OM 2014

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21.04.2014


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Ostermärsche und -aktionen 2014

 Reden/Kundgebungsbeiträge

Redebeitrag für den Ostermarsch Ruhr 2014 in Dortmund-Dorstfeld am 21. April

Liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Ostermarsches 2014, liebe Freundinnen und Freunde der Friedensbewegung,

Friedrich Laker (in Dortmund-Dorstfeld)



- Es gilt das gesprochene Wort -



zunächst einmal ein großes Lob an euch alle! Selten in unserem Land sind Menschen so unentwegt und konsequent über mittlerweile mehr als ein halbes Jahrhundert für Demokratie und Abrüstung, gegen Rassismus und Krieg unterwegs wie die Ostermarschierer und das vor allem auch hier bei uns im Ruhrgebiet!

Die Friedensbewegten des Ostermarsches haben nie aufgegeben und sich auch vor kleineren Teilnehmerzahlen nie abschrecken lassen. Hut ab und weiter so! Unser Land und Europa braucht dieses Engagement - das zeigen unsere Tage und die erneute Bedrohung des Friedens mitten in Europa allzu deutlich! Die Friedensbewegung und hier eben konsequent auch der Ostermarsch ist die einzige Bewegung, die stets einen umfassenden Abrüstungsprozess gefordert hat, die konsequent gemeinsame Sicherheit und "Verhandeln statt Schießen" eingefordert hat.

Oft genug habe ich übrigens genau diese Forderungen von den Kirchen und Theologen vermisst! Meines Wissens fehlt bis heute auch ein gewichtiges Friedenswort der Kirchen in der aktuellen Situation. Europas Kirchen, insbesondere die orthodoxen Kirchen in den Krisengebieten müssen viel stärker für einen Gewaltverzicht und Verhandlungen in der Ukraine eintreten, die möglichst viele Bevölkerungsgruppen einbeziehen.

Eines wird an der aktuellen Situation in der Ukraine aber auch deutlich: solange man sich nicht von Rechtsradikalen in einer Umbruchbewegung konsequent distanziert und trennt und ihnen einen Raum gibt, Einfluss und Macht auszuüben, wird es nie Frieden geben!

Es ist beschämend, wie westliche Regierungen aus eigenen Machtinteressen heraus das Schalten und Walten solcher antidemokratischen und Hass und Hetze verbreitenden Gruppen in der Ukraine bagatellisieren bzw. bewusst in Kauf nehmen. Dagegen protestieren wir auf`s Schärfste!

Wir sind hier auf einem Platz, in dessen unmittelbarer Nähe bis zum 9. November 1938 eine von mehreren jüdischen Synagogen in Dortmund stand, die in der Progromnacht zerstört und niedergebrannt wurde. Jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger wurden hier misshandelt und umgebracht.

Beschämend ist es, dass sich gerade hier in diesem geschichtsträchtigen Teil unserer Stadt Nazis in den letzten Jahren so breit machen konnten wie nirgendwo sonst in Dortmund.

Hier musste unsere Stadt lernen und sie hat es mittlerweile. Denn dieser Dortmunder Stadtteil ist ein Beispiel dafür geworden, was passiert, wenn man jahrelang das Treiben und sich breit Machen von Nazis bagatellisiert, herunterspielt, wenn man es nicht wahrhaben will, dass sie mitten unter uns sich Raum verschaffen, junge Menschen verführen und für ihre Zwecke missbrauchen. Es liegt ein schmerzlicher Prozess hinter Dorstfeld. Aber hier bewegt sich nach dem Schock der Vertreibung einer engagierten Familie durch die Nazis vieles. Hier sind viele aufgewacht. Es reicht den Menschen hier. Dorstfelder Bürgerinnen und Bürger, Geschäftsleute, die Polizei, die Kirchengemeinden, sie alle lassen sich das unsägliche Treiben nicht mehr gefallen. Ich möchte alle in Dorstfeld ausdrücklich hier und heute ermutigen, nicht nachzulassen im konsequenten Zurückdrängen der Nazis - so wie dies in den letzten drei Jahren geschehen ist!

Ein vorbildliches Engagement geht hier -Gott sei Dank- auch von den Kirchen aus! Ich weiß hier jedenfalls von unermüdlichen Aktionen und Projekten meines ev. Kollegens Christian Höfener-Wolf und seiner Gemeinde.

Dortmund und Dortmund-Dorstfeld gehört nicht diesen Kriegshetzern und Antidemokraten, wird es nie wieder gehören!

Und auch Huckarde nicht! Gleich wird ja Ulla Hawighorst vom Bündnis "Huckarde gegen rechts" sprechen! Auch hier gibt es einen absolut vorbildlichen Einsatz gegen die Rechten, der uns nur ermutigen kann!

Am 25. Mai sind Kommunalwahlen. Liebe Freundinnen und Freunde, das ist auch eine Gelegenheit, Zeichen zu setzen! Ruft bitte nach Kräften mit dazu auf, sich zu beteiligen und demokratische Parteien zu wählen!

Auch hier ist es beschämend für eine demokratische Gesellschaft, dass sich Parteien wie die "Rechte" überhaupt beteiligen können!

