Ostermärsche und -aktionen 2012

update:
07.04.2012


 voriger

 nächster

Ostermärsche und -aktionen 2012

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Redebeitrag für den Ostermarsch 2012 in Ausgburg am 7. April

Liebe Freundinnen und Freunde,

Klaus Länger (in Augsburg)



- Sperrfrist: 7. April, Redebeginn: ca. 12 Uhr -

- Es gilt das gesprochene Wort -



mein Name ist Klaus Länger und ich spreche hier für die Augsburger Friedensinitiative und für die Gruppe Augsburg der Deutschen Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK).

Der Aufruf des diesjährigen Ostermarschs steht unter der Überschrift "Rüstungsexporte stoppen - Kriege beenden". Eigentlich gehören noch die zwei Worte "Kriege verhindern" dahinter, dazu aber später mehr.

Erst einmal zum Thema "Rüstungsexporte verhindern":

Deutschland ist nach den USA und Russland der drittgrößte Waffenexporteur weltweit. Neben so genannten Großwaffen werden besonders Kleinwaffen, also Pistolen und Gewehre, in alle Welt verkauft. Dabei hat die Bundesregierung - und auch die Bundesregierungen davor - wenig Skrupel den Verkauf dieser Waffen auch an Diktaturen oder in Krisenregionen zu gestatten. So kaufte zum Beispiel Libyen in den Jahren 2004 bis 2008 in Deutschland Rüstungsgüter ein. Aber zu dieser Zeit galt Gaddafi ja auch noch nicht als blutrünstiger Diktator, sondern nur als ein etwas durchgeknallter aber nützlicher Autokrat, der Europa die Flüchtlinge aus dem südlichen Afrika vom Hals hielt.

Kleinwaffen: Das klingt erst mal harmlos. Tatsächlich geht aber der Großteil aller Toten in Kriegen, Bürgerkriegen oder lokalen Konflikten auf das Konto dieser Waffen - und es sind vor allem Zivilisten, die mit diesen Waffen ermordet werden. Und deutsche Waffen sind hier immer mit dabei. Entweder in Deutschland hergestellt oder aus einer Lizenzproduktion in anderen Ländern gefertigt. Fachleute schätzen, dass alleine durch Gewehre und Pistolen der Waffenschmiede Heckler & Koch nach dem Zweiten Weltkrieg weit mehr als eine Million Menschen ihr Leben verloren haben.

Und was die Großwaffen angeht: Ein besonders menschenverachtendes Beispiel ist der geplante Verkauf von Leopard-2-Panzern an Saudi Arabien. Im Sommer 2011 hat der Bundessicherheitsrat in geheimer Sitzung unter Führung von Bundeskanzlerin Merkel und Vizekanzler Rösler den Transfer von 270 Panzern des Typs LEOPARD 2 A7+ an die saudische Armee genehmigt. Diese Panzer sollen in einer speziellen Version für den urbanen Häuserkampf geliefert werden. Wenn dieser Waffenhandel nicht verhindert wird, dann kann die saudische Armee in Zukunft noch effektiver gegen eine Demokratiebewegung vorgehen, die dem Westen nicht ins Kalkül passen - so wie vergangenes Jahr in Bahrain. Aber schon vorher konnte das autokratisch regierte Saudi Arabien nach Herzenslust alle Waffen einkaufen, das die dortigen Militärs haben wollten - von der Pistole bis zum Eurofighter.

Ein weiterer Großwaffenexport, der in die breitere Öffentlichkeit gelangte, ist die Lieferung von U-Booten an Israel. Diese Boote können atomar bewaffnete Marschflugkörper abfeuern und tragen damit dazu bei, die Lage im Nahen Osten noch mehr zu destabilisieren. Aber auf das Thema Iran und Atomwaffen wird Jost Eschenburg von Pax Christi in seiner Rede eingehen.

