Ostermärsche und -aktionen 2012

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07.04.2012


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Ostermärsche und -aktionen 2012

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Redebeitrag für den Ostermarsch Ruhr 2012 in Dortmund am 9. April

Rüstung tötet schon im Frieden (*)

Manfred Sträter (in Dortmund)



- Sperrfrist: 9. April, Redebeginn: ca 12 Uhr -

- Es gilt das gesprochene Wort -



Liebe Freundinnen und Freunde,

Nach Angaben der FAO aus September 2010 hungern weltweit 925 Mio. Menschen. In jedem 6ten Land der Erde ist die Hungersituation sehr ernst. 195 Mio. Kinder unter 5 Jahren sind zu klein für ihr Alter und damit unterentwickelt. Jährlich sterben etwa 2,2 Mio. Kinder an den Folgen von Mangel und Unterernährung.

Das sind 6.027 Kinder täglich.

Jede Minute stirbt ein Mensch durch Waffengewalt, das sind 1.440 Mensche täglich.

100.000de Andere werden mit Waffen bedroht, unterdrückt und verletzt.

Ende Februar diesen Jahres veröffentlichte das Stockholmer Friedensforschungs-institut Sipri: Die weltweit führenden Rüstungskonzerne haben letztes Jahr trotz der Krise gut Geschäfte gemacht. Die Umsätze stiegen um 1% auf rund 411,1 Mrd. US $. Dominiert wird der Waffenhandel von Konzernen in den USA und in Westeuropa. Deutschland nimmt dabei eine führende Stellung ein.

Und die deutschen Lieferanten verdienen kräftig.

Beispiel Griechenland: In den vergangenen 10 Jahren wurden Waffen im Wert von mehr als 11. Mrd. US $ von den Griechen importiert. Ein Drittel davon aus Deutschland. Auf den Kauf von 2 weiteren neuen U-Booten (Kosten betragen etwa 1,3 Mrd. Euro) will auch die neue Regierung nicht verzichten.

Trotz des riesigen Schuldenbergs und der drohenden Staatspleite. Der Militärhaushalt in Griechenland ist mit 3,1 % fast doppelt so hoch wie im Durchschnitt der europäischen Staaten. Mit seinen 11 Mio. Bewohnern hat Griechenland 156.000 Soldaten und damit nur etwas weniger als Deutschland mit 82. Mio. Einwohnern.

Warum diese militärische Hochrüstung?

Angeblich wegen der militärischen Macht des Nachbarn Türkei und weil es ein "strategisches Gleichgewicht" geben müsse. Wahrscheinlich ordert die türkische Marine nun auch U-Boote und wenn die Griechen deutsche Panzer kaufen, verdoppeln die Türken ebenfalls ihren Einsatz und wiederum verdienen deutsche Lieferanten kräftig daran.

Auch die Türkei kann sich ihre extrem hohen Rüstungsausgaben eigentlich nicht leisten.

Beide Staaten sind übrigens Mitglied der NATO. Zwei Länder in einer sogenannten Verteidigungsgemeinschaft. Die Nato verhindert offensichtlich weder militärisches Wettrüsten noch Konflikte zwischen den Mitgliedern.

Hat eigentlich irgendjemand mal davon gehört, dass sich unsere Bundeskanzlerin dafür einsetzt, dass die Militärausgaben in Griechenland eingeschränkt werden,

um stattdessen Arbeitsplätze zu schaffen,

um auf die drastischen Einschnitte im sozialen Bereich,

um auf die Kürzungen bei Mindestlohn, Arbeitslosenhilfe, Renten und Löhnen,

um auf die Entlassung von 150.000 Staatsbediensteten zu verzichten?

Wenn Kanzlerin einmal damit anfängt, könnte sie gleich in Portugal, Spanien und Italien weitermachen.

Alle Staatsausgaben Griechenlands sollen aber zugunsten der Geldverleiher und Spekulanten gekürzt werden. Für die Militärausgaben gibt es dagegen keine vergleichbaren Vorgaben. Bei der Vergabe von EU-Krediten war und ist eine Verwendungssperre für neue Rüstungsgüter nicht vorgesehen.

