2011
Inhalt

update:
23.04.2011


 voriger

 nächster

Ostermärsche und -aktionen 2011

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Redebeitrag für den Ostermarsch 2011 in Würzburg am 23. April

Ostermarsch 2011 - Nie wieder Tschernobyl, nie wieder Fukushima. AKWs abschalten, Atomwaffen abschaffen.

Uta Deitert (in Würzburg)



- Es gilt das gesprochene Wort -



Liebe Freundinnen und Freunde,

Am Morgen des 6. Aug. 1945 wandte sich Präsident Truman an das amerikanische Volk mit der Botschaft, dass nun der Tag gekommen sei, die japanischen Streitkräfte vollständig zu zerstören und das Land zu verwüsten, damit es nie mehr die Waffen gegen Amerika erheben könne. Little Boy, so der neckische Name der ersten A-Bombe, hatte er da schon nach Hiroshima geschickt, 3 Tage später schickte er Fat Man mit der doppelten Sprengkraft nach Nagasaki. Er verschwieg dabei, dass ihm schon seit drei Wochen Japans unbeantwortete Bitte um Friedensverhandlungen vorlag. 100.000 Menschen starben sofort, 130.000 in den Folgemonaten - und jahren danach, die Toten, chronisch Kranken und genetisch Geschädigten konnten und sollten nicht gezählt werden, genau so wenig wie 40 Jahre später die Opfer von Tschernobyl und demnächst wohl auch die von Fukushima. Truman hat es dann bei den beiden belassen, der Widerstand auch in den eigenen Reihen angesichts der verheerenden Wirkung war zu groß.

Zu einer Abkehr von dieser grausamen Waffe führte das aber keineswegs, bald schon waren GBR, Frankreich, Russland und China im Club und auch Adenauer wollte eine atombewaffnete Bundeswehr und unter dem Atomminister Strauß hatte die Atomforschung immer eine militärische Komponente.

Den 5en stellte sich nun folgendes Problem: Sie wollten ihre A-Waffen behalten, kein anderer sollte welche kriegen, und es wurde von Eisenhower vor der UNO das Zeitalter der zivilen Nutzung ausgerufen. So konnte man die Abermillionen, die über die Jahre in die Atomtechnologie geflossen waren in klingende Münze verwandeln und unter dem Deckmantel des Zivilen das Militärische weiterbetreiben. Nur, in AKWs steckt dieselbe Technik wie in Atomwaffen: mittels Zentrifugen wird Uran unterschiedlich hoch angereichert und ist als Brennstoff oder Sprengstoff zu gebrauchen, und das bei der Wiederaufbereitung anfallende Plutonium taugt auch sehr gut zum Bombenbau.

Die IAEO, die internationale Atomenergieorganisation und der NPT, zu Deutsch der Nicht-Verbreitungsvertrag - besser bekannt als Atomwaffensperrvertrag - sollten das Problem lösen.

Drei wesentliche Verpflichtungen enthält der Vertrag:

Wer A-Waffen hat, darf keine an die Habenichtse weitergeben und letztere dürfen keine erwerben.

Die A-Waffenstaaten verpflichten sich, das Wettrüsten zu beenden und ihre Arsenale nach und nach abzubauen

Alle Staaten haben das gleiche Recht auf die zivile Nutzung

Der IAEO obliegt es, die Einhaltung des Vertrags zu überwachen, der allerdings von Anfang an den Schönheitsfehler hatte, dass nicht jedes Land unterschrieben hat: Indien, Pakistan, Israel von vornherein nicht, Nordkorea hat seine Unterschrift 2003 zurückgezogen und genau diese vier verfügen heute über A-Waffen.

Das einzige, was die IAEO geschafft hat, ist die Forcierung der zivilen Nutzung, auch Tschernobyl hat sie keinen Zentimeter von diesem Weg abgebracht. In geradezu betrügerischer Weise hat sie die Opferzahlen und die Folgen für die Natur kleingeredet und auch nicht zugelassen, dass die WHO, die Weltgesundheitsorganisation der UNO einen Bericht mit viel höheren Zahlen veröffentlichte, die UNO-Statuten berechtigen die IAEO dazu. Auch die katastrophalen Bedingungen, unter denen Uran abgebaut wird, interessieren sie nicht. Abgebaut wird fast nur in Gebieten in Afrika, Indien, Kanada, USA, wo indigene Völker leben, die über die Gefahren nicht informiert werden und wo keinerlei Schutzvorkehrungen getroffen werden.

Der Spagat, die Weiterverbreitung von Waffentechnologie zu verhindern und gleichzeitig die Kraftwerkstechnik weltweit voranzubringen wäre schon aufgrund der eben genannten Nicht-unterscheidbarkeit der beiden Bereiche schwierig genug gewesen; dazu kommt, dass die Organisation nie ein ehrlicher Makler zwischen Atomwaffenstaaten und den anderen war und sich oft willfährig westlichen Interessen unterworfen hat.

