OM 2013

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29.03.2013


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Ostermärsche und -aktionen 2013

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Redebeitrag für den Ostermarsch 2013 in Saarbücken am 30. März

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

Waltraud Andruet (in Saarbrücken)



- Sperrfrist: 30. März, Redebeginn: ca. XX Uhr -

- Es gilt das gesprochene Wort -



ich spreche zu Euch als Glaubende, als Christin und als Mitglied der Friedensorganisation Pax Christi.

Für mich ist es wichtig, an diesem Ostersamstag zusammen mit Euch für. Für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung" auf die Straße zu gehen.

Unter diesem Motto bin ich erstmalig 2005 zusammen mit anderen zu einem Sozialforum in Deutschland zusammengekommen. Damals habe ich dieses Transparent mitgenommen, das ihr hier seht. Auf ihm haben wir die folgende Parole aufgemalt:

"Ihr, die ihr die Schwachen unterdrückt und die Armen zermalmt."

Das ist ein Vers aus dem berühmten Buch Amos im Alten Testament. Amos ist in der christlich-jüdischen Tradition der große Prophet der Gerechtigkeit, der damals aus seinem Glaubensverständnis heraus die Räubereien und Machenschaften der Herrschenden seiner Zeit anprangerte. Und das war für ihn lebensgefährlich.

Man könnte natürlich sagen, dass sich die Welt, Europa und unser Land seit dem frühantiken Amos grundlegend verändert haben. Und dass es dabei auch historische Fortschritte gegeben hat, das will ich gar nicht bestreiten. Aber richtig ist auch, dass der von Amos beklagte Mangel an Gerechtigkeit in unserer Zeit so grundsätzliche und globale Dimensionen angenommen hat, dass heute die gesamte Menschheit vor einem Abgrund steht. Unsere Selbstauslöschung als Zivilisation ist eine reale, nüchterne Möglichkeit geworden! Zwischen unserer Lebenswirklichkeit und einer möglichen Gesellschaft, in der jede und jeder selbstbestimmt in Würde, in solidarischem Miteinander und in einer intakten Natur leben könnte, tut sich eine gewaltige Kluft auf. Vor allem ist die Lage der global Ärmsten unter dem ständigen Druck von Finanz- und Wirtschaftskrisen, verquickt mit Nahrungs-, Umwelt- und Energiekrisen extrem bedrückend und besonders hoffnungslos.

Die Ziele und die qualitativen Rahmenbedingungen gesellschaftlicher Entwicklung müssten endlich so verändert werden, dass wirksam gegen Armut, Ausgrenzung, Prekarisierung und gesellschaftliche Spaltung vorgegangen werden kann:

Für wirksame und sofortige Hilfen für die Ärmsten und Schritte hin zur sozialen Gleichheit;

Gegen die Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen - für den Erhalt und die Gesundung der Ökosysteme!

Gegen jegliche Diskriminierung von Menschen!

Gegen die schleichende Entdemokratisierung, illegale Überwachung und Repression, gegen die Privatisierung öffentlicher Güter und Leistungen!

Schluss mit der Duldsamkeit bei Frauenunterdrückung, Null Toleranz gegenüber Sexisten und natürlich auch, liebe Freundinnen und Freunde, gegenüber Sexistinnen!

Gegen Rassismus, Neofaschismus, politischen und religiösen Extremismus - die Grund- und Menschenrechte gelten für alle!

Gegen Krieg, Militarisierung und deren Ursachen - für eine Politik, die Konflikte friedlich löst und vermeidet! Das heißt für mich: Bundeswehr Raus aus allen Bildungseinrichtungen

Bundeswehr Raus aus allen Auslandseinsätzen und keine Waffenlieferungen ins Ausland!(!)

Ein als alternativlos gepredigtes Wirtschafts- und Finanzsystem, das, koste es, was es wolle, Kapital vermehren und einem inneren Wachstumszwang gehorchen muss und von dem nur diejenigen materiell profitieren, die ohnehin schon alles haben, ist mitsamt seinen Erfüllungsgehilfen verantwortlich für diese Katas trophische Schieflage unserer Welt- mit all ihren auch gewaltsamen Auswüchsen! Dazu müssen wir nein sagen!

Die Forderung des Aufrufes für eine prophetische Kirche von 2009 des Missionsrates der Katholischen Kirche lautete:

"Einfach leben, gemeinsam handeln, damit Alle überleben"

Das war mehr als nur eine fromme Losung für den Tag. Sie schloss vor allem folgende praktischen Punkte ein:

Eine bewusste oder unbewusste Stabilisierung des bestehenden Systems, dass für Mensch und Natur so zerstörerisch ist, widerspricht dem christlichen Glauben an einen Gott des Lebens. Auch die christlichen Kirchen können nur dann Glaubwürdigkeit erreiche, wenn sie nicht nur in Predigten, sondern auch in Taten und im pastoralen Dienst deutlich machen, dass das "Weiter so" nicht hinnehmbar ist. Dazu bedarf es einer fundamentalen Umkehr, die durch zeichenhafte Taten untermauert wird.

Wir brauchen eine breit angelegte Kampagne, die den planetaren Ruf nach einer erneuerten Zivilisation mit nachhaltiger Wirtschaftsweise und mit Lebensstilen der praktizierten Einfachheit ins Zentrum stellt, politische Handlungsspielräume erschließt und dabei Zukunftsbündnisse für konkrete Veränderungen schmiedet.

Angesprochen sind alle Menschen, die guten Willens sind. Sie alle sind unter Einschluss ihrer religiösen Traditionen, ihrer unterschiedlichen Herkünfte und Lebensumstände, ihrer Kulturen und politischen Überzeugungen dazu eingeladen, an diesen Veränderungen mitzuwirken. Denn es geht um unser aller Leben und Überleben.

Prophetisch zu handeln bedeutet, die herrschenden Regeln eins Systems des ökologischen Raubbaus und der materiellen Bereicherung, des ständigen Wachstums zurückzudrängen, mit dem Ziel, sie außer Kraft zu setzen. Wir sind aufgefordert, uns an das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit zu halten.

Gottes Gerechtigkeit verpflichtet uns, hier und jetzt zu handeln und die Grenzen der Alternativlosigkeit, die ich immer wieder zu hören bekomme und die uns zur Handlungsunfähigkeit verurteilt, zu sprengen - wenn es sein muss, auch durch zivilen Ungehorsam und auch unter Inkaufnahme persönlicher Nachteile.

Mit diesen Gedanken wünsche ich Euch allen im Namen dessen, dessen Auferstehung morgen von gläubigen Christen in aller Welt gefeiert wird, des Jesus Christus aus Nazareth, ein Frohes und Friedliches Ostern! Es seien Ostertage einer widerständigen Hoffnung für alle, die aufbrechen wollen für eine Gerechtigkeit, für die auch ein Amos einstehen würde, könnte er heute unter uns sein.



Waltraud Andruet ist aktiv bei der pax christi Gruppe Saar.

E-Mail: waltraud_andruet (at) t-online (Punkt) de
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