OM 2013

update:
01.04.2013


 voriger

 nächster

Ostermärsche und -aktionen 2013

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Rede auf dem Ostermarsch in Düsseldorf am 30. März 2013

Liebe Friedensaktive,

Agnes Kamerichs (in Düsseldorf)



- Es gilt das gesprochene Wort -



als Arbeitskreis Zivilklausel an der Uni Köln sind wir gebeten worden, zu diesem Ostermarsch auch mit einer Rede beizutragen. Hierfür möchte ich mit einem Zitat von Brecht beginnen:

Wofür arbeitet ihr? Ich halte dafür, daß das einzige Ziel der Wissenschaft darin besteht, die Mühseligkeit der menschlichen Existenz zu erleichtern. Bertolt Brecht, "Das Leben des Galilei".

Dafür kämpfen wir als Teil der Zivilklauselbewegung an den Hochschulen. Zivilklauseln sind Selbstverpflichtungen von Hochschulen, nur für zivile Zwecke zu forschen.

Wissenschaftliche Betätigung, in Lehre, Studium und Forschung, muss aufklärend und erhellend gegen Kriegstreiberei, für sozialen Fortschritt, eine menschenwürdige Gesellschaftsentwicklung und Frieden einzugreifen. Alle drängenden Probleme dieser Welt lassen sich nur zivil und solidarisch lösen. Dazu können und müssen die Hochschulen beitragen und dafür (wieder?) zu Orten des kooperativen Nachdenkens, der Reflexion und der Kritik des Bestehenden zur Verbesserung des Bestehenden werden statt sich u.a. auf Grund von Kürzungspolitik an die Meistbietenden zu verkaufen.

Oder, um weiter mit Brecht zu sprechen: "Wenn Wissenschaftler, eingeschüchtert durch selbstsüchtige Machthaber, sich damit begnügen, Wissen um des Wissens willen aufzuhäufen, kann Wissenschaft zum Krüppel gemacht werden, und eure Maschinen mögen nur neue Drangsale bedeuten. Ihr mögt mit der Zeit alles entdecken, was es zu entdecken gibt, und euer Fortschritt wird doch nur ein Fortschreiten von der Menschheit weg sein. (...) Wie es nun steht, ist das Höchste, was man erhoffen kann, ein Geschlecht erfinderischer Zwerge, die für alles gemietet werden können." Konkret findet laut der Informationsstelle Militarisierung aus Tübingen mindestens an 60 deutschen Hochschulen u.a. technische, medizinische, sozialwissenschaftliche oder sportwissenschaftliche Forschung statt, die neue Waffen produzieren helfen oder Menschen für den Krieg "funktionstüchtig" machen soll - oder durch die den Bevölkerungen die vermeintliche Humanität oder Alternativlosigkeit der Kriege eingeredet werden soll.

Aus dem Nein zu dieser Indienstnahme für Krieg und die großen Geschäfte und dem Ja zum erfreulichen Wirken für Frieden und Humanität ist im letzten Jahr ist in Bezug auf die Zivilklausel einiges in Bewegung gekommen. An sechs Hochschulen sind neue Zivilklauseln auf Grund des Engagements von Zivilklauselaktiven, Studierenden, MitarbeiterInnen und GewerkschafterInnen, eingeführt worden, nämlich an der TU Darmstadt, den Unis Frankfurt und Göttingen sowie an mehreren Hochschulen im Bundesland Bremen. Mittlerweile gibt es damit 13 Hochschulen mit Zivilklauseln; Arbeitskreise, in denen sich Menschen dafür einsetzen, gibt es mindestens doppelt so viele. In Bremen wurde die seit 1986 bestehende Zivilklausel gegen den Druck eines Rüstungsunternehmens verteidigt und an weiteren Hochschulen sind Abstimmungen unter allen Studierenden durchgeführt worden. Bei diesen Abstimmungen hat sich - selbst an traditionell konservativeren Hochschulen - immer eine eindeutige Mehrheit der Studierenden für Zivilklauseln ausgesprochen. Trotz und gegen Uni-Angst und Uni-Bluff, Leistungs- und Konkurrenzdruck sowie dem realen Problem der Kürzungspolitik (die müssen wir auch beenden), ist es überall gelungen, vom Anliegen einer Humanisierung der Lebensverhältnisse, die unbedingt in Zivilität besteht, zu überzeugen. Was Martin Löwenberg, ein antifaschistischer Widerstandkämpfer und ehemaliger KZ-Häftling, sagt und lebt, nämlich: "Mit den Waffen des Geistes gegen den Geist der Waffen", hat real Bedeutung.

An den meisten Orten sind es nur eine (oder zwei) Hand voll Aktive, die kontinuierlich mitarbeiten. Daran wird zweierlei deutlich. Zum einen, wie viel man schon mit wenigen MitstreiterInnen bewegen kann (- auch wenn wir natürlich weitere Hochschulmitglieder für die Kämpfe gewinnen wollen - und dann auch noch mehr möglich wäre). Und zum anderen wird deutlich, welche Bedeutung das Engagement von jeder und jedem hat. Uns scheint, dass eine Hürde für breitere Beteiligung an den Aktivitäten und für eine kritische und solidarische Unikultur ist, dass eben diese Bedeutung im Uni-Alltags-Prüfungs-Konkurrenz-Hamsterrad zu wenig gesehen wird.

KommilitonInnen aus Hamburg haben dazu eine treffende Aussage gemacht: "Die Herrschenden sind mächtig, weil die Beherrschten ihre eigene Mächtigkeit noch nicht erkannt haben. Entscheidend für die Schaffung menschlicher Verhältnisse ist daher, dass sich die Subjekte der Veränderung dessen bewusst werden." Weil wir Frieden und ein gutes Leben für alle wollen, müssen wir die Politik in die eigenen Hände nehmen.

Nun möchte ich noch auf zwei Initiativen hinweisen: Ein Bündnis aus Zivilklausel-Aktiven sowie Aktiven aus den Kämpfen für Schule ohne Bundeswehr organisiert vom 13. bis 15. Juni Aktionstage für militärfreie und Frieden fördernde Bildung. Zum gleichen Zeitpunkt wird eine Unterschriftenkampagne für Bildung für den Frieden starten, mit der wir in der Bevölkerung von unserem Anliegen überzeugen wollen.

Zum Schluss komme ich noch einmal auf Brecht zurück. In seinen Svendborger Gedichten, 1939 im Exil entstanden sind, schreibt er:

"General, der Mensch ist sehr brauchbar.

Er kann fliegen und er kann töten.

Aber er hat einen Fehler:

Er kann denken."



Agnes Kamerichs ist aktiv beim Arbeitskreis Zivilklausel Uni Köln.

E-Mail: agneskamerichs (at) gmx (Punkt) de

Website: www.zivilklausel.uni-koeln.de
 voriger

 nächster




       


Bereich:

Netzwerk
Die anderen Bereiche der Netzwerk-Website
        
Themen   FriedensForum Termine   AktuellesHome