Ostermärsche und -aktionen 2012

update:
06.04.2012


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Ostermärsche und -aktionen 2012

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Redebeitrag für den Ostermarsch 2012 in Wedel am 7. April

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Kolleginnen und Kollegen,

Heinz Stehr (in Wedel)



- Sperrfrist: 9. April, Redebeginn: ca. 12 Uhr -

- Es gilt das gesprochene Wort -



liebe Genossinnen und Genossen,

vor vierzehn Tagen bei der Flugblattverteilung zur Mobilisierung für den Ostermarsch wiederholte sich die Erfahrung, dass es einerseits wenig Ablehnung aber auch wenig Interesse für unser Anliegen gibt.

Offensichtlich wächst unter den Bedingungen der weltweiten Krise der Druck auf viele, und es entwickeln sich Zukunftsängste unter einen Teil der Bevölkerung. Für diese Menschen ist oft wenig Raum, sich intensiver mit den Problemen zu beschäftigen, die uns zu Frieden und Abrüstung nicht nur zu Ostern bewegen. Dieses "Bewegen" ist durchaus zweideutig zu verstehen.

Können wir aus ähnlichen Erfahrungen bei Aktionen die Schlussfolgerung ziehen, dass vielen Menschen die Tatsachen, zum Beispiel dass zurzeit ca. 30 Kriege weltweit stattfinden, egal sind?

Die Fakten sprechen gegen eine solche Annahme:

Ca. 75 % der Bevölkerung sind gegen die Kriegsbeteiligung der Bundeswehr in Afghanistan.

Wahlkämpfe können offensichtlich in diesem Land nur gewonnen werden, wenn Beteiligungen an Kriegen durch Kampfhandlungen abgelehnt werden.

Um Kriege zu legitimieren, wurden Militäreinsätze mit dem angeblichen Schutz von Menschenrechten begründet, zum Beispiel für das Recht auf Bildung für Mädchen und Frauen in Afghanistan oder um dort Brunnen für die Trinkwassergewinnung zu bohren.

In Libyen gelang es nicht, die gewünschte Kriegsbeteiligung der Bundeswehr im Rahmen der Nato durchzusetzen.

In Syrien verlautet bereits vorab, dass die Bundesrepublik Deutschland sich an einen Krieg dort nicht beteiligen wird.

Aber was könnte demnächst auf uns zukommen?

Am 16. März erschien in den USA ein Artikel von Friedensaktivisten, in dem es heißt: "Das Pentagon plant einen Prozess der umfangreichen Zerstörung der Infrastruktur des Iran und nimmt damit massive Zivilopfer mittels der kombinierten Anwendung von taktischen Atomwaffen und monströsen konventionellen Bomben mit pilzförmigen Wolken in Kauf." Diese neue Bombe heißt MOP (Massive Ordnance Penetrator). Jede und jeder von uns sollte die unvorstellbaren Folgen eines Krieges mit solchen neuen Waffen bedenken. Auch deswegen muss dieser mögliche Krieg verhindert werden! Wie wird die Bundesregierung und die Bevölkerung reagieren in einem Krieg Israel und USA gegen den Iran? Wie reagieren andere arabische Staaten? Der Friedensnobelpreisträger Obama hat bereits Ultimaten an den Iran gerichtet. Internationaler Protest jetzt ist zwingend!

Es ist gut und richtig, wenn jetzt der Nobelpreisträger Günther Grass seine Stimme gegen den möglichen Krieg im Nahen Osten erhebt. Sein mutiges Gedicht "Was gesagt werden muss" fordert eine sofortige Beendigung aller Kriegsvorbereitungen. Nicht nachvollziehbar sind Antisemitismusvorwürfe gegen ihn. Ich teile die Ansicht des PEN - Vorsitzenden Johanno Strasser, der seine Aussagen unterstützt. Wer die Existenz des Staates Israel sichern will, muss zugleich für die Existenz eines palästinensischen Staates eintreten. Die Beschlüsse der UN für eine friedliche Zukunft in dieser Region müssen umgesetzt werden! Mit dieser Position befinden wir uns in Übereinstimmung mit der Position der israelischen Friedensbewegung.



Liebe Freundinnen und Freunde,

Die Friedensbewegung dieser heute aktiven Generationen hat viel erreicht, auch wenn Kriege immer noch als eine mögliche Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln akzeptiert sind.

Die Friedensbewegung hat ihre Geschichte und ihre Wurzeln im Kampf der Antifaschisten gegen Faschismus, Krieg und Tyrannei.