Übrigens: Ist es in Griechenland ausgeschlossen, dass so wie im Nahen Osten, gegen Streikende und Demonstrierende Waffen eingesetzt werden, wenn die die Durchsetzung der Forderungen aus Deutschland oder Europa bedrohen?

Kapitalinteressen werden häufig mit Gewalt durchgesetzt.

Aus dem Bundeshaushalt für das Jahr 2011erhielt das Bundesministerium der Verteidigung offiziell knapp 32 Milliarden Euro, was ca. 11% des Gesamthaushaltes der Bundesrepublik Deutschland entsprach. 33% davon für Militärische Beschaffungen, Anlagen usw. (10,43 Milliarden Euro,)

Was haben wir für PolitikerInnen gewählt, die uns gebetsmühlenartig einzureden versuchen, wir dürften keine öffentlichen Schulden machen, weil wir damit auf Kosten unserer Kinder lebten?

Gleichzeitig aber gewaltige öffentliche Schulden machen und unseren Kindern die Zukunft mit Kriegsgerät verbauen, statt dringend benötigte Gelder in Bildungsmöglichkeiten für alle Kinder zu investieren. Pisa verlangt nach Kindergärten und -horten, die keine Aufbewahrungsanstalten sind, sondern Entwicklungschancen bieten, unabhängig vom Einkommen und Kontostand der Eltern. Geld für Schulen und Hochschulen, für Kindergärtner, Lehrer und Hochschullehrerinnen, für Altenheime, öffentlichen Nahverkehr und vieles andere, was uns und unseren Kindern und Enkeln nützt und sie reicher macht und die Umwelt schont - das wäre eine zukunftsorientierte Tagesordnung, für 2020 ff.

Anfang 2003 hat der Bundestag entschieden dass für die Anschaffung von 60 Militärflugzeugen 8,3 Mrd vergeudet werden sollten.127,6 Millionen Euro wird sollte einzige dieser Maschinen kosten, deren Zweck es ist, Angriffstruppen und Todesgerät an den Hindukusch oder in andere Gegenden der Welt zu bringen, bis zu 7250 Kilometer von unseren Landesgrenzen entfernt. Rüstungskonzerne wie Airbus, EADS, MTU, nicht unsere Kinder, davon profitieren.

Wenige Monate später ließ der Minister für Kriegsgerät verlautbaren, dass die 60 Transportmaschinen die Steuerzahler zehn Prozent mehr kosten werden, nämlich 8,332 Milliarden Euro. Die Differenz von 680 Millionen Euro entstehe durch die private Vorfinanzierung. Denn erstmals konnte eine bundesdeutsche Regierung die laufend anfallenden Kosten eines Rüstungsprojektes nicht selbst finanzieren und nahm deswegen bei den A400M-Herstellern einen Zwischenkredit auf.

Die Kosten der Vorfinanzierung, die Zinsen also, an denen sich die Konzerne oder Banken bereichern, hätten gereicht um mehreren zehntausend Langzeitarbeitslosen zu helfen. Für Arbeitslose ist es viel, für die Vorfinanzierung eines Kriegstruppentransporters aber scheinen 680 Millionen Euro ein Pappenstiel zu sein.

2010 erschreckten neue Kostensteigerungen in Milliardenhöhe die Öffentlichkeit.

Die Bundeswehr reagierte:



Deutschland bestellt 53 statt wie geplant 60 Maschinen; die übrigen sieben Bestellungen werden in eine Option umgewandelt



die Bundeswehr verzichtet auf die geforderte vollautomatische Tiefflugfähigkeit des A400M. "Mit diesen Maßnahmen wird der deutsche Anteil an der Preiserhöhung von rund 670 Millionen Euro kompensiert."


Bei den Rechenkunststücken von Ministern und Konzernvorständen sind allemal Zaubertricks dabei.

