OM 2014

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19.04.2014


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Ostermärsche und -aktionen 2014

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Rede zum Ostermarsch 2014 in Bremerhaven am 19. Aoril

Liebe Friedensfreunde, meine Damen und Herren,

Werner Begoihn (in Bremerhaven)



- Es gilt das gesprochene Wort -



ich begrüße Sie zum diesjährigen Ostermarsch in Bremerhaven.

Als ich diese Rede vorbereitete, merkte ich, dass ich die vom letzten Jahr hier noch einmal halten könnte. Und weil ein Anliegen der Ostermärsche darin besteht, Dinge nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, erwähne ich hier noch einmal:

Afghanistan wurde 2001 von den USA und deren Verbündeten - darunter die wichtigsten NATO-Partner - überfallen, ohne dass es die USA angegriffen hätte. Das widerspricht der UN-Charta und ist damit völkerrechtswidrig.

Anfänglich als eine Art Polizeiaktion ausgegeben, wurden bald Ziele nachgeschoben, um die weitere Besetzung zu rechtfertigen: Einführung der Demokratie, Durchsetzung von Frauenrechten, Entmachtung der Warlords, Austrocknung der Korruption und des Drogenhandels.

Falls die Besetzung demnächst tatsächlich aufgehoben wird, wird ein Gebilde übrig bleiben, das keine zentrale Macht hat, die das Funktionieren des Staates gewährleisten könnte. Für solche Gebilde wurde der englische Ausdruck "failed state" geprägt, etwa gescheiterter Staat.

Solche "failed states" gibt es inzwischen mehrere: Mali, Südsudan, Somalia, Irak, Syrien .und die Ukraine scheint auf dem Weg dahin zu sein. Solche Staaten spielen als weltpolitische Akteure keine Rolle mehr und ich habe auch schon die Auffassung gehört, der USA sei das Bestehen von failed states durchaus recht, weil von ihnen keine Bedrohung ihrer Bestrebungen als Supermacht ausgeht.

Guantanamo, das Gefängnis, dessen Existenz den Menschenrechten Hohn spricht, besteht immer noch.

Wie ihr wisst, muss die Bundeswehr nach dem Wegfall der allgemeinen Wehrpflicht für den Dienst in der Bundeswehr werben. Sie tut das an Schulen oder in Arbeitsagenturen und auch auf einer eigenen Website. Jemand der sich die Website angesehen hat, hat festgestellt, dass da an den sportlichen Ehrgeiz, an die Technikbegeisterung junger Menschen, an ihre Sehnsucht nach Kameradschaft oder an ihren Wunsch, etwas Sinnvolles zu tun, appelliert wird - und kein Wort vom Sterben, dem eigenen und dem von anderen, und kein Wort von den psychischen Belastungen und der möglichen Einsicht, dass der Einsatz doch nicht so sinnvoll ist, wie man zunächst in gutem Glauben annahm. Selbst der girl`s day wird zur Werbung genutzt. Die NZ berichtete, dass die Marineoperationsschule Plätze zur Verfügung stellt. Wir haben deshalb auch auf unserem Aufruf zum Ostermarsch gefordert:

Keine Werbung der Bundeswehr an Schulen, Hochschulen, Arbeitsagenturen ... (Übrigens hat der Landesverband der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft das auch gefordert.)

Trotz eines fraktionsübergreifenden Beschlusses des Bundestags von 2010, alle etwa 20 Atomsprengköpfe aus Deutschland abzuziehen lagern sie immer noch in der Eifel. Sie sollen sogar noch modernisiert werden. Die ersten Bomben für Deutschland und andere europäische Verbündete sollen ab 2020 verfügbar sein und werden nach derzeitiger Schätzung insgesamt etwa zehn Milliarden Dollar kosten wovon auf Deutschland ein Fünftel entfällt. Wir fordern die Abschaffung aller Atomwaffen weltweit - das wären etwa 20.000 Atomsprengköpfe. Wir fordern aber insbesondere von der Bundesregierung, im Sinne der Bundestagsresolution sich für den Abzug der Atomsprengköpfe aus Deutschland einzusetzen, auch wenn es "nur" 20 sind.

