Ostermärsche und -aktionen 2012

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10.04.2012


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Ostermärsche und -aktionen 2012

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Rede beim "Osterspaziergang 2012" in Lonzig (Zeitzer Forst) am 9. April 2012

Liebe Freundinnen und Freunde,

Dietmar Weihrich (im Zeitzer Forst)



- Es gilt das gesprochene Wort! -



"Zunächst einmal möchte ich euch für euer Kommen danke. Danken dafür, dass ihr hier und heute Gesicht zeigt für Frieden und Gerechtigkeit. Gesicht zeigen für eine zivile friedliche Nutzung des Zeitzer Forstes und Gesicht zeigen gegen den hier geplanten Schießplatz.

Vor genau 54 Jahren organisierte die britische Anti-Atomwaffenbewegung einen Marsch von London in ein nahegelegenes Atomforschungszentrum. Damals gingen rund 10 000 Menschen für den Verzicht auf Atomwaffen und für Abrüstung auf die Straße. Diese Demonstration war die Geburtsstunde der Ostermärsche. Seitdem finden in jedem Jahr auf der ganzen Welt an Ostern Märsche für Frieden und Abrüstung statt. Der erste Ostermarsch in Deutschland fand 1960 statt und auch im Zeitzer Forst haben die Ostermärsche eine lange Tradition.

Tatsächlich ist das Thema Frieden und Gerechtigkeit so aktuell wie vor 54 Jahren. Gerade der Krieg im Irak führt uns deutlich vor Augen, dass durch Militäreinsätze keine demokratische Gesellschaft geschaffen werden kann. Und natürlich kann auch die Versorgung mit Rohstoffen nicht durch Kriegseinsätze gesichert werden. Es können überhaupt keine der heutigen Probleme durch Gewalt gelöst werden. Militärische Einsätze sind keine Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln, sondern schaffen in der Regel die Voraussetzungen für weitere Gewalt. Im Irak ist dieser Mechanismus Tag für Tag zu beobachten. Dort wurden bislang mehr als 100.000 Menschen getötet, davon mehr als 60.000 Zivilisten. Mehr als 1 Billion Dollar wurden ausgegeben und trotzdem herrscht nach wie vor ein grausamer Krieg. Das zeigt uns: Sicherheit für die Menschen lässt sich nicht mit Waffen erzwingen, weder im Irak noch anderswo in der Welt.

Stattdessen sind gewaltfreie Konfliktlösungen notwendiger denn je. Die Menschen auf dem Tahrirplatz in Kairo und anderer Aktivisten im arabischen Frühling haben uns gezeigt, dass man gewaltfrei Veränderungen erreichen kann. Jedenfalls dann, wenn nicht die Machtinteressen anderer Staaten die Veränderungen verhindern - wie dies im Moment in Syrien geschieht. Doch trotz des brutalen Einsatzes gegen die eigene Bevölkerung wird auch Bashar al-Assad erkennen müssen, dass er sich nicht gegen die eigene Bevölkerung mit Waffengewalt an der Macht halten kann. Aber trotz der Erfahrungen, des Scheiterns militärischer Interventionen und des Erfolgs gewaltfreier Aktionen, wird an den überkommenen Vorstellungen festgehalten. So existiert z. B. im EU-Vertrag (Art. 42 Abs. 3) nach wie vor ein Passus, demzufolge sich die Mitgliedstaaten verpflichten, "ihre militärischen Fähigkeiten schrittweise zu verbessern", worin durchaus eine Verpflichtung zur weiteren Aufrüstung zu sehen ist.

Es werden daher Menschen gebraucht, die gegen die Militarisierung unserer Gesellschaft protestieren und deshalb ist es so wichtig, dass wir uns heute hier zusammengefunden haben. Denn der Zeitzer Forst hat Symbolkraft. Er ist ein Symbol der Aneignung von öffentlichen Räumen durch das Militär. Aber auch ein Symbol dafür, dass es Menschen gibt, die sich gegen die Militarisierung wenden.

Menschen, die den hier geplanten Schießplatz verhindern wollen und verhindern werden. Denn dieser Schießplatz darf nicht gebaut werden:

- Weil er die militärische Nutzung des Zeitzer Forstes zementieren würde. Der Wald gehört aber den Bürgerinnen und Bürgern, die hier Radfahren und Spazierengehen wollen, die die Natur genießen wollen. Der Zeitzer Forst soll ein Naherholungsgebiet und keine militärische Sperrzone sein.

- Weil die Lärmbeeinträchtigungen, die von der Anlage ausgehen, unzumutbar für die ansässige Bevölkerung sind.

- Weil die Beeinträchtigungen des FFH-Gebietes und der darin lebenden geschützten Tiere und Pflanzen nicht toleriert werden dürfen.

- Weil er schlicht überflüssig ist. Es gibt in der Umgebung ausreichend frei Kapazitäten, die genutzt werden können.

- Weil bei der erteilten Genehmigung die Beteiligungsrechte der betroffenen Kommunen in eklatanter Art und Weise verletzt wurden, die Lärmimmissionsprognose nicht sachgerecht erfolgt ist und europäisches Recht nicht beachtet wurde.

Deshalb unterstützen Bündnis 90/Die Grünen vorbehaltlos Klagen gegen die Anlage und wir unterstützen alle, die sich für eine zivile Nutzung des Zeitzer Forstes einsetzen.

Darüber hinaus ist es aber notwendig, dass noch viele andere zu Einsichten kommen, die wir alle schon lange haben. Denn letztlich entscheidend ist die Meinungsbildung der Öffentlichkeit und der Zivilgesellschaft. Durch euren Einsatz wird die öffentliche Meinung beeinflusst, wird Druck aufgebaut nicht nur gegen die Schießanlage, sondern für alternative, gewaltfreie Entwicklungsperspektiven.

Und auch deswegen ist es so wichtig, dass heute so viele hier versammelt sind.

Wir brauchen eine Neubesinnung auf eine humanistische, gewaltfreie Gesellschaft auf eine Kultur des Friedens. Das ist unsere Vision. Und in einer friedlichen, gewaltfreien, toleranten und gerechten Welt wird schließlich auch kein Platz für den hier geplanten Schießplatz sein."



Dietmar Weihrich ist Landtagsabgeordneter für B90/Die Grünenin Sachsen-Anhalt.

E-Mail: buero-halle (at) dietmar-weihrich (Punkt) de

Website: www.dietmar-weihrich.de
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