2011
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25.04.2011


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Ostermärsche und -aktionen 2011

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Redebeitrag für den Ostermarsch 2011 in Stuttgart am 23. April und in Köln am 24. April

Liebe Freundinnen und Freunde,

André Shepherd (in Stuttgart und Köln)



- Es gilt das gesprochene Wort -



Edmund Burke sagte einmal: Damit das Böse die Oberhand gewinnt, brauchen gute Menschen nichts Anderes als Nichts tun. Diese Worte waren wahr, als er sie sagte - und sie sind es noch heute. Da sich die führende Nation der Welt kopfüber in einen Sumpf von Chaos und Zerstörung stürzt, ist es für uns umso wichtiger als jemals zuvor, aufzustehen und die falsche Annahme anzugreifen, dass "die Macht es schon richtig macht". Seit den schrecklichen Angriffen vom 11. September führt die USA nicht nur einen Krieg gegen einen vage beschriebenen Feind namens Al-Kaida, sondern gegen die Menschlichkeit an sich. Dieses Jahrzehnt hat eine humanitäre Katastrophe über Länder wie Irak, Afghanistan, Pakistan, Libanon, Syrien oder Sudan gebracht. Zurzeit wurde Europa in den Krieg gegen Libyen mit hineingezogen, auch Iran wird immer noch bedroht. Millionen haben auf beiden Seiten ihr Leben verloren, mit steigenden Zahlen von Opfern an jedem Tag. Tausende wurden gefoltert, gekidnappt, vergewaltigt oder inhaftiert - alles im Namen der Demokratie. Wir können dies auf keinen Fall so weiter laufen lassen.

Als Deserteur der US-Armee kann ich Euch als erstes sagen, dass wir benutzt und manipuliert wurden, so dass das menschliche Leid für den Profit ausgebeutet werden konnte. Ich bin nicht stolz darauf, was ich während meines Militärdienstes tat. Die Apache Helikopter, die ich kampffähig hielt, tragen nach wie vor entscheidend dazu bei, dass das Leben unschuldiger Menschen zerstört wird. Uns wurde immer wieder erzählt, dass es unsere Aufgabe war, die bösen Männer der Welt zu fangen, die uns Schaden zufügen wollen. Wir dachten, dass wir die Wächter der Freiheit seien. Versucht einfach mal, meine Überraschung nachzuvollziehen, meinen Schock und meine Wut, als ich herausfand: Das Böse ist nicht der Feind, den wir beseitigen sollten, sondern wir selbst. Wie kann ich meinen künftigen Kindern erzählen, dass Männer wie ich verantwortlich für die Zerstörung dieser Länder sind, die ohne Nachzudenken den Befehlen zum angeblichen Wohl der Nation folgten. Als ich das entdeckte - und sah, wie gleichgesinnte wie Bradley Manning, Agustˇn Aguayo oder Leutnant Watada vom Militär behandelt wurden, weil sie ähnlich über die Angriffe dachten und es laut sagten, entschied ich, dass ich nicht mehr länger Teil dieses Systems sein kann. Also sagte ich vor vier Jahren Goodbye zum Militär - und sehr wahrscheinlich auch zu meinem Land.

Lasst mich folgendes anmerken. Auch wenn es so aussieht, als ob ich über die Männer und Frauen der US-Armee schimpfe, muss ich sagen, dass genau das Gegenteil der Fall ist. Mein Kampf richtet sich nicht gegen das Militär der USA, vielmehr ist es ein Kampf gegen die Führung und die Regierung in Washington. Meine Zeit im Militär hat eine Reihe von Werten bei mir gestärkt, die mich zu dieser Entscheidung brachten. Mir wurde wieder und wieder von meinen Vorgesetzten beigebracht, dass ich für das stehen soll, was richtig ist, wie auch die Umstände sein mögen. Die Männer und Frauen der Armee sind gute Leute, die einen großartigen Job leisten, der zur Verteidigung des Landes notwendig ist. Das Problem ist für sie das gleiche wie für mich: sie wurden von den Mächtigen getäuscht. Dies ist kein Kampf nur für mich, sondern für alle Menschen, die eine Uniform tragen. Wir haben angenommen, Teil einer Organisation zu sein, die an der Front zur Verteidigung aller steht, wo auch immer wir herkommen. Wie Ihr im Video gesehen habt, bin ich nicht der einzige aus dem Militär, der diese Ansicht hat. Das Problem ist, dass viele Soldaten eine Entscheidung treffen müssen, die sich aus den Konsequenzen ihrer Handlungen ergibt. Viele müssen Familien versorgen. Das macht es für sie schwer, Widerstand zu leisten. Mein Herz ist bei allen von ihnen und ich möchte Ihnen sagen: Gebt niemals auf. Zehntausende, die offen den imperialistischen Aktionen unserer Regierung entgegentraten, werden einen langen Atem haben, um den Verrat an unserer Lebensweise zu beenden.

