OM 2013

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03.04.2013


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Ostermärsche und -aktionen 2013

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Redebeitrag für den Ostermarsch 2013 in Nürnberg am 1. April

Liebe Friedensfreundinnen und Freunde

Georg Neubauer (in Nürnberg)



- Es gilt das gesprochene Wort -



1.

Heute vor genau 80 Jahren (am 1.April 1933) wurden in unserer Stadt (nicht unweit von diesem Platz) jüdische Geschäfte geplündert. Braune SA-Horden zerschlugen Scheiben und das Inventar, plünderten und verschleppten jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger. Das alles geschah unter den Augen der Anwohner und dem Schutz, ja sogar der Mithilfe der Polizei.

Und diese Greueltaten gegen jüdische Mitbewohner - (die sich nach fünf Jahren beim Pogrom am 9. November 1938 in einer brutalen Enteignung jüdischer MitbürgerInnen wiederholen sollte) - das war keine spontane Aktion einer "unvernünftigen Volksmenge". Nein es war von den Faschisten an der Macht sehr sorgfältig geplant. Es war eine Aktion, die sich einreihte in weitere Verbrechen zur Einschüchterung und Ausschaltung jeglicher Opposition.

Nur wenige Tage vorher (am 24.März 1933) war bereits das erste KZ in Dachau errichtet worden und es wurden die ersten Insassen umgebracht. (,Auf der Flucht erschossen" - hieß das damals). Darunter waren die beiden jungen Fürther Bürger Rudolf Benario und Ernst Goldmann und der Würzburger Student Erwin Kahn. Sie wurden ermordet, weil sie das Schlimmste "verbrochen" hatten, was es nach Meinung von Nazis gab: Sie waren Juden und sie waren Kommunisten.

Der Faschismus zeigte vor 80 Jahren seine blutige Fratze! Die Zerschlagung des "jüdischen Bolschewismus" - wie die Nazis es nannten - begann. Und damit Mord und Totschlag.

2.

Und heute müssen wir leider feststellen: Die dominierenden Politiker bei uns haben offensichtlich nichts daraus gelernt!

Es ist und bleibt eine Schande, dass faschistische Gruppen wie z.B. das sogenannte "Freie Netz Süd" bei uns öffentlich demonstrieren und ihre rassistischen Parolen auf die Straße tragen können. Und dabei auch von massiven Polizeiaufgeboten geschützt werden (So vorgestern am Nürnberger Hauptbahnhof, in Kitzingen oder Würzburg)

Man muss sich das vor Augen führen:

Der Bayerische Landtag hat Ende letzten Jahres einstimmig (!) das Innenministerium aufgefordert, diese Verbrecherbande "Freies Netz Süd" zu verbieten. Auch der Nürnberger Stadtrat hat das (mit Ausnahme der beiden Nazis beschlossen.)

Doch der CSU-Innenminister denkt gar nicht dran, das umzusetzen - sondern hält seine üblichen Reden über die Gefahren des Extremismus von Links und Rechts!

Gut ist, dass in unserer Stadt am vergangenen Samstag immerhin über 500 Menschen gegen die Nazis protestierten (Viele davon sind auch hier - ich freue mich euch zu sehen.) In Kitzingen waren es über 700 Gegendemonstranten, die auch die Demonstration der Nazis mehrfach blockierten. Ähnlich in Würzburg.

Auch wenn man sich manchmal fragt, muss es denn tatsächlich sein, dass wir uns einen Samstag wegen ein paar Nazis versauen lassen? So denke ich doch, es ist notwendig und es ist gut dass wir Flagge zeigen und dieser Nazi-Bande deutlich machen: Bis hierher und nicht weiter! Denn es zeigt sich ja: Auf die da oben können wir uns nicht verlassen.

Immerhin haben die meisten Bundesländer einen Verbotsantrag gegen die NPD gestellt. Wenn man sich allerdings den Umgang dieser Bundesregierung und vor allem des kleinen Partners FDP mit der Forderung nach einem Verbot der faschistischen NPD ansieht, dann kann man sich nur die Haare raufen! Die müssen doch komplett im Geschichtsunterricht geschlafen haben! Ich kann hier nur wiederholen: Faschismus ist Meinung, auch keine Dummheit (Herr Minister Rösler) - Faschismus ist ein Verbrechen!

3.

