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Demos
13.10.2001


vom:
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Bonn, Münsterplatz, 13.10.2001

Bonn, Stellungnahme auf der Kundgebung
"Aufstehen für den Frieden"


Dr. Gisela Kurth (EIRENE)

In diesen Tagen werden wir Zeugen einer Logik der Gewalt, die wir aus der Vergangenheit kennen und die wir jetzt wieder erleben müssen: Auf die widerwärtigen und schrecklichen Terroranschläge am 11. September erfolgt die Vergeltung, die nach offizieller Darstellung nur militärische Ziele treffen soll, aber schon jetzt Millionen von Menschen an den Rand des Hungertods bringt.

Die Christinnen und Christen sind im Neuen Testaments auf einen anderen Weg verwiesen worden, wie sie mit Gewalt umgehen sollen: wenn dich einer auf die linke Wange schlägt, dann halt ihm auch die rechte hin. Wenn dir einer den Mantel nimmt, dann gibt ihm auch das Untergewand. Wenn dich einer zwingt eine Meile mitzulaufen, dann geht zwei mit ihm.

Diese Worte sind oft als Ausdruck der Passivität missverstanden und für die Politik als unbenutzbar dargestellt worden. Dabei meinen sie genau das Gegenteil von Passivität. Sie enthalten geradezu eine Provokation, wenn sie dazu auffordern, aus dem zwanghaften Ablauf eskalierender gewalttätiger Gegenschläge auszusteigen. Sie fordern zu Alternativen auf.

Was könnten solche Alternativen seien?

Sie werden in der Bibel mit der Vision des neuen Jerusalem gekennzeichnet, einer Stadt, die ihr Leben so sozial und menschlich, so attraktiv gestaltet, dass sie als Stadt auf dem Berge von anderen wahrgenommen wird, so dass Menschen dann tatsächlich beginnen ihre Schwerter zu Pflugscharen umzuschmieden.

Die Alternative, die den Terrorismus an der Wurzel fassen kann, ist der Aufbau einer Kontrastgesellschaft, einer wirklich zivilisierten Weltgesellschaft, in der Menschen nicht sozial oder kulturell ausgegrenzt werden. Die westliche Gesellschaft, ihr Reichtum, ihr Individualismus und ihre Symbole haben in vielen Ländern des Südens Feindschaft und Hass hervorgerufen. Die westliche Welt erscheint als hartherzig und unsolidarisch.

Katastrophen waren in der Bibel immer wieder Anlass zu einer Umkehr. Die Terroranschläge in den USA rufen uns zu einer solchen Umkehr auf:

 Wir müssen umkehren zu einer internationalen Zusammenarbeit, in der nicht nur wirtschaftliche Interessen zählen, sondern vielmehr auch Gerechtigkeit - insbesondere in der Kooperation mit den Ländern des Südens.

 Wir müssen umkehren zu einem anderen Umgang mit Menschen, die in unseren reichen Ländern in die Armut gedrängt werden.

 Wir müssen umkehren im Umgang mit Fremden in unserer Gesellschaft. Viele, die selber aus Gesellschaften stammen, in denen Gastfreundschaft ein hoher Wert ist, fühlen sich bei uns nicht willkommen. Nicht wenige Muslims radikalisieren sich bei ihrem Aufenthalt in westlichen Ländern. Wir müssen uns fragen, wie offen und klar wir uns mit unseren fremden Nachbarn auseinandersetzen und welches Bild wir ihnen von unseren Werten vermitteln.

 Wir müssen umkehren zu couragiertem Einsatz gegen alle, die sich radikalisieren und andere Menschen ausgrenzen. Das gilt für die fremdenfeindlichen Deutschen ebenso für Menschen ausländischer Herkunft, die extremistische oder fundamentalistische Einstellungen vertreten.

Diese Vision fordert beharrliches Arbeiten an der Neuen Welt, sie fordert auch Umdenken in den jetzt gefallenen Entscheidungen:

 Krieg darf nicht die Antwort auf Terror sein! Die Drahtzieher der Anschläge von New York und Washington müssen gefasst und vor ein Gericht gestellt werden. Die Beweise über ihre Täterschaft müssen von einem unabhängigen Gericht geprüft werden. Dazu darf nur gezielt Gewalt angewendet werden, die auch völkerrechtlich legitimiert ist. Bombenabwürfe können dies sicher nicht sein.

 Im Namen der Terrorbekämpfung dürfen in unserem Land freiheitliche Grundwerte nicht leichtfertig aufgegeben und eingeschränkt werden. Kritischen Stimmen dürfen nicht als extremistisch diffamiert und mundtot gemacht werden.

Wenn wir an dieser Alternative arbeiten, beherzigen wir die Vision von Martin Luther King, der mit seinem Leben dies deutlich gemacht hat:

"Die ultimative Schwäche der Gewalt ist, dass sie eine abwärtsgerichtete Spirale ist, die genau das erzeugt, was sie zu zerstören sucht. Statt das Übel zu vermindern, vermehrt sie es... Durch Gewalt tötest Du den Hasser, aber Du tötest nicht den Hass. Im Gegenteil: Gewalt erzeugt nur noch mehr an Hass."

Kontakt: EIRENE, Internationaler Christlicher Friedensdienst e.V., Engerser Str. 74 b, 56564 Neuwied, Tel.: 02631/8379-22, Email: kurth@eirene.org


Gisela Kurth ist stellvertr. Vorsitzende Aktionsgemeinschaft Dienst für Frieden e.V. und stellvertr. Geschäftsführerin von EIRENE

E-Mail:   eirene-int@eirene.org
Internet: http://www.eirene.org


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