2011
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26.04.2011


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Ostermärsche und -aktionen 2011

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Redebeitrag für den Ostermarsch 2011 in Ohrdruf am 23. April

Liebe Ostermarschierer und Friedensbewegte,

Jens Petermann (in Ohrdruf)



- Es gilt das gesprochene Wort -



Die Ostermarschbewegung hat ihren Ursprung in der alten BRD im Kampf gegen die atomare Bewaffnung der Bundeswehr und ist nunmehr nach Beendigung des kalten Krieges auch in Thüringen zu einem festen Bestandteil der Antikriegsbewegung geworden. Das ursprüngliche Motto - "Kampf dem Atomtod" - ist hochaktuell.

Die Bedeutung der Ostermarschbewegung als Teil der Friedensbewegung ist auch aufgrund der indirekten und direkten deutschen Beteiligung an militärischen Interventionen (Irak, Afghanistan, Libyen) gewachsen.

Ein zentrales Thema ist der Protest gegen jegliche Form der militärischen Rüstung, besonders gegen Rüstungsausgaben -und exporte (Zahlen: 1,63 Billionen $ weltweit 2010, dagegen beträgt Entwicklungshilfe gerade mal 9 % davon, Verdopplung der Militärausgaben in den letzten 10 Jahren, BRD 2010 auf Platz 3 der Rüstungsexporteure). Deutsche Firmen liefern Kriegsgüter mit politischem Segen an "Freund" und "Feind", eine tödliche Tradition seit dem I. Weltkrieg, auch dadurch erhöht sich das Sicherheitsrisiko für die einheimische Bevölkerung, da Deutschland durch dies Politik selbst zur Zielscheibe militärischer Attacken werden kann.

DIE LINKE. ist als einzige Partei im Bundestag konsequent antimilitaristisch und gegen Kriegseinsätze. Die Erinnerung an die Opfer des deutschen Bombenangriffs vom 4.9.2009 am Kundusfluss wurde durch den Bundestagspräsidenten mit Rausschmiss aus der Sitzung quittiert, ich habe diese Form des Gedenkens und Protests mitgetragen und lasse mich auch nicht davon beeindrucken, dass zukünftig derartige "Störungen" nach dem Willen aller anderen Parteien mit Geldbußen bis zu 2.000 EUR geahndet werden sollen.

Wir werden weiter gegen die Verlogenheit der Bundesregierung streiten und diese aufdecken, aktuell besonders bei der Diskussion um den Atomausstieg. Fukushima stellt eine Zäsur dar, nicht nur bei der Atomfrage, sondern auch bei der Frage einer gerechten Gesellschaftsordnung.

Ist der real existierende Kapitalismus in der Lage, die Probleme der Menschheit (Hunger, Durst, Kindersterblichkeit, Klimakatastrophe, Schutz der Lebensgrundlagen, Massenarmut, Flüchtlingskatastrophen, Kriege u.s.w.) zu lösen, oder ist er nicht selbst aufgrund der ihm immanenten Profitgier Teil des Problems?

Wo ist die Friedensdividende geblieben, die und Kohl und Co. 1990 versprochen haben? Wir müssen sie uns erstreiten und wir werden darin nicht nachlassen! Ehrliche Politik verlangt den Hinweis darauf, dass zwischen "friedlicher" Nutzung der Atomenergie und der Nutzung in todbringenden Atomwaffen eine unheilvolle Symbiose besteht (Stichwort: Plutonium), es sind zwei Seiten der gleichen Medaille, eine doppelköpfige Hydra.

Darum unsere Forderungen:

Abzug der letzten Atomsprengköpfe aus Deutschland,

weltweite Ächtung und Vernichtung atomarer Waffensysteme,

unverzüglicher und unumkehrbarer Ausstieg aus der Atomstromerzeugung, d.h. Stilllegung aller 17 deutschen AKW`s und dahingehende europaweite Initiative für die Stilllegung aller europäischen AKW.

Die Linksfraktion hat dazu im Bundestag eine Initiative gestartet, um den Atomausstieg in der Verfassung zu verankern und die Nutzung der Atomtechnologie zur Energieerzeugung und in Rüstungsgütern als verfassungswidrig zu brandmarken und unter Strafe zu stellen.

Atomstromerzeugung ist eine Sackgasse, eine unbeherrschbare Hochrisikotechnologie mit ungeklärter Entsorgungsfrage.

Auch bei den Kosten wird die Bevölkerung belogen, Atomstrom ist der teuerste Strom und eigentlich unbezahlbar, da ein Großteil der Kosten (AKW-Versicherung gegen GAU, Zwischenlagerung, Endlagerung, Transport des Atommülls) nicht eingepreist ist und letztlich über Steuern bezahlt werden muss. Die tatsächlichen Kosten liegen bei bis zu 2,70 /kwh. Damit ist Atomstrom die höchstsubventionierte Stromart.

Ein Gebot der Vernunft ist damit der schnellstmögliche Umstieg auf erneuerbare Energien.

Wir brauchen ein völlig neues Konzept der Stromerzeugung und- versorgung, d.h. Verstaatlichung der Netze, Dezentralisierung, Regionalisierung und Kommunalisierung der Energieerzeugung.

Im Kern führt das zu einer Stärkung der kommunalen Strukturen und Demokratisierung bei der Energieversorgung als staatliche Aufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge.

Für die Stadt Ohrdruf, seine Bürgerinnen und Bürger sowie die umliegenden Gemeinden bedeutet dies übrigens eine historische Chance, das seit Jahrzehnten als Truppenübungsplatz militärisch genutzte Umland endlich einer friedlichen Nutzung zuzuführen. Im Rahmen der Konversion ergibt sich die Möglichkeit das Gelände des TÜP zu einem großen Solarpark umzubauen, damit aktiv an der Energiewende zu partizipieren, eine Vielzahl neuer lukrativer Arbeitsplätze zu schaffen und durch teilweise Umwidmung in ein Naturschutzgebiet auch touristisch attraktiver zu werden.

Vom Übungsplatz für Kriegseinsätze zu einem Solarkraftwerk mit Naturidylle, das ist doch eine wirkliche Perspektive und zeigt warum der Ostermarsch gerade in Ohrdruf seine Berechtigung hat.

Lasst uns hierfür marschieren und gemeinsam initiativ werden, in den Parlamenten, auf den Straßen, in den Vereinen.

In diesem Sinne wünsche ich uns ein schönes Osterfest.



Jens Petermann ist Mitglied des deutschen Bundestages.

E-Mail: jens (Punkt) petermann (at) wk (Punkt) bundestag (Punkt) de
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