Um Waffenlieferungen aus Deutschland in Zukunft zu verhindern, unterstützt die AFI die Forderung der Aktion Aufschrei nach der Aufnahme eines Rüstungsexportverbots ins Grundgesetz. Ihr alle könnt Euch an der Unterschriftenaktion dafür beteiligen, damit der Verkauf von deutschen Mordwaffen in alle Welt endlich gestoppt wird. Weiteres Infomaterial dazu gibt es am AFI-Stand hier auf dem Rathausplatz und im Web unter www.aufschrei-waffenhandel.de. Am 2. Juli 2012 beginnt eine UN-Konferenz, auf der ein Vertrag zur Kontrolle des internationalen Waffenhandels (ATT - Arms Trade Treaty) ausgehandelt werden soll, für uns ein weiterer Grund, hier nicht locker zu lassen. Auch Amnesty International hat anlässlich der Konferenz eine Kampagne unter dem Motto "Hände hoch für Waffenkontrolle" gestartet.

Das Verbot von Rüstungsexporten trägt zwar auch dazu bei, Kriege zu verhindern, in diesem Teil meiner Rede geht es aber um die ganz konkrete Gefahr eines Krieges und zwar in Syrien.



Liebe Freundinnen, liebe Freunde,

oft hört oder liest man, dass ein Krieg ausgebrochen sei. Kriege sind aber keine Naturkatastrophen wie ein Vulkan, der ausbricht. Kriege werden geführt um damit politische oder wirtschaftliche Interessen der Eliten eines Landes durchzusetzen. Dazu zähle ich auch innenpolitische Interessen, also das Führen eines Krieges um ein patriotisches Wir-Gefühl im eigenen Lande zu erzeugen, um so von inneren Problemen abzulenken, oder die Hoffnung, durch Teilnahme an einem Krieg internationales Renommee zu erlangen.

Kriege werden gemacht indem man Meinung macht. Und Meinung macht man an besten, indem man statt komplizierter Sachverhalte einfache Schwarz-Weiß-Muster präsentiert. Wie das funktioniert, haben wir an den Beispielen Jugoslawien, Irak und Libyen erlebt: Milosevic, Saddam oder Gaddafi wurden als Schlächter, Mörder oder Irre tituliert, denen ausschließlich mit Gewalt beizukommen sei, Alternativen zu einem Krieg - verharmlosend Militärschlag genannt - gebe es daher nicht.

Dass es Kriegsverbrechen von serbischer Seite gab, ist klar, dass Saddam und Gaddafi Diktatoren waren auch. Dass die Wirklichkeit komplizierter ist als mediale Propaganda, sollte aber auch klar sein. Nämlich dann, wenn man sich bewusst macht, dass angeblich alternativlose Kriege bewusst gewollt wurden und wenn man sich vor Augen führt, welche Folgen sie für die Menschen in den betroffenen Ländern hatten: Tod, Vertreibung, wirtschaftlicher Niedergang, das Auseinanderbrechen politischer Strukturen und oft genug neue Konflikte mit neuer Gewalt.

Das kann man derzeit wieder an Libyen sehen, das ja noch als "Erfolg" der NATO gepriesen wird und man wird es in Syrien erleben, wenn denen freie Hand gelassen wird, die das Land in einen Bürgerkrieg treiben wollen.

Damit wir uns richtig verstehen: Ich halte Syrien für einen autokratischen Polizeistaat, in dem die Geheimdienste das Sagen haben. Und es war die Regierung, die zuerst Gewalt gegen friedliche Demonstranten angewandt hat, die demokratische Rechte einforderten. Diesen Oppositionellen gehört auch meine Sympathie und vor ihrem Mut habe ich Hochachtung. Ich beziehe mich da auf die Journalistin Karin Leukefeld, die noch bis vor kurzem in Syrien war. Frau Leukefeld war am 27. März in Augsburg und hielt einen Vortrag über die Situation in Syrien. Sie machte darin klar, dass es verschiedenste Oppositionsgruppen in Syrien gibt, bis hinein in die regierende Baath-Partei, und dass die meisten dieser Gruppen einen bewaffneten Widerstand ablehnen und auch keine Einmischung ausländischer Regierungen wünschen. Und sie hat auch dargelegt, dass inzwischen auch mehr als 2000 syrische Polizisten und Soldaten ums Leben gekommen sind, seit sich ein Teil der syrischen Oppositionsbewegung bewaffnet hat und durch Deserteure unterstützt wird. Eine Tatsache die in unseren Mainstreammedien kaum erwähnt wird. Ebenso wenig die Repressionen bewaffneter, den Muslimbrüdern nahestehende Oppositionsgruppen, gegen christliche oder alawitische Syrer, denen Nähe zur Assad-Regierung vorgeworfen wird.

