OM 2014

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22.04.2014


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Ostermärsche und -aktionen 2014

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Redebeitrag für den Ostermarsch 2014 in Fulda am 19. April

Liebe Freundinnen und Freunde,

Peter Krahulec (in Fulda)



- Es gilt das gesprochene Wort -



hören wir zu Einstimmung bitte kurz auf Hannes Wader und seine Ermutigung:



Nun Freunde, lasst es mich einmal sagen: Gut wieder hier zu sein, gut euch zu seh`n Mit meinen Wünschen, mit meinen Fragen Fühl` ich mich nicht allein, gut euch zu seh`n".



In der Tat, Freunde: Gut, wieder hier zu sein, gut euch zu sehen! Wir sind nicht allzu viele, aber allein mit seinen Wünschen und Fragen braucht niemand zu sein. Die Friedensbewegung in der BRD ist ja nicht erst in diesen Tagen entstanden. 1945 kurz nach der Befreiung vom Faschismus hieß es noch allgemein und zustimmend "Nie wieder Krieg" " und in Bayern forderte ein Landrat namens Franz Josef Strauß tatsächlich, wer je wieder ein Gewehr in die Hand nähme, dem solle diese abfallen. Wir wissen, was aus ihm und Bayern geworden ist.

Erinnern wir uns: Westorientierung und Wiederbewaffnung, Politiken der Stärke und der Blockkonfrontation in einer bipolar zerrissenen Welt mit ihrer jeweils "gegenseitig zugesicherten Zerstörung" führten uns an den Abgrund. Lasst euch diesen Ausdruck noch einmal langsam durch den Kopf gehen: "gegenseitig zugesicherte Zerstörung". Die Sicherheit lag pervertiert in der Zerstörung. Im NATO-Englischen wird der Zynismus greifbar: "mutual assured destruction" lernte der atomare Gefechtsfeldkommandeur; abgekürzt: m-a-d = verrückt! Alle humanen Werte ver-rückt in die Fratze eines entfesselnden Militarismus.

Aber es gab auch uns; die Paulskirchenbewegung, die Ohne-Michels, die frühen Ostermarschierer schon, die 400.000 im Bonner Hofgarten, die 100.000e in den Menschenketten gegen Pershings und Marschflugkörper - und auch das Menschennetz am Fuldaer Domplatz und die Umzingelung von Point Alpha in Rasdorf. Immer leitete uns ein Konsensprinzip: Jeder/Jede war willkommen, aber niemandem war es gestattet, für seine Gruppe, Position oder Partei eigennützigen Vorteil zu ziehen. Wir haben hier alle dem Völkerfrieden zu dienen, nicht uns selbst. Das gilt auch für heute und weiterhin.

Als wir 1982 den ersten osthessischen Ostermarsch kreierten, zogen wir zu Hundert sage und schreibe drei Tage von Fulda die Kinzig herunter, und wie das Wasser (es bricht ja bekanntlich den Stein) wurde wir immer mehr. Ich hatte damals Gelegenheit, auf dem Paulskirchenplatz die schlimme Kunde vom "Fulda Gap" zu verbreiten. Ich tat es damals schon auch mit Hilfe dieses T-Shirts aus dem "Shop of the Gap" vis-a-vis der Downs Barracks. Und der kalte Zorn kommt mir wieder und wieder hoch, wenn ich die Army-Botschaft darauf lese: "Kill them all - let God sort them out!" Bringt sie erst einmal alle um, der liebe Gott wird sich schon die richtigen raussuchen.

Das ist in dankenswerter Offenheit der Kern der Atomkriegspläne des US-Armee auf dem "Brückenkopf Europa" und das Resultat für uns Endverbraucher auf dem Schießplatz der Supermächte: "basicly rubbel level", völlige Einebnung: Das sind die letzten Worte im damals sogenannten Hattenbach-Film, der für uns ein wichtiges Dokument der Bedrohung, aber auch des Widerstandes war. Ein CBS-Team, also us-amerikanische Autoren, hatten ein Nuklear-Manöver der Army in Fort Leavenworth gefilmt und im Rahmen einer Dokumentation "The Defense of the United States" im Fernsehen gezeigt, unterbrochen hin und wieder von Reklamefilmchen für Pudding etc. Denn die Botschaft für den Konsumenten jenseits des Atlantiks war ja beruhigend: Die erste Schlacht im Dritten Weltkrieg wird dort sein, wo der Zweite geendet hat: in Germany. Präsident George Walker Bush hat dafür später die zu ihm passenden Worte gefunden: "Keep calm, go shopping"; ruhig bleiben, weiter konsumieren!

Das ist doch lange her, werdet ihr jetzt vielleicht sagen, reg Dich ab, Du alter Zausel! In der Tat leben wir nicht nur 100 Jahre nach dem Ersten Weltkrieg, sondern auch 25 Jahre nach dem Mauerfall, als ein Epochensprung der Hoffnung möglich schien. "Vom Ende der Geschichte" schrieben Voreilige ja bereits.

Das sowjetische Großreich zerfiel. Aber auch "der Westen" hat leider nach 1989 die eigene so erfolgreiche Strategie der Entspannung, der vertrauensbildenden Maßnahmen, der KSZE und der Deeskalation verlassen, auf deren Verlässlichkeit Gorbatschow noch vertraute und ein "Haus Europa" entwarf,

Heute, gerade auch im Zwielicht der Ukraine-Konflikte, wird deutlich, dass in einem einseitigen Prozess des Pokerns und Übervorteilens, fälschlich Realpolitik und alternativlos genannt, der Westen mittelfristig die Chancen für eine andere Nachkriegsordnung, eben das Haus Europa, verspielt hat. Es gab sie bereits jene anderen Politikformen, die auch die unseren waren auf Seiten der Friedensbewegung; es gab sie von Willy Brandt bis Nelson Mandela, die Politik des Dialogs ohne Vorbedingungen und hohle Boykottdrohungen, die auf Entspannung setzte, Wandel durch Annäherung und Offenheit durch innere Reformen. Sie und wir setzten auf Versöhnungsbereitschaft mit den Eliten der gegnerischen Seite und auch auf Volksdiplomatie - auf das Bewusstsein einer gemeinsamen Weltverantwortung.

Was bleibt also? Was hilft zunächst? Die Wahrheit auf der Nordseite der Alpen ist oft Häresie auf deren Südseite. Lassen wir uns nicht verdummen; nicht von der Macht der anderen, noch von der eigenen vermeintlichen Ohnmacht. Apropos Erster Weltkrieg: Der große Albert Einstein hat 1916, mitten im scheußlichen Völkerschlachthaus, geschrieben: "Ziele und Ursachen der Kriege halte ich für ziemlich belanglos. Sie finden sich stets, wenn die Leidenschaft ihrer bedarf. Die feinen Geister aller Zeiten waren darüber einig, dass der Krieg zu den ärgsten Feinden der menschlichen Entwicklung gehört. Ich bin der Überzeugung, dass eine staatliche Organisation in Europa, welche europäische Kriege ebenso ausschließen wird wie jetzt das Deutsche Reich einen Krieg zwischen Bayern und Württemberg, in nicht allzu ferner Zukunft sich erreichen lassen wird. Kein Freund der geistigen Entwicklung sollte es versäumen, für dieses wichtigste Ziel der Gegenwart einzustehen."

Das wär
s doch!!



E-Mail: peterkrahulec (at) web (Punkt) de
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