OM 2014

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19.04.2014


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Ostermärsche und -aktionen 2014

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Redebeitrag für den Ostermarsch 2014 in Wismar am 19. April

Liebe Freundinnen und Freunde,
sehr geehrte Damen und Herren,

Monty Schädel (in Wedel)



- Sperrfrist: 19.04.14, Redebeginn: ca. 11 Uhr -

- Es gilt das gesprochene Wort -



Ostermärsche gegen atomare Gefahren, gegen den Krieg sowie die Vorbereitung von Kriegen gibt es nunmehr schon seit über 60 Jahren. Und leider ist es immer noch nötig dagegen zu demonstrieren. Gerade auch in diesen Tage ist es wieder nötig, diese schon oftmals als unnötig abgetane Tradition der Friedensbewegung zu erneuern. Ich freue mich deshalb besonders, dass auch hier in Wismar seit drei Jahren wieder zu Ostern gegen den Krieg demonstriert wird. Und wenn ich als Politischer Geschäftsführer des Bundesverbandes der DFG-VK, der Deutschen Friedensgesellschaft-Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen, in den vergangenen Jahren in Brandenburg, Bayern, Berlin oder Nordrhein-Westfalen redete, freut es mich auch persönlich sehr, zu Ostern nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern sondern in meinem Geburtskreis Nordwestmecklenburg sein zu können.



Liebe Freundinnen und Freunde, sehr geehrte Damen und Herren,

seit mehr als 15 Jahren beteiligt sich die Bundeswehr offen an Krieg. Was mit der Bombardierung Belgrads wieder begann wurde gegen Afghanistan fortgesetzt. Diplomatie versagte und Krieg wurde wieder zur Option für die Durchsetzung von Interessen. Bereits 1992 war in den verteidigungspolitischen Richtlinien zu lesen, dass die Bundeswehr zur Durchsetzung nationaler Interessen eingesetzt werden soll. Weltweit sollten wirtschaftliche Ressourcen geschützt werden. Bis heute setzten sich diese Ziel in den entsprechenden Richtlinien und dem Weißbuch der Bundeswehr fort. - und wer denn meint, dass dieses nur Propaganda aus der Friedensbewegung ist, kann es in diesen offiziellen und frei zugängigen Papieren der Bundesregierung und der Bundeswehr nachlesen. Es ist grotesk, aber dass die Bundeswehr Krieg führen wollte und will und wofür, ist frei nachzulesen. Es ist nichts geheim daran.

Und so steht die Bundeswehr heute weltweit im Einsatz. Mal mehr und mal weniger im Kampf.

Wir aber sagen Nein! Kriege und Soldaten können keine Probleme zwischen den Menschen lösen. Krieg ist immer ein Verbrechen an den Menschen! Soldaten in Konfliktregionen zu schicken ist ein Ausdruck des Versagens von Politik!

Dabei geht es uns natürlich nicht darum, dass wir Menschen, die unter dem Krieg zu leiden haben allein lassen wollen in ihrer Situation. Wir sagen: löst Konflikt ohne Krieg und Waffen! Es ist doch ein Unding, dass für das Führen von Kriegen, für die Auslandseinsätze der Bundeswehr, immer die Mittel vorhanden sind, wenn sie gebraucht werden.

Haben sie das einmal in den politischen Diskussion beobachtet?

Bei den Diskussionen zu Kindergarten, Schulen und Hochschulen geht es darum, woher denn die Finanzierung kommt. Es geht nicht um die Zukunft der Menschen in diesem Land, nicht um Bildung. Es geht um Geld.

Bei den Diskussionen um die Gesundheit in diesem Land, um Arbeitsplätze, um den Umweltschutz, um den Öffentlichen-Personen-Verkehr oder viele anderen Dinge des Zusammenlebens geht es um Finanzen.

Bei den Diskussion um Einsätze der Bundeswehr spielen die Finanzen offenbar keine Rollen " denn da geht es um das wie und das warum und die Rechtfertigung dieser Einsätze. Es wird nicht um das Geld gestritten.

