OM 2014

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22.04.2014


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Ostermärsche und -aktionen 2014

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Redebeitrag für den Ostermarsch 2014 in Braunschweig am 19. April, Station 2 (Schloss)

Liebe Freundinnen und Freunde,

Angela Vorwerk (in Braunschweig)



- Es gilt das gesprochene Wort -



ich lese aus einem "Bericht des deutschen Frauenausschusses für dauernden Frieden`, der unter dem Titel "Völkerversöhnende Frauenarbeit während des Weltkrieges vom Juli 1914 bis November 1918" von der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit in München 1920 herausgegeben wurde.

Zum Hintergrund: Bekanntlich wurde nach einer Anregung durch den russischen Zaren Nikolaus II. und auf Einladung der niederländischen Königin Wilhelmina 1899 die erste Haager Friedenskonferenz einberufen. Thema: Abrüstung und Entwicklung von Grundsätzen für die friedliche Regelung internationaler Konflikte. Bereits im Vorfeld organisierten deutsche, englische, amerikanische und französische Frauenvereine eine internationale Manifestation der Frauen zugunsten der Friedenskonferenz durch gleichzeitige öffentliche Versammlungen der Frauen.

In der dritten Folgekonferenz der Frauengruppen wurden dann im Rahmen des 1915 in Genf gegründeten "Frauenweltbundes` Resolutionen für einen dauernden Frieden beschlossen, auf die ich nachher bei der Lesung näher eingehen werde, und es wurde festgelegt, dass in jedem Land ein nationaler Frauenausschuss für Verbreitung und Erörterung der auf diesem Internationalen Frauenkongress Haag 1915 gefassten Beschlüsse sorgen sollte.



Nun zur Lesung, zum Bericht des deutschen Frauenausschusses:

Die Arbeit begann mit der Verbreitung der Haager Beschlüsse. Die erste in Holland gedruckte und nach Deutschland gesandte Auflage war schnell vergriffen, eine zweite sollte in Deutschland gedruckt werden. Der Auftrag wurde der königlich bayerischen Hofbuchdruckerei übergeben. Wenige Tage später ging bei der Münchener Geschäftsstelle folgendes Schreiben ein:



(Ich zitiere)

"Das Kriegsministerium hat erfahren, dass die Hofbuchdruckerei Kastner & Callwey in München mit der Herstellung von 1050 Abdrücken der Resolutionen des Internationalen Frauenkongresses im Haag vom 28. bis 30. April 1915 beauftragt ist. Auf Grund von Artikel 4 Absatz II des Kriegszustandgesetzes wird jede Art der Vervielfältigung und Verbreitung der Resolutionen des Internationalen Frauenkongresses im Haag vom 28. bis 30. April 1915 sowie jede öffentliche Erörterung dieser Resolutionen für die Dauer des Kriegszustandes in Bayern untersagt. [.]

Zuwiderhandlungen werden mit Gefängnis bis zu einem Jahr bestraft.

Begründung: Die Resolutionen enthalten bei der Behandlung der Fragen "Die Frauen und der Krieg" und der Kriegsziele, auch in der Darlegung der Grundsätze für die künftige innere und äußere Politik derartig internationalistisch verschwommene, radikale und utopische Ausführungen und Forderungen, dass durch ihre Verbreitung, abgesehen von der zunächst überhaupt verbotenen Behandlung der Kriegsziele, eine Gefährdung des Burgfriedens - heftige polemische Auseinandersetzungen - und eine gemeingefährliche Beunruhi-

gung und Aufreizung der Frauenwelt zu befürchten ist. [.]

gez. Freiherr von Kress" (Zitat Ende)



Das Ministerium hat also die Gefährlichkeit der Resolutionen aus seiner Sicht ausführlich begründet. Die wirklichen Begründungen möchte ich an drei Beispielen kurz darstellen:

Resolution 5: Anerkennung der Volksrechte

(Zitat)

Dieser Internationale Frauenkongress erklärt in Anerkennung des Rechtes der Völker auf Selbstbestimmung, dass kein Gebiet ohne Einwilligung seiner männlichen und weiblichen Bevölkerung übertragen werden soll, (d. h. dass Eroberungsrechte nicht anerkannt werden) und dass keinem Volke Autonomie und ein demokratisches Parlament verweigert werde. (Zitat Ende)

Resolution 6: Schiedsgerichtliche Austragung und Vergleich

(Zitat)

In der Überzeugung, dass Krieg die Verneinung von Fortschritt und Zivilisation bedeutet, fordert dieser internationale Frauenkongress die Regierungen aller Länder auf, zu einem Übereinkommen zu gelangen, auf Grund dessen alle künftigen internationalen Streitigkeiten einem Schiedsgericht oder einer Vermittlung zu unterstellen sind. (Zitat Ende)

Resolution 9: Die Gleichberechtigung der Frau

(Zitat)

Da der zusammen wirkende Einfluss der Frauen aller Länder einer der stärksten Faktoren zur Vermeidung des Krieges ist und da Frauen nur dann volle Verantwortung und wirksamen Einfluss ausüben können, wenn sie die gleichen politischen Rechte wie die Männer haben, fordert dieser Internationale Frauenkongress die politische Gleichberechtigung der Frauen. (Zitat Ende)

An diesen Beispielen ist wohl deutlich zu erkennen, welche umfassenden Veränderungen damals die Frauen von den Politikern gefordert haben.

Dem konnte nur eine harte Zensur entgegenwirken, wie z. B. bei den Flugblättern, in denen "Deutschlands Frauen und Mütter" aufgefordert wurden, sich zusammen zu schließen und "dem Kriege den Krieg zu erklären".

(Weiter zitiere ich aus einem Flugblatt): "Die Gestaltung der auswärtigen Politik darf nicht länger vom Willen einiger weniger Diplomaten und Finanzmänner abhängig sein, die die Angelegenheiten ganzer Völker im Geheimen ordnen. {...} Die Frauen müssen die gleichen politischen Rechte wie die Männer erhalten, um ihre Forderungen für dauernden Frieden durchzusetzen". (Zitat Ende)

Neben der Forderung, dass die Beziehungen der Völker untereinander ausgebaut werden müssten, erscheint auch höchst bemerkenswert und aktuell ein Satz aus einem Flugblatt, dessen Abschrift ich übrigens Interessierten gern anschließend überreiche und aus dem ich jetzt zum Schluss zitiere:

"Die Anfertigung von Waffen und Munition muss verstaatlicht und deren internationaler Handel unter Aufsicht gestellt werden".



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