Rüstungskonversion dagegen, also die Umstellung von Rüstungsproduktion auf zivile Produktion, ist kein Hexenwerk mehr. Längst ist bekannt, dass ein Arbeitsplatz im Sozialwesen mit einem Drittel des Geldes zu finanzieren ist, das ein Rüstungsarbeitsplatz kostet. Wäre es also nicht vernünftiger, sozialer, umweltfreundlicher, beschäftigungswirksamer, zukunftweisender, statt der militärischen Transportflugzeuge Altenpflegeheime zu bauen? Statt Kampfflugzeugen Sozialwohnungen? Oder anstelle von Militärhubschraubern Schulen und Kindergärten?

Gewiss, dafür sind die Beschäftigten in der Rüstungsindustrie nicht ausgebildet. Aber heute ist überall in der Wirtschaft lebenslanges Lernen angesagt.

Das alles ist freilich nicht von heute auf morgen möglich. Ein Konzept muss her, ein bundesweites Konversionsprojekt. Das Umlernen kostet Geld - aber Geld ist genug da. Geben wir es für Konversionsprogramme statt für Hochrüstung aus. Das hätte den Effekt, dass wesentlich mehr - weil preisgünstiger zu finanzierende - Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst entstünden. Die Probleme unserer Sozialkassen, im Wesentlichen verursacht durch die hohe Arbeitslosigkeit, würden sich verringern.

Deutschland hat ringsum keine Feinde. Abrüstung ist daher dringend geboten. Konversion in der Rüstungsindustrie und weiterer sozialverträglicher Abbau der Bundeswehr wären sinnvolle Schritte. Damit einhergehen muss eine Entmilitarisierung der EU. Wir brauchen eine Europäische Verfassung, die sich auf eine zivile Friedenspolitik zur Lösung von Interessenkonflikten konzentriert. Eine EU-Armee brauchen wir nicht.

Was tun?

Unterstützen wir die Aktivitäten

der Aktion Aufschrei:

Ziele der aktion Aufschrei gegen Rüstungsexporte sind:

Aus der Zivilgesellschaft heraus Druck gegen die deutsche Praxis des Rüstungsexportes aufbauen und Alternativen zur Rüstungsproduktion aufzeigen;

eine grundsätzliche Veröffentlichungspflicht aller geplanten und tatsächlich durchgeführten Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern durchsetzen, um öffentliche Diskussionen und parlamentarische Entscheidungen überhaupt zu ermöglichen;

die Aufnahme eines grundsätzlichen Verbotes von Rüstungsexporten durch eine Klarstellung des Grundgesetzartikels 26(2).

und von amnesty international: Hände hoch für Waffenkontrolle!

Amnesty International setzt sich seit Jahren beharrlich für strenge internationale Regeln zur Kontrolle des Waffenhandels ein. 2009 beschlossen die UNO-Mitgliedstaaten endlich, dass es Zeit ist für einen weltweit gültigen Vertrag zur Kontrolle des Waffenhandels. Für den Export und Import von Rüstungsgütern sollen "höchstmögliche gemeinsame internationale Standards" gelten. 2012 kann dieser Vertrag in der UNO beschlossen werden - eine historische Chance.

Deshalb fordern wir strikte Regeln für den Waffenhandel.

Keine Waffen für Menschenrechtsverletzungen: Die Lieferung von Rüstungsgütern darf nicht genehmigt werden, wenn damit schwere Verletzungen der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts begangen werden können oder die Armutsbekämpfung in den Empfängerländern gefährdet wird.

Keine Ausnahmen: Alle Arten von konventionellen Rüstungsgütern - Waffen, Munition, Bauteile, Motoren, Technik - müssen von dem Vertrag erfasst sein.

Strikte Kontrollen: Jede Waffenlieferung muss vorab geprüft und genehmigt werden. Illegaler Waffenhandel muss konsequent bestraft werden. Alle Staaten müssen ihre Rüstungsexporte und -importe transparent machen.



(*) Rüstungsausgaben im "3.Reich" von 1933-39 von 1% auf 23% des BIP erhöht



Manfred Sträter ist Gewerkschaftsekräter der Gewerkschaft "Nahrung-Genuss-Gaststätten", Region Dortmund.

E-Mail: region (Punkt) dortmund (at) ngg (Punkt) net

Website: www.ngg-dortmund.de
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