2011
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25.04.2011


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Ostermärsche und -aktionen 2011

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Redebeitrag für den Ostermarsch 2011 in Landstuhl am 23. April

Atomkraft - ein Bombenrisiko (in solidarischer Verbundenheit mit dem Atomwaffenstandort Büchel/Eifel)

Ludger Grünewald (in Landstuhl)



- Es gilt das gesprochene Wort -





1.Begrüßung der Familien und Freunde beim Ostermarsch 2011 der FI Westpfalz



2.Aus: "Gedichte gegen den Krieg", Bertold Brecht: "An meine Landsleute"


An meine Landsleute

Ihr, die ihr überlebtet in gestorbenen Städten

Habt doch nun endlich mit euch selbst Erbarmen!

Zieht nun in neue Kriege nicht, ihr Armen

Als ob die alten nicht gelanget hätten:

Ich bitt euch, habet mit euch selbst Erbarmen!



Ihr Männer, greift zur Kelle, nicht zum Messer!

Ihr säßet unter Dächern schließlich jetzt

Hättet ihr auf das Messer nicht gesetzt

Und unter Dächern sitzt es sich doch besser.

Ich bitt euch, greift zur Kelle, nicht zum Messer!



Ihr Kinder, dass sie euch mit Krieg verschonen

Müsst ihr um Einsicht eure Eltern bitten.

Sagt laut, ihr wollt nicht in Ruinen wohnen

Und nicht das leiden, was sie selber litten:

Ihr Kinder, dass sie euch mit Krieg verschonen!



Ihr Mütter, da es euch anheimgegeben

Den Krieg zu dulden oder nicht zu dulden

Ich bitt euch, lasset eure Kinder leben!

Dass sie euch die Geburt und nicht den Tod dann schulden

Ihr Mütter, lasset eure Kinder leben!



3. Liebe Freundinnen, liebe Freunde, liebe Friedensbewegte,

Atomkraft - ein Bombenrisiko, so das Motto des Ostermarsches 2011 Untertitel: "Solidarität mit Büchel - Deutschland atomwaffenfrei -"

Wir stehen hier in der schönen Westpfalz in unmittelbarer Nachbarschaft zum größten Militärflughafen der USA außerhalb des eigenen Territoriums in der Welt, hier an der Airbase Ramstein.

Für uns alle ist die Katastrophe vom Flugtag 1988 bis heute unvergessen, wir denken auch heute bei unserem Ostermarsch an die Opfer dieser Flugschau.

Seit 2004 sind ja US-Nuklearwaffen aus Ramstein ausgeflogen worden, seit 2004 ist der Bundeswehrfliegerhorst Büchel in der Eifel der einzige Atomwaffenstandort in der BRD. In Büchel ist das Jagdbombergeschwader 33 der Bundesluftwaffe stationiert, die beiden fliegenden Staffeln des Geschwaders sind seit den 80ern mit dem zweisitzigen Jagdbomber TORNADO (IDS) ausgerüstet.

Im Kriegsfall heißt dies: Der besonders für Einsätze im Tiefflug konzipierte Jagdbomber TORNADO kann eine Vielzahl konventioneller Bomben und Raketen tragen, aber auch US-amerikanische Atomwaffen vom Typ B-61!

Und genau dazu sagen wir hier in Landstuhl laut und deutlich:

NEIN!

In Büchel können bis zu 44 solcher atomarer Waffen gelagert werden, mindesten 20 solcher US-Nuklearwaffen sollen sich heute in der Eifel befinden:

Wir halten es da mit dem unvergessenen Wolfgang Borchert:

"Dann gibt es nur eins: Sagt NEIN"

Wir sind gegen diese sog. "Nukleare Teilhabe" unserer Bundeswehr unter der Führung der USA in der NATO, wir erklären hier und heute unsere Solidarität mit Büchel,

wir wollen unser Deutschland atomwaffenfrei!

4. Bombenrisiko Atomkraft - Atomenergie als tickende Zeitbombe - so habe ich den nächsten Abschnitt meiner Rede überschrieben:

Die Technologie, die man für Atomenergie braucht, ist auch Basis für die Entwicklung von Atomwaffen. Eine Renaissance der Atomenergie, die von uns hier niemand will, vergrößert automatisch die Gefahr, dass immer mehr Staaten Atomwaffenmächte werden. Denn am Anfang der nuklearen Kette steht der Abbau von Uran, dann folgt der Atomreaktor, als dessen Produkt der Strom und am Ende der Kette der Atommüll stehen. Aber es gibt ein zweites Produkt, das gerne vergessen wird: Die Atombombe!

Warum wird soviel Lärm um das zivile Atomprogramm gemacht?

Weil alle Staaten, die heimlich Atomwaffen bauen wollten, ihr Atomwaffenprogramm als sogenanntes ziviles Programm getarnt hatten: Argentinien, Brasilien, Indien, Irak, Israel, Libyen, Nordkorea, Pakistan, Südafrika...



Doch, Liebe Freundinnen, Liebe Freunde, das gilt auch anders herum:

Weil Staaten sich die Option auf Atomwaffen weiter erhalten wollen, bleibt für sie Atomkraft als Energiequelle attraktiv. Auch deshalb sind sie an einem Fortbestehen der Technologie interessiert und verhelfen der Atomindustrie zu gigantischen Gewinnen. Wenn es die Infrastruktur für die zivile Nutzung der Atomenergie nicht gäbe, dann würde die militärische Nutzung gleich viel mehr kosten. Großbritannien+USA, Russland, Frankreich und nicht zuletzt China sind große Befürworter der Atomenergie - auch, weil sie nicht auf ihre Atomwaffen verzichten wollen. Zusammenfassend kann man also sagen, Liebe Freundinnen, Liebe Freunde,

Ohne Atomkraft, keine Atomwaffen!