Im Vorstand dieser Partei sitzen Sigi Borchardt, Dennis Giemsch und Michael Brück. Alle drei erklärte Nazis aus der Führungsspitze des verbotenen "Nationalen Widerstandes Dortmund", die nun in das Rathaus einziehen wollen! Ja, geht`s noch? Hier brauchen wir am 25. Mai ein klares und unmissverständliches Zeichen für Demokratie und gegen den Versuch, die Dortmunderinnen und Dortmunder in verschiedene Klassen der Gesellschaft aufzuteilen, in werte und unwerte, in solche, die bleiben dürfen und solche, die vertrieben werden sollen. Schaut man sich das Wahlprogramm der Rechten an, das als 25-Punkte-Papier wie das erste Parteiprogramm der NSDAP von 1920 aufgebaut ist und wie es auch inhaltlich in vielen Punkten eins zu eins übereinstimmt, kann man zu Recht von einem Kniefall der Dortmunder Rechten vor Hitler sprechen - wie es der Arbeitskreis gegen Rechtsextremismus festgestellt hat.

Ich will nur einen Punkt hier herausgreifen, weil er für mich besonders erschreckend ist.

Vorweg: ich bin Pfarrer in der Dortmunder Nordstadt und ich bin sehr gerne dort Pfarrer. Für mich ist die Nordstadt reich - reich an Kultur, reich an Kindern und reich an der Vielfalt von Kulturen und Ländern, aus denen Großeltern oder Eltern dieser Kinder kommen, bei vielen mittlerweile bereits die Urgroßeltern. Das gilt natürlich längst nicht nur mehr für die Nordstadt, sondern auch für Dorstfeld und viele andere Stadtteile. Ich habe in dem Eintreten für Kennenlernen, Verständigung und Integration gelernt, genau hinzuschauen und zuzuhören. Keine pauschalen Urteile zu fällen. Sie werden niemals den einzelnen Menschen gerecht. Und schließlich das oberste Ziel niemals aus den Augen zu verlieren: die Würde eines jeden Menschen egal welcher Herkunft zu achten und zu schützen!

Da wird mir schlecht, wenn ich im Programm der Rechten Sätze wie diese lese: "Stoppt die Überfremdung Dortmunds. Schützt unsere Stadt vor der Invasion aus Osteuropa! Für die sofortige Abschiebung krimineller Ausländer!"

Wenn ich dann noch weiß, dass die Autoren dieser Sätze Verbindungen haben zu denen, die den Dortmunder Bürger Mehmet Kubasik am 4. April 2006 in der Nähe der Pauluskirche heimtückisch ermordeten, hört für mich jede Akzeptanz auf!

Wir begrüßen jedenfalls zu Pfingsten in der Nacht der Religionen und Kulturen in eben jener Pauluskirche an der Schützenstraße u.a. Roma, die neu zugewandert sind aus Städten Europas, die die Mächtigen dieses Europas gnadenlos im Stich lassen wie z.B. das bulgarische Plovdiv. So wie die EU auch Dortmund im Stich lässt. Wir freuen uns auf sie und feiern mit ihnen und vielen anderen Musikern und Künstlern aus verschiedenen Kulturen und vor allem: lernen uns dabei kennen und schätzen!

Was Europa betrifft, können wir auch hier in diesem Jahr bei Wahlen ein Zeichen setzen: für Integration, für Völkerverständigung, für ein buntes multikulturelles und solidarisches, menschenfreundliches Europa.

Wen es interessiert: ein Teil der demokratischen EU- und auch der Oberbürgermeister-Kandidaten Dortmunds kommen am 20. Mai mit Bürgerinnen und Bürgern über die so genannte Armutszuwanderung und Integrationsbemühungen in Dortmund in der Pauluskirche ins Gespräch. Herzliche Einladung!

Und zuletzt:

vor der Wahl wird es auch am 1. Mai in Dortmund wieder die Möglichkeit geben, ein weiteres unübersehbares Zeichen für Frieden und Demokratie auf der großen Kundgebung in Dortmund zu setzen!

Ein großes Lob an dieser Stelle an den neuen Dortmunder Polizeipräsidenten Lange für das Verbot der Nazi-Demo und die akribische Argumentationsarbeit, die es den Gerichten deutlich erleichtert, das Verbot zu bestätigen!

Lasst uns gemeinsam dran bleiben und auch am 1. Mai wieder ein weiteres großes Friedensfest feiern so wie alle auch eingeladen sind, sich an jedem Montag um 18:00 Uhr vor der Reinoldikirche in der Innenstadt zu versammeln - um für den Frieden einzutreten!

Verliert niemals eure Ausdauer und eure Wachsamkeit! Lasst euch nicht verbittern und unterkriegen! Jede und jeder von uns ist wichtig im Kampf gegen Rassismus und Krieg - für die Würde des Menschen und den Frieden in der Welt! Macht weiter so!

Und bleibt gut behütet und beschützt!

Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit!



Friedrich Laker ist ev. Pfarrer der Lydia-Kirchengemeinde Dortmund.

E-Mail: friedrich (Punkt) laker (at) pauluskircheundkultur (Punkt) net

Website: www.pauluskircheundkultur.net
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