OM 2013

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30.03.2013


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Ostermärsche und -aktionen 2013

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Redebeitrag für den Ostermarsch 2013 in Erlangen am 30. März

Vorrang für Gewaltfreiheit und Gewissensschutz!

Joachim Schneider (in Erlangen)



- Es gilt das gesprochene Wort -



pax christi lehnt Kampfdrohenbeschaffung, Atomwaffenmodernisierung und Zwang zur Rüstungsfinanzierung ab



Liebe Freundinnen und Freunde,

Mit zunehmender Verwendung von ferngesteuerten, unbemannten Luftfahrzeugen oder Drohnen und nach der ersten bekannt gewordenen Drohnentötung mit Hilfe der Bundeswehr sehe ich den Beginn einer neue Phase in der modernen Kriegsführung. Sie wirft wichtige ethische Fragen auf, denen wir sofort nachgehen müssen - vor einer Entscheidung, ob auch die Bundeswehr mit eigenen bewaffneten Drohnen aufgerüstet wird. Bereits vorhandene Erfahrungen zeigen, dass weniger als 2% derjenigen, die durch US-Drohnenangriffe in Pakistan getötet wurden, Anführer von Al Quaida oder ihrer Verbündeten waren. Eine Studie der Stanford Law School vom Sept. 2012* zitiert Augenzeugenberichte, nach denen US-Drohnenangriffe die Beziehungen der USA in der Region untergraben haben, besonders zu den Pakistani. Auch sei es danach leichter, gewalttätige, nicht-staatliche bewaffnete Gruppen zu rekrutieren und zu weiteren Angriffen zu motivieren. Gegen den Einsatz von Drohnen spreche auch eine Absenkung der Hemmschwelle, weil der Befehl zum Abfeuern vom einem Rechner in sehr großer Entfernung erteilt wird.

pax christi wendet sich gegen die Anschaffung von Drohnen: wir fürchten eine neue Rüstungsspirale. Drohnen können ganze Regionen in Angst und Schrecken versetzen und die Bevölkerung in verzweifelte Gegengewalt treiben. Drohnen verleiten zur Selbstjustiz - ohne Anklage, Verfahren und Urteil. Darum weise ich hier auf unsere Unterschriftenliste "Keine Kampfdrohnen" von www.drohnen-kampagne.de hin.

Zu einer ähnlichen Rüstungsspirale verleiten uns Atomwaffen: Weil sich die NATO bei ihrem Treffen im Mai 2012 in Chicago nicht einigen konnte, Atomwaffen aus Europa abzuziehen, sollen sie nun für viele weitere Jahre funktionsfähig bleiben, d.h. sie sollen modernisiert werden! Doch der Artikel VI des Nichtverbreitungsvertrages verpflichtet jede Vertragspartei zur vollständigen Abrüstung unter strenger internationaler Kontrolle. Jede Lagerung und Bereithaltung ist damit völkerrechtswidrig. Trotzdem üben deutsche Tornado-Piloten immer noch den Abwurf von US-Atomwaffen, und die NATO will weiterhin ihre Fähigkeit für einen Erstschlag erhalten. Zusätzlich gibt es Atomwaffen-Staaten wie Israel, Indien, Pakistan und Nordkorea, die den Nichtverbreitungsvertrag nicht unterzeichnet haben. Angesichts der ausbleibenden Abrüstung hat pax christi in Vorträgen zur Atomwaffenproblematik immer wieder die Bedeutung des Zivilen Ungehorsams betont als zeitgemäße Übersetzung der Bergpredigt. Denn was zählt schon ein aufgeschnittener Zaun eines Atomwaffenlagers als Folge einer bewussten Gesetzesübertretung im Vergleich zu den Folgen eines Atomwaffen-einsatzes? Ziel bleibt die weltweite Abrüstung aller Atomwaffen!

Wie finden wir zum Frieden?

Von besonderem Gewicht für pax christi sind die Weisungen Jesu in der Bergpredigt und sein Gebot zur Feindesliebe; sie führen uns zu einem weiten Horizont, in dem alle Menschen ihren Platz haben und Frieden miteinander finden. Auch Wissenschaft und Erfahrung lehren, dass Konflikte nicht mit Gewalt zu lösen sind und erst recht nicht durch ein eng-geführtes Denken, das sich in mi-litärischen Katego-rien von "Sieger" oder "Besiegter" erschöpft. Als jemand, der andere in Gewaltfreier Kommunikation nach Dr. Marshall Rosenberg trainiert, ergänze ich: Wenn wir in solchen Vorstellungen stecken bleiben, die den "Terroristen dort" und den "Demokraten hier" festmachen, bleiben wir Teil des Problems. Wie raffiniert, teuer oder grausam neue Waffensysteme auch sein mögen: Feindbilder zerstören sie nicht. Diese viel anspruchsvollere Aufgabe aber könnte gelingen, wenn beide Konfliktparteien durch fachliche Begleitung gegenseitiges Verständnis erleben.

Was auf zwischenmenschlicher Ebene gilt, lässt sich auch auf internationale Konflikte übertragen: Benötigt wird dazu eine ausreichende Anzahl ausgebildeter Friedensfachkräfte, die rechtzeitig in Krisengebiete entsandt werden. Leider steht für die Ausbildung und einen Großeinsatz des Zivilen Friedensdienstes kaum Geld zur Verfügung - über den 1.000-fachen Etat aber verfügt die Bundeswehr! Darum wollen wir für die zivile Lösung von Konflikten deutlich mehr Geld bereit gestellt sehen zulasten des Militärhaushaltes mit über 30 Mrd. jährlich!

Um diesen Prozess zu beschleunigen, möchte ich abschließend auf die Kampagne "Hallo Finanzamt - Steuern gegen Gewalt" hinweisen: Mit vorformulierten Anträgen an Finanzämter soll die grundgesetzlich garantierte Glaubens- und Gewissensfreiheit (Art. 4, 1) bei denen berücksichtigt werden, die die Finanzierung von Militär ablehnen. Anträge sowie eine Anleitung dazu sind an unserem Infostand erhältlich und im Download unter www.Friedenssteuer.de. Ziel ist ein Zivilsteuergesetz, das jedem Bürger und jeder Bürgerin das Recht einräumt, Steuern nur für zivile Zwecke zu zahlen. Die Entscheidung des Parlaments über die Verwendung der Haushaltsmittel bleibt dabei unberührt.

Mit dem Antrag ans Finanzamt folgt schließlich ein Einspruchsentscheid, der auch zur Klage vor dem Finanzgericht berechtigt. So kann mit Hilfe der Medien eine größere Öffentlichkeit von diesem Anliegen erfahren und den Gesetzgeber motivieren, endlich tätig zu werden. Auch unterstreicht eine Steuerverweigerungen aus Gewissensgründen die Ernsthaftigkeit. Mehr davon bei mir persönlich.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit!



Dr. Joachim Schneider ist Sprecher und Friedensarbeiter von pax christi im Bistum Bamberg. Vita >4siehe hier

E-Mail: Bamberg (at) paxchristi (Punkt) de

Website: www.paxchristi-nordbayern.de
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