Ich wünschte mir auch bei der Diskussion um Kindergärten oder die anderen genannten Themen, dass um Inhalte, um den Zweck und das Ziel gestritten und dann eben auch gerechtfertigt wird, dass die Bildung in Kindergärten auch Geld kostet, dass Schulen und Hochschulen ordentlich ausgestattet werden und ebenso finanziert werden.

Wenn dem so sein wird, werden wir über viele Dinge nicht mehr sprechen müssen.

Allein die Kosten-Nutzen-Rechnung wird aufführen, dass Waffenproduktion und Rüstungsexporte und Krieg nicht nur für die von Krieg betroffenen Menschen untragbar sind sondern auch für uns. Was sind wir denn für eine Gesellschaft, dass wir uns darüber freuen, wie es jüngst auch in Mecklenburg-Vorpommern passierte, wenn hier Waffen gebaut werden, wie auf der Lürrsen-Werft in Wolgast. Sind wir in unserer reichen Gesellschaft wirklich darauf angewiesen, dass hier Waffen gebaut werden? Sind der Erhalt unserer Arbeitsplätze hier es wirklich Wert, dass mit den Ergebnissen der Produktion Menschen umgebracht werden? Gibt es gesellschaftlich wirklich keine anderen Möglichkeit Menschen in Arbeit zu bringen?

Warum muss Deutschland der weltweit drittgrößte Waffenexporteur sein? Ist es nicht die Bundesrepublik, die so mit wesentlich dafür verantwortlich ist, dass weltweit Kriege mit all den Folgen für Menschen und Natur stattfinden? Stoppen wir allen Waffenexport aus der Bundesrepublik!

Es ist doch gesellschaftlich betrachtet mindestens völlig bekloppt, wie es jetzt im Krieg in Syrien passiert, dass die Bundesrepublik Waffen in die Welt lieferte, die jetzt dort mit zum Einsatz kommen. Ja selbst die Herstellung von Chemiewaffen wurde mit deutscher Unterstützung ermöglicht. Und in Deutschland wird tränenreich der Krieg bedauert. Und so tränenreich es ist, wird den Opfer des Krieges nur minimal geholfen. Aufnahme von Flüchtlingen? Nur im Ausnahmefall. Stattdessen werden Soldaten in die Konfliktregion entsandt - in ein Land in dem Regierungspolitiker darüber diskutieren, ob sie nicht einen Krieg und den NATO-Beistand inszenieren sollten. Und als die Chemischen Waffen jetzt - richtiger Weise - wieder vernichtet werden sollen, da ist Deutschland wieder zur Stelle. Ein Kriegsschiff wird entsandt und die Reste werden in der Bundesrepublik entsorgt. - Gesellschaftlich ein riesiger Aufwand um Waffen und

Soldaten einzusetzen. Ein riesiges Geschäft für die Waffenproduzenten bei der Herstellung, dem Einsatz und der Vernichtung der Waffen!

Lasst uns den Waffenhandel stoppen und die Waffenproduktion einstellen. Der Gewinn für unsere Gesellschaft würde riesigen Ressourcen frei setzen und auf der Welt würde es weniger Krieg geben.

Ja, das ist einer unserer Ansätze für die Menschen in Kriegsgebieten. Die Antikriegs- und Friedensbewegung fordert hier den Krieg zu beenden. Krieg beginnt hier, wenn hier Waffen produziert werden und hier Menschen für den Krieg trainiert werden. Die Kriege der Zukunft beginnen hier und heute, wenn wir nicht heute - sofort - die Kriegsvorbereitungen einstellen und Krieg als Mittel der Politik ausschliessen!

Zur Vorbereitung auf eine Gesellschaft, die einen Krieg als ein normales politisches Mittel betrachtet, als eine militarisierte Gesellschaft, gehört meiner Ansicht nach auch, wenn die Bundeswehr heute in Schulen vor Kindern steht und ihre Position darstellt - Kinder indoktriniert!

