Ostermärsche und -aktionen 2012

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05.04.2012


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Ostermärsche und -aktionen 2012

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Redebeitrag für den Ostermarsch 2012 in Traunstein am 7. April

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

Eva Bulling-Schröter (in Traunstein)



- Sperrfrist: 7. April, Redebeginn: ca. 10 Uhr -

- Es gilt das gesprochene Wort -



jedes Jahr an Ostern demonstrieren wir für den Frieden und gegen den Krieg. Leider ist das immer noch notwendig und aktueller denn je. Nicht nur wegen der aggressiven Außenpolitik der USA. Auch die Bundesregierung leistet einen entscheidenden Beitrag dazu:

Die Rüstungsexporte und die Kriegsabenteuer der Bundesregierung sind nicht nur verantwortlich für soziale Missstände, militärische Konflikte sowie Tote und Verletzte in aller Welt. Diese Politik zeigt auch was wirklich dahinter steckt: Kapitalinteressen geben hier den Ton an. Die sogenannten "Auslandseinsätze" sind nach wie vor Kriege im Interesse von Wirtschaft und Großkapital!

Deutschland ist nach wie vor weltweit drittgrößter Rüstungsexporteur. Angeblich existieren "strenge Auflagen" im Bereich der Rüstungsexporte. In den Grundsätzen der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern heißt es tatsächlich:

"Der Beachtung der Menschenrechte im Bestimmungs- und Endverbleibs-Land wird bei den Entscheidungen über Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern besonderes Gewicht beigemessen."

Trotzdem exportieren deutsche Rüstungsunternehmen mit Genehmigung der Bundesregierung in Länder, in denen es interne oder grenzüberschreitende Konflikte gibt. So beispielsweise nach Afghanistan, Indien, Israel, Nigeria, Pakistan oder Thailand. Der geplante Panzer-Deal mit Saudi-Arabien wurde viel diskutiert. Kaum bekannt wurde jedoch, dass das schwäbische Rüstungsunternehmen Heckler & Koch mit Genehmigung der Bundesregierung vor kurzem eine Fabrik für Sturmgewehre in Saudi-Arabien gebaut hat.

Saudi-Arabien - das ist ein diktatorischer Staat, in dem Menschenrechte praktisch nicht existieren, Parteien verboten sind und im 21. Jahrhundert Menschen öffentlich mit dem Schwert geköpft werden! Die dortigen Herrscher waren außerdem direkt an der Niederschlagung der Demokratiebewegung im Nachbarland Bahrain beteiligt.

Das alles ist für die Bundesregierung aber offensichtlich kein ausreichender Anlass zur Verhinderung des Deals. Greift der "arabische Frühling" auf die Diktatur in Saudi-Arabien über, schießen dort deutsche Gewehre auf Demonstranten - ermöglicht durch die Bundesregierung!

Diese Regierung betont stets öffentlichkeitswirksam, es gehe bei Auslandseinsätzen um "humanitäre Hilfe, Wahrung der Menschenrechte oder Mithilfe beim Demokratieaufbau". In der Realität geht es um Sicherung von Rohstoffen, Absatzwegen und Märkten.

Dies zeigt sich auch am Afghanistaneinsatz der Bundeswehr: Deutsche Soldaten befinden sich dort seit über zehn Jahren in einem Kriegseinsatz, dem ein immer größer werdender Teil der Bevölkerung ablehnend gegenüber steht. Zivilisten werden mehr und mehr Opfer.

Zehn Jahre nach Beginn des Einsatzes haben die NATO-Truppen ihre vorgeschobenen Kriegsziele nicht erreicht:

Afghanistan ist noch immer keine Demokratie und von der Durchsetzung von Menschenrechten weit entfernt. Die Sicherheitslage ist nach wie vor "angespannt", in manchen Regionen katastrophal. Dafür gelang es jedoch, amerikanischen und europäischen Unternehmen einen profitablen Platz in der afghanischen Wirtschaft zu sichern. Mittlerweile hat der Krieg die gesamte Ökonomie des Landes in eine Abhängigkeit von westlichen Wirtschaftsstrukturen gedrängt. An den Schnittstellen zwischen den Regierungsbehörden und westlichen Gebern treibt die Korruption ungeahnte Blüten.

Die Bundesregierung führt und unterstützt Kriege im Interesse von Großmachtpolitik und Wirtschaft! Die Wahrung von "Demokratie und Menschenrechten" ist nur ein Vorwand um Kapitalinteressen zu legitimieren!

Die Dominanz von Profit- und Kapitalinteressen über die Politik zeigt sich nicht nur im Bereich der Rüstungsexporte und Kriegseinsätze. Wie sehr sich die die Regierung den Interessen der Wirtschaft unterordnet zeigt sich an der Finanzkrise:

Am 30. Januar 2012 hat der EU-Gipfel den Fiskalvertrag beschlossen. Dort wurde eine EU-weite Schuldenbremse verankert. Zudem soll es Sanktionen gegen Staaten geben, die gegen die Regelungen zum Schuldenabbau verstoßen. Beides verletzt jedoch das Grundgesetz!

Eine Schuldenbremse im Sinne des Fiskalvertrages ist unvereinbar mit dem Demokratieprinzip nach Artikel 20 des Grundgesetzes. Danach entscheidet allein der jeweilige Bundestag über den Bundeshaushalt.

Die Mitgliedstaaten sollen den Fiskalvertrag außerdem nicht kündigen können. Der Bundestag könnte ihn also nie ändern oder aufheben, er würde quasi ewig gelten. So etwas verbietet aber unsere Verfassung.

