Redebeitrag von Joachim Schramm (DFG-VK NRW) für den Ostermarsch in Gronau am 14. April 2017

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

- Sperrfrist: 14.04., Redebeginn ca. 11 Uhr –

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

ich überbringe Euch die Grüße des Ostermarsch Rhein/Ruhr, der morgen mit Auftaktveranstaltungen in Duisburg und Köln startet. Schon seit mehreren Jahren kooperieren wir mit dem Ostermarsch in Gronau, weil für uns die zivile und militärische Nutzung der Atomkraft die zwei gleich schlimmen Seiten derselben Medaille sind.

Nach seiner Wahl im letzten Herbst kündigte US-Präsident Donald Trump an, das amerikanische Engagement in der NATO zurückzufahren. Schön, hätte man sagen können, denn die Forderung der Friedensbewegung lautet schon seit vielen Jahren, die NATO endlich aufzulösen und stattdessen die UNO zu stärken. Doch einerseits waren Trumps Ankündigungen wohl nicht so ernst gemeint und andererseits nutzen EU- und auch deutsche Politiker dieses Statement sofort, um nun einer militärischen Stärkung der EU das Wort zu reden. Doch besonderes Entsetzen löste bei vielen Beobachtern die Forderung etwas des CDU-Außenpolitikexperten Kiesewetter aus, nun auch die europäischen Atomwaffenarsenale auszubauen. Sogar eine deutsche Atombombe wurde ins Spiel gebracht und wird seitdem heftig diskutiert. In diesen Tagen läuft bei der Zeitung "Zeit" eine online Umfrage zu diesem Thema.

Hier in Gronau bei der Firma Urenco befindet sich eine der Schlüsselfunktionen für solche Pläne einer deutschen Atombombe. Die Urananreicherungsanlage hier arbeitet mit einer Zentrifugentechnologie, die, wenn man sie weiter ausbaut, hochangereichertes Uran für den Bau einer Atomwaffe liefern könnte. Aus der Schwesterfirma im niederländischen Amelo entwendete der pakistanische Wissenschaftler Kahn in den 70er Jahren diese Technologie und ermöglichte seinem Land damit den Bau von Atomwaffen. Spätrer gelangt von dort das technische Know-how nach Nordkorea und in den Iran. Auch deshalb unterstützen wir als Friedensbewegung mit voller Überzeugung die Forderung nach der Stilllegung von Urenco in Gronau! Wir wollen kein Atomwaffen-Know-how in unserem Land!

Seit den 50er Jahren, als der damalige Verteidigungsminister Strauss von deutschen Atomwaffen träumte und Konrad Adenauer die Atomwaffen als Weiterentwicklung der Artillerie verharmloste, war das Thema deutscher Atomwaffen in Deutschland eigentlich Tabu. Die "Kampf dem Atomtod"-Bewegung brachte damals hunderttausende Demonstranten auf die Straße, auch SPD und Gewerkschaften wiesen die Pläne zurück. 1969 trat Deutschland dem Atomwaffensperrvertrag bei und verzichte somit offiziell auf Atomwaffen. Nun testet man offenbar mit verschiedenen Versuchsballons die Stimmung in der Bevölkerung. Aber der Wunsch, nun auch in Deutschland eine solche Wahnsinnswaffe zu besitzen, hält sich in der Bevölkerung in Grenzen. Bei der erwähnten Zeit-Umfrage äußerten sich 2/3 der TeilnehmerInnen ablehnend. und nach einer von der IPPNW, den Internationalen Ärzten für die Verhütung eines Atomkrieges, in Auftrag gegebenen Forsa-Umfrage aus dem vergangenen Jahr sind 93 Prozent der Bundesbürger für ein Atomwaffenverbot. Und die Bundesregierung wird auch in Erinnerung haben, wie das Raketenthema in den 80er Jahren Massen mobilisierte und zu riesigen Demonstrationen auf die Straße trieb. Das ist auch heute wieder denkbar!

Schon seit mehreren Jahren modernisieren alle Atommächte ihre Arsenale. Auch die us-amerikanischen Atomwaffen in Deutschland, die in Büchel in Rheinland-Pfalz auf einem Stützpunkt der Bundesluftwaffe stationiert sind, sollen modernisiert werden. Sie werden im Kriegsfall von deutschen Tornado-Flugzeugen ins Ziel geflogen. Jede der 20 Bomben hat die 10-fache Sprengkraft der Hiroshima-Bombe. Doch diese Waffen werden nicht nur einfach modernisiert, sie erhalten ganz neue Fähigkeiten. Sie werden zielgenauer sein und damit sinkt für die Militärs die Schwelle zur Einsetzbarkeit. Hält man den zu erwartenden Schaden für geringer, wächst die Bereitschaft, die Waffen anzuwenden. 2010 beschloss der Bundestag mehrheitlich, die USA zum Abzug dieser Waffen zu bewegen. Doch was stört uns unser Geschwätz von gestern. Heute ist davon nicht mehr die Rede, ganz im Ggenteil begrüßt die Bundesregierung die Modernisierungspläne. Am 26. März, dem Jahrestag des Bundestagsbeschlusses haben deshalb Friedensaktivisten in Büchel einen Dauerprotest gestartet. Er soll 20 Wochen andauern, eine Woche für jede in Büchel stationierte Bombe. Mit Sitzblockladen, Mahnwachen, Gottesdiensten und Go-ins werden verschiedene Gruppen bis zum 9. August, dem Nagasaki-Jahrestag vor Ort sein. Sie wollen speziell im Wahljahr ihre Forderung zum Abzug dieser Massenvernichtungswaffen aus Deutschland und für ein Verbot der Atomwaffen weltweit zum Ausdruck bringen. Sie werden unterstützt durch Grußworte der Bürgermeister aus Köln, Düsseldorf, Bonn und vielen anderen Städten, die als Mayors for Peace, als Bürgermeister für Frieden, die die Forderung nach einer atomwaffenfreien Welt mittragen. Unser Gruß gilt heute hier an Karfreitag aus Gronau den Freunden in Büchel!

Ein Land, das den Atomausstieg will, darf konsequenterweise auch keine Atomwaffen auf seinem Territorium dulden. Lasst uns die Möglichkeiten des Wahlkampfs nutzen, lasst uns mit den Kandidaten der Parteien sprechen, lasst uns wo auch immer die gemeinsame Forderung laut und deutlich zum Ausdruck bringen: Den Atomausstieg umsetzen, die Atomwaffen aus Deutschland abziehen, Urenco in Gronau schließen!

 

Joachim Schramm ist Landesgeschäftsführer der DFG-VK NRW.