Schon bevor die große Koalition eine "Attraktivitätsoffensive" für die Bundeswehr vereinbarte, hatten das deutsche Militär unterschiedlichst versucht, sich mit ihrem Mordsgeschäft positiv in der Gesellschaft dazustellen und Nachwuchs zu gewinnen. Bereits 2009 wurde im Schreiben des damaligen Kriegsministers an die Bildungsministerien der Länder "es als eine besondere Aufgabe der politisch Verantwortung Tragenden [erachtet], unserer Bevölkerung und in ganz besonderer Weise der nachwachsenden Generation (.) zu erklären, wie sich die Einsätze der Bundeswehr im Ausland politisch aus den Zielen und Interessen deutscher Sicherheitspolitik ableiten lassen."

Lehrer_innen schienen den Militärs nicht befähigt genug zu sein, die "Sicherheitspolitik", die "nicht einfachen, sondern wesentlich komplexer geworden [ist]" zu erklären.

Doch Militär hat in Schulen nichts zu suchen. Die Bildung in unserem Land sollte durch die Erziehung zu Demokratie - zu Solidarität, Miteinander und Konfliktlösung unter Ausschluss von Gewalt, egal ob im Persönlichen oder aber in der Politik - geprägt sein.

Demokratisch gebildete, selbstbestimmte Menschen sind nicht kompatibel mit einem System, dass in seinem endgültigen Handeln zuweilen auch grundsätzliche Menschenrechte "bei der Bekämpfung des Feindes" ignoriert. Das schützt uns vor unkontrollierter Gewalt und Krieg, wie es sie in anderen Teilen der Welt gibt.

Soldat_innen in Schulen bedeutet dagegen, das undemokratische System von Befehl und Gehorsam in jungen Köpfen zu etablieren. So wird Herrschaftsanspruch wie Unterwürfigkeit gefördert und sogar Gewalt zum Erreichen von Zielen legitimiert.

Die Konfrontation von Kindern und Jugendlichen in der Zwangsgemeinschaft Schule mit den extra für die Zielgruppe Schüler ausgebildeten Jugendoffizieren missbraucht die Schule zur Rekrutierung fu"r das Militär. Durch fehlende Unterstu"tzung in zivilen gesellschaftlichen Bereichen werden ku"nstlich Engpässe fu"r Ausbildung, Studium, Beruf und Perspektive geschaffen, um sie u"ber das Militär und den Krieg anzubieten. Wir brauchen ein starkes Bildungssystem und kein starkes Militär.

Schule muss für Kinder ein von Indoktrination geschützter Raum sein.

Abschliessend noch einige Worte zur Ukraine. - Die Vorkommnisse dort beunruhigen uns alle, und die Entwicklungen sind sehr beunruhigend. Die Friedensbewegung hat zu den andauernden Auseinandersetzungen in der Ukraine keine abschließenden Urteile, wohl aber gemeinsame Positionen, die sich aus ihren auf Gewaltfreiheit und Völkerrecht beruhenden Grundüberzeugungen ergeben. Aus Sorge um die sich zuspitzende Lage in der Ukraine wenden sich der Bundesausschuss Friedensratschlag und die Kooperation für den Frieden in einer gemeinsamen Erklärung, bei deren Zustandekommen ich am vergangenen Mittwoch mit zu gegen war an die Friedensbewegung und die Öffentlichkeit.

Es gilt auch "Über den Ostermarsch hinaus: Gemeinsame Sicherheit statt Konfrontation.

Den berechtigten gewaltlosen sozialen und politischen Protesten der ukrainischen Bevölkerung gegen Präsident Janukowitsch und seine Regierung, die sich auf dem Maidan Luft verschafft haben, gehörte unsere Sympathie. EU und Bundesregierung haben mit ihren Einmischungs-Versuchen die Bewegung instrumentalisiert und Gegenreaktionen Russlands provoziert (und damit einen Kreislauf der Gewalt begonnen). Wir warnen vor einer Wiederkehr nationalistischer und chauvinistischer Tendenzen auf allen Seiten.

Die Friedensbewegung setzt auf demokratische Verhältnisse.

Sehr früh eskalierten die Proteste und schlugen in offene Gewalt um. Eine einseitige Schuldzuweisung an die Sicherheitskräfte der damaligen Regierung verbietet sich angesichts der Beteiligung bewaffneter Formationen in den Reihen der Opposition. Gewaltfreiheit erwarten wir auch von den Regierungen bei der Durchsetzung staatlicher Interessen.

