Ostermärsche und -aktionen 2012

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06.04.2012


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Ostermärsche und -aktionen 2012

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Redebeitrag für den Ostermarsch 2012 in Ellwangen am 7. April

Gemeinsam aktiv für Menschenrechte - Gegen Waffenhandel

Paul Russmann (in Ellwangen)



- Sperrfrist: 7. April, Redebeginn: ca. 11 Uhr -

- Es gilt das gesprochene Wort -



Liebe Freundinnen und Freunde des Friedens,

jede Minute stirbt ein Mensch durch Waffengewalt. Das sind eine halbe Millionen Menschen jedes Jahr. Zwei Patronen pro Mensch werden jährlich produziert. Patronen für den Tod aus dem Schwarzwald. Für den Tod aus sogenannten Kleinwaffen, Waffen die von einer oder zwei Personen getragen werden können. Zum Beispiel für das G-36 Gewehr der Firma Heckler und Koch aus Oberndorf. 8.710 G-36 Gewehre lieferte Heckler & Koch zwischen 2005 und 2007 nach Mexiko. "Schnell, präzise und durchschlagskräftig. So bewirbt die schwäbische Firma das Gewehr. Das Gewehr sei "optimal in der Handhabung, im Gewicht und der Feuerdichte im Nahkampf."

Drogenkrieg, gewalttätige Banden und Sicherheitskräfte, die immer wiedeer brutal gegen Oppositionelle und Indigene vorgehen: Mexiko gehört zu den gefährlichsten Ländern der Welt.

Vielleicht starben die mexikanischen Studenten Echeverria und Herrea Pino durch Kugeln aus den schwäbischen Sturmgewehren, als sie sich am 12. Dezember vergangenen Jahres zusammen mit 300 Mitstudentinnen und Mitstudenten an einer Straßenblockade auf einer Autobahn beteiligten und dort für bessere Lernbedingungen protestiert und für den Erhalt ihrer Universität kämpften. Möglicherweise wurde auch auf die Mexikanerin Norma Andrade mit deutschen Waffen geschossen als Unbekannte versuchten, die mexikanische Frauenrechtsaktivistin umzubringen. Ständig kommen in Mexiko Menschen um, weil sie von Kriminellen, Polizisten oder Soldaten angegriffen werden.

Die Lage hat sich in Mexiko in den letzten fünf Jahren deutlich verschlechtert, bestätigt der Jahresbericht 2011 von Amnesty International. Doch die Bundesregierung zeigt, welch geringe Rolle sie den Menschenrechten und ihren eigenen politischen Richtlinien zumisst, wenn es um Waffenexporte geht. Sie erklärte im Dezember 2011: "Eine vollständige Einstellung von Waffenlieferungen ist gegenüber Mexiko derzeit nicht beabsichtigt."

Geschlossene Grenzen für Armuts-, Kriegs- und politische Flüchtinge, offene Grenzen für grenzenlose Waffenexporte und Rüstungslieferungen an fast jeden der zahlen kann - unter diesem Motto steht die intransparente und undemokratische Rüstungsexportpolitik der vergangenen und gegenwärtigen Bundesregierungen:

Egal ob rot-grün,rot-schwarz oder schwarz-gelb: Alle haben mit ihren Lieferungen entscheidend dazu beigetragen, Öl ins Feuer bestehender Konflikte zu gießen und den weltweiten Rüstungswettlauf und die damit verbundene Kriegsgefahr in unverantwortlicher Weise weiter anzuheizen.

So hat das Daimler Werk im badischen Wörth mit Genehmigung der Bundesregierung das lybische Regime unter Präsident Gaddafi 2009 und 2010 mit 25 Militärtrucks, Typ: Actros beliefert (Wert: 7,5 Millionen Euro). Die libysche Armee benutzte im März 2011 Daimler Actros 4860 Panzertransporter für ihren Vormarsch gegen die Aufständischen in Richtung Bengazi.

Deutschland liegt hinter den USA und Russland weltweit an dritter Stelle der Waffenlieferanten mit einem Weltmarktanteil um die zehn Prozent.

Kriegsschiffe nach Angola, Kampfpanzer nach Saudi-Arabien, Kleinwaffen nach Indien: Drei Beispiele beabsichtigter deutscher Rüstungslieferungen in Krisen- und Kriegsregionen. Drei Beispiele für Länder, in denen auch Menschenrechte verletzt werden.