Der Fiskalvertrag ist zugleich ein massiver Anschlag auf die Demokratie in allen beteiligten Staaten. Sobald ein Land vom verordneten Sparkurs abweicht, verlieren die nationalen Parlamente ihr demokratisches Haushaltsrecht. Das Budgetrecht ist jedoch eines der zentralen Elemente der Demokratie!

Zukünftig sollen die Europäische Kommission und der Rat ein Vetorecht gegenüber den nationalen Haushaltsplänen der Staaten erhalten.

Das Europäische Parlament wird im Rahmen der neuen Regeln völlig an den Rand gedrängt. Auch eine aktive Konjunkturpolitik wird künftig ebenso unmöglich sein, wie eine gestaltende Finanzpolitik, beispielsweise zur Einleitung der sozial-ökologischen Wende.

Der Fiskalvertrag soll dazu beitragen, die Eurokrise zu überwinden. Dies wird jedoch nicht gelingen: Denn die Eurokrise wurde nicht etwa dadurch ausgelöst, dass die Staaten über ihre Verhältnisse gelebt hätten.

Die hohe Verschuldung einiger Mitgliedstaaten kommt vielmehr daher, dass die Staaten mit Milliardensummen Banken gerettet haben, die sich schlicht verspekuliert hatten! Die Bundesregierung hat hier ganz fix einen Rettungsschirm von 480 Milliarden Euro aufgespannt. Für die 11.000 Beschäftigten von Schlecker konnte sie aber nicht einmal 70 Millionen Euro Bürgschaft locker machen! Vielleicht muss man das verstehen, das waren ja nur schlechtbezahlte Frauenjobs ...

Weitere Milliarden an Steuergeldern gingen dann dafür drauf, um die Wirtschaftskrise abzuwehren, die auf die Finanzkrise folgte.

Aber anstatt nun endlich die Finanzmärkte zu disziplinieren, werden mit dem Fiskalvertrag die Vertragsstaaten "diszipliniert". Ohnehin schon gebeutelte Länder wie Griechenland werden zu einer strikten Kürzungspolitik gezwungen. Dies wird jedoch die Eurokrise nicht lösen, sondern verschärfen! Es liegt auf der Hand, dass die auferlegten Ausgabenkürzungen auf direktem Weg in die Rezession führen!

Wer eins und eins zusammen zählen kann, weiß: Das bedeutet in den kriselnden Ländern noch mehr Konkurse und noch mehr Arbeitslose. Es bedeutet sinkende Einnahmen und steigende Ausgaben. Der nächste Rettungsschirm ist also nur eine Frage der Zeit. Zahlen werden aber einmal mehr die Bürgerinnen und Bürger, und nicht die Banken und Finanzjongleure, die die Krise verursacht haben!

Eine Beteiligung der Krisenprofiteure, zum Beispiel im Rahmen einer Millionärssteuer, wird von der herrschenden Politik ebenso ausgeschlossen wie eine sozial gerechte Steuerpolitik zur Steigerung der Einnahmen. Deshalb werden die neuen Regelungen alle Mitgliedstaaten zu verschärftem Sozialabbau, Privatisierung staatlichen Eigentums sowie einem Abbau öffentlicher Leistungen zwingen.

Aber an der Rüstung wird nicht gespart. Griechenland hat letztes Jahr 2,3 Milliarden Euro, also 3,6 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, für Rüstungsgüter ausgegeben, vorwiegend für Produkte deutscher Rüstungskonzerne. Die profitieren weiter. Den Gürtel enger schnallen müssen die kleinen Leute.

Die Banken und Hedgefonds dagegen gehen bei ihren Spekulationsgeschäften nach wie vor nicht das geringste Risiko ein: Erwirtschaftete Gewinne werden an die Großaktionäre und leitende Angestellte verteilt. Verluste jedoch bezahlen die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler! Wie kann es sein, dass Banken für Ihr verantwortungsloses Handeln nicht haften müssen und die Steuerzahler Fehlspekulationen ausgleichen müssen?

Die Politik darf sich von den Banken nicht länger auf der Nase herumtanzen lassen! Dem Treiben muss endlich ein Ende bereitet werden!

Es kann nicht sein, dass Steuerzahlerinnen und Steuerzahler für die Verluste der Privatwirtschaft einstehen müssen. Und es ist an der Zeit, dass Banken entflochten werden und in öffentliches Eigentum übergehen - schließlich bezahlen wir sowieso schon für ihre Schulden. Dann ist das nur recht und billig! Banken müssen reine Dienstleister für die Wirtschaft und die Bürgerinnen und Bürger sein und keine Profitcenter für Hochrisikogeschäfte!

Daher kann ich meine Forderungen auf diesem Ostermarsch nur noch einmal betonen:

Schluss mit den Auslandseinsätzen der Bundeswehr! Was wir brauchen ist eine faire Weltwirtschaftspolitik, die Hunger bekämpft, nachhaltige Entwicklung fördert und Waffen ächtet. Die Umstellung der Rüstungsindustrie auf friedliche Produktion muss endlich begonnen werden! Die eingesparten Gelder brauchen wir für Konversion und zukunftsfähige Produkte!

Banken müssen transparent wirtschaften und in öffentlich-rechtliches Eigentum übergehen. Hedgefonds und hochspekulative Anlagegeschäfte müssen der Vergangenheit angehören.

Dafür lasst uns streiten, die Mehrheit der Menschen auf diesem Planeten steht hinter diese Forderungen. Es wird Zeit!



Eva Bulling-Schröter ist Mitglied des Deutschen Bundestages. (Fraktion Die Linke)

E-Mail: eva (Punkt) bulling-schroeter (at) bundestag (Punkt) de

Website: www.bulling-schroeter.de
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