Es wird etwas plakativ gesagt: "Krieg ist keine Lösung". Tatsächlich trägt Krieg nichts dazu bei, Bedürfnisse der Menschheit nach ausreichender Ernährung, medizinischer Versorgung, Wohnung, erfülltem Leben zu befriedigen. Aber Krieg löst die Absatzprobleme der Rüstungsindustrie. Rüstung ist ein ganz dickes Geschäft und Deutschland nimmt auf der zweifelhaften Rangliste der Rüstungsexportländer den dritten Platz ein. Trotz aller Kontrollen und Einschränkungen gelangen Waffen auch immer in Krisengebiete - zynisch gesagt: dort werden sie ja auch gebraucht. Wir haben in unserem Ostermarschaufruf das Verbot aller Waffenexporte gefordert, aber diese Forderung muss so ergänzt werden, dass gar nicht erst so viele Waffen produziert werden, dass die ökonomische Notwendigkeit zu ihrem Export geschaffen wird. Deshalb fordern wir auch, Rüstungsproduktion in Zivilproduktion umzuwandeln. Gerade auch für das Land Bremen ist das eine berechtigte Forderung, denn Bremen ist die Rüstungsschmiede - Produktion, Forschung und Entwicklung - im Norden. Bremer Rüstungsbetriebe leisten vor allem mit Satelliten und Drohnen, mit Elektronik für Marine und Heer, durch Kriegsschiff- und Flugzeugbau einen beachtlichen Beitrag zur Entwicklung der weltweiten Einsatzfähigkeit der Bundeswehr und zu Vorbereitung von Kriegswaffen und Ausrüstung auf dem Globus. Keine Stadt in Deutschland weist eine vergleichbare Rüstungsdichte auf.

Vor 15 Jahren wurde der Rest der Bundesrepublik Jugoslawien von NATO-Flugzeugen völkerrechtswidrig angegriffen. Am Ende wurde aus Serbien der Kosovo herausgetrennt. Der Kosovo erklärte sich zu einem eigenen Staat und wurde schnell anerkannt - insbesondere von Deutschland. Serbien hielt das für völkerrechtswidrig und erreichte, dass sich der internationale Gerichtshof in den Haag damit befasste, der Mitte 2010 mehrheitlich ein Gutachten verabschiedete. Darin wurde festgestellt, dass die territoriale Integrität (also die Unverletzlichkeit der Grenzen) und das Selbstbestimmungsrecht der Völker in einem Spannungsverhältnis stehen, das aber zugunsten des Selbstbestimmungsrechts aufzulösen sei, weshalb die Abtrennung des Kosovo von Serbien nicht völkerrechtswidrig sei. Wenn also heute die gleichen Leute, die damals den Kosovo so eilig anerkannten, heute von völkerrechtswidriger Annexion der Krim sprechen, so messen sie mit zweierlei Maß, das heißt, so wie es ihnen gerade passt.

Jemand sagte einmal, Informationen seien die Werkzeuge, mit denen man Menschen macht, das heißt, ihre Überzeugungen bildet und ihre Handlungen beeinflusst. Was sollen da wohl für Überzeugungen herauskommen, wenn man alle Informationen verschweigt, die Zweifel daran wecken, dass die Putschisten des Maidan die Guten waren, dass die Bestimmung der Übergangsregierung der Ukraine der ukrainischen Verfassung widerspricht und auf der anderen Seite den Widerspruch zur Verfassung bei den sogenannten Separatisten betont. Dass Russland, dem man zugesichert hatte, auf eine Osterweiterung der NATO zu verzichten, nicht tatenlos zusieht, wenn man genau das vorhat, sollte eigentlich niemanden verwundern. Ich hielte es für verantwortungsvoll, wenn die Medien darauf verzichteten, durch ihre Berichterstattung und Kommentierung den Konflikt noch weiter zu verschärfen - niemand hierzulande kann an einer Verschlechterung der Handelsbeziehungen zu Russland ernstlich ein Interesse haben. Auch in dieser Situation halte ich das Agieren der NATO für konfliktverschärfend - ein Grund mehr ihre Auflösung zu fordern.

Erfreulicherweise regt sich Widerstand gegen diese Art der Berichterstattung. Die Begeisterung, mit der junge Männer 1914, vor hundert Jahren, in den Krieg zogen, wird sich auch mit modernen Medien nicht mehr herstellen lassen. Aber für die Bereitschaft, überhaupt für kriegerische Einsätze der Bundeswehr zur Verfügung zu stehen, wird wieder kräftig geworben - wie schon erwähnt durch die Bundeswehr an Schulen und anderen Einrichtungen und durch Politiker wie Gauck, de MaiziŠre oder von der Leyen in der Öffentlichkeit.

Setzen wir unser Engagement dagegen, z. B. durch die Unterschriftensammlung, die mir mit anderen Unterlagen zum Ostermarsch zugeschickt worden ist.

Ich verlese noch einmal die Forderungen aus unserem Aufruf:

Abzug aller deutschen Truppen aus Afghanistan,

Beendigung des Afghanistankriegs

Abzug aller Atomwaffen aus Deutschland,

Abschaffung aller Atomwaffen weltweit

Verbot aller Waffenexporte

Umstellung der Rüstungsproduktion auf Zivilproduktion

Auflösung der NATO

Keine Werbung der Bundeswehr an Schulen, Hochschulen, Arbeitsagenturen ...

Als Letztes wollte ich noch darauf hinweisen, dass ich viel anregendes Material erhalten habe, dass Interessierte bei mir ansehen und mitnehmen können.



Ich beende hiermit die Kundgebung, vielen Dank.



E-Mail: werner (Punkt) begoihn (at) t-online (Punkt) de
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