OM 2014

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19.04.2014


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Ostermärsche und -aktionen 2014

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Redebeitrag für den Ostermarsch 2014 in Bruchköbel am 18. April

Guten Tag liebe Friedensfreundinnen und liebe Friedensfreunde, liebe Kolleginnen und Kollegen,

Richard Pfaff (in Bruchköbel)



- Es gilt das gesprochene Wort -



mein Name ist Richard Pfaff, ich bin Betriebsratsvorsitzender in der Firma ABB in Großauheim und spreche hier als Mitglied des Ortsvorstandes der IG Metall Verwaltungsstelle Hanau Fulda. Ich möchte mich für die Einladung bedanken und will hervorheben, wie wichtig es ist, dass sich gerade die Gewerkschaften für Frieden und Abrüstung einsetzen.

Da es bei diesem Ostermarsch nicht nur um die Gegenwärtigen Rüstungsfragen, Krisen- und Kriegsherde geht, sondern auch um den Beginn des 1ten Weltkrieges vor hundert Jahren und um den Beginn des 2ten Weltkrieges vor 75 Jahren geht, will ich etwas zu dem Zusammenhang von Friedensbewegung und Arbeiterbewegung in der Geschichte sagen.

Die Arbeitenden Menschen und das gemeine Volk hatten kein Interesse an diesen Kriegen und sie haben auch nicht davon profitiert. Im Gegenteil, Krieg heißt für sie immer Not, Elend, Tod. Zerstörung von Familien, ihrer Kulturen und Traditionen. Entwurzelung, Flucht, aber es gab auch den Wiederstand.

Und auf der anderen Seite gibt es die Herrschenden, die Konzerne und Finanzinstitute, die an Konflikten und Kriegen verdienen, ihre Macht erweitern und ihre Konkurrenten zurückdrängen. Sie Spekulieren auf Rohstoffe, Expansion, Waffenexporte, Öl und Gas. Die Rüstungsindustrie oder auch der sogenannte Militär-Industrie-Komplex, ist eine der gefährlichsten Machteliten im Kapitalismus.

Wir, die wir uns an den Ostermärschen beteiligen, wissen alle, dass schon bei der Entstehung eines Krieges diese Interessenlagen verschleiert werden. Das zieht sich wie ein roter Faden bis heute durch unsere Geschichtsbücher:

In den Geschichtsbüchern wird Gavrilo Princip ein 19-jähriger Gymnasiast als Attentäter von Erzherzog Franz Ferdinand in Sarajevo am 28. Juni 1914 für den ersten Weltkrieg verantwortlich gemacht.

Die wahren Ursachen, sind die seit den 1890er Jahren entstandenen Spannungen. Als die imperiale Aufteilung der Welt im wesentlichen abgeschlossen war, ohne dass die Herrschenden in Italien und dem Deutsche Reich einen ihrem Selbstverständnis entsprechenden Anteil erhalten hatten.

40 Staaten beteiligten sich 4 Jahre lang an diesem Krieg. Annähernd 70 Millionen Menschen standen unter Waffen und 17 Millionen Menschen kostete er das Leben.

Dass dieser Krieg nicht im Interesse der Arbeiterbewegung war, kann man daran erkennen, dass die Menschen noch während des Krieges, die Schnauze voll hatten. Dadurch entstand nicht nur eine Revolution die zur Gründung der Sowjetunion führte, sondern auch in Deutschland gab es 1918 eine Novemberrevolution, der Kaiser wurde zum Teufel gejagt und die Arbeiterbewegung gründeten die Arbeiter und Soldatenräte - auch bei uns in Hanau war das so.



Liebe Friedensfreundinnen und liebe Friedensfreunde,

Für den Beginn des zweiten Weltkrieges, wird der von Hitler fingierte Überfall von Polen auf den Sender Gleiwitz dargestellt.

In Wahrheit ging es auch hier nicht um irgendwelche Grenzkonflikte mit Polen, sondern es bestand ein übereinstimmendes Interesse in der deutschen Wirtschaft mit den Nazis am Krieg. Die Nazis hatten ihre Ziele im Einklang mit den Wirtschaftseliten vertreten. Diese waren: die Zerschlagung der Arbeiterbewegung, ein autoritärer Staat nach innen, sowie Rüstungs- und Expansionspolitik nach außen.