Hätte jemand von uns von fünf Jahre behauptet, dass es bei uns eine faschistische Bande mit Namen NSU gibt, die mordend durch unsere Städte ziehen, hätte uns das damals niemand geglaubt. Und wenn wir dazu noch behauptet hätten, dass das Ganze unter den Augen (teilweise sogar mit Unterstützung) eines Vereins geschah, der immer noch den Namen "Verfassungsschutz" trägt, wir wären für verrückt erklärt worden.

Inzwischen gibt es fast täglich gibt es neue Hinweise, wie groß diese Verbindung zwischen Neonazis und dem Geheimdienst ist. Man muss sich das einfach nur vorstellen: Der Landesvorsitzende der NPD Sachsen ist bezahlter VS-Agent. Ein Mitglied der Landtagsfraktion der NPD in Sachsen ist ebenfalls bezahlter VS-Agent. Ein ehemaliger »Vertrauensmann« des Verfassungsschutzes soll den Terroristen des »Nationalsozialistischen Untergrundes« (NSU) beim Anmieten von Autos geholfen haben. Usw.!

Ich bin überzeugt, dass wir hier allenfalls die Spitze des Eisbergs kennen.

Es wird fürwahr Zeit, dass dieser Sumpf trocken gelegt wird. Und das kann nur heißen: Dieser Verfassungsschutz muss abgeschafft werden!

(Es stimmt 100-prozentig: Der "Verfassungsschutz" hat mit dem Schutz der Verfassung so viel zu tun, wie der Zitronenfalter mit dem Falten von Zitronen.)

Es ist nur zu begrüßen, dass hier in Nürnberg vor einigen Tagen im Rahmen einer sehr gut besuchten Veranstaltung ein Mahnmal für die von der NSU Ermordeten errichtet wurde. Ich sehe mal ab vom Gesülze des Innenministers Herrmann, der dort sich wieder mal über den "Extremismus im Allgemeinen" ausließ.

Für sehr problematisch halte ich allerdings die bei der Veranstaltung aufgestellte Regelung, dass keinerlei Transparente oder Schilder gezeigt werden durften. (Selbst einige Schüler mit selbst gebastelten Umhänge-Schildern wurden abgedrängt.) Das war alles andere als eine Ermunterung für die jungen Menschen, sich weiterhin zivilgesellschaftlich einzubringen!

Das wäre eine "Gedenk- und keine politische Veranstaltung, wurde mir erklärt? - ja liebe Leute kann man da nur sagen: Wenn diese rassistischen Morde und die aufgedeckte Kumpanei mit dem Geheimdienst nichts mit Politik zu tun haben, womit den bitte dann?

Und wenn man sich das Drum-Herum um den anstehenden Prozess gegen die NSU-Täter in München ansieht, dann entsteht der gleiche Eindruck. Sie wollen ganz offensichtlich diese Terroranschläge auf möglichst kleiner, sogenannter "unpolitischer Ebene" abhandeln.

4.

Erlaubt mir noch ein paar kurze Bemerkungen zum Gedenkjahr 1933 und damit zum 80. Jahrestag der beginnenden Verbrechen der Nazis:

Unserem langjährigen Vorsitzender der VVN-BdA Nbg. (Ludwig Göhring, der 12 Jahre in verschiedenen KZs verbringen musste - u.a. Dachau) war es immer ein wichtiges Anliegen, die Jungen darauf hinzuweisen:

Das wichtigste Datum im Jahr 1933 war der 30.Januar, der Tag der Machtübertragung auf die Nazipartei! Auch wenn manche immer noch "Machtergreifung" schreiben (so haben die Nazis das selbst verkündet): Nein ihnen wurde die staatliche Macht übertragen, ja auf dem Präsentierteller serviert.

Zum einen war dieser 30.Januar eine große Niederlage für die damalige Arbeiterbewegung, für die Arbeiterparteien, die Gewerkschaften und für alle Antifaschisten. Sie konnten sich auf ein gemeinsames Vorgehen leider nicht einigen. Aber nur damit aber wäre die braune Pest verhindert worden! Wir sollten das immer bei unserem Herangehen berücksichtigen!

Zum zweiten stand da auch die Frage: Wenn ihnen die Macht übertragen wurde, ja wer hat sie ihnen denn gegeben? Und warum? Und wie kann man das in Zukunft verhindern!