"Strategische Partnerschaft" und "Stabilität" sind die Schlagworte, mit denen Bundeskanzlerin Angela Merkel die Geschäfte mit Menschenrechtsverletzern und Diktatoren rechtfertigt. Allein 2010 wurden Rüstungslieferungen in knapp 50 Länder genehmigt, in denen die Menschenrechtssituation bedenklich ist und/ oder interne Gewaltkonflikte drohen.

Und viele dieser schon mehr als bedenklichen Rüstungsexporte werden noch mit sogenannten Hermes-Bürgschaften abgesichert - das heißt wenn der Empfänger nicht zahlen kann - garantieren wir mit unseren Steuergeldern für die Kriegsprofite der Rüstungsfabrikanten. Indien, Südkorea und Pakistan sind weltweit in den letzten fünf Jahren zu den drei größten Empfängerländern von Rüstungsexporten aufgestiegen.

Die Lieferung von Waffen und Ausrüstung zur Kriegsführung sowie zur innerstaatlichen Unterdrückung an Regimes im Nahen/Mittleren Osten und Nordafrika ebenso wie an Diktaturen und in Spannungsgebiete in anderen Weltregionen ist nach meiner Überzeugung der größte permanente Skandal deutscher Außenpolitik und Außenwirtschaftspolitik.

Nicht nur, weil diese deutschen Exporte mitverantwortlich sind für den Tod, die lebenslange Verstümmelung, gewaltsame Unterdrückung oder Folter von hunderttausenden Menschen in aller Welt. Sondern auch, weil die Ausgaben der Empfängerländer der deutschen Waffen und Unterdrückungsinstrumente den Staatshaushalten dieser Länder kostbare Ressourcen entziehen für die soziale und wirtschaftliche Entwicklung. So kaufte Indien 2011 für 2,8 Milliarden Euro Waffen obwohl 53 Prozent der Haushalte über keine Toilette verfügen.

Doch die Bundesregierung und die deutsche Rüstungsindustrie wollen in den nächsten Jahren noch mehr Waffen exportieren. Ohne Rüstung Leben dagegen will das Geschäft mit dem Tod beenden und die Waffenexporte stoppen.

Mit dem größten gesellschaftlichen Bündnis der Zivilgesellschaft das es je in der Bundesrepublik gab fordern wir jetzt den Stopp des Waffenhandels. Wir geben Opfern und Zeugen eine Stimme und den Tätern Name und Gesicht. Wir - zahlreiche zivilgesellschaftliche Organisationen aus der Friedensbewegung, der Entwicklungszusammenharbeit und den Kirchen wollen dass der Export von Waffen und Rüstungsgütern grundsätzlich nicht mehr erlaubt wird und eventuelle Rüstungslieferungen wie z. B. der Export eines Minenräumbootes mit einem Genehmigungsvorbehalt ausgestattet wird.

Und was sagen wir, wenn jemand sagt, was nützt es wenn wir nicht liefern, dann liefern andere. Ja, das könnte zumindest in Teilbereichen so sein. Doch der Atomausstieg zeigt: Ein Paradigmenwechsel ist möglich. Wir können vorangehen mit einem grundsätzlichen Rüstungexportverbot und damit Initiator für einen neuen Prozeß weltweiter konventioneller Abrüstung zu werden.

Mir macht Mut, dass in einer Emnid-Umfrage sich drei Viertel der Bevölkerung für ein Exportverbot ausssprechen. Ich möchte Sie liebe Freundinnen und Freunde des Friedens, ermutigen, die heute hier bei diesem nasskalten Wetter Flagge zeigen, sich insbesondere in den nächsten Wochen und Monaten mit Briefen, Telefonaten und Besuchen den politischen Druck auf ihre Abgeordneten zu verstärken, die Auslieferung des Leopard-Kampfpanzers an Saudi-Arabien zu verhindern.

Ich wünsche Euch, Ihnen und mir viel Kraft, einen langem Atem und auch viel Freude und Freunde im Einsatz für den Frieden.



Paul Russmann ist Referent für Friedensarbeit der ökumenischen Aktion Ohne Rüstung Leben.

E-Mail: orl-russmann (at) gaia (Punkt) de
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