Ostermärsche und -aktionen 2012

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30.03.2012


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Ostermärsche und -aktionen 2012

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Redebeitrag für den Ostermarsch Ostwestfalen-Lippe/Senne 2012 in Detmold am 7. April

Liebe atomkritische Mitmenschen,

Dr. Winfrid Eisenberg



- Sperrfrist: 07.0.12, Reedebeginn (ca. 12 Uhr) -

- Es gilt das gesprochene Wort -



1960 gab es die ersten Ostermärsche der Atomwaffengegner in Deutschland, jedes Jahr wurden es mehr. Zusammen mit einigen Freunden habe ich vor genau 50 Jahren, Ostern 1962, einen 25 km-Marsch von meiner Heimatstadt Hanau nach Frankfurt organisiert. Die Ostermarsch-Idee kam aus England, wo seit 1958 die berühmten Aldermaston-Märsche stattfanden, von der Atomwaffenfabrik Aldermaston über 83 km nach London, veranstaltet von der CND = Campaign for Nuclear Disarmament = Kampagne für nukleare Abrüstung.

Nach dem Ende des Kalten Krieges, in dem West und Ost sich unablässig die atomare Vernichtung angedroht hatten, verschwand die Gefahr durch Atombomben leider nicht. Gesetzwidrig lagern in Deutschland, auf dem Fliegerhorst Büchel in der Eifel, noch immer 20 Atombomben des Typs B 61, von denen jede eine Sprengkraft von 340 Kilotonnen TNT hat, das ist das 27fache der Hiroshimabombe. Die in Büchel befindlichen Sprengköpfe haben also zusammen eine Zerstörungskraft von 540 Hiroshimabomben. Niemand kann erklären, zu welchem Zweck die hier in unserem Land sind. - - Vor zwei Jahren hat der Bundestag mit großer fraktionsübergreifender Mehrheit beschlossen, dass die letzten Atomwaffen, "Relikte des Kalten Krieges", so damals Herr Westerwelle, sofort aus Deutschland abgezogen werden sollen. Aber die USA wollen die Bücheler Bomben stattdessen "modernisieren", was auch immer das heißen mag. Wenn wir die nukleare Abrüstung von den Atomwaffenstaaten einfordern, müssen wir gleichzeitig vor der eigenen Tür kehren: Deutsche Düsenjägerpiloten sollen Übungsflüge mit Atombomben-Attrappen verweigern. Wir wollen keine "nukleare Teilhabe". Wir verlangen den Abzug der Bomben aus Büchel. - -

Seit dem Ende des 2. Weltkriegs wurde die Parole "Atoms for Peace", Friedensatome, ausgegeben. Die gewaltige Energie, die bei der Atomkernspaltung entsteht, sollte gebändigt und kontrolliert zur Stromerzeugung genutzt werden. Atomwaffen und Atomenergie bleiben aber die beiden Seiten der gleichen Medaille - Länder, die Atomkraftwerke betreiben, sind früher oder später auch in der Lage, Atombomben zu bauen. Die angeblich friedliche Atomenergie ist der Türöffner für die Bombe.

Die Desinformation über diese Zusammenhänge war in Japan offenbar optimal gelungen. Schon den Schulkindern wurde eingetrichtert, das Hiroshima-Atom sei "böse" gewesen, aber das Kraftwerks-Atom sei "gut" und unverzichtbar. So hat die internationale Atomwirtschaft im erdbebengeschüttelten Inselstaat Japan 54 Atomreaktoren gebaut und der Bevölkerung eingeredet, die seien absolut sicher.

Fukushima hat diese Lügen auf grausame Weise bestraft und beendet. Zur Zeit läuft in Japan nur ein einziger Reaktor, der im Mai auch abgeschaltet werden soll. Dann ist Japan vorerst atomstromfrei! Die Lichter sind nicht ausgegangen. Lange Küsten und Gebirgszüge bieten allerbeste Voraussetzungen für Windenergie, die nun mit erheblicher Verspätung endlich geplant und ausgebaut wird.

Horst-Eberhard Richter, einer der IPPNW-Gründer und Ehrenmitglied, im Dezember im Alter von 88 Jahren verstorben, hat in seiner letzten großen Rede gesagt: "Fukushima lässt uns für den Wahn büßen, die atomaren Gewalten berechenbar und beherrschbar machen zu können."

Die Atomenergie bedroht nicht nur bei den großen Katastrophen - Windscale, Harrisburg, Tschernobyl, Fukushima - alles Leben auf unserer Erde. Nein, die gesamte "Nukleare Kette" vom Uranbergbau über die Uranverarbeitung, die weltweiten Atomtransporte, die alltäglichen Radionuklid-Emissionen aus den Reaktoren bis hin zum nicht "ungelösten", sondern unlösbaren Problem des strahlenden Mülls - das alles ist ein Verbrechen an den nachfolgenden Generationen. --

Atomkraftwerke sind ebenso gefährlich wie überflüssig. Es ist höchste Zeit, dass wir uns ein für allemal von der Atomkernspaltung verabschieden. Unseren Strom wollen wir zu 100 % aus dezentralen erneuerbaren Energiequellen gewinnen. Das ist viel früher als 2022 erreichbar, wenn die Weichen entsprechend gestellt werden. Wir sind, oder besser: Wir waren auf einem guten Weg dahin. Offenbar fühlten sich die großen Energiekonzerne vom spektakulären Sonnen- und Windenergie-Ausbau durch Bürgerinnen, Bürger und Genossenschaften bedroht. Das ist der Grund dafür, dass die derzeitige Regierung in Gestalt der Herren Rösler und Röttgen die Energiewende gnadenlos auszubremsen versucht, indem die Einspeise-Vergütungen so stark und so schnell reduziert werden, dass ein Windrad auf dem Acker oder eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach privat kaum mehr bezahlt werden kann. Darüber hinaus wird in einer perfiden Kampagne behauptet, die Strompreissteigerungen würden durch die Photovoltaik verursacht - das ist einfach gelogen. In Wirklichkeit erhöhen die großen Konzerne Eon, RWE & Co auf den Schultern der Haushalte skrupellos ihre Gewinnspannen. Die bis vor kurzem boomende mittelständische Wind- und Sonnen-Industrie - wir hören jetzt täglich von Entlassungen und Insolvenzen - ist ebenso wie die schnelle Energiewende ernsthaft bedroht. Die Regierung setzt unter Umgehung des eigentlich zuständigen Parlaments das EEG (Erneuerbare Energien Gesetz) weitgehend außer Kraft. Es scheint, dass die Stromkonzerne als Gegenleistung für den Atomausstieg durch besonders geförderte milliardenschwere Großprojekte wie Offshore-Windparks und Desertec - Wüstenstrom hofiert und bei Laune gehalten werden sollen. - - Das dürfen wir uns nicht bieten lassen! Wir müssen die beschriebenen Fakten immer wieder geduldig erklären, die Verwendung nuklearer und fossiler Brennstoffe aufgeben und unnachgiebig auf der Energiewende beharren, bis sie vollständig gelungen ist.

Vielen Dank und frohe Ostern !



Winfrid Eisenberg ist aktiv bei der IPPNW. Vita siehe hier

E-Mail: w (Punkt) eisenberg (at) gmx (Punkt) de

Website: www.ippnw.de
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