Und wenn heute immer noch verschiedene Historiker um den Brei herumreden (mal war die Ursache eine Massenpsychose, mal war es die Schandtat eines einzelnen Verrückten), so kommt man hier an zwei wichtige Gruppen aus der damaligen politischen Elite nicht vorbei:

Die führenden Repräsentanten der Banken und der Industrie. (die "Finanzmärkte" würde manche heute sagen - exakter ist: das damalige Finanzkapital!). Ihnen hat Hitler versprochen, dass er für Ruhe im Lande, und auch für Ruhe in den Betrieben sorgen wird. Er hat ihnen versprochen, dass mit dem Machtantritt der Nazis jede politische Opposition zerschlagen und der "jüdisch-bolschewistische Marxismus ausgerottet wird". Gemeint war die Friedhofsruhe im Lande - und sie wurde von der Naziregierung Schritt für Schritt umgesetzt!

- Und die zweite wichtige Gruppe waren die damals führenden Militärs in der deutschen Reichwehr: Die Herren Generäle von und zu.

Ihnen hat Hitler die militärische Aufrüstung zur stärksten Macht in Europa versprochen. Er war sich mit ihnen einig, dass der Versailler Vertrags beseitigt werden muss - auch mit Waffengewalt; Und dass es danach weiter geht mit der Eroberung, Ausplünderung und Knechtung anderer Völker. Vorgesehen war von Anfang an der Marsch nach Osten. Vorgesehen war auch dort die "Zerschlagung des jüdischen Bolschewismus".

Wir bleiben dabei: Diese beiden Gruppen - wichtige Vertreter des deutschen Finanzkapitals und des Militärs - waren die Hauptdrahtzieher - und sie waren 12 Jahre lang auch die hauptsächlichen Nutznießer des deutschen Faschismus.



Liebe Friedensfreundinnen und Freunde

Nie wieder Faschismus - Nie wieder Krieg.

Das war (kurz gefasst) die Schlussfolgerung der überlebenden Buchenwald-Häftlinge nach der Selbst-Befreiung des KZ am 11.April 1945.

Wichtige Widerstandskämpfer (wie z.B. Peter Gingold, den ich noch persönlich kennenlernen durfte) haben uns eine zweite wichtige Erkenntnis mitgegeben: Es wird selten so viel gelogen, wie bei der Vorbereitung und Begründung der Kriege! Zu allererst stirbt die Wahrheit! Und dann wird geschossen.

Und mit dem Parteibuch des jeweiligen Verteidigungs-Ministers hat das offensichtlich auch nichts zu tun: Es war immerhin ein SPD-Minister mit Namen Scharping, der uns die Hucke voll log, um im "Kosovo-Krieg" mit schießen zu dürfen.

Was wurde uns nicht alles erzählt, um die Bevölkerung zur Zustimmung für diesen Feldzug zu begeistern. So wurde der damalige Präsident Serbiens, Milosovics zum 2. Hitler erklärt (später kam dann Iraks Präsident Saddam als weiterer Hitler dazu. Inzwischen sind es mit dem ermordeten Präsidenten Libyens Gaddafi und dem Syrischen Präsidenten Assad mindestens 5 Hitler, gegen die Krieg geführt wurde oder wird.)

Der damals zuständige Grüne Außenminister wollte in Jugoslawien sogar Auschwitz nochmal befreien.

Und dies vor allem mit dem durch und durch verlogenem Argument, es gehe dabei um den Schutz von Menschenrechten - oder gar Frauenrechten.

Schutz der Menschen und Verbreitung von Menschenrechten durch Kriegseinsätze und Werfen von Bomben? . - welch ein Unsinn.

Da kann man feststellen: Ihr Damen und Herren Regierende in Berlin, Paris oder auch in Brüssel:

Ihr seid doch nicht mal der Lage in den eigenen Ländern z.B. innerhalb der EU die Gleichberechtigung der Frau umfassend zu gewährleisten.

Schon gar nicht zu reden von Menschenrechten wie das Recht auf Bildung oder das Recht auf Gesundheit. Schauen wir uns um in Ländern wie Griechenland oder Portugal (um nur zwei zu nennen) was dort mit diesen Grundrechten im Moment geschieht!

Und hier nur nebenbei: Der Bündnispartner Griechenland musste in den letzten 10 Jahren Waffensysteme im Wert von 7-8 Milliarden Euro kaufen. Und die müssen auch sie auch bezahlen - Da gibt es nicht das geringste Zugeständnis der Lieferanten. Die Folgen für die Menschen in Griechenland sind unter anderem: geschlossene Krankenhäuser, geschlossene Schulen, hungernde Kinder! Das nennt sich Schutz von Menschenrechten - Ich sage hier nur: Was ist das für eine Heuchelei!