Aus ihr sind hervorragende Persönlichkeiten hervorgegangen, zum Beispiel Berta von Suttner, Carl von Ossietzky, Albert Einstein, Clara Zetkin, Albert Schweizer und die Gingolds. Die Göttinger Professoren, die zur Ächtung der Atomwaffen aufriefen, und als weiteres Beispiel die weltweite Bewegung gegen den Vietnam Krieg haben die Welt ein Stück weit positiv verändert. Von Mahatma Gandhi über die mutige Angela Davis bis heute zu Hanna Poddig reicht die Namensliste von Friedensaktivisten. Sie alle zu nennen ist nicht möglich.

Heute fordern wir die sofortige Freilassung von Hanna Poddig. Sie wurde in Flensburg verurteilt, weil sie sich an Schienen kettete, um den Transport von Kriegsgerät zu verhindern. Das Friedensnetzwerk hat sie als Rednerin zu dieser Kundgebung eingeladen. Das Einschreiben wurde zurückgesandt mit der Aufschrift, dass die Adressatin in der JVA unbekannt sei.



Liebe Freundinnen und Freunde!

Die Menschheit braucht einen Internationalen Politikwechsel, hin zu einer Politik des Friedens, der sozialen Gerechtigkeit, zu mehr Freiheitsrechten, gegen jede Art von Rassismus und Faschismus. Einer Politik, in der Mensch und Natur ein solches Verhältnis miteinander eingehen, dass die Lebensgrundlagen für zukünftige Generationen gesichert werden. Dazu müssen die gesellschaftlichen Verhältnisse auf dieser Erde zunächst so gestaltet werden, dass Hunger, Unterentwicklung und bitterste Armut überwunden werden. Die Würde des Menschen verlangt, dass für alle die lebensnotwendige Grundlagen vorhanden sind. Es ist kein Frieden denkbar, wenn - wie heute - tausende Menschen täglich an Hunger und Unterernährung sterben müssen.

Friedenssicherung verlangt sofort:



25 000 Atom- und andere Massenvernichtungswaffen, die weltweit existieren, müssen zu Schrott werden.



wir müssen Kriege, die aktuell im Nahen Osten drohen, verhindern.



Nur im Frieden lassen sich die Probleme in Syrien lösen.


Wem es ernst ist mit den Zukunftserwartungen für die Sicherheit der Bevölkerung Israels, der muss gegen die Vorbereitung des Krieges gegen den Iran sein.

Eine Atomwaffenfreie Zone ist auch im Nahen Osten dringend notwendig.

Kriege beginnen meistens mit Lügen.

Auf Afghanistan bezogen war und ist dies die Lüge, dass es dort um Menschenrechte und um Humanismus ginge. Die Wahrheit ist: es geht um ökonomische und geostrategische Ziele der USA und ihrer Verbündeten.

Was wäre möglich wenn die 17 Milliarden Euro, die aus der BRD, also aus unseren Steuergeldern für den Krieg missbraucht wurden, für Zwecke des zivilen Aufbaus genutzt würden?

Dieser Krieg hat allein 2011 1,48 Milliarden Euro gekostet. Angesichts dieser Tatsache ist es noch weniger verständlich, wenn die bescheidenen Lohnerhöhungen im öffentlichen Dienst als Sargnagel für die Existenz der Sozialleistungen beschrieben werden.



Liebe Freundinnen und Freunde!

Auch heute, im Jahre 2012, bleiben wir bei unseren Forderungen:



Abschaffung aller Massenvernichtungswaffen



Alle Kriege müssen beendet werden



Die Charta der Vereinten Nationen muss politisch bestimmend sein für eine Weltordnung, die zu einer Friedensordnung werden muss



Auflösung der Nato. Spätestens seit der Warschauer Vertrag nicht mehr existiert, hat die Nato ihr Daseinsrecht verloren



Sofortige Reduzierung der Rüstung und der Waffenproduktion.


Die Durchsetzung einer Friedensordnung ist ein entscheidender Schlüssel, um andere Probleme in der Welt lösen zu können. Die Losung bleibt richtig: Frieden ist nicht alles, aber ohne Frieden ist alles nichts!

Die weltweite Friedensbewegung muss jenen Kräften in den Arm fallen, die Kriege vorbereiten, daran verdienen und Weltmachtambitionen durchsetzen wollen.

Als Marxist und Kommunist bin ich, wie viele meiner Mitstreiter aus ganz unterschiedlichen weltanschaulichen und politischen Zusammenhängenden, z. B. christliche Freundinnen und Freunde, davon überzeugt, dass wir, vermutlich in einem langen Prozess, eine andere Gesellschaft durchsetzen müssen.

Dieser Kapitalismus ist systembedingt letztendlich nicht friedensfähig. Die Jagd nach Maximalprofiten macht vor nichts und niemandem halt. Der sozialistische Politiker Jean JaurŠs formulierte das so: "Der Kapitalismus trägt den Krieg in sich wie die Wolke den Regen!"

