Ostermärsche und -aktionen 2012

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10.04.2012


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Ostermärsche und -aktionen 2012

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Redebeitrag für den Ostermarsch 2012 in Bruchköbel am 6. April

Liebe Freundinnen und Freunde,
Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,

Robert Weißenbrunner (in Bruchköbel)



- Es gilt das gesprochene Wort -



am heutigen Karfreitag jährt sich exakt der 6. Jahrestag der Ermordung von Yozgat Halit.

Yozgat wurde am 06.04.2006 in seinem Internet Cafe in Kassel von der NSU erschossen. Er steht stellvertretend für hunderte von Opfern rechter Gewalt in den letzten Jahren.

Und er steht stellvertretend für die bis heute nicht abschließend aufgeklärte Rolle der Behörden und insbesondere des Verfassungsschutzes.

Wir Antifaschisten haben in den letzten Jahren nicht locker gelassen im Kampf gegen Neonazis und ihre Strukturen, sei es hier in Bruchköbel, in Hessen oder ganzen Republik.

Fu"r uns bleibt der Kampf gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus und Ausla"nderfeindlichkeit eine gemeinsame zentrale Aufgabe.

Dazu geho"rt auch die Beka"mpfung des Rechtsextremismus in seiner organisierten Form.

Wir fordern deshalb die schonungslose Aufklärung der NSU-Morde sowie ein Verbot der NPD und aller faschistischen und neo national sozialistischen Organisationen sowie ihrer Tarnvereine.

Wir wollen nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg.

Afghanistan

In Afghanistan herrscht weiter ein Krieg, dessen Ende immer noch nicht absehbar ist. An diesem Krieg sind der Westen und die Bundeswehr direkt beteiligt.

An jedem Tag, den dieser Krieg noch dauert, verlieren Menschen ihr Leben und ihre Gesundheit.

Wir alle kennen die Bilder über die Verrohung des Krieges in Afghanistan. Ein US-Soldat lief Amok und tötet 16 Menschen - Frauen und Kinder.

Wir kennen auch die Bilder von Protesten gegen die Koranverbrennung in Afghanistan und dem Absturz eines ISAF-Hubschraubers mit 12 Toten.

In allen Provinzen des Landes protestieren Afghanen gegen die NATO-Truppen und fordern ein Ende der Besatzung.

Der afghanische Präsident Karsai fordert die NATO auf, das Land bis 2013 zu verlassen und die 130.000 ausländischen Soldaten aus Afghanistan abzuziehen.

Bei der NATO und auch im deutschen Verteidigungsministerium geht man aber davon aus, dass man 2014 die Kampftruppen und damit noch lange nicht alle Soldaten abziehen könnte.

Allerdings formuliert man das immer mit der Einschränkung: Wenn es die Lage erlaubt.

Die Spirale der Gewalt in Afghanistan muss endlich durchbrochen werden. Mehr ausländische Truppen bewirken mehr Widerstand.

Mehr Widerstand wird wieder beantwortet mit mehr Truppen und noch moderneren Waffen.

Über zehn Jahre schon geht das so. Der Krieg wird von einer Etappe zur nächsten getrieben.

Die Bevölkerung in unserem Land will in ihrer großen Mehrheit, dass die Bundeswehr endlich aus Afghanistan abgezogen wird.

Auch in den USA stehen die Menschen inzwischen deutlich kritischer zu diesem Einsatz.

Die Bundesregierung spricht nicht für die Mehrheit der Bevölkerung dieses Landes, wenn sie immer wieder sagen, dass deutsche Soldaten in Afghanistan bleiben.

Wir sprechen für die Mehrheit der Bevölkerung.

Merkel, Westerwelle und de Maiziere müssen endlich einen Abzugsplan vorlegen.

Jeder Tag, den die Bundeswehr in Afghanistan bleibt, ist einer zu viel.

Die Bundeswehr muss sofort abziehen - unabhängig davon, ob die USA ihre Einsatztruppen dort lässt.

Die Frage, die bis heute nicht offen und ehrlich von den Verantwortlichen beantwortet: Was will Deutschland mit seiner Verteidigungsarmee am Hindukusch?

Wir wissen eines sicher: Die Sicherheit Deutschlands wird dort nicht verteidigt.

Ex-Bundespräsident Horst Köhler hat sein Hut genommen, als er ehrlich und öffentlich über die Sicherung deutscher Wirtschaftsinteressen im Afghanistan-Einsatz gesprochen hat.

Ex-Verteidigungsminister Rudolf Scharping sagte das noch deutlicher. Deutschland könne eine Region, in der 70 Prozent der Erdölreserven und 40 Prozent der Erdgasreserven der ganzen Welt liegen nicht einfach links liegen lassen.

Auch wenn es mir schwer fällt die beiden genannten Persönlichkeiten als Referenz heranzuziehen, aber am Hindukusch wird nicht unsere Sicherheit sondern Deutsche Wirtschaftsinteressen und auch die Interessen der deutschen Rüstungsindustrie verteidigt.