Wenn ich ehrlich bin, so muss ich sagen, dass mir dies früher noch nie so ganz bewusst wurde: Da hatte auch ich immer fein säuberlich getrennt zwischen atomarer Hochrüstung und ziviler, "friedlicher" Nutzung der Kernenergie....

Heutzutage müssen wir aber letztlich sagen: Wer aus der Atomenergie aussteigt, der tut etwas für die Abrüstung, denn Energiepolitik muss auch Friedenspolitik sein!

Das ist das Gebot der Stunde!



Liebe Freundinnen, Liebe Freunde, wir wissen heute, 3 Tage vor dem 26. April, = 25 Jahre nach Tschernobyl, und nach dem 12. März 2011, nach dem Super-GAU von Fukushima ist das Ende des Atomzeitalters gekommen.

Das bedeutet auch: Wer sich für die Abrüstung einsetzen will, muss auch den Weg für den Ausstieg aus der Atomenergie bereiten!

Wer Frieden will, nutzt Erneuerbare Energien - und wer sich gegen einen Energiewechsel stellt, blockiert auch die Abrüstung!

Die Atomtechnik hat ein janusköpfiges Gesicht: Denn neben ihrem vordergründigen Nutzen liefert sie Technologie, Wissen und Material für die Atombombe; so hatte bereits vor vielen Jahren die internationale Ärzteorganisation IPPNW den bündigen Slogan formuliert: "Nuclear Power powers the bomb!"

Bereits Albert Schweitzer, Martin Niemöller und Gustav Heinemann wussten von diesem Zusammenhang, als sie in den 50er Jahre in Deutschland die "ANTI-ATOMTOD-Bewegung" ins Leben riefen! Von dieser ANTI-ATOMTOD-Bewegung steht leider nichts in den Geschichtsbüchern unserer Schulkinder.

Wir heute wissen - nachdem in den 70er Jahren - allein in der BRD über 200 AKWs geplant waren - dass Hiroshima und Nagasaki, dass Harrisburg 1979 und Tschernobyl

(Jahrestag des Unglücks des Super Gau dort: 26.04.1986) und Fukushima leider Gottes unglaublich viel miteinander zu tun haben...

(Interessant: Studie des Bundesforschungsministeriums 1979, alle 10.000 Betriebsjahre statistisch ein Super-GAU....)



Liebe Freundinnen, Liebe Freunde,

in meiner Studentenzeit an der Uni Mainz lernte ich einen Philosophie-Professor kennen, er hieß: Helmut Erlinghagen. Er war Jesuit, lebte in Glashütten im Taunus und er hatte eine Professur für Philosophie inne in Mainz und in Tokio; er lebte als junger Ordensmann als Jesuit 1945 in Hiroshima, er überlebte den Atombombenabwurf, weil sein Kloster 3 km vom Epizentrum der Bombe entfernt angesiedelt war. Helmut Erlinghagen und seine Mitbrüder leisteten in Hiroshima nach dem Atombombenabwurf Erste Hilfe und organisierten die Rettung der Überlebenden als damals an einem Tag 300.000 Menschen den Tod fanden.

Im Alter brauchte Erlinghagen oft eine Frischzellentherapie, um selbst mit den Spätfolgen der Atombombe zurechtzukommen!

Sein Buch und sein Dia-Vortrag (im Fischer Taschenbuch-Verlag erschienen) lautet "Hiroshima und wir!"



Liebe Freundinnen, Liebe Freunde,

nach dem 12. März 2011, seit Fukushima, sind wir es, die die Folgen des atomaren Super-Gaus aus dem Weg räumen müssen.

Fukushima und wir, das heißt heute: Hopp, hopp, hopp - Atomraketen Stopp und: Ausstieg aus der Atomenergie: In Biblis, in Philippsburg, in Deutschland und überall in der Welt!

Frieden, Liebe Freundinnen und Freunde, das ist nicht die Abwesenheit vom Krieg; deshalb lasst mich enden mit dem Ökumenischen Friedensgebet 2011, es kommt aus einem Land des Südens, genauer gesagt aus dem Senegal, es beinhaltet vieles von dem, was uns heute hier auf die Straße getrieben hat:



Guter Gott,

hilf uns Menschen in aller

Welt, neue Wege zu finden,

um eine Welt der Gerechtigkeit

aufzubauen, eine

Welt ohne Rassismus, ohne

Gewalt und ohne Krieg.

Hilf uns, eine Welt aufzubauen,

in der Kinder Zugang

zu Wasser haben und zur

Schule gehen können.

Hilf uns, eine Welt aufzubauen,

in der die Kinder

Zugang finden zu Bildung

und genug zu essen haben,

ohne auf der Straße betteln

zu müssen, am Busbahnhof

oder an den Schienen, vor

den Moscheen, den Kirchen

und Synagogen.

Guter Gott, hilf uns

Menschen in aller Welt,

neue Wege zu finden, um

eine Welt ohne Tränen

aufzubauen, eine Welt

ohne Hunger, ohne Durst,

eine Welt des Friedens.

Du schenkst uns überall

auf der Welt die Kraft,

neue Wege zu finden:

Mit dir überwinden wir

Unterschiede, die keine

Bedrohung mehr sind.

Mit dir nehmen wir uns

gegenseitig ohne Vorbehalte

an. Und Hand in Hand

gehen wir voran ohne Angst.

Wir schenken ein Lächeln,

ein Augenzwinkern,

einen Händedruck.

Guter Gott, hilf uns

Menschen in aller Welt,

neue Wege zu finden,

um eine Welt aufzubauen,

in der alle Frieden finden.

Amen.

aus dem Senegal



Ludger Grünewald ist aktiv bei amnesty international.
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