Zum Schluss noch ein paar Worte zu den aktuellen Kriegen:

Als einen der wichtigsten Gründe, warum die deutsche Bundeswehr (mit inzwischen 9.000 Soldatinnen und Soldaten und wenn es nach dem Verteidigungsminister geht in Zunkunft mit noch ein paar Tausend mehr) auf dem ganzen Erdball präsent sein muss, nennt uns der Herr De Maiziere den weltweiten Kampf gegen den Terrorismus. Und zuallererst den gegen die Islamisten, die Salafisten, Al Qaida oder wie sie auch immer heißen.

Auch hier ist die Heuchelei offensichtlich!

im Krieg gegen Libyen wurden diese islamistischen Menschen-Verächter (zumindest Teile davon) an die Macht gebombt, um dort den ehemaligen Freund der EU Gaddafi (der offensichtlich das libysche Öl nicht mehr zum gewünschten Preis bereit stellte) zu beseitigen;

in den zentralafrikanischen Republiken wie z.B. Mali sind die gleichen Islamisten jetzt die Feinde, die man militärisch bekämpfen muss. (Frankreich hat über 100 Jahre Zeit gehabt, Menschen- und Bürgerrechte in die Kolonien in Afrika zu exportieren. Das Gegenteil ist geschehen. Die Masse der Menschen in diesen Ländern ist nach wie vor bettelarm!)

Nein, es geht in Mali nicht um Menschenrechte! Die islamistischen Kämpfer stören die Interessen Frankreichs an einem ganz empfindlichen Punkt: Es gibt dort einen wichtigen Rohstoff mit Namen Uran!)

In Syrien sind die gleichen islamistischen Kämpfer Rebellen, die über die Türkei mit Waffen unterstützt werden. (Inzwischen ist selbst unserem Nachrichtendienst BND aufgefallen, dass diese Waffen hauptsächlich an terroristische Banden gehen!)

Und geliefert werden diese Waffen vom reaktionärsten Staat im arabischen Raum, vom Königreich Saudi-Arabien. Das ist bekanntlich der finsterste Hort des Mittelalters und nachweislich eine der Brutstätten des internationalen Terrorismus.

Die Saudis - und die umgebenden Emirats-Fürsten wie z.B. Katar - dürfen ungestraft jeglichen Widerstand im eigenen Land und auch in den Nachbarstaaten niederwalzen. Und sie erhalten auch die entsprechenden Waffen, voran aus Deutschland.

Das ist und bleibt ein Skandal! Wir sagen deshalb: Schluss mit den Waffenexporten nach Saudi-Arabien und in die Emirate!

Ganz gleich wie man zur jetzigen Regierung in Syrien steht (demokratische Grundrechte wurden dort seit längerem mit Füßen getreten) - aber es müsste eigentlich auch dem Letzten auffallen, dass es diesen von den Saudis ausgerüsteten Banditen um alles andere als um die Einführung der Demokratie geht.

Den Menschen in Syrien hilft nur eines:

Schluss mit der militärischen Einmischung von außen. Beendigung des Bürgerkriegs. Nicht schießen - sondern verhandeln! Das ist die einzig sinnvolle Schlussfolgerung.

Sicherlich ist eine Forderung über die UNO nach einer Kontrolle der Waffenexporte (wie sie jetzt diskutiert wurde) eine mögliche Schlussfolgerung.

Für noch wichtiger aber halten wir, dass insgesamt Schluss gemacht wird, mit der Produktion und dem Export von Waffen - große oder kleine.

Die Welt braucht dringend andere politische Lösungen, als Waffen und damit Krieg. Und wir bleiben dabei:

deutsche Truppen haben in fremden Ländern nichts zu suchen.

Die Bundeswehr muss endlich raus aus Afghanistan - und zwar ohne Schlupflöcher

Und die Bundeswehr hat auch in anderen Ländern nichts zu suchen.



Herzlichen Dank für das geduldige Zuhören.

Viele von uns werden sich wiedersehen bei der nächsten wichtigen Kundgebung in Nürnberg, nämlich am 1.Mai.

Und ich darf auch im Namen der VVN-BdA und auch der Koll. von Verdi auf die Fahrt zu Demonstration nach München aus Anlass der Eröffnung des NSU-Prozesses am Samstag, 13.April. (Infos an unserem Informationsstand)

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