Ostermärsche und -aktionen 2012

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11.04.2012


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Ostermärsche und -aktionen 2012

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Redebeitrag für den Ostermarsch 2012 in Würzburg am 7. April

Ostermarsch 2012: Aktion Aufschrei!

Eva Peteler (in Würzburg)



- Es gilt das gesprochene Wort -



Ganz am Anfang brauchte es vielleicht einen Stock und einen Stein, um Beute zu erlegen und um so das Überleben von Familie und Sippe zu sichern. Später womöglich die Steinschleuder und einen Speer, um wilde Tiere und Eindringlinge abzuwehren, die den Lieben nach dem Leben trachteten.

Jahrtausende später ist die hochtechnisierte Waffenindustrie der beste Beweis, zu welchen Wegen der (Selbst-)Zerstörung sich der einzigartige menschliche Intellekt versteigt, wie er sein unerschöpfliches kreatives Potenzial pervertiert, nicht, um Leben und Schöpfung zu erhalten, sondern, um sie zu vernichten. Wir erkunden den Mars und die Tiefsee, wir manipulieren an den Bausteinen lebender Materie, doch wir haben als Homo sapiens noch immer nicht gelernt, ohne Gewalt und Gier, im wahrsten Sinne "zivilisiert" miteinander auszukommen. Wir haben nicht einmal die sittliche Reife, die Priorität des Händedrucks vor der Faust zum oberstes Ziel aller zwischenmenschlichen und zwischenstaatlichen Begegnung zu erklären.

Waffen dienten zu allen Zeiten allen möglichen Zielen, nur nicht dem einen: der Gerechtigkeit und der Durchsetzung der Menschenrechte für alle. Auf der Strecke blieben und bleiben immer und überall die einfachen Menschen mit ihrer Sehnsucht und mit ihrem Recht auf ein würdiges, sicheres, freies Leben in der Heimat. Macht, Gier und geostrategisches Kalkül: Wir mischen mit im globalen Monopoly! Aber von unserer Verantwortung für die Auswirkungen des Spiels, auch in Form globaler Flüchtlingsströme, wollen wir nichts wissen.

Gerechtigkeit hat viele Namen, ob faire Verteilung der Ressourcen auf alle Menschen, ob Haftung für Klimawandel nach dem Verursacherprinzip, ob gerechte globale Gesellschaftsordnung und vieles mehr. Frieden hat auch viele Namen, doch niemals den einen: gerechter Friede durch Waffengewalt.

Heute sehen die Mütter des Westens ihre eigenen Söhne nicht vor der Haustür im Krieg umkommen. Das Blutvergießen und das Leid finden woanders statt. Wir erfahren nicht mehr unmittelbar die Auswirkungen dessen, was wir produzieren und verkaufen. Wir haben den perfiden Begriff "saubere Kriegsführung" erfunden. Große Verluste an Menschenleben in den eigenen Reihen wären politisch unklug. So töten jetzt unbemannte Drohnen risikolos die fremden Söhne, Brüder und Väter. Bedauerliche "Kollateralschäden" des sauberen Krieges gehen alleine im mittleren Osten in die Hunderttausende und finden nur selten auf die Titelseiten unserer Medien. Ganz andere Worte sind es, die medial Verbreitung finden, Deklarationen, Verträge, Wahlreden. Diese opportunistischen Lippenbekenntnisse, bleiben oft hinter der Lebenswirklichkeit vieler Menschen auf der Welt weit zurück.

Das ist auch nicht verwunderlich: Mächtig, verschwiegen, des Rückhalts und der Unterstützung durch die Politik gewiss, wird die Rüstungsindustrie alles tun, um ihre Geschäftsgrundlage zu erhalten: Konflikte, Machtstreben, Destabilisierung und ihre Protagonisten. Was sonst? Der Zweck der Waffe ist nichts anderes als Abschreckung, Beherrschung, Vernichtung, letztlich Schmerz, Verletzung und Tod. Frieden und Gerechtigkeit für alle, eine globale Gesellschaft, die die 1,5 Billionen $ statt für globales Aufrüsten lieber einsetzt für ein gutes Leben der Menschen überall, die auf die Kraft des Wortes und der Diplomatie baut, dies wäre der Ruin der Waffenbosse.

Was heißt es also im Klartext, die Waffenindustrie und die Waffenexporte zu fördern? Sie sind verschwiegene "Entwicklungshilfe" der besonderen Art! Entwicklungshilfe für jedes repressive Regime, das unseren Interessen dient; Entwicklungshilfe zur Durchsetzung und Zementierung von Macht, Ausbeutung und Unterdrückung! Woher bekommen denn die vielen Diktatoren, Milizenchefs und die sich skrupellos auf Kosten der eigenen Bevölkerung bereichernden Eliten die Waffenarsenale für endlose Bürgerkriege, Genozide und Verminung riesiger Landstriche?