Als politischer Arm der bewaffneten Opposition in Syrien sieht sich der in Istanbul ansässige "Syrische Nationalrat". Er wird wiederum von den so genannten "Freunden Syriens", einer Gruppe von 60 Staaten und zehn Organisationen. Ihr gehören neben den Golfstaaten und der Türkei auch alle an einem Regimewechsel interessierten westlichen Staaten, unter anderem die USA, Frankreich, Großbritannien sowie Deutschland, nicht aber Russland und China. Gleich beim ersten Treffen Ende Februar 2012 verschaffte man sich einen genehmen Ansprechpartner, indem der "Syrische Nationalrat" in der Abschlusserklärung des Treffens als "ein legitimer Repräsentant" des syrischen Volkes anerkannt wurde. Deren Vertreter tauchen nun auch ständig in westlichen Medien auf und lehnen jegliche Verhandlungen mit der syrischen Regierung ab. Von großen Teilen der Opposition in Syrien wird der "Syrische Nationalrat" aber keineswegs als Repräsentant angesehen.

Teile der "Freunde Syriens", nämlich Saudi-Arabien, Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate, versuchen nun im Gespann mit dem "Syrische Nationalrat" nach Kräften, den aktuellen Friedensplan von Kofi Annan für Syrien zu torpedieren, der zunächst einen Waffenstillstand erreichen will. Die genannten Golfstaaten wollen dem Nationalrat bis zu 100 Millionen US-Dollar für Waffen und für die Besoldung der Kämpfer in Syrien bereitstellen. Von den westlichen Staaten unter den "Freunden Syriens" ist hier keine Kritik zu hören, dafür werden aber die Verfassungsänderung und die geplanten Wahlen in Syrien von vorn herein als Ablenkungsmanöver des Assad-Regimes abqualifiziert statt sie als Chance für Verhandlungen zu nutzen. Und der Großteil der hiesigen Medien stimmt das gleiche Lied an.

Offiziell erklären die westlichen Staaten, dass sie einen Einsatz ihres Militärs gegen Syrien nicht in Betracht ziehen. Ich befürchte aber, dass wir, wenn der Waffenstillstand scheitert und der Bürgerkrieg weiter eskaliert, schnell an den Punkt kommen, an dem es heißt, es gebe keine Alternative zu Luftangriffen um die Zivilbevölkerung zu schützen. Und dann die NATO nach Libyen erneut als Luftwaffe für Rebellen fungiert, um einen missliebig gewordenen Autokraten zu beseitigen.

Wir fordern dagegen eine klare Absage an alle Gedankenspiele über eine militärische Intervention; den Ausstieg aus dem Sanktionsmechanismus und stattdessen ein allgemeines Waffenembargos für die Staaten des Nahen und Mittleren Ostens. Dies schließt Schützenpanzer in die Vereinigten Emirate genauso ein wie Kampfpanzer nach Saudi-Arabien oder U-Boote nach Israel. Syrien, braucht humanitäre Hilfe, allerdings ohne irgendeinen "militärischen Begleitschutz". Weiter fordern wir einen sofortigen Abschiebestopp für Flüchtlinge aus Syrien; ihnen kommt der Status von Kriegsflüchtlingen zu und sie fallen somit unter die Genfer Flüchtlingskonvention.

Die Annahme des Plans des UN-Vermittlers Kofi Annan durch die syrische Regierung, welcher eine Waffenruhe, den Rückzug der syrischen Sicherheitskräfte aus den Städten und den Beginn eines umfassenden Dialogs vorsieht, weckt die Chance auf ein Ende der Gewalttätigkeiten - jedoch nur dann, wenn die bewaffnete syrische Opposition einwilligt. Hier ist die Bundesregierung gefordert, ihren Einfluss auf den "Syrischen Nationalrat" geltend zu machen.

Vielen Dank



E-Mail: info (at) augsburger-friedensinitiative (Punkt) de

Website: www.augsburger-friedensinitiative.de
 voriger

 nächster




       


Bereich:

Netzwerk
Die anderen Bereiche der Netzwerk-Website
        
Themen   FriedensForum Termine   AktuellesHome