OM 2013

update:
04.04.2013


 voriger

 nächster

Ostermärsche und -aktionen 2013

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Redebeitrag für den Ostermarsch 2013 in den Baumbergen am 1. April

Neuaufnahme: Bitte bearbeiten!

Ingrid und Manfred Stübecke (in Havixbeck)



- Es gilt das gesprochene Wort -



"Sie rufen Friede, Friede! Und es ist keiner."

- lassen Sie uns, liebe Friedensfreundinnen und - freunde, mit diesem Zitat beginnen.

Können wir nicht dankbar zurückblicken auf bald 70 Jahre Frieden in unserem Land? Warum gibt es da Menschen, die sich auf den Weg machen zu einem Ostermarsch und "Friede! Friede!" rufen. Es ist doch Frieden - oder?

Sind es nicht ein paar unermüdlich Friedensbewegte, die lediglich eine lieb gewordenen Tradition beibehalten? Der Höhepunkt der Ostermärsche war zu Beginn der 1980er Jahre mit der Debatte über die Nachrüstung der Nato. Mehrere 100.000 Menschen protestierten 1983, also vor 30 Jahren, gegen die Stationierung von Kurz- und Mittelstrecken-Atomwaffen auf deutschem Boden. Aber heute - es ist doch Frieden - oder?

Dem möchten wir im Folgenden widersprechen.

Es ist kein Frieden. Verändert hat sich seit der Blütezeit der Ostermärsche eine Menge. Es ist zur Selbst-verständlichkeit geworden, dass die Bundeswehr in Kriegsgebieten eingesetzt ist. Die Bundeswehr ist in 12 Ländern weltweit stationiert. Momentan sind rund 7.500 deutsche Soldaten für Auslandseinsätze von Zentralafrika bis zum Hindukusch im Einsatz. Wir haben uns daran gewöhnt. Das ist vielleicht die größte Gefahr für den Frieden: Wir nehmen den Unfrieden schon gar nicht mehr als solchen wahr. Durch die zunehmende Globalisierung und internationale Verflechtungen ist der Auftrag der Bundeswehr längst nicht mehr lediglich die Verteidigung im eigenen Land.

Es ist zur Normalität geworden, dass deutsche Soldaten im Krieg sind.

Wir können es Krieg nennen oder Unfrieden. Wir können es auch das "Böse" nennen. Hanna Arendt hat den Begriff von der "Banalität des Bösen" geprägt. Wenn sich die Banalität des Bösen vor unseren Augen vollzieht und wir sie zur Normalität werden lassen, ist das Unfrieden.

Vom ARD-Nachrichtenjournalisten Markus Spieker erschien im vergangenen Monat ein Buch unter dem Titel "Um das Böse zu besiegen, muss man es begreifen."

Man muss es begreifen und sehen, was los ist in der Welt. Markus Spieker führt uns folgende Tatsachen vor Augen (S. 40):

In jedem siebten Land herrscht Krieg. In manchen Ländern werden Kinder als Soldaten rekrutiert und dazu gezwungen, ihre eigenen Eltern zu ermorden. Oder ihnen werden Sprengsätze umgeschnallt, um sie als lebende Bomben in den Tod zu schicken.

Der Umsatz, der weltweit mit Rüstungsgütern gemacht wird, liegt bei fast einer halben Billion Euro.

In jedem zweiten Land wird gefoltert.

In einigen Ländern gehört planvolle Vergewaltigung von Frauen zum Alltag.

Über zweihundert Millionen Menschen werden aus religiösen Gründen verfolgt.

Über dreißig Millionen Menschen leben in Sklaverei und werden zu Preisen von teilweise nur 30 Euro verkauft. Das ist weniger, als auf den Sklavenmärkten des 18. und 19. Jahrhunderts gezahlt wurde. Die meisten modernen Sklaven werden zur Prostitution gezwungen.

Soweit der ARD- Nachrichtenjournalist. Blicken wir weiter auf die Nachrichten der Gegenwart. Deutschland ist nach den USA und Russland der drittgrößte Waffenproduzent der Welt. Seine Rüstungsexporte wurden in den vergangenen fünf Jahren mehr als verdoppelt - so das Ergebnis einer Studie des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri. Es sind bekannte Tatsachen, doch man muss sie sich immer wieder vor Augen führen. Sie dürfen nicht zur Selbstverständlichkeit werden. Hier stellt sich die Frage nach der Ethik einer Gesellschaft. Gut, man kann das, wie so Vieles, kontrovers diskutieren. In einem Satire-Magazin hörten wir in der vergangenen Woche den bissigen Satz "Die Menschrechte verhindern Arbeitsplätze in der Rüstungsindustrie".

Der Einsatz von Drohnen wird diskutiert. Auch dafür gibt es Befürworter und Gegner. Drohnen-Piloten sitzen weit weg von den Zielen, die sie anvisieren. Sie steuern die unbemannten Flugkörper per Joystick und Monitor.

Sind vielleicht auch sie bald Selbstverständlichkeit und Normalität? Der bereits erwähnte Markus Spieker schreibt in seinem Buch, wie beeinflussbar Menschen sind und weist auf das Gehorsams-Experiment von Stanley Milgram hin, das inzwischen legendäre Berühmtheit hat (S. 99): Milgram demonstrierte, dass anständige Bürger bereit sind, anderen Menschen tödliche Stromstöße zu verabreichen, vorausgesetzt, sie werden von angeblich seriösen Wissenschaftlern unter Druck gesetzt, vorausgesetzt, sie müssen keine Konsequenzen befürchten und sie haben keinen direkten Kontakt zu den Opfern.

Sie rufen "Friede! Friede! Und es ist keiner." Mit diesem Zitat haben wir begonnen. Wer zitiert, sollte unbedingt belegen, woher das Zitat ist. Wenn Sie hier zwei Theologen zu Wort kommen lassen, mag es nicht verwundern, dass das Wort aus der Bibel stammt. Es ist vom Propheten Jeremia. Er war ein Mahner seiner Zeit.

Er kritisierte, dass die Gesellschaft seiner Zeit nicht mehr vom Recht geprägt war, sondern von Täuschung, Betrug und Gewinn.

Diese Mahner sind auch heute dringend erforderlich:

Menschen, die den Unfrieden erkennen und das Böse nicht als Normalität und Selbstverständlichkeit akzeptieren - Menschen, die aufstehen und etwas bewegen und rufen "Frieden schaffen - nicht noch mehr Waffen!" - das Thema des diesjährigen Ostermarsches.

Aufstehn, aufeinander zugehn ....





Ingrid und Manfred Stübecke, Pastorenehepaar der Ev. Friedens-Kirchengemeinde Nottuln.

E-Mail: manfred_stuebecke (at) unter-dem-kreuz (Punkt) de

Website: wwww.unter-dem-kreuz.de
 voriger

 nächster




       


Bereich:

Netzwerk
Die anderen Bereiche der Netzwerk-Website
        
Themen   FriedensForum Termine   AktuellesHome