan. Wir wehren uns gegen die Militarisierung der Schulen und der Gesellschaft. Wir fordern eine bundeswehrfrei Schule.

Überhaupt haben die Regierenden dafür gesorgt, dass sich um das Militär eine regelrechte ÜBERREDUNGSINDUSTRIE herausgebildet hat, die den Bewohnern unseres Landes weismachen soll, mit den neuen Kriegen habe man nichts als das Glück der Menschheit im Sinn. Gestützt auf der Macht der Information und mit der passiven Komplizenschaft der Beherrschten haben die Ideologen etwas errichtet, was man komfortablen Despotismus bezeichnen kann. Auch hierfür ein Beispiel; diesmal von der Homepage des Heeres

Müllheim, 09.02.2010

Deutsch-Französische Brigade im Fokus der Medien

"Vis-…-Vis" heißt das gemeinsame deutsch-französische Magazin vom Südwestrundfunk Studio Freiburg und France 3 Alsace. Einzigartig, zweisprachig und in dreißig Minuten befasst sich die Sendung mit dem Alltag der Menschen am Oberrhein. Passend zum Thema "Deutsch-Französische Partnerschaft" zeichneten die Macher von Vis-…-Vis ihre Moderationen zur Sendung am Standort der Deutsch Französischen Brigade auf. Mit verschiedensten Hintergrundbildern zu den Moderationen stellten dabei die deutschen und französischen Soldaten den Alltag in der Robert-Schuman-Kaserne sehr unterhaltsam, spannend, dynamisch und bunt dar. Bereits in der Woche zuvor standen Soldaten der Deutsch-Französischen Brigade im Fokus der Medien. So wurde in der Live-Sendung "Kaffee oder Tee" des SWR Feldwebel Ulrike Laitenberger zum Thema "Frauen in der Bundeswehr" im Landesstudio Baden-Baden interviewt. Hauptfeldwebel Rabih Boulos, deutscher Soldat muslimischen Glaubens vom Standort Immendingen, war Gast und Interviewpartner in der Sendung "Tacheles - Talk am roten Tisch" von Phoenix. Das Thema der Sendung: "Bundeswehr in Afghanistan. Krieg für gerechten Frieden." Moderiert wurde die Sendung von Fernsehpastor Jan Diekmann in der Marktkirche in Hannover. Offen und ehrlich stellte sich Rabih Boulos den Fragen des Journalisten zu seinen persönlichen Erfahrungen im ISAF-Einsatz: "Ich betreibe sehr viel Aufklärungsarbeit was den Islam angeht." Er erklärte im Interview, was der Islam wolle und was er sei und was eben nicht. Definitiv vertreten die Taliban und Al Quaida nach seiner Überzeugung nicht die Absichten des Islam.

(Homepage Deutsches Heer
im cache bei google)

Dass sich die Vertreter der Deutsch Französischen Brigade derart präsentieren, ist zumindest nicht überraschend. Die Kritiklosigkeit manches Journalisten ist allerdings nicht nur ärgerlich sondern macht deutlich, wie die Überredungsindustrie funktioniert, die Krieg in Frieden umlügt.

65 Jahre nach Beendigung des mörderischen 2. Weltkrieges und des Vernichtungsfeldzugs gegen die Sowjetunion im öffentlich rechtlichen Fernsehen keine Frage danach, warum die Kaserne der Deutsch Französischen Brigade in Immendingen immer noch nach einem Oberfeldwebel Schreiber aus der faschistischen Wehrmacht benannt ist. Dieser Oberfeldwebel Schreiber sei als Infanteriesoldat "zum Vorbild für alle deutschen Soldaten geworden" " heißt es in der Schrift "30 Jahre Garnison Immendingen", weil er das Ritterkreuz mit Eichenlaub für "dreißig Nahkämpfe" an der Ostfront erhielt. Und dieser Wehrmachtssoldat als Vorbild für den Krieg am Hindukusch, an dem vorgeblich unsere Freiheit verteidigt wird?

Doch um was es wirklich geht, macht eine weitere letzt Notiz auf der Webside der Brigade deutlich::

Valdahon 27.03.2010 (aj).

BRILLIANT LEDGER 2010 - Multinationales Miteinander für den Ernstfall

Am 25. März endete auf dem französischen Truppenübungsplatz Valdahon die Gefechtsstandsübung "Brilliant Ledger 2010", in deren Rahmen das Eurokorps seine Zertifizierung als Land Component Command (Kommando Landstreitkräfte) der Nato Response Force (NRF) erhielt und die Deutsch-Französische Brigade erneut unter Beweis stellen konnte, dass sie zurecht die Speerspitze des Eurokorps und der Europäischen Sicherheits- und Außenpolitik ist.

(Homepage Deutsch Französische Brigade
http://df-brigade.de/site_de/mitteilung1010.htm)

Und da sind wir dann doch letztendlich in der Wirklichkeit angekommen: Ja das ist sie, die Deutsch- Französische Brigade, die Speerspitze des neuen modernen europäischen Militarismus. Wie ich eingangs sagte:

Die Deutsch-Französische Brigade ist DIE Kerntruppe zur Führung rein EU-europäischer Kriege und zur Durchführung weltweiter militärischer Interventionen, wenn die Interessen der Herrschenden es denn geboten erscheinen lassen. Wir aber sagen: Wir wollen Eure Kriege nicht. Und deshalb wollen wir auch keine solche Einrichtung wie die Deutsch Französische Brigade. Nicht hier in Müllheim, und auch nicht anderswo. Wir treten ein für eine Welt, die von Kriegen nichts mehr hält.