Die deutsche Rüstungsindustrie hat laut Frankfurter Rundschau 2011 Waffen im Gesamtwert von 1,206 Milliarden US-Dollar exportiert.

Das sind 9 Prozent des weltweiten Waffenhandels.

Damit kommt weltweit fast jede zehnte Waffe aus Deutschland. Deutschland liefert ganze Waffenfabriken und Panzer nach Saudi-Arabien. Das Land, dass jetzt sogar angekündigt hat, die syrischen Rebellen aufzurüsten.

Das alles zeigt: Wir brauchen endlich klare Verbote und gesetzliche Regelungen gegen Rüstungsexporte.

Die existierenden politischen Grundsätze reichen nicht aus sind offensichtlich überhaupt keine Hürde für das Geschäft mit dem Tod.

Hände weg von Iran und Syrien

Vor mehr als einem Jahr haben Millionen von Menschen begonnen, ihr Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen - in Tunesien, Ägypten, Jemen, Bahrein, Syrien, Libyen, 2009 schon im Iran.

Sie kämpfen für Würde, Freiheit und soziale Gerechtigkeit.

Diese Bewegungen von unten sind zu begrüßen wir und solidarisieren uns mit ihnen.

Gleichzeitig stellen wir uns aber gegen den Sturz der Regime dieser Länder durch militärische Einsätze der NATO-Staaten und ihrer Verbündeten in der Ölregion.

Als 2003 unter der Führung der USA der Irak angegriffen wurde, sollten die Bevölkerungen in den westlichen Ländern dazu gebracht werden, den Angriff gut zu heißen, indem sie mit der Lüge von irakischen Massenvernichtungswaffen konfrontiert wurden.

Die Ergebnis diese Krieges kennen wir alle: hundertausende mussten sterben, hunderttausende flüchten.

Der Irak ist bis heute gesellschaftlich zutiefst gespalten und zerrissen, die Masse der Menschen lebt immer noch im Elend.

Mit exakt der gleichen Methode wird heute für einen Krieg gegen den Iran mobilisiert.

Selbst wenn der Iran in die Lage wäre, eine Atombombe zu produzieren, muss das nicht heißen, dass er sie auch einsetzt.

Den NATO-Mächten geht es auch im Iran nicht darum, die Unterdrückung der Bevölkerung zu beseitigen.

Die Bevölkerung im Iran weiß sehr genau, wer das brutale Schah-Regime eingesetzt hat, die USA und England.

Es geht im Iran genauso wie in Afghanistan und im Irak allein darum, die aus Sicht der westlichen Mächte unsicheren politischen Verhältnisse in der Ölregion zu beseitigen.

Die NATO versucht nun, die Bemühungen der Diktatoren von der arabischen Halbinsel in Syrien einzugreifen, als Dienst für die Demokratie darzustellen.

Saudi-Arabien, das vor einem Jahr in Bahrein mit Panzern geholfen hat, riesige Proteste niederzuschlagen, ist nicht an Demokratie interessiert, sondern an Stabilität.

Von ihnen haben die Menschen in Syrien keine Befreiung zu erwarten. In Syrien müssen alle bewaffneten Kräfte ihre Kämpfe einstellen und in Waffenstillstandsverhandlungen einwilligen.

Wir unterstützen das Recht der Völker in allen Ländern des Nahen und Mittleren Ostens ihre eigene Zukunft zu bestimmen und demokratische Rechte zu erkämpfen.

Wir sind entschieden gegen jede äußere Einmischung, insbesondere gegen eine militärische Intervention.

Deshalb fordern wir: Keinen Angriff auf den Iran! Hände weg von Syrien sowie eine atomwaffenfreie Zone im Nahen und Mittleren Osten!

UND NICHT NUR DORT:

Gegen Atomkraft und Atomwaffen

Im letzten Jahr mussten wir den 25sten Jahrestag der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl begehen.

Tschernobyl steht nicht allein, in Harrisburgh in den USA hat es bereits 1979 einen atomaren Katastrophenfall gegeben und auch in Europa haben schwere Störfälle stattgefunden.

Diese Fälle bestätigen: Atomkraft ist auch bei höchsten Sicherheitsstandards eine Hochrisikotechnologie.

Absoluten Schutz vor Naturkatastrophen und Störfällen kann kein Sicherheitskonzept garantieren.

Die Folgen für die Menschen sind katastrophal und die betroffenen Regionen leiden für unabsehbar lange Zeit an den Folgen. Mit dem schon heute angehäuften strahlenden Müll aus der Nutzung der Atomenergie belasten wir zukünftige Generationen.

Sicherheits-Checks sind kein ausreichendes Mittel. Wie schnell Modellrechnungen hinfällig werden können, hat in tragischer Weise die Atomkatastrophe in Japan bewiesen.

