Ostermärsche und -aktionen 2012

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03.04.2012


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Ostermärsche und -aktionen 2012

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Redebeitrag für den Friedensweg 2012 am Bodensee am 9. April

Es gibt nichts Unsinnigeres und Verlogeneres als das Führen und das Füttern von Kriegen

Josef Lang (in Steinach)



- Sperrfrist: 9. April, Redebeginn: ca. 12 Uhr -

- Es gilt das gesprochene Wort -



Liebe Freundinnenn und Freunde,

Die Surface Technologies International Holding AG (STI Hartchrom) verchromt Geschützrohre mittleren und grosseren Kalibers für die Nato. Die Nato führt seit gut zehn Jahren einen völlig unsinnigen und aussichtslosen Krieg in Afghanistan. An den Folgen des Krieges zwischen Nato und Taliban starben bislang gegen 40`000 Personen.

Die USA und die anderen Nato-Armeen geben für den Krieg in Afghanistan pro Jahr 150 Milliarden Dollars aus. Das sind 5000 Dollar pro Bewohner. Das Bruttoinlandprodukt eines Afghanen beträgt durchschnittlich 500 Dollar. Das ist ein Zehntel dessen, was die Nato pro afghanische Person verpulvert. Allein diese Zahlen zeigen die Absurdität des Krieges.

Ich reiste vor gut vier Jahren durch jene Teil Afghanistans, die damals noch einigermassen sicher waren. Trotz dieser einseitigen Einsicht in die afghanische Wirklichkeit wurde mir damals klar, dass der Krieg politisch am meisten jenen nützt, gegen die er geführt wird: den Taliban. Die Nato-Intervention verwandelte eine religiös-fundamentalistische Kraft, welche ausserhalb der paschtunischen Gebiete heftig abgelehnt wurde, in eine nationalistisch-afghanische Kraft, welche unter anderen Ethnien immer mehr Verständnis, wenn nicht sogar Unterstützung findet.

Der Krieg gegen die Taliban hat diese politisch und gesellschaftlich stärker gemacht, als sie jemals gewesen sind. Genau wie die sowjetische Besatzungs- und Kriegspolitik den religiösen Fundamentalismus stärker gemacht hatte, als er jemals gewesen war.

Der arabische Frühling beweist, dass es zum Kriegführen eine Alternative gibt. Allein: Wen unterstützen unsere "Händler des Todes" beispielsweise in Bahrain? Die saudischen Truppen unterdrückten vor einem Jahr die Demokratiebewegung auf dem Platz der Perlen unter anderem mit schweizerischen Mowag-Panzern! Saudiaraben gehört zu den wichtigsten Kunden der schweizerischen Kriegsindustrie.

Letztes Jahr sind die Exporte in die Vereinigten Arabischen Emirate am stärksten gewachsen. Hier handelt es sich vor allem um Pilatus-Flugzeuge, welche für die Aufstandsbekämpfung besonders gut geeignet sind. Bei der Bestellung der sogenannten Trainingsflugzeuge war die Bewaffnung eine explizite Forderung der Ausschreibung. In der Neuen Zürcher Zeitung war vor genau einer Woche ein ausführlicher Artikel mit folgenden Titeln und Vorspann eingeleitet worden: "Rückschlag für Kritiker am Golf. Die Emirate weisen Stiftungen aus. Die Vereinigten Arabischen Emirate haben die Schliessung ausländischer Stiftungen angeordnet. Sie begegnen Projekten zur Förderung der arabischen Demokratie zunehmend mit Misstrauen." (NZZ 2.4.12)

Wir haben vor gut zwei Jahren die Abstimmung über ein Verbot von Kriegsmaterialexporten verloren. Die gleichen Leute, welche aus Angst vor dem saudisch geprägten Fundamentalismus für ein Minarettverbot gestimmt haben, stimmten am gleichen Tag gegen ein Verbot von Rüstungslieferungen ans saudische Regime. Aufgrund der damaligen Versprechen des Bundesrates dürfen und müssen wir heute einen Stopp jeglicher Waffenlieferungen in den Nahen und Mittleren Osten verlangen. Und vor dem Hintergrund einer drohenden Eskalation des Konflikts zwischen Israel und Iran ist überhaupt jegliche militärische und rüstungsmässige Zusammenarbeit mit jedem Land in der heissesten Region unseres Planeten einzustellen.

Liebe Friedensbewegte,

es gibt nicht nur zum Führen von Kriegen friedliche Alternativen. Es gibt auch zum Füttern von Kriegen zivile Alternativen. Die Mowag, deren Eagles auch in Afghanistan im Einsatz sind, könnte sich zum Ziel setzen, wieder Krankenwagen und Feuerwehrautos herzustellen, wie sie dies bis vor wenigen Jahren getan hat. Oder sich im Zugsbau neue Felder erschliessen. Eisenbahnwagons statt Schützenpanzer!

Wenn die Hartchrom beteuert, der Umsatzanteil der Wehrtechnik am Standort Steinach mache nur noch etwa 1.5% des gesamten Umsatzes der Division Oberflächentechnologie aus, dann braucht es zur Wahrung der Arbeitsplätze nur noch etwas mehr Phantasie und ein bisschen Ethik!

A propos Ethik: In Deutschland und darüber hinaus gibt es ein verbreitetes Wehklagen über die mangelnde Ausgaben-Disziplin Griechenlands. Der grösste europäische Abnehmer der deutschen Kriegsindustrie ist Griechenland. Dieses kauft vor allem Panzer und U-Boote - gegen die Türkei! Die Türkei gehört der gleichen Nato an wie Griechenland - und Deutschland!

Es gibt nichts Verlogeneres als das Führen und das Füttern von Kriegen.



Josef Lang war Nationalrat 2003-2011 (Mitglied des Schweizer Parlamentes) und ist im Vorstand der "Gruppe für eine Schweize ohne Armee" (GSoA) und im Vorstand der Grünen Partei der Schweiz.

E-Mail: josef (Punkt) lang (at) bluewin (Punkt) ch

Website: www.gsoa.ch
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