Der Antrag auf Asyl ist eine politische und eine persönliche Entscheidung. Dies und ähnliche Aktionen in Kanada können hoffentlich dazu beitragen, dass Zehntausende von Verweigerern in das Licht der Öffentlichkeit gerückt werden, die auf der ganzen Welt im Untergrund leben und die im letzten Jahrzehnt missbraucht wurden. Vielleicht trägt es auch dazu bei, die US-Militärmaschinerie in die Knie zu zwingen. Meine Motivation rührt nicht nur von dem, was ich gesehen und gelesen habe. Ich traf auch einige Irakis, die wie ich Asyl beantragt haben. Ihre Geschichten zerreißen das Herz. Es sind Augenzeugenberichte über Grausamkeiten, begangen an friedlichen Menschen. Ich fühle, dass es jetzt meine Pflicht ist, ihnen zu helfen, wo immer ich kann. Sie haben unser Mitleid verdient anstatt Bomben. Ob wir erfolgreich sein werden oder nicht, hängt von unserer Entschlossenheit ab und der beharrlichen Unterstützung von jedem und jeder, nicht nur von Veteranen, Soldaten und Aktivisten.

Dieser Konflikt betrifft uns alle, ob Sie nun Amerikaner, Deutscher, Iraker oder Afghane sind. Die Folgen der Tyrannei sind überall in allen Gesellschaft zu spüren. Unseren Aktionen haben nicht nur das Leben außerhalb unseres Landes zerstört, sie haben auch unsere Wirtschaft belastet, und unseren Söhnen und Töchtern geschadet und setzen uns der Gefahr eines weiteren Weltkrieges aus. Ich bin hier, um Euch zu sagen, dass es einen anderen Weg gibt. Jede und jeder von uns hat Anteil daran, was in den kommenden Monaten passiert. Hier in Deutschland kann Druck auf die Regierung ausgeübt werden, der eigenen Verfassung nachzukommen und die USA dazu zu zwingen, ihre militärischen Operationen von Deutschland aus einzustellen und damit Verweigerer Asyl erhalten. Die Amerikaner können ihren Einfluss geltend machen, damit die von ihnen gewählte US-Regierung ihren Weg ändert. Das Geld, dass sich durch die Beendigung der Kriege einsparen lässt, ist mehr als genug, um unsere Wirtschaft vor dem Ruin zu bewahren und auch den Menschen zu helfen, denen diese Regierungen unrecht getan haben. Erst wenn wir erfolgreich sind, kann jeder zu Frieden und Wohlstand zurückkehren.

Wir können uns nicht auf die Politiker verlassen, uns zu retten. Die Regierung von Barack Obama ist eine Katastrophe. Änderungen wurden auf den Tisch gelegt, der Krieg in Afghanistan wurde verstärkt, der Krieg in dem zusammengebrochenen Irak wird weitergeführt, es gibt Angriffe auf Pakistan, die Kriegstrommeln gegen Iran und Nordkorea werden gerührt, es gibt eine größere Verschuldung mit der verrückten Idee, dass mehr Schulden das Schuldenproblem lösen werden und eine ganze Reihe weiterer absurder Ideen. Kürzlich wurde erst berichtet, dass wir erneut in Somalia eingefallen sind. Seine Regierung (und der Kongress) haben sich geweigert, diejenigen anzuklagen, die uns hierher gebracht und unsere Leben ruiniert haben, was ihn de facto zu einem Komplizen der Kriegsverbrechen macht, die auf der ganzen Welt wohlbekannt sind. Und er hat den Nerv, die NATO in einen anderen Angriffskrieg zu involvieren. Ich applaudiere an Deutschland diesen Krieg abzulehnen. Auch wenn nur ein kompletter Rückzug der Vereinigten Staaten von Amerika zeigen würde, dass sie nicht andere zum Gehorsam zwingen können. Die Realität ist klar: Es wird Veränderungen nur geben, wenn wir sie herbeiführen. Die Tage eines Kindermädchenstaates sind gezählt. Wir haben zu viele Katastrophen erlebt, um es immer noch ignorieren zu können.

Auch Jahre lang hat nun die US-Regierung Millionen von Menschen unter dem Deckmantel der "Freiheit und Demokratie" in den weltweiten Militäroperationen terrorisiert, besser bekannt als Krieg gegen den Terror. Unschuldiges Blut wurde auf beiden Seiten vergossen, mit schrecklichen Szenen vom Schlachtfeld, die täglich über den Äther flimmern und die Bildschirme füllen. Der unaufhörliche Krieg hat verheerende Konsequenzen nicht nur für die Bevölkerung in Afghanistan, Irak, Pakistan, Syrien, Somalia und Gaza, sondern auch für die Bevölkerung in den sogenannten freien Staaten des Westens. Wir müssen realisieren, dass sich ohne persönlichen Widerstand nichts ändern wird. Glaubt nicht dem Mantra, dass wir diesen Weg gehen müssen, um vorwärts zu kommen. Das ist nichts anderes als eine Lüge, mit der die Mächtigen weiter ihrer Tagesordnung folgen können, um die weltweite Kontrolle zu behalten. Ich rufe die Bürger in allen Ländern dazu auf, ihren Regierungen zu sagen, dass wir keinen weiteren Krieg wollen - und eine friedliche Lösung dieser Probleme verfolgen. Es liegt an uns, dem Volk. Nur wenn wir mit einer Stimme sprechen, können wir die sogenannten Führer der freien Welt dazu bringen, die Terrorherrschaft zu beenden und für ein bessere Zukunft zu arbeiten.

Danke für Eure Zeit und Unterstützung. Möge Gott Euch bei all Euren Bemühungen segnen.



André Shepherd ist Deserteur der US Army (Irak-Krieg).
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