Auch in Deutschland können Naturkatastrophen, Terroranschläge oder Flugzeugabstürze nicht ausgeschlossen werden. Auch menschliche oder technische Fehler können zu Störfällen führen.

Atomenergie eignet sich nicht als Brückentechnologie, im Gegenteil, sie steht neuen innovativen Lösungen und einem zukunftsfähigen Umbau der Energieversorgung im Weg.

Der Schock von Fukushima sitzt immer noch tief. Die Bilder vom Leid der Menschen nach Erdbeben, Tsunami und Super-GAU sind haften geblieben. Wir dürfen diese Bilder niemals aus unserem Gedächtnis streichen.

Sie mahnen zum Ausstieg und Umstieg.

Mit Atomkraft muss endlich Schluss sein! Überall. Wir brauchen eine Energiewende und das auch überall. In Fukushima, in Deutschland, auf der ganzen Welt.

Und natürlich: Auch Atomwaffen müssen weg. Und zwar auch überall.

Dazu mahnen seit 1945 Hiroshima und Nagasaki und das bis heute andauernde Elend der Menschen dort.

Wir wollen raus aus der Atomenergie und aus allem, was damit angestellt werden kann.

Wir werden weiter gemeinsam für eine atomwaffenfreie Welt kämpfen.

Militarisierung im Inneren stoppen - Bundeswehr raus aus den Schulen

Ob weltweit oder hierzulande auf dem Arbeitsamt in den Schulen oder Hochschulen: Die Bundeswehr befindet sich in der Offensive. Die Bundeswehr hat sich über Jahrzehnte hinweg von einer formalen Verteidigungsarmee hin zu einer Angriffsarmee entwickelt.

Die Bundeswehr ist heute, trotz Grundgesetz, wieder voll einsatzfähig. Die aggressive Werbung und damit verbundene Militarisierung der Schulen und Hochschulen sowie die verstärkte Präsenz in den Arbeitsagenturen und bei Ausbildungsmessen sind zentraler Bestandteil dieser Entwicklung. Selbst Büros in den Arbeitsagenturen sind keine Seltenheit mehr.

An den Schulen und Hochschulen wird einerseits um Nachwuchs für die Truppen geworben, andererseits wird auch für die Zustimmung zum Kurs der Regierung für die verschiedenen Militäreinsätze geworben.

Gleichzeitig erleben wir, wie die Versuche der Gewerkschaften mit verschiedenen Projekten zu den Themen Demokratie, Zivilcourage und Mitbestimmung an den gleichen Schulen konsequent verhindert werden. Man müsse schließlich die politische Neutralität wahren. Allein diese Entwicklung spricht Bände.

Wir sprechen uns gegen jegliche Präsenz der Bundeswehr an Schulen aus. Sie hat dort nichts zu suchen!

Die Zusammenarbeit zwischen den Kultusministerien und der Bundeswehr muss gestoppt und rückgängig gemacht werden.

Entsprechende Kooperationsvereinbarungen, die die Grundlage für diese Zusammenarbeit darstellen und die es mittlerweile in acht Bundesländern gibt, müssen aufgehoben und für die Zukunft verboten werden.

Auch an Hochschulen macht die Bundeswehr klassische Informationsveranstaltungen, um von der Notwendigkeit von Kriegseinsätzen zu überzeugen.

Wir fordern, dass die Bundesländer Zivilklauseln in ihre Hochschulgesetze aufnehmen, die solche kriegstreiberischen Engagements an den Hochschulen verhindern.

Junge Menschen haben ein Recht darauf unbeeinflusst ihre Ausbildung und ihr Studium zu absolvieren und nicht durch finanzielle Anreize in eine Richtung orientiert werden in die sie eigentlich nie wollten.

Dort wo wir können, ob als Schülerinnen und Schüler, Studentinnen und Studenten, Lehrerinnen und Lehrer sowie Eltern, müssen wir Druck auf die Schulleitungen erhöhen.

Wir müssen verhindern, dass die Bundeswehr zu Veranstaltungen eingeladen wird oder wir müssen Protest organisieren, wenn sich der Besuch nicht mehr abwenden lässt.

Wir wollen, dass junge Menschen in unseren Schulen und Universitäten sowie in den Ausbildungsbetrieben aufwachsen mit der Überzeugung, dass es im Krieg keine Gewinner sondern nur Verlierer gibt und dass man mit Waffen keinen Frieden sichern kann.

Ich werde in wenigen Wochen zum ersten Mal Vater. Lasst uns in den nächsten Jahren weiter dafür kämpfen, dass ich meiner Tochter eines Tages sagen kann, dass diese Welt durch uns sozialer, gerechter und demokratischer, aber vor allem eine Welt ohne Kriege wurde.



Robert Weißenbrunner ist 1. Bevollmächtigter der IG Metall VSt Hanau-Fulda.

E-Mail: Robert (Punkt) Weissenbrunner (at) igmetall (Punkt) de

Website: www.igmetall-hanaufulda.de
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