Liebe Freundinnen und Freunde des Friedens,

ich danke Ihnen ein zweites Mal, dass Sie heute hier stehen, Denn Sie stehen auch hier um zu sagen, was 70 Prozent der deutschen Bevölkerung sagen: Raus aus Afghanistan, heute lieber als morgen. Wir fordern diesen Abzug nicht im Jahr 2011, im Jahr 2020 oder am Sankt Nimmerleinstag. Wir fordern ihn jetzt.

Wir müssen das auf Plätzen und auf Straßen sagen, weil im Deutschen Bundestag, die überwiegende Mehrzahl der Leute, die wir als unsere Vertreter gewählt haben, genau das Gegenteil sagen.

Wir aber sagen mit den Worten von Eugen Drewermann, der sie am 20. Februar in Berlin zu den Teilnehmern der bundesweiten Kundgebung gegen den Krieg in Afghanistan sprach:

Das Töten von Menschen ist nicht das Retten von Menschen. Das Bomben von Menschen ist nicht das Befreien von Menschen. Die Kinder, die heute acht Jahre alt sind in Afghanistan, gehen mit schreckgeweiteten Augen durch die Straßen und haben nie gesehen den Aufgang eines Morgenrots von Freiheit und Frieden. Wir sind es den Menschen, die da heute leben, schuldig, mit dem Wahnsinn aufzuhören.

Wir jagen nicht die Terroristen, wir sind selber Terroristen in Afghanistan. Und deshalb fordern wir unsere eigenen Soldaten auf zu tun, was manche in Amerika längst getan haben: Den Befehl zum Töten zu verweigern, zu desertieren gegen den eigenen Fahneneid und die vermeintliche Treue zu scheindemokratischen Regimen zu ersetzen durch die Treue zu einer Menschlichkeit, die jeder fühlen kann.

Zu kämpfen für Erdgas und für Erdölverdient nicht das Blut von Menschen. Weder der Deutschen, der Afghanen, der Amerikaner, der Briten, von wem auch immer. Handelsverträge schließt man im Frieden und im Respekt wechselseitig voreinander.

Wir führen Krieg gegen die Natur die wir ausbeuten, gegen die Hungernden, die wir ins Elend treiben. Und all die Schäden, die wir mit dem Krieg und der Kriegsvorbereitung anrichten, haben wieder nur eine Antwort: Krieg. Wir sitzen in einem Teufelskreis, aus dem wir heraus müssen, indem wir den Lügen der Regierenden nicht länger glauben. Und die Zwanzigªjährigen, die man auffordert zur Bundeswehr zu gehen, inzwischen sogar unter Beihilfe der Universitäten und der Schule, die die Propagandisten aufnehmen sollen, denen können wir nur sagen: Krieg dient niemals dem Frieden. So wenig wie Lügen der Wahrheit dienen und so wenig wie Katzen Hunde sind - Krieg ist das Töten von Menschen, eine andere Aufgabe hat ein Soldat nicht als genau das zu lernen. Eben deswegen ist zu fordern, dass wir Pazifismus nicht als einen Reflex in politischen Krisenlagen verwenden oder unter dem Druck von öffentlicher Angst, sondern als Prinzip begreifen.

Niemals mehr junge Menschen, die das Töten und den Drill auf den Kasernenhöfen ableisten müssen im Dienst für ein falsch verstandenes Vaterland. Wir werden einen wirklich kulturellen Fortschritt nur erleben, wenn der Krieg nicht länger mehr den Regierenden als Option des Handelns konzediert wird. Denn durch dieses Schlupfloch werden sie uns von einer Hölle in die andere jagen.

Sobald man Krieg sagt, fallen wir um Jahrtausende zurück in die Steinzeit und verlieren die Option der Zukunft. Stattdessen müsste die Entwaffnung aller Nationalarmeen einhergehen mit der Stärkung der UNO als der einzigen Krisenstelle, die bei Konflikten, die lokal nicht lösbar sind, die Macht hat, Recht zu sprechen und auch durchzusetzen.

Schließen möchte ich mit einem Aufruf, der 1947 in einem Baseler Spital von einem lungenkranken Dichter, Wolfgang Borchardt, als Vermächtnis an die Menschheit formuliert wurde. Wir wissen um das Grauen, was der zweite Weltkrieg war, und was jeder Krieg danach noch werden würde.

"Mann an der Werkbank", schrieb er, "wenn sie wieder kommen und dir sagen du sollst statt Rohren und Eimern Handgranaten und Kanonen ziehen: Mann an der Werkbank sag: Nein. Und Mutter in Deutschland, Mutter in der Ukraine, wenn sie wieder kommen und dir sagen, du sollst Kinder gebären, Söhne für die Schützengräben, Mädchen für die Spitäler, Mutter in Deutschland, Mutter in der Ukraine sag: Nein. Und Wissenschaftler in den Universitäten, wenn sie wieder kommen und sie sagen, du sollst den neuen Tod erfinden für das alte Leben, Mann im Labor, sag ihnen Nein. Und Pfarrer auf der Kanzel, wenn sie wieder kommen und dir sagen, du sollst die Waffen segnen und den Krieg rechtfertigen, Mann auf der Kanzel sag: Nein."

Ich danke Ihnen dafür, dass Sie heute hier sind, Nein zu sagen.

Und deshalb laden wir sie ein, am 15. Mai wieder zu uns nach Müllheim zu kommen, um mit uns den Frieden zu feiern und zu protestieren gegen das Auftreten der Deutsch Französischen Brigade im Innenhof des Markgräfler Museums während der diesjährigen Heimattage.



E-Mail: ulrichrodewald (at) t-online (Punkt) de
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