Besonders offensichtlich wird dies in der Rüstungsproduktion und im Export von Kriegswaffen. Weltweit wurden im Jahr 2009 1,6 Billionen Dollar für Rüstung ausgegeben, und Deutschland befindet sich auf Platz 3 der Liste der Rüstungsproduzenten. 11% aller Waffen werden in Deutschland produziert!

Deutsche Rüstungsexporte stiegen zwischen 2006 bis 2010 um 100% gegenüber dem Zeitraum 2005 bis 2009! Im Jahr 2010 sind Kriegswaffen im Wert von 2,119 Mrd. Euro exportiert worden

Die HDW Werft in Kiel liefert atomwaffenfähige U-Boote für Israel, also in ein Spannungsgebiet. Diese Werft beliefert Griechenland mit U-Booten, obwohl die kapitalistische Krise dieses Land besonders betrifft. Krauss-Maffay liefert

Leopard Panzer nach Saudi-Arabien, in ein Land, in dem elementare Menschenrechte missachtet werden. Heckler und Koch lieferte Waffen an Gaddafi und seine Gegner.

Frau Merkel war im Juli 2011 in Angola und bot der Regierung dort Kriegsschiffe an. Warum ist es nicht möglich, diesem geschundenen afrikanischen Land Mittel für Gesundheit, Kultur, Bildung und soziale Aufgaben zur Verfügung zu stellen?

Junge Menschen skandieren häufig bei Demonstration: "Deutsche Waffen, Deutsches Geld - morden mit in aller Welt!" Das ist leider wahr.

Der bekannte französische Schriftsteller Honoré de Balzac sagte: "Hinter jedem großen Vermögen steht ein Verbrechen!" Das trifft auf Rüstungsproduzenten hundertprozentig zu!

Es ist auch wahr, dass Rüstungsproduktion volkswirtschaftlich "unproduktiv" ist. Rüstung frisst die Gelder, die für Sozial- und Bildungspolitik dringend gebraucht werden. Die "Freiheit", Mordwerkzeuge zu produzieren und sich am Elend in der Welt zu bereichern, muss politisch und moralisch geächtet werden.

Die Friedensbewegung fordert seit langen die Konversion der Rüstungsproduktion zu ziviler Produktion. Der Abgeordneten der Partei Die Linke, Jan van Aken, hat jetzt eine Analyse vorgelegt, die zeigt, dass Hamburg und der Kreis Pinneberg ein Schwerpunkt für Rüstungsindustrie sind. In der Broschüre "Made in Hamburg - tödlich weltweit" listet er 15Betriebe im Kreis Pinneberg auf, die Rüstungsgüter produzieren, darunter 3 Betriebe aus Wedel. Das sind: Atlas Elektronik GmbH, ESW GmbH, Ruag Coel GmbH.

Der Kampf für Frieden ist immer auch konkret. Wir benötigen einen Arbeitskreis, in dem die Gewerkschaften maßgeblich mitarbeiten, um Vorstellungen und Konzeptionen zu einer Rüstungskonversion zu entwickeln. Wedel ist durch Beschluss der Ratsversammlung eine Stadt, die sich zur atomwaffenfreien Zone erklärt hat. Wie wäre es, wenn jetzt die Ratsversammlung beschließen könnte, einen Prozess zu fördern, um Rüstungsproduktion in zivile Produktion zu wandeln?

Ein Politikwechsel verlangt die Achtung des Grundgesetzes.

Auslandseinsätze sind sofort zu beenden. Die Bundeswehr muss zurück in ihre Standorte. Die Durchsetzung auch dieser Forderungen der Friedensbewegung wäre ein Teil des Politikwechsels, den die SPD auch bei diesen Landtagswahlen allgemein einfordert.

Wir, die hier stehen, wissen: die Voraussetzung, um politische Verhältnisse zu verändern, ist, die Mehrheitsmeinung zu gewinnen, die Menschen zu mobilisieren und außerparlamentarischen Druck zu erzeugen. Wir sollten zur Wahl gehen und auswählen, aber nicht, um unsere Stimme abzugeben; denn diese Stimme benötigen wir zum Beispiel bei Diskussionen oder bei Demonstrationen. Politiker der Landesregierung entscheiden nicht stellvertretend für uns. Das müssen wir schon selber tun!

Wir erheben unsere Stimme zum Beispiel bei den jährlichen Ostermärschen.

Unser Ziel ist es dabei nicht, Mitbürgerinnen und Mitbürger das Osterfest zu vermiesen - im Gegenteil, wir bereichern das Osterfest durch eine lebhafte Demonstration, ein spannendes Kinderfest und eine interessante Diskussion auf der Batavia.

Wir bleiben dabei: auf den Straßen und den Plätzen ist die Forderung nach "Frieden jetzt" wichtiger denn je. Es geht um die Zukunft!



E-Mail: sehr-elmshorn (at) t-online (Punkt) de
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