Die Hauptankläger der USA im Nürnberger Kriegsverbrecherprozess kamen am 27.August 1947 zu der Feststellung: "Ohne die Zusammenarbeit der deutschen Industrie und der Nazipartei hätten Hitler und seine Parteigenossen niemals die Macht in Deutschland ergreifen und festigen können, und das Dritte Reich hätte nie gewagt, die Welt in einen Krieg zu stürzen."

Das verdrängen hier immer noch Einige. Der angehäufte Reichtum an industriellem Sachvermögen, das Krieg und Bombardements überstanden hatte diente als unschätzbares Fundament des wirtschaftlichen Aufstiegs der Bundesrepublik. Bezahlt von Millionen von KZ-Häftlingen, Kriegsgefangenen, Zwangsarbeitern und der Bevölkerung besetzter Gebiete. Bezahlt mit Rechtlosigkeit, grausamen Leiden, Hunger und Tod.

Unser Hanauer Oligarch Heraeus gehörte auch zu diesen Profiteuren.

Einige der Manager und Kapitaleigner der großen Rüstungskonzerne wurden im Zuge der sogenannten Entnazifizierung als Schuldig Eingestuft. Zum Beispiel Alfred Krupp von Bohlen und Halbach, der Junior-Chef des Krupp Konzerns, der schon im ersten Weltkrieg schätzungsweise 400 Millionen Mark verdient hat, wurde zu 12 Jahren Haft verurteilt. Er führte aus dem Gefängnis heraus seine Geschäfte weiter und wurde schon nach drei Jahren im Zuge der Wiederaufrüstungspolitik aus der Haft entlassen. Die meisten Profiteure von damals wurden niemals zur Rechenschaft gezogen. Noch heute zählen ihre Konzerne oder deren Nachfolgegesellschaften zu den ganz Großen der Rüstungsbranche.

Dass auch hier die Interessen der Arbeiterbewegung andere sind, als die des Kapitals, zeigte die Entstehung der vielen Sozialistischen Länder nach dem Krieg. Bei uns entstanden zwei Staaten. Die sozialistischer Deutsche Demokratische Republik und die Bundesrepublik Deutschland an deren Beginn es einige drastische Einschränkungen der Macht des Großkapitals und der Banken gab.

Unsere Losung war damals: Nie wieder Faschismus - nie wieder Krieg.

Tja und was ist aus den Lehren der Geschichte geworden?

Die Aufrüstung aufgrund des sogenannten kalten Krieges zwischen den kapitalistischen Ländern und den sozialistischen Ländern, hätte in den 90er Jahren ja eigentlich erledigt sein müssen. Nach der Selbstdarstellung der westlichen Welt war das Böse ja besiegt.

Die Entwicklung der Militärhausgaben zeigte tatsächlich aber nur kurze Zeit nach unten.

Wenn wir heute zurückschauen, gab es keinen Ostermarsch in den letzten Jahren, bei dem wir nicht von neuen Konfliktherden und brutalen Kriegen berichtet haben und jedes Mal sind die zunehmenden Grausamkeiten in der Welt von uns angeprangert worden. Es ging um Expansion, um ungehinderten Marktzugang, um globale Machtverteilung, um Rohstoffe, um Öl und Gas. Und Kriegslügen oder Kriegsziele wurden uns immer wieder aufs Neue in kurioser Weise präsentiert.

Wir erleben mittlerweile die höchsten weltweiten Militärausgaben seit dem zweiten Weltkrieg. Sie haben sich seit 1998 von 834 Mrd. US-Dollar auf 1.747 Milliarden US-Dollar in 2013 verdoppelt. Was wir damit soziales gestalten könnten, das wäre für uns ein erfüllter Traum.



Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

wir verurteilen, dass Weltweit der Umsatz mit Waffen ständig steigt und dass Deutschlands Rüstungsindustrie wieder ganz vorne mit dabei ist. Leider stimmt der alte Spruch von den großen Friedensdemonstrationen immer noch: Deutsche Waffen, deutsches Geld, morden mit in aller Welt!