Eine nennenswerte Reduktion von A-Waffen hat es fast nur da gegeben, wo sie aufgrund der veränderten Verhältnisse nach dem Kalten Krieg nutzlos geworden sind. Immer noch gibt es ca. 23.000 A-Waffen, von denen 2.000 innerhalb von Minuten einsatzbereit sind. Darunter sind 150-200, die Amerika in europäischen Staaten stationiert hat, die selbst keine besitzen dürfen. - Eine Menge Leute halten das für nicht vereinbar mit dem Nicht- Verbreitungsvertrag. - 20 davon liegen in Büchel, in der Eiffel. Durch sie hat Deutschland die sog. politische und technische Teilhabe, d.h. theoretisch dürfen wir im Fall des Falles über den Einsatz mitentscheiden, und deutsche Tornadopiloten würden sie am Zielort abwerfen. In der Praxis geht das aber gar nicht, weil die Reichweite der Tornados für heute denkbare Einsatzorte zu kurz ist. Diese rein theoretische Möglichkeit kostet uns jedes Jahr 500 Mill.. Im Koalitionsvertrag hat die schwarz-gelbe Regierung sich verpflichtet, auf den Abzug dieser Waffen hinzuwirken, aber der Vorstoß Westerwelles, unterstützt von den niederländ., belg., und luxemb. Kollegen ist bei der letzten NATO Tagung sang -und klanglos untergegangen. Aber: in dieser Frage gibt es höchsten Handlungsbedarf, denn die USA planen in den nächsten Jahren eine milliardenschwere Komplettmodernisierung ihres Atomarsenals - ein weiterer Verstoß gegen den Nichtverbreitungsvertrag - bei der auch die auf europäischem Boden lagernden Waffen ausgewechselt werden sollen. Dem muss die Regierung mit unserem Druck von unten zuvorkommen!

Noch ein paar Beispiele für willkürlichen und interessegeleiteten Umgang mit dem Sperrvertrag in aller Kürze:

Ein wichtiger Schritt zu einer atomwaffenfreien Welt wäre der Teststoppvertrag - Amerika will nicht unterschreiben.

Einzig China und Indien verzichten offiziell auf den atomaren Erstschlag, USA und Nato haben sogar seit 1999 das Einsatzspektrum auf Nicht-Atomwaffenstaaten erweitert. Obamas Versprechen, das wieder zu ändern, ist in den USA nicht mehrheitsfähig.

2005 schloss die Bush-Regierung mit Indien einen Vertrag zur Lieferung von Nuklearmaterial obwohl Indien den Nichtverbreitungsvertrag nicht unterschrieben hat - ein klarer Verstoß!

Eine Entschließung des Sicherheitsrates zur Einrichtung eines atomwaffenfreien Nahen Ostens scheitert an USA und EU, weil sie Israel seine Atomwaffen nicht streitig machen wollen, Deutschland hat sogar U-Boote an Israel geliefert, auf denen A-Waffen stationiert werden können. - Ein klarer Verstoß!

Zum Recht auf zivile Nutzung gehört das Recht auf Anreicherung - als einzigem Staat auf der Welt soll dies dem Iran verwehrt werden - ebenfalls ein Verstoß!

All diese Beispiele zeigen, wie im Umgang mit der internationalen Atomgesetzgebung mit zweierlei Maß gemessen wird, ein entscheidender Grund, warum das Iranproblem unlösbar scheint. Letztlich liegt es aber daran, dass der Unterschied zwischen ziviler und militärischer Atomtechnik ganz einfach nicht zu machen ist.

Es gibt nur eins - alle Atomwaffen abschaffen, alle Atomkraftwerke abschalten!

Dazu gibt es keine Alternative, weil Atomkraft eine unbeherrschbare, lebensfeindliche Technologie ist, die Menschen krank macht und tötet und Lebensräume in giftige Wüsten verwandelt,

Atomkraft ist demokratie-und freiheitsfeindlich, weil ihre Kosten und Folgen von allen zu tragen sind und nachfolgende Generationen zu Unrecht in Mithaftung gezwungen werden

Atomkraft schafft Unsicherheit und Angst, weil das weltpolitische Ungleichgewicht zwischen Atomwaffenbesitzern- und Nichtbesitzern bestehen bleibt.

Wir wollen aber eine sichere, friedliche, lebensfreundliche und freie Welt für alle Menschen, heute und in Zukunft!



Uta Deitert ist aktiv beim "ökopax". Vita siehe hier

E-Mail: joachim-uta (Punkt) deitert (at) t-online (Punkt) de

Website: www.oekopax.de
 voriger

 nächster




       


Bereich:

Netzwerk
Die anderen Bereiche der Netzwerk-Website
        
Themen   FriedensForum Termine   AktuellesHome