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Erstellt:
26.05.1998


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Plutoniumschmuggel

Der Bombenstoff im Aktenkoffer

Till Bastian

Mai 1994: in der Garage des Kaufmanns Adolf Jäckle - er war am 10.05.1994 auf dem Stuttgarter Flughafen verhaftet worden - entdeckt die Polizei einen 4,5 kg schweren Bleibehälter. Er birgt ein Pulver von dunkelbrauner Farbe. Es handelt sich um mit Antimon und Quecksilber versetztes Plutonium 239 - von insgesamt 63 Gramm waren 6 Gramm Plutonium zu einem Reinheitsgrad von 99% angereichert und mithin atomwaffenfähig.

Zur Jahreswende 1993/94 waren in Deutschland laut Auskunft des Bundeskriminalamtes (BKA) über 150 Ermittlungsverfahren wegen illegalen Handels mit radioaktiven Stoffen anhängig. "Mit der Nuklearkriminalität ist eine neue Qualität der organisierten Kriminalität entstanden" - so BKA-Präsident Zachert im Januar 1994. In 23 aufgedeckten Fällen von Atomschmuggel seien bislang rund 50 kg Uran sichergestellt worden, das aus der ehemaligen Sowjetunion oder aus anderen einstigen Ostblockländern stamme.

Drei Monate nach Jäckles Verhaftung wurden in München drei Männer festgenommen, die aus Moskau eingeflogen waren und 300 g atomwaffenfähiges Plutonium 239 bei sich führten. Getarnten Ermittlern der deutschen Polizei hatte das Trio schon am 25. Juli in einem Münchner Hotel angeboten, insgesamt 4,5 Kilogramm waffenfähiges Plutonium zum Preis von 250 Mio. US $ zu verkaufen. Allerdings wurde später bekannt, daß die drei Schwarzhändler zunächst nur ein "konventionelles" Waffengeschäft im Sinn hatten, aber vom verdeckten Ermittler des bayerischen Landeskriminalamtes zur Lieferung von Plutonium geradezu animiert worden waren.

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Zeitung Atomwaffen abschaffen! - Inhalt
Bereits Anfang 1994 hatte das Nachrichtenmagazin Spiegel eine Liste des Bundesnachrichtendienstes (BND) erwähnt, derzufolge der derzeitige Schwarzmarktpreis für 1 kg Plutonium bei 700.000 bis 4.000.000 US $ und für 1 kg hochangereichertes Uran zwischen einer und 60 Millionen US $ liege. Nach dem brisanten Fund vom Mai 1994 zitierte das Magazin einen Geheimbericht des BND, in dem drei Bedrohungen genannt werden, nämlich daß:

- "Kernsprengkörper in kriminelle Hände gelangen
  können, nach Deutschland gebracht und/oder gegen
  Deutschland verwendet werden,

- mit waffengrädigem Spaltmaterial nukleare
  Sprengkörper hergestellt werden,

- das Auftreten von Nuklearwaffen in Konfliktzonen
  gefördert wird."

Mit den Fällen vom Mai und August 1994 ist eine neue Dimension von Plutoniumschmuggel erreicht. Erschreckend auch die Rolle des bayerischen Landeskriminalamtes und anderer Polizeiorgane, die durch ihre monströsen Angebote einen Schwarzmarkt erst ins Leben rufen. Die IPPNW hat deshalb Strafanzeige gegen die namentlich nicht bekannten verdeckten Ermittler des LKA Bayern erstattet - wegen "Anstiftung zum unerlaubten Umgang mit Krennbrennstoffen".

Das 1941 entdeckte künstliche Element Plutonium ist ein silbern schimmerndes Metall. Bekannt ist vor allem das Isotop Plutonium 239, das wegen seiner geringen kritischen Masse zum Bau von Atombomben verwendet wird. Es fällt schon beim Normalbetrieb von AKWs an. Seine Halbwertzeit beträgt 24.000 Jahre, d.h. nach dieser Zeit ist die Hälfte der vorhandenen Menge radioaktiv zerfallen. Nach zehn Halbwertzeiten = 240.000 Jahren ist von einer Tonne Plutonium 239 noch immerhin fast 1 Kilo vorhanden! Plutonium 239 ist also enorm langlebig und zudem extrem giftig. Ein Millionstel Gramm = 1 Mikrogramm Plutonium 239 entspricht 2300 radioaktiven Zerfällen pro Sekunde (2300 Becquerel). Schon unvorstellbar winzige Plutoniummengen sind also hochgefährlich.

Diese Gesundheitsgefährdung, gepaart mit der Verwendbarkeit zum Bombenbau und zum Nuklearterrorismus machen Plutonium nach wie vor zum gefährlichsten Element des Periodensystems - zu seiner Verharmlosung besteht kein Anlaß.

Theoretisch reichen 300 Gramm Plutonium aus, um Millionen Menschen durch Lungenkrebs zu töten, praktisch wird sich eine gegebene Menge Plutoniumpulver natürlich nie derartig gleichmäßig verteilen; dennoch ist es möglich, auch mit Plutoniummengen, die noch keinesfalls für den Bau einer Atombombe genügen, ganze Landstriche zu verwüsten - sei es durch einen Unfall oder durch terroristische Aktivität.

Eine spezielle medizinische Behandlung zur Bekämpfung einer Plutoniumverseuchung gibt es nicht.

Aus all diesen Gründen muß gefordert werden, daß

- Plutonium nicht mehr als Energiequelle betrachtet
  werden darf, sondern als hochgefährlicher Abfall
  behandelt werden muß;

- bei den Verhandlungen zur Verlängerung des
  Nichtverbreitungsvertrages 1995 ein
  internationales Plutonium-Verbot beschlossen
  werden soll und noch vorhandenes Plutonium
  strikter internationaler Kontrolle unterworfen
  werden muß.

  COLOR="#00327f">Dr. Till Bastian ist Mitglied der
  IPPNW






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