Wie Perfide hier Profit gemacht wird, wird am Beispiel von Heckler und Koch deutlich. Das ist der europaweit größte Pistolen- und Gewehrhersteller. Statistisch gesehen wird alle 14 Minuten ein Mensch von einer Kugel durch den Lauf einer Heckler und Koch Waffe getötet. Die schlimmsten Waffen sind dabei die Maschinenpistole MP5 und das Schnellfeuergewehr G3. Sein Nachfolgemodell G 36 ist wegen seiner Konstruktion auch für Kindersoldaten bestens geeignet. In 35 Staaten der Welt ist es im Einsatz. Und auch ein jüngst entwickeltes Maschinengewehr MG 4 könnte sich - zumindest für die Jugendlichen unter den Kindersoldaten - gut eignen. Die Firma aus Oberndorf preist es als besonders leicht und über lange Strecken gut transportierbar an.

Wenn wieder einmal über das Elend von hunderttausend von Kindersoldaten im Fernsehen berichtet wird, sollten Sender verpflichtet werden auch gleich-zeitig immer den Profit der Eigentümer von Heckler und Koch einzublenden.

Eine Ironie ist es, dass Deutschland die Welt nicht nur mit Waffen versorgt, sondern auch der Weltmarktführer für Prothesen kommt aus Deutschland. Dem Kapitalismus geht es nicht um Menschenrechte, sondern es geht letztendlich immer um den Profit.

Das zeigt sich gerade in diesen Tagen, wie die Rüstungskonzerne von ihren Politikern vertreten werden: "Union warnt Gabriel vor Aus für die deutsche Rüstungsindustrie" so hieß es in den Medien. Mit seinem Nein zum Verkauf von Kampfpanzern an Saudi-Arabien beerdige Gabriel die deutsche Rüstungsindustrie. Hier wird sofort die Angst um Arbeitsplätze geschürt.



Liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir brauchen deshalb in den Gewerkschaften eine Diskussion mit den Beschäftigten für einen Kurswechsel hin zur Rüstungskonversion.

In unserer Satzung der IG Metall steht, dass wir für Frieden und Abrüstung eintreten. Wir müssen mit den Betriebsräten in den Rüstungsbetriebe Konzepte entwickeln, wie die Arbeitsplätze in gesellschaftlich sinnvolle Arbeitsplätze überführt werden können. Die Beschäftigten aus der Rüstungsindustrie bringen genug Know-how für eine Rüstungskonversion mit.

Desweiteren ist entscheidend, wie sich der DGB und die Gewerkschaften zur Aufrüstung und zur Bundeswehreinsätzen verhalten. Michael Sommer hat mit dem DGB einen Friedens- und Sicherheitspolitischen Workshop am 30.Oktober 2013 in Berlin organisiert. Diese Veranstaltung müssen wir sehr kritisch beurteilen. Hier trafen sich nicht die Gewerkschaften unter sich, sondern es waren jede Menge der verschiedensten Vertretern der Rüstungsindustrie, der Bundeswehr und aus der Politik zu einem Dialog über die Militarisierung zusammen geholt worden.

Welche Schlussfolgerungen der DGB aus dieser Veranstaltung zieht, ist gegenwärtig schwierig zu einzuschätzen. Wichtig ist es deshalb für uns, wenn der 20. Ordentlichen Bundeskongress des DGB eine klare Position gegen den Umbau der Bundeswehr zu einer weltweiten Interventionsarmee abgibt.

Lasst uns gemeinsam für eine Welt mit sozialen Lebensbedingungen und ohne Waffen einsetzen. Wir haben es nicht mit Zufällen zu tun, sondern mit Interessensgegensätzen. Deshalb müssen die Gewerkschaften, die Friedensbewegung und die soziale Bewegungen in diesem Sinn gemeinsam auftreten.



Richard Pfaff gehört zum Ortsvorstand der IG Metall Hanau-Fulda.

E-Mail: ri (Punkt) pfaff (at) t-online (Punkt) de

Website: www.igmetall.de
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