Zynischer und scheinheiliger geht es wirklich nicht: Sich mit der einen Hand in humanitärer Betroffenheit, Entwicklungshilfe und Wohltätigkeit zu üben und mit der anderen Hand denen Wege ebnen, von deren Geschäft die Ungerechtigkeit und die Gewalt in dieser Welt leben.

Aber so einfach kommen wir nicht davon, nicht mehr. Nicht vor den vielen Menschen da draußen in der Welt. Nicht vor denen, die uns nicht mehr auf den Leim des Exportschlagers westlicher freiheitlicher Demokratie gehen. Die bewegen sich nämlich auch im Internet, bei Facebook,Twitter und YouTube. Unsere Scheinheiligkeit blüht nicht mehr im Verborgenen. Und die Menschen in den vielen Diktaturen dieser Welt wissen oft viel mehr über Politik und deren globale Verflechtungen, als wir ahnen.

So wissen auch viele der Flüchtlinge hier sehr wohl, wie willig wir die brutalen Regimes in ihrer Heimat hoffieren, mit Kalkül und wider besseres Wissen: Schmutzige, glänzende Geschäfte, von Elite zu Elite - und gegen die Menschen. Da genügt die Farce scheinbar demokratischer Wahlen, um einen uns genehmen Despoten in einen honorigen Demokraten umzudeklarieren und fortan auch so zu behandeln. Ob Äthiopien, Angola, Armenien, Irak, mittlerweile ja sogar Afghanistan - die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. So werden auch Gelder der Entwicklungshilfe und der Ressourcendeals über Waffenkäufe wieder in die Taschen des Westens gespült, und die Armut und Hoffnungslosigkeit bleiben. Und die Menschen aus so einem Land, die für sich keine Zukunft in der Heimat sehen und fliehen, diffamieren wir dann gerne als Wirtschaftsflüchtlinge. So einfach ist das.

Diejenigen von ihnen, die es bis zu den Außengrenzen Europas schaffen und nicht zu den Tausenden gehören, die unterwegs umkommen, begrüßen wir wiederum - mit "militärischen Ehren"! Unsere Waffen sind ihre treuen Begleiter auf Schritt und Tritt, ob in der Heimat oder als Begrüßungsgeste an der Schwelle zur Festung Europa. Diese Schwelle liegt weit außerhalb unserer Sichtweite. Das lassen wir uns etwas kosten: Abwehrsysteme, Waffen, großzügige Finanzhilfen an brutale Regimes wie Libyen und Ägypten, damit sie für uns die Drecksarbeit erledigen, Flüchtlinge abzuwehren oder von unserer EU-Grenzagentur Frontex abgedrängte und deportierte Flüchtlinge in der Sahara auszukippen und sich selbst zu überlassen, um sie in Lagern zu internieren wie Tiere. Frontex operiert ohne parlamentarisches Mandat oder Kontrolle mit einem Budget von mehr als 90 Mill. /Jahr. Die Festung Europa will zwar die Ressourcen, wirtschaftliche Vorteile und Einfluss in den Ländern des Südens, aber sie weiß die Verlierer dieses Würgegriffs brutal abzuwehren.

Vieles geschieht im Verborgenen, manches auch öffentlich, getragen durch diffuse Ängste, durch zunehmenden Rassismus und Nationalismus. Das kann der Waffenlobby und anderen Nutznießern der destabilisierten Gesellschaften Europas nur recht sein. Diese geschickte Ablenkung von den wahren Verursachern sozialer Ungerechtigkeit und Zukunftsangst beherrschen Politik und Medien wirklich gut: Bedrohungsszenarien aufbauen, Angst schüren vor unserem Niedergang durch Ressourcenknappheit, durch Bevölkerungsexplosion in der sog. Dritten Welt, Angst vor der Invasion Europas und vor Überfremdung.

Angst ist gut, sehr gut: Sie ist der Boden, auf dem die Geschäfte mit Waffen und Tod bestens gedeihen. Man muss es nur so drehen, bis es passt. Oder ganz still und heimlich abwickeln. Aber da kommen wir ins Spiel:

Nicht mehr still und heimlich, nicht mehr hingebogen, bis es passt! Werden wir laut, entlarven wir das Lügenspiel und lassen wir nicht locker:

Frieden geht nur mit und durch Teilhabe, Gerechtigkeit und ohne Waffengewalt!

Wer Waffen produziert und vertreibt, befördert Gewalt und Zwietracht, Unterdrückung und Unrecht. Man kann nicht für beides sein. Entweder - oder: für Menschenrechte, mithin auch für unser Grundgesetz, oder aber für Waffengewalt. Denn Menschenwürde, Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit und andere Grundrechte sind mit Anwendung von Waffengewalt nicht vereinbar. Nirgendwo.

Zwingen wir doch die Verantwortlichen in der Politik beharrlich und öffentlich, Farbe zu bekennen, auf welcher Seite sie stehen. Und dann das Richtige zu tun! Dieses dann auch in unserem Namen.



E-Mail: contact (at) heimfocus (Punkt) net
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