Die Friedensbewegung setzt auf Gewaltfreiheit.

Die bewaffneten Formationen auf dem Maidan und in anderen Teilen der Westukraine standen unter dem Kommando rechtsradikaler bis faschistischer Organisationen, insbesondere der Partei "Swoboda" und des "Rechten Sektors". Deren Anknüpfung an faschistische Traditionen aus der Zeit des verbrecherischen Krieges Nazi-Deutschlands gegen die UdSSR, deren notorischer Antisemitismus und deren Verbindung zu Neonazis und Rechtsextremen im Ausland diskreditiert nicht nur die ukrainische Opposition, sondern auch die Übergangsregierung, in deren Reihen Rechtsradikale wichtige Positionen einnehmen. In ein schiefes Licht geraten aber auch jene deutschen und EU-Politiker, die den Einfluss dieser ultrarechten Kräfte verharmlosen. Eine Beteiligung rechtsextremer und faschistischer Kräfte an der ukrainischen Übergangsregierung darf nicht akzeptiert werden

Die Friedensbewegung ist antifaschistisch.

Die unverhohlene Mithilfe des Westens am "Regime Change" in Kiew widerspricht eklatant dem Nichteinmischungsprinzip nach Art. 2 Ziff. 7 der UN-Charta. Auch das Eingreifen russischer Streitkräfte über das vom russisch-ukrainischen Stationierungsvertrag erlaubte Maß hinaus ist vom Völkerrecht nicht gedeckt. Bei dem Referendum und der Unabhängigkeitserklärung der Krim und dem anschließenden Beitritt zu Russland handelt es sich gleichwohl nicht um eine völkerrechtswidrige "Annexion", wie westliche Medien und Politiker behaupten, sondern um eine völkerrechtlich umstrittene Sezession. Als solche verstieß sie gegen die ukrainische Verfassung.

Die Friedensbewegung achtet das Völkerrecht.

In den internationalen Beziehungen, insbesondere in den historisch so belasteten Beziehungen zwischen dem Westen und Russland, müssen die berechtigten Sicherheitsinteressen aller Staaten des "gemeinsamen Hauses Europa" Berücksichtigung finden. Mit der Osterweiterung der EU und Ausdehnung der NATO bis nahe an die Grenzen Russlands sieht sich Moskau zu recht politisch und militärisch in die Enge getrieben. Die Ukraine darf nicht zum Bollwerk gegen Russland ausgebaut werden, sondern sollte eine Vermittlerposition in der Region einnehmen. Sanktionen des Westens gegen Russland sind das falsche Signal und müssen aufgehoben werden.

Die Friedensbewegung setzt auf gemeinsame Sicherheit:

Deshalb fordern wir:



Stopp sämtlicher Rüstungsexporte aus dem EU-Raum nach Russland und in die Ukraine.



Stopp des Aufbaus des sog. Raketenschirms in Europa, der von Russland nur als Bedrohung betrachtet werden kann.



Die NATO soll die Sicherheitsinteressen der Russischen Föderation genauso ernst nehmen wie die der Ukraine. Die Bündnisfreiheit der Ukraine ist von allen Konfliktparteien zu akzeptieren.



Keine Beteiligung rechtsextremer und faschistischer Kräfte an ukrainischen Regierungen.



Von Politik und Medien verlangen wir rhetorische Abrüstung.




Liebe Freundinnen und Freunde,

Die Eskalation in der Ukraine führt uns einmal mehr vor Augen: Notwendig ist ein umfassender Abrüstungsprozess in Europa.

Verhandeln ist besser als schießen

Erst wenn wir das Militär in den Überlegungen zur Lösung von Problemen und unseres Zusammenlebens auf der Welt ausschliessen werden wir wirklichen Frieden erreichen können. Ich bin deshalb für die Abschaffung der Bundeswehr und jeglichen Militärs.

Herzlichen Dank!



Monty Schädel ist Politischer Geschäftsführer der DFG-VK. Vita siehe hier.

E-Mail: schadel (at) dfg-vk (Punkt) de

Website: www.dfg-vk.de
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